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Das Klausproblem

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09.05.2005
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Das Klausproblem

Ich öffne meine Augen, es ist hell, aber es beginnt schon wieder zu dämmern. Wie jeden Tag ist es nicht ein Wecker, der mich am schlafen hindert oder ein aufdringlicher Artgenosse der ein Anliegen hat. Ich bin einfach wach geworden, weil mein Körper des Schlafens überdrüssig geworden ist, ein schrecklicher Geschmack in meinem Mund erinnert mich an die Anzahl der Alkoholika, die ich am Vorabend zu mir genommen habe.

Ich bin Klaus und habe ein Problem, aber dazu später. Ich lebe in Deutschland und bin die vermenschlichte Form einer Normalen, einer Geraden die genau in der Mitte des Universums liegt, das Zentrum zwischen Maximum und Minimum, die Quersumme des Durchschnitts sozusagen. Was ich auch immer tue ich treffe genau das was auch die Mehrheit tun würde. Sprich, mein zweiter Vorname ist „ich auch“ den man mir aber nicht geben bräuchte, da diese Funktion schon mein Nachname übernimmt, wo wir wieder bei meinem Problem wären was ich noch früh genug erwähnen werde. Was gehört zu einem so normalen Menschen wie ich es bin, tja eigentlich nicht viel, fangen wir bei meinem Äußeren an. 1.78m groß, braune fettige Haare, vorpupertärer Oberlippenbart, leicht verpickelt und Augenringe die langsam zu einem Doppelkinn zusammenwachsen. Die 90kg sieht man mir natürlich nur an einer Stelle an, oberhalb meiner Mitte hat sich in den letzten Jahren ein Kessel gebildet der mich solange nicht stört wie ich beim Urinieren nicht mehrmals zugreifen muss um etwas zu erwischen was sich außerhalb meines Sichtwinkels befindet. Natürlich bekam ich zu meinem 40.Geburtstag das T-Shirt was jeder in meinem Alter sein Eigen nennt. “Bier formte diesen wunderschönen Körper“. Das kann ich heute nicht schon wieder anziehen, sonst denken die Kumpels von der Tankstelle noch ich hätte mehrere davon, welchen Gedanken man aber gleich wieder verwirft wenn man es gerochen hat.

Das Wichtigste was mich hier in dieser Gegend zum Normalo macht hätte ich beinahe vergessen, ich bin arbeitslos und 45 Jahre alt. Ich lebe allein und die einzigen Frauen die in meinem Leben eine Rolle spielen hängen in Papierform zimmeraufwertend an meiner Badtür. Es gab auch mal eine Richtige, nur ist das schon lange her und seit der Scheidung bin ich arbeitslos.

