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Das Martyrium

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02.09.2004
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Das Martyrium

Verdammt noch mal, jetzt geht das schon seit zwei Stunden so!
Unglaublich!
Ein Martyrium!
Immer wieder aufs Neue!
Wann wird es enden?
Wissen sie, es ist ein Unterschied ob man eine Treppe hinunterfällt - so aus Zufall - oder ob man mit Absicht gestoßen wird.
Mit Absicht ist meistens viel mehr Schwung dahinter. Und unten schlägt man dann auch viel härter auf. Meistens an der Wand.
Aber was noch viel, viel schlimmer ist, wir werden ganz oben bevor es losgeht richtig kräftig und grob rumgeschubst. Von einem fiesen Typen mit Händen wie Käseglocken!
Das durchschütteln ist deshalb so gemein, weil man schon im ersten Flug richtig orientierungslos ist und einem vor lauter schwindelig sein die ersten Stufen gar nicht richtig bewusst werden, bis man auf sie trifft.
Und dann - dieser erste Aufprall – WOMPF. Man denkt das ist es jetzt gewesen – aber weit gefehlt – es geht weiter. Weil es so steil ist, kommen schon noch ein paar Einschläge – da braucht man sich gar keine Illusionen machen, nein, nein!

Sie wollen das gar nicht lesen? Ist ihnen das zu brutal? Sind sie von der eher zart besaiteten Natur? Ja, was soll ich denn da machen? Man muss doch mal auf diese Missstände aufmerksam machen. Das geht doch einfach nicht, dass man immer wegschaut. So geschehen die schlechten Dinge in der Welt – weil die Leute wegschauen! Also reißen sie sich zusammen und lassen sie sich erzählen, was wir erleiden müssen. Das Leben besteht nicht nur aus heiterem Sonnenschein, Herrgott! Davon kann ich - können wir – ein Lied singen, glauben sie uns!

STOMPF – jetzt hab ich genau die Kante einer Treppe abgekriegt – das ist unangenehm, weil ich deshalb noch weiter in die Höhe geschleudert werde als sonst.
Meistens werden wir zu mehreren gleichzeitig runter gestoßen… heute zum Beispiel!
Mein Leidensgenosse aber hat es besser getroffen. Der ist ziemlich glatt heruntergefallen, ja fast gerutscht und kommt glimpflicher davon als ich – denn ich muss noch eine weitere Treppenstufe ertragen – KLOMPF. Und wenn man unten ankommt schlägt man sich an der Wand an – PENG.
Unten blicke ich mich um – dieses Mal sind fünf liegen geblieben.

Und jetzt wird es richtig gemein! Wir werden – angeschlagen wie wir sind – ALLE WIEDER HOCHGETRAGEN! Und das ganze Spiel beginnt von vorne.
Ist das nicht der Gipfel? Im wahrsten Sinne des Wortes? Wir werden hoch getragen und noch mal runtergeschubst...!
Da denkt man, "Herrje, das war hart, aber es könnte schlimmer kommen." Und dann kommt es schlimmer!
Und wie gesagt. Das geht jetzt schon seit zwei Stunden so. Wie viel Aggression muss sich denn angestaut haben das man uns einfach nicht in Ruhe lassen will?

Das letzte Mal, es ist vielleicht jetzt einen Monat her oder so, da ist was ganz schlimmes passiert. Einer meiner Kumpel ist zusammen mit mir vom obersten Stockwerk gestoßen worden. Insgesamt sind es fünf Etagen, aber wir fallen ja meistens nur die ersten 12 Stufen runter, dann da hat man die Wohnungen unter uns erreicht und man muss einmal ums Geländer herum laufen um die nächsten Treppen zu erreichen. Dazwischen ist der tiefe Schacht der spiralförmig nach unten in die Dunkelheit führt.
Und genau da ist mein Kumpel unglücklich reingefallen. Die ganzen fünf Stockwerke runter. Ich mag gar nicht daran denken. Ein entsetzlich langer Fall.
Man hat ihn nie wieder gesehen…!

Aber zurück in die nicht minder grauenvolle Gegenwart. Auf ein Neues!
Wieder kommen die Käseglocken, wieder werden wir durchgeschüttelt das es klappert und scheppert. Und ab die Post!
Ein besonders weiter Wurf diesmal. Wenn es mich nicht selbst treffen würde, könnte ich glatt applaudieren, du Käseglocken-Mistkerl!
Durch den weiten Flug habe ich diesmal genug Zeit um das Schwindelgefühl vom Schütteln loszuwerden. Leider Gottes wird einem dann viel zu genau vergegenwärtigt das gleich die erste Treppenstufe mit einem erneuten Aufprall kommt.
Und ZACK! Da war er.
Und KRACH! Der nächste...
Und PARDAUZ, noch einer!
Schon mal was von den Genfer Konventionen gehört? Das geht doch nicht, oder? Und dabei befinden wir uns in Friedenszeiten – DONK – Aua!
Ist nicht war! Ich bin im falschen Film! Ganz schlechtes Kino was hier gerade mit uns passiert. Denn dem Leidensgenossen neben mir geht es nicht anders. Und als wir so unten an der Wand ankommen und uns umsehen...
...Entsetzlich. Dieses Mal sind gleich sieben zum Liegen gekommen. Wie brutal!

Wieder werden wir hoch getragen. Wieder werden wir herunter gestoßen.
Irgendwann hört man zum zählen auf. Man kommt durcheinander. So viele! Mal sind es nur drei, dann wieder acht. Gerade vorhin waren es glaube ich gleich elf auf einmal! Das muss man sich mal vorstellen. Alles die Treppe runter! Wir sind schon ganz grün und blau davon…

Wären wir doch nie Würfel geworden!

 

Hallo,

mich hat die Geschichte nicht sehr angesprochen, ich hatte mir mehr vom Schluss erwartet. Wie Noel, so verstehen ich den Schluss auch nicht. Wo werden denn Würfel Treppen hinunter geworfen? Werden dafür Käseglocken verwendet?
Sorry, leider nicht mein Fall.

Gruß, Nordwind

 

Guter Stil; erinnert mich teilweise an Dostojewski, wie der Sprecher die Leser anredet: So ganz unmittelbar aus der Situation heraus. Ich habe erst damit gerechnet, dass es sich um eine Art Höllenszene handelt, aber die Pointe hat mich eines Besseren belehrt, obwohl ich sie nicht sonderlich gelungen fand. Die Pointe lässt die Geschichte aussehen, als hättest du während des Schreibens deine Storyline geändert. Ansonsten liebe ich deinen Stil, außer an den wenigen Stellen, an denen du ein bisschen in eine schlechte Umgangssprache anzugleiten drohst.

 

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