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Das innere Monster der Todeselfe

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22.04.2022
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Das innere Monster der Todeselfe

Mein Leben lang hab ich damit verbracht schlechtes zu tun. Immer und immer wieder. Es brachte mir Freude, andere Menschen leiden zu sehen. Von Anfang an war ich ein besonderes Kind. Besonders, so hat mich schließlich meine Mutter genannt. Aber ich war anders. Anders als alle Elfenkinder. Angefangen hat es schon bei meinem Aussehen. Während alle anderen Elfen helle, pastellfarbene und vor allem zarte Flügel hatten, hatte ich schwarze Rabenflügel. Doch im Gegensatz zu den anderen funktionierten meine Flügel nicht so wie sie sollten. Nur Nachts waren sie funktionstüchtig und auch nur, wenn meine Raben bei mir waren. Meine Augen waren dunkel wie die Nacht und meine Haare waren rabenschwarz. Im Gegensatz zu den anderen Elfen und Feen konnte ich nie viel mit Wohltaten anfangen. Das Leben der anderen war rosa mit Einhörnern und Glitzer, dass war nicht mal überspitzt dargestellt sondern entsprach der bloßen Wahrheit. Mein Leben war das Gegenteil hierzu, es war düster und trist und tatsächlich mochte ich es auch so. Ich bewegte mich in der Dämmerung und Nachtstunden, als Ausrede nutze ich immer, dass ich den anderen aus den Weg gehen möchte, doch um ehrlich zusein, hatte der Mond und die Nacht es mir angetan. Viele würden denken, ich wäre das Böse in Person, denn anstatt einem kleinen Kind zu helfen und ihm einen Lolli zu geben, nahm ich einen Lolli, spuckte drauf und stopfte es dem Kind in den Mund, einfach nur weil ich Spaß dran hatte. Doch zu Tieren war ich anders, vor allem zu meinen Raben, denn sie waren wie mein Schatten. Ich war die Außenseiterin und mittlerweile war ich all die schrägen und schiefen Blicke gewöhnt, welche mich verfolgten, wenn ich durch das kleine Dörfchen ging.

Sie war die Abstoßung in Person. Wenn sie mit ihren Raben durch die Straßen ging, lief es mir kalt über den Rücken. Anstatt zu fliegen, geht sie lieber durch die Straßen. Niemand kann nachvollziehen warum sie dies tut, doch genau das macht sie noch mehr zum Randmitglied unserer Gesellschaft. Noch nie hatte sie jemand reden gehört. Noch nie. Geschichten erzählten, sie habe keine Zunge. Aber niemand traute sich, sie zu fragen. Man sagte auch, dass sie sich vom Blut toter Seelen ernähre, weshalb man sich um so gerne sehr weit entfernt von ihr aufhielt.

Es machte mir eine Freude die Angst auf den Gesichtern der anderen zusehen, welcher entstand, wenn an den anderen vorbei ging. Jedesmal verstummten die Gespräche. Betretenes Schweigen. Totenstille. Doch genau diese Elfen haben mich zu der Person gemacht, welche ich heute bin. Denn anstatt mich so wie jeden anderen zu behandeln, hat man mich von Anfang an anders behandelt. Man ist mit mir anders umgegangen. Man hatte Angst etwas auszulösen, Irgendeine dunkle Macht oder Ähnliches. Ich würde so nicht von einer dunklen Macht sprechen, aber es konnte passieren, dass wenn mein Kopf nicht durchgegangen ist, ich oder besser gesagt etwas anderes einfach explodiert ist. Bis jetzt waren es immer nur Gegenstände, doch als zum ersten Mal eine kleine Maus explodiert ist, wurde ich ausgestoßen und genoss meine Ruhe. Niemand wusste, dass genau dies meine Absicht war. Ich wollte nur meine Ruhe, fernab des Normalen. Fernab allem, dass so normal war. So genoss ich meine Ruhe und den Respekt, welchen man mir zollte, ohne zu wissen, dass etwas noch schlimmeres kommen würde, als ich mir vorstellen konnte.

Der Himmel verdunkelte sich. Die Einhörner verschwanden, die Vögel verstummten und der Wind fing an zu wehen. Was hatte sie getan? Jahrelang hatten wir dadrauf gewartet, dass sie ausarten wird. Und jetzt war es so weit. Der Himmel färbte sich dunkelrot. Alle rannten auf die Straße und sahen in den beunruhigten Himmel. Blitze zuckten über den Himmel, der Donner grollte und die Sonne verschwand hinter den dicken Wolken. Mein Blick wanderte zu dem großen Hügel hinter dem Kristallsee. Und dort war sie. Sie stand in mitten des Hügels, in mitten der Blitze, in mitten des Sturms.