Träge und noch schlaftrunken schleppe ich mich in die Küche, um das allmorgendliche Kaffeeritual zu vollziehen. Mist Zigaretten alle, das hatte mir noch gefehlt und die Kaffeebüchse ist auch leer. Mich beschleicht der Gedanke, dass sich schon seit einer Woche ein Zustand der Leere in der Dose befindet, oder war es ein Monat? Das Zeitgefühl verabschiedet sich in dem Moment wo man über längere Zeit keinen zwingenden Termin wahrzunehmen hat, und dies ist schon lange her. Es war ein Zahnarzttermin den ich dann auch noch verschlafen hatte, erinnere ich mich dunkel. In der einen Hand die Fernbedienung und die Andere umklammert ein Bier, Kaffee war ja nicht mehr da, und so starte ich in das ergreifende Nachmittagsprogramm. Wie immer das Gleiche, zwischen die Werbung schieben sich urkomische Gestalten die vor anderen Leihen - Aushilfs - Möchtegern - Schaustellern in Richterrobe einen dilettantischen Mundraub verantworten müssen, wobei sie aus Versehen mit der Schwester ihrer Stiefmutter geschlafen haben, die sie daraufhin aus dem Testament streichen ließ. Das Einzige was die Sache von einem Tag auf den Anderen unterschieden hatte, ist die Reihenfolge. Die anderen Sender zeigen mir eine strahlende Familie, die solange wie ich das schon verfolge noch nie auf Toilette waren geschweige denn arbeiten. Geld wie Heu, große hip eingerichtete Wohnungen, noch nie hat einer sauber gemacht, und trotzdem sieht alles aus wie frisch aus der Verpackung. Es ist eine Kunst so umzuschalten das man keine der interessanten Verkaufsangebote verpasst. Warum also soll ich schon vor Mittag aufstehen, wenn erst 20 Uhr meine heiß geliebte Ratesendung kommt. Ich freue mich dann immer wie ein kleines Kind was die Leute so alles nicht wissen, rate fleißig mit, was mir schon manchmal einen Treffer bescherte. Langeweile macht sich breit, direkt vor mir, man kann sie förmlich riechen, das hatte ich wohl verkannt, der Gang auf die Toilette zeigt mir den wahren Ursprung. Faulheit bedarf einer ausgefeilten Technik und ist erst richtig zu erlernen, ich hätte Lehrer werden sollen, blitzt es mir durch den Schädel. Wenn bestimmte Zwänge wie Nahrungsaufnahme und der Gang zur Keramik nicht wären, könnte man die Faulheit perfektionieren. Erste Regel, nicht zu viel nachdenken, dass würft nur unnötige Probleme auf und verschwendet Energie, und wenn hier einer nicht als Energieverschwender beschimpft werden will, dann bin ich das. Obwohl eine kleine Rechenaufgabe den Geist belebt und etwas Zufriedenheit erweckt, man darf es sich natürlich nicht zu schwer machen, und sollte etwas nehmen was man schon einmal gerechnet hatte, da das Ergebnis dann nur eine Frage der Erinnerung ist und kein logisches Denken mehr erfordert. Nach einer Bruchrechenaufgabe mit bekanntem Ergebnis fühle ich mich immer wie neu geboren. In Zeiten wo der Intelligenzquotient an einer Studie gemessen wird, die Leute aufstellten, von denen keiner im Stande ist ein geraden Turm zu bauen habe ich für einen kurzen Moment die Grenze des Durchschnitts nach oben hin durchbrochen. Was mache ich jetzt, ich werde meine Höhle verlassen um eine Frau an ihren Haaren ziehend, schleifend wieder ins Innere zu befördern, wie es die Urmenschen zu tun pflegten. Das waren noch Zeiten wo Feuer nicht nur Raucher beeindruckte, und Frauen keine Verschlüsse an ihren Kleidern hatten die man nur mit Diplom aufbekommt.

