Das Kind
Sie stand in der warmen Morgensonne, die keine Morgensonne mehr war, da der Morgen längst vorbei war. Das warme Licht des kalten Tages schien ihr aber wie die Morgensonne, so wie jeder Anfang dem Morgen gleicht. Sie hatte sich das ganze etliche Male ausgemalt und jedes Mal, war es so gewesen, dass er sich zu ihr gesetzt hatte. Nun gingen sie beiander. Sie setzten sich zusammen auf die Bank. Sie schwieg. Er tat glücklich sie zu sehen oder einfach nur glücklich und schob den Kopf leicht nach hinten um sich trotz der Mütze zu sonnen. Was sie als ein peinliches Schweigen empfand, schien er nicht zu bemerken. Ob er es nicht bemerkte weil er es so genoss bei ihr zu sein? Bestimmt nicht, er hätte sich ihre Gesellschaft doch nicht so lange entbehren müssen. Einen Anruf entfernt war sie doch die ganze Zeit gewesen und trotzdem hatte sie anrufen müssen, damit er sich ihrer Begleitung annehmen kann. Das war es also bestimmt nicht.
„Wie war es zu Hause?“ sprach sie endlich zu ihrer Verzweiflung, nicht um dem Schweigen eine Ende zu setzen, sie hätte ihm das gerne überlassen, sondern weil sie seine Stimme so gern hörte. Dann erzählte er irgendetwas von dem sie das Meiste mitbekam, was sie aber nicht besonders beschäftigte, da sie die meiste Zeit gelogen hatte und irgendwie wusste sie, dass er das auch tat. Lügen ist vielleicht das falsche Wort. Sie hatten sich nicht angelogen, sondern nur immer das Wichtigste ausgelassen und sich lauter Unsinn erzählt. Ob er das angefangen hatte oder ob sie es gewesen war, wusste sie nicht mehr genau. Sie wusste nur es hatte wie ein Spiel angefangen und es war bei einem Spiel geblieben, da jemand verlieren muss um einem Spiel ein Ende zu setzen. Zu verlieren war keiner von beiden bereit. Kurz kam ihr in den Sinn, sie hatte wahrscheinlich schon längst verloren, das wusste er aber nicht, sollte es soweit es an ihr lag auch nicht erfahren. Warum eigentlich nicht? Ein schlechter Mensch war er nicht, das musste sie ihm lassen. „Wie unreif von mir“, dachte sie sich, „mich so zu verhalten.“ Es sollte aber nicht daran scheitern, dass ihr gerade bewusst wurde, dass sie dieser Situation nicht gewachsen war. Das hatte sie die ganze Zeit gewusst.
„Was bei mir los ist? Nichts besonderes.“ Dann sprach er noch eine Weile. Sie fragte sich warum er sprach. Ob ihm aufgefallen war, dass sie ihn herbestellt hatte um ihm nichts zu sagen?
„Ich soll morgen vor Publikum reden.“
„Das ist ja toll.“
„Der Wahnsinn...“ sagte sie ohne jedwelchen Ausdruck. „Was meinst du, glaubst du, du kannst dabeisein?“ Sie schaute ihm genau zu um zu sehen ob er sich geschmeichelt fühlte. Er tat zumindest so. Er sollte sich ruhig geschmeichelt fühlen, sie brauchte ihn und es war ihr im Moment egal, ob es ihretwillen oder der Bitte wegen war. Er schwieg. „Es hängt damit zusammen, dass mir nicht wohl bei dem Gedanken ist morgen vor Publikum zu reden.“
„Ich hätte dich nicht für scheu gehalten.“ sagte er lachend. Sie fand es auch lustig.
„Ich möchte, dass du morgen kommst und dafür sorgst, dass kein Essen im Raum ist.“ Sie hatte schon immer diesen Blick an ihm genossen.
„Essen?“
„Ja, essen. Es soll keiner essen so lange ich rede.“ Man sah im an, dass er sich den einen oder anderen Witz verkniff, stimmte aber ein ohne nach dem Grund zu fragen. Es hatte ihm auch bisdahin an keinem Grund gelegen, warum sollte es jetzt anders sein. Sie erklärte ihm trotzdem, dass ihr in letzter Zeit beim bloßen Anblick der meisten Snacks übel wird und dass ihr viel and der Präsentation lag. Er stimmte zu.
Dann schwiegen sie noch eine Weile und waren sich einig nach Hause gehen zu müssen. Sie gingen beieinander bis ihre Wege sich trennten, als er sich mit einem Kuss auf ihrer Wange verabschiedete und einer weiteren Geschichte über die sie nicht wusste ob es auf irgendetwas andeuten sollte oder bloßes Gerede war. Sie ging noch ein paar Schritte und stand dann da, dachte kurz nach und fand, er würde es schon bemerken.