Das ist wohl Schicksal...
Das ist wohl Schicksal...
Alles begann mit meiner Freundin Tina, die ich in der Firma kennenlernte.
Damals war ich Anfang zwanzig und wohnte noch mit meinem früheren Freund zusammen. Doch weil wir charakterlich überhaupt nicht zusammenpassten, war das Ende unserer Beziehung eigentlich schon lange vorprogrammiert. Tina war ein paar Jahre älter als ich und hatte ihre Beziehung gerade beendet.
Ich fing an, viel mit Tina zu unternehmen. Sie hatte einen großen Bekanntenkreis, in dem immer irgendetwas los war. Mein krankhaft eifersüchtiger und obendrein kontaktscheuer Freund kam damit immer weniger zurecht. Es kam, wie kommen musste, eines Tages packte ich nach einer seiner unzähligen Eifersuchtsszenen meine Sachen und zog aus. Ich fühlte mich, wie aus dem Gefängnis entlassen.
Noch im selben Sommer machte ich mit Tina und ein paar ihrer Freundinnen meinen Motorradfüherschein. Schon als Kind winkte ich auf der Straße den Motorradfahrern zu und träumte davon, selbst einmal mit einem weißen Lederanzug auf einem weißen Motorrad zu fahren. Diesen Wunsch mußte ich mangels Geld erst mal auf Eis legen, außerdem kannte ich früher keine Motorradfahrer und allein macht es ja auch keinen Spaß. Nun kam die Gelegenheit und ich erfüllte mir meinen Kindheitstraum. Nur auf die Farbe Weiß verzichtete ich dann aus praktischen Gründen doch lieber.
Bei jedem Sonnenstrahl waren wir unterwegs. Bald waren wir eine rießige Fahrgemeinschaft, wir fuhren zusammen in die Berge und machten wunderschöne Ausflüge und Urlaube. Auf der Suche nach unseren Traummännern waren wir schon auch, aber der hatte ziemlich strenge Kriterien zu erfüllen: er sollte gut aussehen, die drei "H´s" besitzen, ein Motorrad natürlich auch, in unseren Bekanntenkreis passen, unternehmungslustig sein und er sollte sich im schicken Anzug in einem guten Lokal ebenso wohlfühlen können wie in der fliegenverschmierten Lederkombi im Straßengraben.
Dies erwies sich als die schwierigste Aufgabe, die nur ganz wenige schafften.
Nach einigen Jahren vergeblicher Suche nach dieser Zusammensetzung beschloss ich irgendwann, solo zu bleiben. Ich hatte die Nase voll von dem, was auf dem freien Markt zu finden war. Mir ging es blendend, ich kam wunderbar alleine zurecht, warum sollte ich mich also durch einen Mann verschlechtern?
Die Sache war für mich erledigt.
Doch ich machte die Rechnung ohne Tina.
Wieder einmal schaltete sie eine Anzeige, in der sie nach alleinstehenden Motorradfahrern suchte. Es antworteten auch einige und sie nahm zu den interessantesten von ihnen Kontakt auf. Prompt verliebte sie sich gleich beim ersten Treffen. Doch was Tun mit den anderen netten Kerlen, die sie nun nicht mehr kennenlernen wollte? Schade drum, so wertvolle Kontakte einfach wegzuwerfen!
Kurzerhand rief sie einen von ihnen an und vermittelte ihn an mich weiter, wovon ich allerdings keine Ahnung hatte. Sie fragte ihn, ob sie seine Telefonnummer eine alleinstehende Freundin weitergeben dürfe, da sie selbst bereits vergeben sei. Er war damit einverstanden, es sei schließlich egal, wen man neu kennenlerne.
Bevor Tina in den Urlaub fuhr, gab sie mir diese Telefonnummer und bat mich, ihn anzurufen, sie hätte es versprochen. Er wäre sehr nett gewesen und sie würden sich mal zu einer Motorradtour treffen.
Natürlich rief ich nicht an.
Zwei Wochen später kam Tina aus dem Urlaub zurück und wir saßen abends bei ihr zusammen. Nachdem sie mir ihre Urlaubserlebnisse erzählt hatte, fragte sie mich irgendwann nach dem netten Motorradfahrer, den sie mir vermittelt hatte. Ich erklärte, dass ich leider weder Zeit noch Lust hatte, ihn anzurufen und jetzt wäre es sowieso schon zu spät. Doch so leicht konnte ich mich nicht aus der Affäre ziehen. Sofort griff Tina zum Telefon und rief ihn an. Zu meinem Leidwesen hörte ich auch noch eine Stimme am anderen Ende der Leitung. Nach kurzem Geplänkel hin und her drückte Tina mir dann den Hörer in die Hand. Es gab kein Entrinnen, ich musste mich mit ihm unterhalten, wenn ich nicht wie eine völlig verkrustete Kuh dastehen wollte - wir telefonierten sehr lange, verstanden uns richtig gut und verabredeten uns gleich für den nächsten Abend.
Er war der letzte, der den Wechsel zwischen Nobellokal und Straßengraben elegant hinbekommen hat. Seit sieben Jahren führen wir eine glückliche Ehe mit Tina als Trauzeugin. Das ist wohl Schicksal...