Der Drang etwas zu tun verfliegt schnell wieder bei dem Gedanken an Arbeit. Ein Deja Vu bahnt sich an, ich hatte diesen Moment schon einmal erlebt, sich nach dem Aufstehen zu fragen was zu tun ist ohne sich anzustrengen wiederholte sich schon des Öfteren. Um genau zu sein 363 Mal in einem Jahr, wenn man mal von solchen Tagen wie Weihnachten und Geburtstag absieht, bei denen ich mich als erstes frage wo ich noch Geschenke herbekomme und viel wichtiger noch das Geld dafür. Ich lese am besten den Almanach der Mittelmäßigkeit, die Bild. Was mir an dieser Zeitung gefällt ist, dass die Buchstaben so groß sind, dass man nach drei Worten eine komplette Seite gelesen hat. Das gibt sogar einem arbeitslosen Halbanalphabeten wie mir das Gefühl etwas für seine Bildung getan zu haben. Das Kreutzworträtsel ist der Höhepunkt, zwischen ein paar ansehnlichen Frauenkörpern, ein paar Buchstabenreihen ineinander kompliziert verschlungen. „einstellige Zahl zwischen sieben und neun mit vier Buchstaben, es wird mir zu kompliziert ich blättere weiter. Ein Sprichwort fällt mir ein „Zeit ist Geld“ welcher Vollidiot hat sich das nur ausgedacht, wenn das stimmen würde, wäre ich stinkreich. Was einem das Gehirn für Streiche spielt wenn man nichts zu tun hat? Ich stelle eine Rechnung auf. Die Zeit, wie viel bleibt mir in meinem Leben? Ein Drittel vergeudet der Mensch mit Schlaf, was heißt hier eigentlich vergeuden? Weiter in der Rechnung, meine Großmutter meinte immer, Ordnung ist das halbe Leben, aha summasummarum bleibt mir da glatt ein Sechstel übrig, und diesen kleinen Rest soll man dann auch noch mit arbeiten vergeuden, das ist der wahre Wert des Wortes „vergeuden“ und nicht im Zusammenhang mit Schlaf anzuwenden. Ich setze mich wieder in meinen Sessel, vom ganzen Gerechne ist mir schwindelig geworden, die Schwiegermutter meiner Schwester hat einmal gesagt so einen Kerl wie mich hätte sie gern als Schwiegersohn, und nicht so einen Hallodri wie ihren eigenen Sohn, ein Grinsen entfleucht mir in die triste Umgebung, wenn die wüsste. Nun bin ich so alt wie er damals. Gedanken über Gedanken lassen meine Synopsen heute nicht zur Ruhe kommen, so einen ertragreichen Tag wie heute hatte ich lange nicht, und dabei habe ich mich nicht einmal großartig bewegt. Bewegung ist schlecht für die Gesundheit, jeden Tag sehe ich Menschen die sich bei sportlicher Betätigung irgendetwas gebrochen haben, und was haben sie nun davon? Ich kann mich noch ohne Krücken zum Briefkasten begeben wenn es mir danach beliebt. Überall auf der Welt strebt der Mensch nach Vereinfachung, sich weniger bewegen zu müssen, Maschinen übernehmen diesen Part und trotzdem gibt es eine Abart von Quertreibern die oft in Stadtparks und Grünanlagen zu finden sind, die man gebräuchlich als Jogger bezeichnet. Das ist einer der Gründe warum ich aufhöre mir den Kopf über Andere zu zerbrechen, Antworten gibt mir ja doch keiner.

Vergessen wir die Einleitung und kommen wieder zu meinem Problem, dort wo der Hase begraben liegt, des Pudels Kern oder wie man so schön bemerkt, wo sich Herr Fuchs und Frau Holle gute Nacht sagen. Stelle man sich vor dies träfe alles für den gleichen Ort zu, das wäre dann der Punkt an dem Frau Holle und Herr Fuchs den Hasen begraben, der an des Pudels Kern vorsichtshalber erstickt war. Wenn dieser Platz noch dazu ein Kornfeld wäre, und zufälligerweise die Stelle wo alle Leute ihre Flinten hinwerfen, was Hierzulande recht verbreitet ist, hat sich die bildliche Vorstellung schon gelohnt. Aber ich schweife schon wieder ab. Mein Problem ist relativ einfach und doch schwierig, mein Nachname steht auf Millionen von kleinen Pappkärtchen, jeder dem ich meinen Ausweis zeige beginnt zu lachen, meine Kreditkarte hat den gleichen Effekt, und wird nur sehr wenig angenommen, mein Name steht unter tausenden Verträgen die ich nie unterschrieben habe und trotzdem kennt mich niemand.
Mein Name ist Klaus Mustermann und das ist mein Problem.



Ende

 

Ich würde es ja gleich in das korrekturcenter verfrachten aber das geht ja nicht, die kommaregeln hab ich schon oft gelesen, trotzdem sind kommas noch nicht meine freunde geworden. zum rest, kritik kann ich immer vertragen.

so nun mach ich erst einmal absätze

Tito

 

Ja, Absätze wären nicht schlecht, da gebe ich S.H. recht. Was die Geschichte angeht, so war ich ehrlich enttäuscht, daß der Protagonist "Mustermann" heißen muß, will mir einfach nicht gefallen.

