Das Kind
Die Abenddämmerung tauchte die Landschaft in ein weiches Licht, als Alfred endlich die Stadtgrenze von Belloch erreichte. Seit Tagen war er nun schon unterwegs, immer weiter weg von der letzten Stadt, wo der Pöbel ihm ans Fell wollte. Er war wieder einmal erwischt worden, als er dem Drang nachgab, der ihn schon so lange quälte. Wenn die Leute ihn gefangen hätten, hätte es ein schlimmes Ende mit ihm genommen. Aber was half es, diesen Gedanken nachzuhängen, er würde neue Möglichkeiten finden, seinen Trieb wieder und wieder zu befriedigen.
Sein Ziel hatte er bewusst gewählt, dieses kleine Städtchen Belloch wuchs täglich. Immer mehr Menschen strömten aus allen Richtungen herbei, angelockt von den Versprechungen der Stadtherren, dass es für jeden Arbeit und Land gäbe. Hier kannte niemand seinen Nachbarn, so dass ein Fremder mehr oder weniger nicht auffallen würde. Hier würde Alfred bekommen, wonach er sich so sehr sehnte.
Es dauerte nicht lange, bis er eine Herberge gefunden hatte und mit dem Wirt über den Preis für ein Zimmer einig wurde. Dass das Zimmer verwanzt und dreckig war, das Stroh auf dem Boden seit Wochen nicht gewechselt wurde und stank, störte ihn nicht weiter, er hatte ja nicht vor, lange zu bleiben.
Den anderen Gästen war der Neuankömmling unheimlich. Nicht nur, dass er hässlich war wie die Nacht, er hatte auch diesen stieren Blick im Gesicht, der jeden warnte, ihm nur nicht zu nahe zu kommen. Die Narben an seinem Körper zeugten von seiner bewegten Vergangenheit und schnell machte das Gerücht die Runde, er müsse wohl aus einem der letzten Kriege heimgekehrt sein. Man wollte ihm Bier und Wein spendieren, damit er Geschichten aus den Ländern erzählte, die er gesehen hatte. Doch wer nur in seine Nähe kam, dem lief ein Schauer über den Rücken, dass er sich es schnell anders überlegte.
Alfred saß in der dunkelsten Ecke des Schankraums und löffelte die dünne und fade Fleischsuppe in sich hinein, die ihm der Wirt als so schmackhaft angepriesen hatte. Das verwässerte Bier rührte er nicht an, er wollte einen klaren Kopf behalten.
Als er sein karges Mahl beendet hatte, schlich er sich aus der Herberge und lief durch die Strassen der kleinen Stadt. Hier und dort grüßte ihn jemand freundlich, doch er antwortete nicht, bedachte die Leute nicht einmal mit einem Blick. Er hatte schon fast die ganze Stadt durchkreuzt, als sein Blick in den Garten eines kleinen Hauses fiel. Ihm stockte der Atem: Da war sie! Er hatte gefunden, wonach er seit Jahren suchte.
Ihr blondes Haar glänzte in der letzten Abendsonne wie Gold, ihre schneeweiße Haut war so glatt und perfekt, wie er es schon lange nicht mehr gesehen hatte. Ihre Bewegungen waren so sanft, als wolle sie die Luft um sie herum streicheln. Jemand rief nach ihr und sie antwortete mit dem strahlendsten Lächeln, das Alfred jemals zu Gesicht bekommen hatte. Sie war perfekt.
Als Alfred auf sie zuging, schreckte sie kurz auf, fasste sich aber bald wieder und wünschte ihm mit leiser Stimme einen guten Abend. Doch noch ehe Alfred antworten konnte, wurde sie von einer lauten Männerstimme ins Haus gerufen und folgte ihr sofort.
“Ein schönes Kind” murmelte Alfred und lächelte leise in sich hinein. “So ein schönes Kind...”
Er verbrachte eine traumlose Nacht in seinem miefigen Herbergszimmer und fand sich schon früh im Schankraum ein, um einen Haferbrei zum Frühstück zu verzehren, der in seiner Geschmacklosigkeit der Fleischsuppe vom Vorabend in nichts nachstand. Danach verlies er die Herberge und machte sich auf den Weg zu dem kleinen Haus, in der Hoffnung, einen Blick auf den blonden Engel werfen zu können, der ihn am Abend zuvor so verzaubert hatte. Doch er wurde enttäuscht, weit und breit war sie nicht zu entdecken.
