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Das Parkhaus als Geiselnehmer

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11.05.2003
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Das Parkhaus als Geiselnehmer

Es ist Samstag am späten nachmittag. Ich fahre gerade nach Köln und bin schon etwas zu spät. Hektisch suche ich einen Parkplatz im Parkhaus. Meine Verabredung wartet schon auf mich. Ich kämpfe mich durch und wir schlendern los in die Stadt, direkt zum Altstadtfest. Hier Geld ausgegeben, da Kohle gelassen. Dann noch ins Kino und der Geldstrumpf ist fast leer. Der Abend neigt sich dem Ende zu. Wir gehen zurück zum Bahnhof und werfen noch unser Kleingeld zusammen, um mein Auto einlösen zu können. Seine Bahn fährt los und ich zähle auf dem Weg zum Parkhaus das Kleingeld. Ich wußte ja, dass Parkhäuser in Köln keine Schnäppchen sind, sondern dem Tarif einer Lösegeldforderung für Autokidnapping gleichen. Aber die 17, 50 DM sollten reichen, solange war ich nun auch nicht weg! Ich nähere mich dem Geiselnehmer und gebe ihm meine Karte. Ich grummele vor mich hin, als dieser mir mit seinen digitalen Augen 18.50 DM anzeigt. Argh wegen einer Mark!! Beleidigt nehme ich meine Karte und ziehe von dannen.


In Köln auf der Suche nach einem Geldautomaten

Nur find ich keinen. Nach 5 Minuten kommen mir 2 Mädels entgegen. Ich geh auf sie zu , räuspere mich:
"ähm wißt ihr wo ich hier den nächsten Geldautomaten finde?"
die Antwort hätte ich ahnen sollen!
"Nee, wir sind leider nich von hier, wir kommen aus Stuttgart und haben nur einen Klassenausflug, sind eben nur für 2 Tage in Köln und ziehen gerade um die Häuser."
Mädchen, hol Luft! Hätte ein einfaches Nein nicht gereicht? Na dann schlag ich eben zurück.
"Ich bin auch nicht wirklich aus Köln, Komme grad aus dem Parkhaus und das will ne Mark mehr als ich eigentlich hab und nun brauch ich halt schnell nen Geldautomaten"
"Sorry, aber wir sind auch an keinem vorbeigekommen."
"Ja dann danke trotzdem und viel spaß noch in Köln."
Meine Gedanken suchen gerade die nächste Richtung aus, als mich von hinten jemand ruft.
"Ey! warte!"
Ich dreh mich um. Galt das Geschrei mir? Anscheinend, die 2 Mädels kommen mir entgegen und drücken mir 1 DM in die Hand.


Ich sehe mich gerade in zerschlissenen Kleidern auf der Erde hocken, vor mir ein Hut und daran ein Pappschild mit Danke!

Ich habs trotzdem angenommen, denn weiter ziellos umher zu irren, macht die Sache nur teurer. Ich halte mein Pappschild hoch und renne zum Parkhaus. Es dürften 7 Minuten vergangen sein. Ich zeige dem Lösegeldeintreiber meine Karte und halte schon mein Geld bereit, als er mich anschreit 19, 50 DM. Verhandeln läßt er mit sich nicht und stellt auf stur. Fassungslos verlasse ich den Kassenraum und will mich wieder auf die Jagd von Geld begegeben, als ein Sammler mich anhält und mich um eine Zigarette anschnorrt. Ich wundere mich selbst über meine Freundlichkeit, ihm auch noch mitzuteilen, dass ich Nichtraucher bin. Natürlich wußte ich, dass er mir das nicht glauben wird. Innerlich brodelnd schlage ich diesmal eine andere Richtung ein. Ich komme an einem Imbiss-Kneipe-Bar- Ding vorbei, vor dem ein älterer Mann sitzt. Ich ringe mit mir und frage dann doch, wo der nächste Geldautomat ist. Und er wußte es! Ich bin hocherfreut und möchte mir jetzt den Weg erklären lassen, in dem Moment sagt er: "kommen sie mit ich zeig ihnen den Weg"

Hoffentlich sieht er nicht mein so eben rot aufleuchtendes ALARM auf meiner Stirn.

