Das letzte Mal
Eine einsame Strasse. Nur sie stand am Bordstein und schaute in die Ferne, um sie herum wehte der Wind und zerzauste ihr Haar. Eine Strähne verfing sich in ihren Wimpern und sie strich sie mit einer hastigen Bewegung fort, ohne den Blick von der Strasse zu wenden.
Auf einmal nahm sie eine Bewegung neben sich wahr, sie drehte sich zur Seite.
Da standen sie nun – wie zwei Fremde. Sie schaute ihn an und bemerkte, dass er zu Boden schaute. Sie machte einen Schritt auf ihn zu und berührte seine Wange. Er zuckte zurück und schaute ihr plötzlich in die Augen. Seine sonst glasklaren Augen waren voller Tränen. Auch er ging nun einen Schritt auf sie zu, griff in seine Manteltasche und holte etwas heraus. Sie konnte nicht erkennen was es war, da drückte er ihr den Brief schon in die Hand.
Sie sah, wie seine Hände anfingen zu zittern und ihn diesem Moment drehte er sich von ihr weg, ging langsam die Strasse entlang, ohne stehen zubleiben oder sich noch einmal umzudrehen.
Sie spürte, dass sie die letzte Möglichkeit vertan hatte um ihm alles zu sagen, alles zu erklären, alles wieder gut zu machen.
Da stand sie nun allein, allein mit ihren Gedanken und seinen Gedanken in ihrer Hand. Sie schaute auf den Brief in ihrer Hand. Vorsichtig öffnete sie den Briefumschlag und erblickt die ihr so vertraute Schrift, seine Schrift, seine Worte.
„...doch auch ich habe gelitten...“ war der erste Satz, der ihr ins Blickfeld geriet.
Leiden. Ja, genau das fühlte sie in diesem Moment, auf dieser vereinsamten Strasse. Sie fühlte sich so, als hätte sie seit Jahren nichts anderes getan, als zu leiden. Ihr Herz, ihre Seele waren genauso ausgelaugt, wie ihr Körper.
Eine Träne lief ihr übers Gesicht, erst eine, dann wurden es immer mehr. Doch sie gab keinen Laut von sich, kein Schluchzen. Nur ihre Augen verrieten ihren Schmerz und ihr....Leiden.
Den Brief immer noch in der Hand drehte sie sich um und ging in die gegengesetzte Richtung. Es wurde langsam Dunkel, der Wind wurde stärker und ein feiner Regen setzte ein.
Die kleinen Tropfen fielen auf den Brief und verschmierten die geschriebenen Worte.
Es sah aus, als würden sie weinen. Die Worte voller Schmerz und Leid fingen an zu weinen.