Alfred war überrascht zu sehen, dass der Garten des Hauses an einen kleinen Wald grenzte, dies war ihm am Vorabend in seiner Aufregung nicht aufgefallen. Er ging ein paar Schritte in das Wäldchen hinein und sah sich um. Die hohen Tannen ließen kaum Licht durch ihr dichtes Geäst und der Nadelteppich auf dem Boden schluckte jedes Geräusch. Es war so dunkel und still, dass es fast unheimlich war. Die kühle Luft zwischen den Bäumen verstärkte diesen Eindruck noch. Trotzdem lief Alfred weiter und fand nach einigen Minuten eine kleine moosbewachsene Lichtung. Er hatte den perfekten Ort für sein Vorhaben gefunden.
Auf seinem Weg zurück zur Stadt kämpfte Alfred erfolglos gegen die ihn übermannende Erregung. Was er alles mit ihr anstellen würde... Er spürte, dass ihm die Hose eng wurde und erwägte kurz, einer der hässlichen Huren in der Taverne einen Besuch abzustatten. Doch als er dort angekommen war und sich die Frauen anschaute, schüttelte es ihn und er verwarf den Gedanken wieder. Er streunte statt dessen bis zum Nachmittag durch die Gegend, besuchte den Markt und erstand bei einem Händler einige köstliche Pasteten, die ihn nicht nur für die letzten beiden schlechten Mahlzeiten entschädigten, sondern auch das Grummeln in seinem Bauch beruhigten.
Als der Abend endlich hereinbrach, machte sich Alfred wieder auf den Weg zu dem kleinen Haus am Waldrand, versteckte sich hinter einem dichten Gebüsch und wartete. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, bis er das Mädchen endlich entdeckte. Sie schlenderte summend durch den kleinen Garten und schaute immer wieder in den Himmel, als wartete sie auf etwas. Ein kleines Lächeln umspielte ihre perfekten Lippen und Alfred konnte sich kaum ruhig halten, so sehr drängte es ihn, sie anzusprechen. Er wartete noch, bis die Sonne fast ganz untergegangen war und trat dann auf den niedrigen Gartenzaun zu. “Guten Abend” sprach er das Kind leise an. Es erschrak sich, wie auch am Abend zuvor schon. Doch als sie den Mann sah, der sie angesprochen hatte, erkannte sie ihn wieder und lächelte ihn an. “Guten Abend, Herr.” Oh diese Stimme... Alfred krochen leise Schauer über den Rücken und die Haare an seinen Unterarmen stellten sich auf. “Sag Kind, was machst Du denn jetzt noch hier draußen?” Das Mädchen lächelte immer noch und sprach: “Ach Herr, ich mag die Nacht so gern, doch sehe ich sie nicht oft, weil Vater und Mutter mich nicht lassen.” Alfred´s Atem ging schneller, in seinen Lenden bebte es gewaltig. “Oh Kind, ich würde Dir sehr gerne die Nacht zeigen. Sag, willst Du mit mir gehen? Ich kenne einen Ort, von wo Du den ganzen weiten Himmel sehen kannst, mit all seinen funkelnden goldenen Sternen und dem vollen Mond, der so hell leuchten wird heute nacht!” Das Mädchen schaute ihn prüfend an und nickte dann. “Ja Herr, das wäre wunderschön. Aber wir müssen heimlich gehen, dass Vater und Mutter es nicht merken”, flüsterte es. “Ich will gehen und so tun, als legte ich mich zur Ruhe. Wartet bis kurz vor Mitternacht, dann treffen wir uns hier.” Und wieder schenkte sie Alfred ein strahlendes Lächeln, so unschuldig und rein, dass ihm die Tränen kommen wollten. “Ich werde warten” flüsterte er zurück. Der kleine Engel winkte ihm noch einmal augenzwinkernd zu und lief ins Haus.
Unruhig hockte Alfred sich wieder in sein altes Versteck, zählte die Minuten und versuchte, seine Nerven unter Kontrolle zu halten. Dieses Kind raubte ihm den Verstand. Es war so wunderschön anzusehen mit seinen goldenen Locken, diesen zarten Gliedern, dieser reinen und vollkommenen Unschuld, die es ausstrahlte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er spürte ein so tiefes Verlangen nach dem Kind, dass es ihm den Atem nahm.