Endlich konnte ich alles rauslassen, was sich die Jahre über aufgestaut hatte. All der Frust, welcher sich die letzten Jahre über aufgebaut hatte. Der Himmel zog sich zusammen. Dunkle Wolken. Dunkelrot. Es fühlte sich befreiend an. Ein Monster befreite sich aus meinem Inneren. Dunkler Rauch. Flammen. Es formte sich zu einem konturlosen Wesen, mit roten Augen, welches hinter mir entstand. Ich dachte ich hätte die Kontrolle, doch in dem Moment, in dem sich das Wesen formte, verlor ich meine Kontrolle.

Allen stockte der Atem. Ein Monster entstand. Und von jetzt auf gleich brach Panik aus. Alle flogen weg, oder versuchten noch etwas mitzunehmen, oder jemanden zu retten. Und von jetzt auf gleich geschah passierte zu viel zeitgleich. Die Ranghöchsten Elfen und Feen machten sich auf den Weg zu ihr um etwas dagegen zu tun, als sich alles entzündete. Der rote Wald brannte, die Sonnenblumenfelder und die Häuser der anderen Feen. Und dann stürze das Monster den Hügel hinunter in das Dorf.

Ich hatte die Kontrolle verloren. Ich wollte eigentlich nur meine aufgestaute Magie endlich raus zulassen, aber da mir nie jemand geholfen hat, wie ich meine Magie kontrollieren kann, eskalierte es. Ich verlor die Kontrolle. So wie es jeder immer vorhergesagt hatte. Ich hatte die Kontrolle verloren. Einfach nur weil, ich endlich mal die sein wollte, welche ich schon immer war. Aber der Kontrollverlust fühlte sich befreiend an. Ich war ich. Und das fühlte sich so verdammt gut an. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht und ich breitete meine großen Flügel aus. Zum ersten Mal seit langem flog ich in die Lüfte. Ich flog meinem inneren Monster, welches ausgebrochen war, runter ins Dorf. Alles brannte. Ich sah Zerstörung, Tod und Angst in den Gesichtern der anderen. Und da sah ich sie. Das Mädchen, welches ich so abgrundtief hasste. Sie war die perfekte Elfe. Blonde, lockige Haare, welche über ihre Schultern fielen. Blaue Augen und eine perfekte Porzelanhaut. Das Mädchen, welches ich schon immer sein wollte. Das Machen, welches ich so sehr beneidete. Zum ersten Mal sah ich keinen Spott in ihren Augen, sondern pure Angst. Angst um ihr Leben. Und dieses Gefühl, bereitete mir Freude, denn das erste mal in meinem Leben, war ich ihr Voraus. „Bitte!“ Hörte ich es ganz leise. Und da erkannte ich es. Sie redete das erste Mal zu mir. „Bitte, so bist du nicht.“ Blaue Tränen rollten ihre Wangen hinunter.

„Woher weist du wer ich bin?“ Ihre Stimme klang hohl. Zum erstem Mal hörte ich sie und ich erkannte so viel Schmerz in ihr. „Du warst die eine, welche mir mein Leben zur Hölle gemacht hat.“ Ihre schwarzen Augen glühten. „Jeden Tag war ich deinen Schikanen ausgesetzt. Dank dir hat mich jeder als Monster gesehen, doch das eigentliche Monster bist du!“ Sie schrie. Noch nie in meinem Leben hatte ich so viel Angst wie jetzt. Der Himmel brannte förmlich und ich kauerte in einem Eck, nicht fähig zu fliegen. Nicht fähig irgendetwas tun zu können. „Es tut mir leid!“ Schrie ich, gerade im Moment, als sie den Rücken zu mir drehen wollte, doch sie fror in ihrer Bewegung ein und drehte sich langsam zu mir um. „Es tut mir leid. Ich hab dich immer beneidet, du warst anders. Besonders!“ Ich korrigierte mich schnell. „Ich war wie jede andere, doch du warst besonders und hast dich abgehoben und das hab ich nicht. Ich war neidisch.“ Sie kam mir immer näher und landete paar Meter vor mir. Sie wirkte größer als sonst. „Alles was ich je von dir hören wollte, war eine Entschuldigung.“ Für einen kurzen Moment dachte ich, ich hätte einen weichen Zug auf ihrem Gesicht erkannt. Vielleicht ein Lächeln, doch im nächsten Moment verschwand dieser Ausdruck. Die Augen wurden wieder leer und sie lachte aus tiefsten Herzen, mit einer Bosheit in dem Lachen, wie ich es noch nie zuvor gehört hatte. „Und du meinst, eine bloße Entschuldigung reicht?“ Alle waren weg, es waren nur noch ich und sie. „Schau dich um. Schau was du angerichtet hast.“ Sie gewährte mich einen Blick. Zig Elfen lagen tot auf der Straße, andere waren verletzt und verwundet und versuchten sich noch irgendwie zu retten, doch eine kleine Handbewegung und auch das Leben aus dieses Elfen verschwand für immer.