Du hast diesen Text in Alltag gepostet, und somit nehme ich an, daß der Text einen Anspruch darauf erhebt, etwas zu beschreiben, was real so passiert sein könnte. Der Protagonist, den Du hier sprechen läßt, ist in der Lage, seine eigene Situation zu erfassen und offenbar bemüht, ihr einen komischen Aspekt abzugewinnen. Er weiß bescheid über Quersumme, Brüche, Durchschnitt und bevorzugt als Lektüre die Bildzeitung. Mir ist nicht klar geworden, an welchen Stellen des Textes eine zynische Selbstreflexion stattfindet, und wo sich der Leser einen Protagonisten vorstellen soll, der genau so denkt.

Insgesamt bin ich gespalten, der Text hat einige gute Passagen, überzeugt mich aber nicht in seiner Gesamtheit.

Zusätzlich zu der von S.H. bereits bemängelten Zeichensetzung (keine Sorge, je mehr Du Dich dafür sensibilisierst, desto einfacher wird das) hier noch ein bißchen Textkram:

  • vorpupertärer - "vorpubertärer"
  • dass würft nur unnötige Probleme auf - "das wirft"
  • Kreutzworträtsel - "Kreuzworträtsel"

 

Ich finde den Alltag eines Arbeitslosen teilweise recht gut beschrieben- was nicht zusammenpasst mit den intelligenten Denkspielchen des Protagonisten- er ist dumm und kann so denken?? Den Witz mit Mustermann solltest du dir sparen- er ist blöd. Ohne ihn wäre die story 1000mal besser. Du kannst den Text ja so lassen- mit der Option, das er Meier, Müller oder Schulze heißt, aber den letzten "Absatz" würde ich löschen.
PS: Synopsen- Synapsen

POLDI

 

hätte nicht gedacht das der "mustermann" soviel gegenwehr erzeugt, es war eigentlich nur eine option zur schnellen beendigung der geschichte, da das thema kaum noch lustige sachen hergab. im grunde ist es eine anhäufung von kritiken an der momentan so verkorksten gesellschaft. das der gute mann nun noch intelligent ist, sollte nur darstellen das in der heutigen zeit keine schicht vor selbst eingebrokter langer weile gefeit ist (deshalb alltag). aber wenn ihr meint das der mustermann nicht paßt, und meine geschichte abwertet ändere ich das gern.

tito

 

Hallo tito

Also ich sag jetzt mal zuerst was Positives, bevor ich beginne auf dich einzuschlagen:

Die Geschichte ist zwar nicht ganz ausgereift, hat aber ein paar ganz lustige Stellen - will sagen aus der Art zu schreiben läßt sich was machen. Erinnert mich an ein Buch, das mir echt Spaß gemacht hat:
'Von der Nutzlosigkeit erwachsen zu werden'.

Allerdings frag ich mich schon, was da eine Anhäufung von Kritiken an der momentan so verkorksten Geselllschaft sein soll. :confused:
Das hört sich doch eher nach einem gescheiterten, verkorksten Alki an, der zu seinem Leidwesen noch etwas zu viel Gehirnzellen im Kopf hat, die noch funktionieren.
Weshalb er seinen Arsch auch nicht hoch bekommt und seinem Frust auf die verkorkste Gesellschaft fröhnt.

Ansonsten schließ ich mich im wesentlichen der vorangegangenen Kritik an:
Zumindest um die Kommas bei Relativsätzen solltest Du Dich kümmern. Damit machst du es den Lesern sehr viel einfacher, Deinen Text zu lesen. Ein paar Absätze mehr und ein paar Punkte (kürzere Sätze) würden auch s e h r angenehm auffallen.
Das der mustermann ne Option zur schnellen Beendigung der geschichte war m e r k t m a n - tut ihr nicht gut.

Schönen Gruß
rockz

 

anhäufung von kritiken an der momentan so verkorksten gesellschaft
hast du ein Stereotypenlexikon mit einem Jugendsprachewörterbuch gekreuzt?? Keine gute Idee!

 

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