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Das Lächeln
Das Lächeln
Angekommen, stellte er sein Vehikel ab und gelang durch eine große, runde Öffnung in einen Raum, an dessen hinterem Ende ein Erhebung empor ragte, hinter der eine Frau stand. Ihr strenger Blick, der hinter der eckig-langgezogenen Brille, wie ein Laserstrahl alles durchzudringen schien, musterte den Mann von der Straße. Mit langsamen, schwerfälligen Schritten kam er an die Erhebung, holte eine grüne Karte aus seiner linken Hosentasche, und reichte diese der konservativ wirkenden Empfangsdame. Sie musterte die Karte. „Sind Sie über die anstehende Umstrukturierung ihres Projektes informiert worden?“, fragte sie mit einer apathischen Stimme. Erstaunt vernahm er die Worte, welche die streng schauende, Bebrillte von sich gab. Er war es nicht gewohnt, dass Sie mit ihm redete. Jeden Tag , an dem er zur Arbeit erschien, überreichte er seine Identifikationskarte an die Kurzsichtige, derren Namen er nicht mal kannte, und machte, dass er Land gewann. Sie war Ihm unsympathisch, aus dem einfachen Grund, da Sie nichts, was man auch im Entferntesten als zuneigungswürdig bezeichnen konnte, an sich zu haben schien.
„Nein“, hallte eine tiefe Stimme durch den Raum, welche die zuvor gestellte Frage erwiederte.
„Eine Informationsveranstaltung findet in vier Tagen statt. Dort werden Sie, und Ihre Mitarbeiter über die Art der Änderung aufgeklärt.“
„Danke“
„Bitte“
Als er nach seiner „Greencard“ greifen wollte, vernahm er etwas Seltsames in dem Gesicht der Frau, die eine mehr als passende Stimme hatte, welche wie eine Möhre den Schneemann, ihr düster-dumpfes Erscheinungsbild ergänzte. So empfand er es zumindest.
Unter ihrem Spekuliereisen(Brille) und oberhalb ihres Kinns, formte sich etwas. Ihre Muskeln strafften sich und ihr Mund vollzog eine expandierende Bewegung, und bot tatsächlich etwas, was man als Lächeln bezeichnen würde. Gilt das mir, fragte er sich, ohne einen Laut von sich zu geben. Was war heute los? Da fängt sie plötzlich an mit mir zu reden, und jetzt lächelt sie mir entgegen, als ob sie mir etwas mitteilen wollte, etwas das man nicht in Worten fassen kann, etwas das nur die Körpersprache im Stande ist zu vermitteln. Was will sie mir damit klar machen? Mag sie mich? War die jahrelange, getrübt-graue Umgangsart, die sie mir entgegen brachte nur Fassade, eine Fassade hinter der eine zutiefst nette und liebenswürdige Person wartete und nur von dem formalen Vorsatz, Berufliches vom Privaten zutrennen, daran gehindert wurde in meiner Wahrnehmung einen bunten-fröhlichen Eindruck zu hinterlassen?
Oder wusste sie etwas? War sie über etwas informiert worden das mit mir zutun hatte? War das eine boshaftes Lächeln, etwa so eins, das sagen wollte: „Du bist nicht mehr lange hier, denn die da oben haben deine Stelle gestrichen, haben dich einfach nach 27 Jahren Arbeit von der Liste radiert, haben deine Stelle weiter vermittelt, und du bleibst jetzt unvermittelbar, so alt wie du schon bist, allein zu Hause sitzen, bis der Teufel dich holt“.
Als er, wie eingefroren, vor ihr stand, und versuchte ihre Gesichtszugentgleisung zu verstehen, fuhr ihre rechte Hand hoch, der kleine Finger distanzierte sich von seinen vier Kumpanen, und blieb an der oberen Zahnreihe hängen. Mit einem Auf und Ab, glitt er zwischen zwei Zähnen, und versuchte etwas herauszuholen. Nach einigen Augenblicken war die Ursache der Bewegung beseitigt und die Hand fuhr nach unten, während sich der Mund schloss.
„Haben Sie noch eine Frage?“
„Ehm, nein... nein!“, beeilte er sich zu antworten.
Sie gab ihm seine Karte, und er ging weiter, wie immer als wäre nicht passiert, als wäre er wie jeden Morgen hereingekommen, hätte seine Karte präsentiert und versuchen hätte möglichst schnell wegzukommen, von der Empfangsdame, welche ihm 27 Jahre lang das Lächeln verweigerte.