Die Verzweiflung in ihrem Blick brachte mir meinen Seelenfrieden. Endlich hatte ich die Macht, die Macht über sie zu siegen. Sie musste zusehen, wie jede einzelne Fee, jede einzelne Elfe starb. Jetzt war sie die letzte. Die letzte von unserer Gattung. Der Gattung, die alles verstieß, was paranormal ist. Eine kranke Gattung. Und so ging ich langsam auf sie zu. Ich öffnete langsam meine Hand und fing an sie langsam zu schließen. Sie fing an nach Luft zuschnappen, doch da kam keine Luft in ihre Lunge. Denn etwas, genauer gesagt meine Hand, drückte ihren Hals zu. Ihre feine Haut wurde langsam blau. Je mehr ich meine Hand schloss, desto weniger Luft drang in ihren Körper, bis schließlich keine Luft mehr durch kam. Und dann zwei endlose Minuten bis auch ihr Leben langsam aus ihrem Körper verschwand. Sie sackte zusammen. Keine Regung, keinen Atemzug. Jetzt war es vorbei. Ein kurzer Blick. Alles war zerstört, alles war kaputt, niemand war mehr da. Ich war allein und hatte das Ziel erreicht, was ich wollte. In dem Moment atmete ich ein letztes Mal ein, ein letztes Mal uns und verschmolz für immer mit meinem inneren Monster.

 

Hallo @Millllla,

herzlich willkommen im Forum!


Denn anstatt mich so wie jeden anderen zu behandeln, hat man mich von Anfang an anders behandelt.
Das scheint mir so der Kerngedanke zu sein, den Weg der dunklen Elfe nachzuzeichnen, warum sie Böses tut. Also Sympathie für die Antagonistin wecken. Zufällig habe ich gerade Lost Boy von Christina Henry gelesen, da ist am Ende Captain Hook der „Gute“ und es funktioniert, weil Peter Pan in dieser Version der Geschichte ein ganz furchtbares Sch#*“!!!#kind ist.

Es ist hier ein bisschen schwierig, mit der Elfe mitzugehen. Dieser „Hässliche Entlein“-Effekt, dass sie gemieden wird wegen ihrer schwarzen Flügel, das funktioniert noch. Aber „Man grenzt mich aus, nur weil ich Kindern gern die Lutscher wegnehme und drauf spucke“, das ist so Hm. Dann lass das doch. Immer wieder verprügele ich grundlos die alte, kranke Frau in unserer Straße, und nur deshalb ladet ihr mich nie zur Nachbarschaftsfeier ein. IHR seid die Monster!

Da würde ich nochmal an der Prämisse drehen. Man kann auch mit Monstern mitfiebern, die tatsächlich Monströses tun, Nightbreed von Clive Barker als Beispiel. Da wird’s aber natürlich ein bisschen aufwendiger, den Trick bekommst du glaube ich nicht oder nur schwer auf zwei, drei Seiten hin.

Weshalb ich die Geschichte trotz ihrer Kürze etwas dröge zu lesen fand: Kaum Szenen, kaum Konkretes, ganz viel Allgemeines. Da herrscht so ein Missverhältnis. Okay, du hast die Flügel und den Lutscher, wobei ja auch die eigentlich nicht erzählt werden, sondern als ungeschmückte Statements dahergekommen, und ganz viel: „Ich bin so anders, immer schon gewesen.“ Ohne es zu zeigen.


Kleinkram:

damit verbracht schlechtes zu tun.
verbracht, Schlechtes

war nicht mal überspitzt dargestellt sondern
Randmitglied unserer Gesellschaft
Zig Elfen lagen tot auf der Straße
, sondern / An diesen Stellen passt die Sprache nicht zur Fantasy. Die ersten beiden sind so Politiker oder Journalist in der Talkrunde, beim letzten dachte ich: Keine Ahnung, wie ich da durchkommen sollte, also bin ich die Abzweigung runter und dann über die B6.

Ich bewegte mich in der Dämmerung und Nachtstunden, als Ausrede nutze ich immer, dass ich den anderen aus den Weg gehen möchte, doch um ehrlich zusein, hatte der Mond und die Nacht es mir angetan.
Ich bewegte mich in der Dämmerung und in den Nachtstunden. Als Ausrede (wofür eine Ausrede?) nutzte ich immer, dass ich den anderen aus dem Weg gehen mochte. Doch um ehrlich zu sein, hatten der Mond und die Nacht es mir angetan.

