Das leise Knacken
Das leise Knacken
Ich wache auf.
Das Zimmer ist komplett dunkel, ich sehe nicht mal einen Spalt Licht zwischen Rollo und Fenster.
Ich sehe nicht mal die Wand neben der ich liege und sie fast schon mit der Nase berühre. Ich habe noch 4 Stunden zu schlafen, denn muss ich wieder in die Schule. Ich hasse die Schule, die blöden Lehrer und Schüler, die kotzen mich alle nur noch an.
Ich denke heute mache ich was, was ich sonst nie mache: Ich gehe spazieren. Gut, es ist schon 3 Uhr , aber was solls, vielleicht tut mir ein wenig frische Luft ja ganz gut und ich kann danach endlich einschlafen.
Ich will das Licht anmachen, aber die Glühbirne geht sofort mit einem dumpfen Geräusch kaputt und das Zimmer war nur eine halbe Sekunde beleuchtet. In dieser halben Sekunde sah ich es... Der Schweiß trieb sich aus meinem Körper und ich wollte mir einreden, das ich es mir nur eingeblidet habe. Doch ich bin mir sicher, es war da.
Ich will meine Taschenlampe aus dem Nachtschrank holen, doch ich will mich nicht bewegen. Und so verharre ich noch einige Minuten in meiner decke eingewickelt, von der Todesangst gepackt, bis ich entschließe ganz langsam und so leise wie möglich die Schublade zu öffnen. Man hört das Schaben der Metallstreben der Schublade auf dem Holz des Schrankes und ein komisches Geräusch entsteht und ich rechne damit, dass es mich jede Sekunde am Arm packt und mit sich reißt, weil es mich gehört habe.
Doch es geschieht nichts und ich kann die Taschenlampe aus der Schublade holen. Ich versuche die Taschenlampe anzumachen, doch auch das geht daneben und mir ist eingefallen, dass ich die Batterien für meine Fernbedienung für den Fernseher benutzt habe, weil die Batterien von der Fernbedienung alle waren. Ich beschließe mich nicht zu bewegen und einzuschlafen, denn die Fernbedienung liegt unter meinem Bett und ich wette, es ist da unten und lauert mit seinen kalten, nassen Händen und wird meine Hand packen und mich unters Bett in eine fremde Welt reißen, wenn ich versuche, nach der Fernbedienung zu greifen.
Ich liege also noch ca. eine Stunde regungslos und schwitzend in meinem Bett und starre in den Raum, in dem ich nichts sehe und rechne jeden Moment damit, das es auf mich zuspringt und meine Angst steigert sich in jeder Sekunde ,in der ich in den dunklen Raum starre,
Plötzlich geht meine Zimmertür auf und ein Schein, der aussieht wie der Schein vom Mond, tritt in den Raum und ich sehe einen Schatten der aus meinem Zimmer läuft. Fünf Sekunden später höre ich ein Kind schreien, meine Glieder fahren zusammen und die erste Übelkeit macht sich in mir breit.
Ich kann meine Augen nicht schließen, als ich merkte , das meine elektrischen Rollos nach oben gehen. Ich weiß, dass sich dahinter nichts gutes verbergt, aber ich bin im zweitem Stock, also kann dahinter eigentlich nichts sein.
Als sich das Rollo immer weiter öffnet und schließlich ganz oben ist, breche ich in Tränen aus, doch ich habe so große Angst, das ich nicht mal ein Geräusch von mir geben kann.
Was sich hinter dem Rollo verbirgt, war meine kleine Schwester. Sie ist aufgehängt. Ich kann es nur erahnen, da sie keine Haut mehr zu haben scheint, aber der kleine vom Mond angeleuchtete Körper trifft sehr auf ihre Statur zu.
Ich weiß nicht was mich packt, ich springe auf und bewege mich unsicher zum Fenster und öffne es, will nach meiner Schwester greifen, doch ich greife ins Leere und falle aus dem Fenster.
Ich schlage auf dem Grasboden unseres Gartens auf und als ich wieder aufwache, öffne ich die Augen und sehe nur schwarz und es scheint, als sei ich in meinem Zimmer. Was für ein Glück, war doch nur ein beschissener Traum. Ich fasse neben mich um meinen Schweiß von den Fingern ins Bettlaken zu wischen, doch ich wische es in Gras ab und als ich mir vor Schock ins Gesicht fassen will, merke ich, das etwas in meinen Augen steckt, es fühlt sich an wie Stöcke, vielleicht ist das der Grund, warum ich bei Vollmond draußen nichts sehe.
Ich versuche zu schreien, doch es geht nicht. Irgendwann schlafe ich einfach wieder ein.
Und wache auf...
In einem Krankenhaus.
Meine Mutter steht weinend neben mir und eine Ärztin sagt, ich sei aus dem Fenster gestürzt, weil ich wahrscheinlich unter Wahrnehmensstörungen gelitten hätte und ich sei nun im Wachkoma , der über Jahre andauern kann.
Ich will es bestreiten und sagen, dass das alles nur Schwachsinn ist. Doch ich öffne den Mund und es kommen nur unverständliche Laute aus meinem Mund. Ich versuche nach meiner Mutter zu greifen, doch ich kann mich nicht bewegen, nur meine Augen lassen mich bewegen.
Meine Mutter weint bitterlich, gibt mir einen Kuss auf die Wange, eine heiße Träne von ihr tropft auf meine Stirn und sie sagt : „Das kriegen wir schon hin, alles wird wieder gut...“ , dann verlässt sie den Raum und man hört sie noch lange im Flur wie sie weinend weggeht.
Ein Arzt kommt in mein Zimmer und sagt der Schwester, dass ich wahrscheinlich nie aus dem Wachkoma kommen werde, doch sie solle meiner Mutter trotzdem Hoffnung machen.
Ich versuche nun mit aller Kraft ein Zeichen von mir zu geben und zu schreien, doch wieder kommt nur ein etwas lautes Geräusch aus mir.
Die Schwester geht auf mich zu , gibt mir eine Spritze und eine Minute später Schlafe ich ein.
Ich weiß nicht so recht. Ich glaube ich will nicht mehr aufwachen.
© 2005 by Christoph L.