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- 31.01.2006
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Das Landhaus
Das Landhaus
Wir machen uns zu viele Gedanken über die Meinung anderer Menschen.
Wir warten auf Ihre Reaktion auf unsere Wünsche und Befindlichkeiten.
Gut, daß es diesmal anders war.
Ich habe einfach nein gesagt!
Ich wollte mir und meinem Hund einen schönen Tag machen. Keine Lust auf Opernabend. Lieber im Wald laufen.
Die Sonne schien, es war Winter. Der Schnee war 30 cm hoch, fest und so dicht, dass er unter den Sohlen ächzte. Die Sonne brach sich im Geäst der Buchen und schillerte fröhlich in der Nachmittagssonne. Es war still und schön.
Wir hatten uns ein Hotel genommen, unweit des Waldes. Mila ist sofort in die Dusche gestiegen und hat sich gesetzt, den Kopf schräg gehalten und gegähnt. Mit weit aufgerissensm Schlund. Ich reagierte nicht sofort, so legte sie sich auf die Badematte vor der Dusche und machte ein Nickerchen.
Ich mag die einfachen ländlichen Hotels. Im Fernsehen lief eine Serie von "Hör mal, wer da hämmert".
Bei der Rezeption bestellte ich mir ein Steak aufs Zimmer und Mila einen Knochen aus der Küche. Den liebt sie.
Als unsere Bestellung kommt, wird Mila unruhig und knurrt in Richtung des Kellners. Das kenne ich nicht von ihr. "Der kennt mich noch nicht, ich liebe Hunde!", gesteht er sofort und entfernt sich diskret. Vorher sagt er noch, dass es eine romatische Villa im Wald gibt, die sollten Sie sich mal ansehen!
Ich möchte es mir bequem machen im Sessel, ich bin frisch geduscht und Mila ...
... rühert den Knochen nicht an. Sie liegt in einer Entfernung von fünf Metern davor, als wäre es ein Knallfrosch. Sie schielt ihn schräg an. Das macht mich unruhig. Ich nehme den Knochen, um daran zu riechen (vielleicht ist er zu alt). Unsinn. Hunde fressen so was. Mila rennt auf mich zu und haut mir mit ihrer Pfote den Konochen aus meiner Hand. Das ist völlig neu und ich entschließe mich, den Knochen draußen zu entsorgen, ich habe ja Futter mit. Sie lehnt es jedoch ab. Macht nichts, denke ich, sie wird satt sein.
Ich gehe mit Mila gern nicht so spät die letzte Runde, damit ich mich mit ihr nochmal vor einen Film setzen kann und nicht übergangslos ins Bett muss. So auch heute.
Die Sonne ist bereits untergegangen, wir haben Vollmond. Der Mond und der Schnee geben eine unwirkliche Atmosphäre, friedlich, still und anheimelnd. Ich habe Mila von der Leine gelassen. Hier draußen ist niemand mehr. Die Menschen sitzen in ihren warmen Räumen und unterhalten sich, sehen fern oder lieben sich.
Ich entschließe mich, der Richtung von Mila zu folgen. Nicht gerade alpha-artig dieses Verhalten, doch sehr reizvoll. Mila rennt tief in den Wald. Manchmal sehe ich sie nicht, dann kommt sie wieder schnaufend angerannt und lächelt mich an mit ihren weißen großen Zähnen, in der Lage, einen Oberarm zu zerbeißen, nur hat sie keine anderen Gedanken, als liebevoll an meinem Finger zu knabbern.
Am Horizont erkenne ich einen Hof. Nein, eine Hütte. Mit Turm? Nein, eine Burg? Nicht hier! Mila ist fast dort, da rate ich noch, worum es gehen könnte. Lass es egal sein, sage ich mir oberklug und folge meinem Hund. Vielleicht ist es die Villa, von der der Kellner sprach.
Je näher ich dem Ort der Begierde meines Hundes komme, desto dunkler wird es. Wir haben Vollmond! Gilt das nicht überall hier? Es müsste heller sein, denke ich naiv.
Mila kommt angerannt und hat sich an mein Bein geschmiegt. Das ist so rühernd, ich liebe sie. Jetzt sehe ich relativ deutlich, dass es sich wohl um ein Haus mit Veranda und einem kleinen Turm handelt. Das sieht sehr interessant aus. Ich komme näher. Es muss wärmer geworden sein und die Stimmen der Tiere sind verstummt. Es ist ja auch schon spät.
"Mila, hier, trödle nicht!"
Mila kommt zögerlich und geht hinter mir. Wir stehen vor einem Anwesen. Es sieht verwaist aus. Ich klinke an der vermoosten Tür und mache mir keine Hoffnung. Doch die Tür geht auf. Scheiss Vorannahme. Mila wird neugierig und geht als erste durch die Tür. Ich dächte, ich hätte ihr diese Angewohnheit aberzogen!
Mila steht inmitten einer geräumigen Diele. Ich komme auf sie zu und habe das Gefühl, ich müsse beruhigend auf sie einreden. Ich weiß nicht warum und klug ist es auch nicht sonderlich.
Die Fenster nach draußen sind erhöht und mit Vorhängen bestückt, die gelblich wirken, wenn ich es in der Dunkelheit richtig erkenne.
Sie wehen leicht.
Von der Diele aus gehen alle Zimmer symetrisch ab. Es sind acht Zimmer genau. Die Diele ist leer. In der Mitte geht eine erhabene Treppe ins erste Obergeschoss. Mila kratzt mit ihrer Pfote an einer der Dielen-Türen. Ich möchte sie bitten, bei mir zu bleiben, weiß jedoch nicht, warum ich es nicht energisch tue.
Mila hat die Türe von allein aufbekommen und stürzt hinein!
Ich werde sehr unruhig, eine Art Vorpanik. In zögerlich, hastigen Schritten folge ich meiner Hündin in den Raum hinein und ...
... sehe sie nicht, höre sie noch nicht.
Ich vernehme ein leises Tuscheln. WAS macht mir hier WAS vor?
Ich wünschte, ich wäre mit Mila im Hotel geblieben oder hätte den langweiligen Opernabend besucht. Ohne Interesse, ohne Panik!
Es ist mir egal, ich renne durch den Raum, der von einem Zimmer ins andere und wieder in ein anderes führt, um letztendlich vor einer verschlossenen Tür zu stehen, von dem aus ich ein Schmatzen wahrnehme. Eine tiefe Traurigkeit ergreift mich, ich bin reglos. Starr. Ich kann nicht sprechen!
Plötzlich: Die Tür geht auf, einen Spalt nur. Ich erspähe Mila. Sie lebt und ...
... frißt etwas!
Einige Menschen sind dort und ...
"Happy Birthday to you, happy birthday to you ..."
"Wenn Du Deinen Geburtstag schon nicht in der Oper verbringen willst, dann gestatte uns wenigstens, dass wir Dir hier gratulieren. Wir haben den Kellner bestochen. Du hattest Deine Buchungsnotiz auf Deinem Schreibtisch liegenlassen."
Mila rennt mir entgegen und hat einen Knochen,
einen Zweig oder etwas in der Art in der Schnauze, wedelt mit dem Schwanz und wirft sich vor mir auf den Rücken.
Wir machen uns zu viele Gedanken über die Meinung anderer Menschen. Wir warten auf Ihre Reaktion auf unsere Wünsche und Befindlichkeiten. Gut, daß es diesmal anders war.
Und gut auch, dass es diesmal wirklich anders war
und es sie wirklich gibt!
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