Hier mal beispielhaft: Der Mond und die Nacht hatten es ihr „angetan“. Was heißt das? Es wäre besser, eine Kindheitserinnerung zu beschreiben, wie ihr die Sonne in den Augen und auf der Haut brennt und die anderen sich über ihre schwarzen Flügel lustig machen, schwarz wie Teer und stinken auch so. Nicht einfach sagen: Ich stehe auf Nacht, sondern DARUM stehe ich auf Nacht. Und das am besten nicht ausformulieren, sondern den Leser zu dem Schluss kommen lassen: Oh, sie steht auf Nacht. Das ist für den viel spannender, da muss er auch ein bisschen was tun.

Ich war die Außenseiterin und mittlerweile war ich all die schrägen und schiefen Blicke gewöhnt
hatte mich … an die Blicke gewöhnt

Anstatt zu fliegen, geht sie lieber durch die Straßen.
ging

Man sagte auch, dass sie sich vom Blut toter Seelen ernähre, weshalb man sich um so gerne sehr weit entfernt von ihr aufhielt.
Seele ist ja etwas, das man nicht anfassen kann, wo kommt das Blut her? Und der zweite Teil ist zu wenig. Er ist ein Seelenfresser, ich bleibe mal lieber hier sitzen.

Woher weist du wer ich bin?
weißt du,

Jeden Tag war ich deinen Schikanen ausgesetzt. Dank dir hat mich jeder als Monster gesehen, doch das eigentliche Monster bist du!
Wie gesagt, Kindern auf den Lutscher spucken und Seelenblut trinken. Mobbing ist auch nicht okay, aber die Prota ist hier ein bisschen zu selbstgerecht (ALLES eure Schuld!), um sympathisch zu sein.


Viele Grüße
JC

 

Hallo JC,
vielen, vielen Dank. Deine Kritik bedeutet mir verdammt viel. Ich werde sie annehmen und umsetzen. Es war meine erste Kurzgeschichte überhaupt und deshalb bin ich froh über jede Kritik. Vielen Dank, denn sowas hilft mit irgendwann eine gute Autorin und Journalistin zu Verden.
Liebe Grüße
Milla

 

Hallo @Millllla,

ich sehe in deinem Fantasy-Text noch Potential, das du ausschöpfen könntest. Es wurde schon manches angesprochen (z.B. das Problem mit dem Lolli), dem ich mich ebenfalls anschließe.
Deine Todeselfe hat auf mich nicht besonders sympathisch gewirkt. Dafür ist sie einfach ... zu böse. Vielleicht wäre es spannender, wenn sie stattdessen einen stärkeren Konflikt mit ihrer bösen Seite hat, die du ja inneres Monster nennst.
Was stellst du dir unter diesem Monster eigentlich vor? Ist es angestaute Wut, die durch Mobbing und Ausgrenzung entstanden ist? Oder schlummert es seit ihrer Geburt in ihr und ist einfach mitgewachsen?
Du beschreibst schwarze Flügel, Augen und Haare als äußere Kennzeichen, die ja nicht alles über die inneren Werte aussagen müssen. Wenn deine Todeselfe auch eine gute Seite hat (die nicht einmal so stark ausgeprägt sein muss), bekommt deine Geschichte mehr Tiefe. Dann ist es umso tragischer und wirkungsvoller, dass die böse Seite am Ende siegreich ist.

Zu diesem Punkt:

Deine Kritik bedeutet mir verdammt viel. Ich werde sie annehmen und umsetzen.
Dir ist bestimmt schon der Bearbeiten-Button unter deinem Beitrag aufgefallen. Wenn du deinen Text überarbeitest, solltest du die ursprüngliche Fassung damit ersetzen, anstatt sie nur offline für dich zu behalten. Kleinigkeiten wie gefundene Rechtschreibfehler kannst du so ganz einfach verschwinden lassen. Bei größeren Änderungen, etwa bezüglich Inhalt oder Stil, kannst du auch in einem neuen Kommentar genauer darauf eingehen, was du geändert hast oder eben nicht ändern möchtest. Das klingt vielleicht nach überflüssigem Aufwand, doch du lernst dabei viel dazu. Denselben Effekt erhältst du beim Verfassen von Kommentaren unter anderen Geschichten. So kommt es schließlich zu einem gemeinsamen Austausch in diesem Forum, oder?
Das alles sind natürlich nur Empfehlungen, die du auch ablehnen kannst. Wenn du dich beruflich gerne mit dem Schreiben befassen willst, würde ich zumindest darüber nachdenken.

Viele Grüße
Michael

 

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