Nach unendlichem Warten hörte Alfred leise Schritte auf dem Weg und linste aus seinem Versteck heraus. Da kam sie, ihre helle Haut leuchtete beinahe in der inzwischen tiefdunklen Nacht. Er spürte ihr geheimnisvolles Lächeln mehr als er es sah, als sie endlich vor ihm stand. “Ach Herr, es sind so viele Wolken am Himmel, dass man den Mond gar nicht sehen wird”, flüsterte sie. “Mach Dir keine Sorgen Kind, von dort, wo wir hingehen, wirst Du ihn sicher sehen können, das verspreche ich”, flüsterte Alfred zurück. Das Mädchen nickte und nahm seine große schwielige Hand in ihre. “Dann lasst uns gehen, Herr!”
Alfred kam es vor, als liefe er auf Eiern. Die kleine Hand in seiner elektrisierte ihn. Es war ihm, als ginge von dem Mädchen eine gewaltige Kraft aus, der er sich nie mehr entziehen könnte. Als sie den Wald endlich durchquert und die kleine Lichtung erreicht hatten, blieb Alfred stehen und blickte auf das Mädchen herab. Sie schaute in den Himmel und sagte erstaunt: “Herr, Ihr hattet Recht! Seht nur, die Wolken verziehen sich. Ich kann schon die ersten Sterne erkennen.” “Die Sterne interessieren mich nicht, Kind!” Das Mädchen erschrak, als es hörte, wie rau und angespannt die Stimme des Fremden jetzt klang. Und als die Hand, die es eben noch so sanft gehalten hatte, plötzlich so fest zupackte, als wollte sie das Kind zerbrechen, schrie es auf und wollte sich losmachen. Alfred lachte laut auf. “Du kannst schreien, wie Du willst, hier hört Dich niemand. Du gehörst jetzt mir, mir ganz allein. Ich habe solange auf diesen Tag gewartet, ich habe mich so lange nach zartem jungem Fleisch verzehrt...” Alfred zerrte das Kind zu Boden und warf sich auf den kleinen Körper. “Du gehörst mir, Du gehörst mir, Du gehörst mir...” keuchte er immer wieder. Er zerrte an den Kleidern des Kindes, das da wehrlos vor ihm lag, und küsste es mit seinen nassen Lippen auf Mund und Hals. Er streifte seine Beinkleider ab und presste sich zwischen die zarten Schenkel des Kindes.
Erst in dem Moment, da er sein schmutziges Werk beginnen wollte, merkte Alfred, dass etwas nicht stimmte. Das Kind wehrte sich nicht. Es schlug nicht, trat nicht nach ihm, es zeigte keine Regung. Er schaute dem Mädchen ins Gesicht und bemerkte, dass es mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen in den Himmel starrte. Er folgte ihrem Blick und sah, dass die Wolkendecke sich vollständig verzogen und den Blick auf den vollen runden Mond freigegeben hatte. Doch irgend etwas stimmte auch hieran nicht, es war Alfred, als verströme der Mond nicht nur sein kaltes Licht, sondern noch etwas anderes, fremdes, etwas, das Alfred Angst machte.
Er wandte seinen Blick wieder dem Kind zu und erschrak. Die zarte weisse Haut des Mädchens war überzogen von einem rauen, dichten Fell, der hübsche Mund war ein reissendes Maul mit Zähnen wie Rasiermesser. Wo eben noch kleine Hände waren, packten jetzt gewaltige Klauen zu und ein tiefes Knurren aus der Kehle dieses Wesens verriet, dass sich die Situation für Alfred entschieden verändert hatte. Er wollte schreien, bekam jedoch keinen Ton über die Lippen. Er spürte das kalte Mondlicht auf seiner Haut, als ihm das Tier die letzte Kleidung vom Körper riss. Er dachte an das kleine unschuldige Mädchen, dass heute nacht ihm gehören sollte. Er dachte an ihr goldenes Haar und die weiche Haut, die er heute Nacht spüren wollte, wie er sie von anderen Kindern in anderen Nächten gespürt hatte. Ein letztes Mal dachte er an ihr strahlendes Lächeln, wenn er sie in den Wald führte.
Das Tier warf ihn auf den Boden und setzte sich rittlings auf ihn. Alfred warf einen letzten Blick auf den Mond und es schien ihm, als würde er hören, wie ihn der Himmel wegen seiner Untaten anklagte. Dann spürte er, wie ihm das Tier mit seinen gewaltigen Krallen den Bauch aufschlitze. “Ach Herr, ich mag die Nacht so gern”, knurrte es dabei.