Ich gehe trotzdem mit dem Mann mit. Wir biegen in eine kleine, unbeleuchtete Gasse ein und ich frage, ob das auch wirklich der Weg zu dem Geldautomaten ist. Er nickt nur. Ich verwickle ihn besser erstmal in ein Gespräch und erzähle ihm warum ich diesen Geldautomat suche. Nach dem ich mit einem Seufzer meine Rede beende, dreht er sich um, und bietet mir 2 DM an.

Und wieder sehe ich mich mit dem Hut vor mir auf der Straße sitzen...

Aber diesmal lehne ich dankend ab. Der Mann lacht und zeigt auf eine Art Hinterhof. Ich folge mit meinen Augen seiner Hand und aus dem Dunkel scheint ein Geldautomat wie ein Heiligtum. Mein Glück war kaum zu fassen. Da ist er nun!! Ich bedanke mich bei dem Mann und schau ihm nach, um auch sicher zu gehen, daß er wirklich weggeht. Bitte laß jetzt nicht auf dem Geldautomaten sowas wie Ausser Betrieb stehen. Aber der Automat scheint gnädig. Mit leuchtenden Augen tippe ich meine Geheimzahl ein und weise 20 DM zur Auszahlung an! Der Automat hat aber Widerworte!! Geh über Los und ziehe 50 DM ein, denn 20 hab ich nicht. Ok dann rück die 50 Mäuse raus!!! LOS! Mit dem 50 DM -Schein in der Tasche schlürfe ich zum Parkhaus und stampfe wie ein trotziges Kind auf! Der Geiselnehmer nahm nur 10 und 20 DM Scheine. Ich will mit dem Kopf gegen die Wand rennen, aber es bietet sich keine Möglichkeit, da alles nur Glas war. Noch nicht einmal das geht!!!! Es wechseln sich Wut und ein inneres Gelächter ab. Da fällt mir der schnorrende Sammler ein. Ob der keine Zigaretten hatte, weil der Automat keine Scheine wechseln kann? Ich finde das Häuschen vom Oberguru-Geiselnehmer. Er möchte Parkwächter genannt werden. " Herr Parkwächter können sie mir den 50 DM Schein wechseln?" "Oh da muß ich gucken... also hier hab ich nichts, aber ich schau mal" Weg war er! Nach 10 minuten mache ich mir langsam sorgen, vielleicht hat ihn ein Geiselangehöriger erwischt und ihn zur Strecke gebracht? Ich höre Schritte und da ist er wieder mit 20 DM Scheinen und einem 10 DM Schein. Nicht zu fassen, ich würde mein Auto endlich wiedersehen können. Wäre das ein schlechter Film, würden mir spätestens jetzt die Freudentränen in die Augen schiessen. Aber es ist bitterer Ernst, denn nun muß ich dem Geiselnehmer mein Lösegeld überlassen. Ich kann sogar passend zahlen. Ich halte freudestrahlend die Parkkarte in der Hand, schwing mich locker zur Treppe, als ich mich für oben oder unten entscheiden muß! Wo zum Teufel steht mein Auto????

 

Hallo Sommersprosse

Witzige Geschichte, echt zum Lachen. Ich habe den Lösegelderpresser bildlich vor Augen. Seine schockierende Gebührenanzeige, die einem jede Illusion an das Gute in der Welt raubt. Besonderst treffend ist die Abhängigkeit des Homo sapiens von der Automatenmafia geschildert. Wirklich gut, habe mich köstlich amüsiert.

 

Hallo sommersprosse,

das ist eine dieser Geschichten von denen ich mich frage, warum sie mir nicht eingefallen ist. ;)

Fest steht jedenfalls, das ich mich köstlich amüsiert habe. Ein durchgehend tiefes Mitleid wurde im Sekundentakt durch angeregtes Schmunzeln unterbrochen.

Früher Höhepunkt der Geschichte sind dabei für mich die beiden Stuttgarter Mädels. "Ey! warte!", einfach genial geschrieben. Da musste ich wirklich lachen, und das ist bei Geschichten selten.

MfG

 

Hi sommersprosse

Ja, welcher Autofahrer hat das nicht selber schon erlebt. Parkschein reinziehen lassen und - waaas? - ich war doch wirklich nur ein paar Minuten weg.
Kein Kleingeld, keine passende Scheine.
:)
...und wenn er sein Auto nicht gefunden, dreht heute er noch seine Runden.

Gruss dotslash

 

Lustige Idee, vor allem der Schreck, als der Automat beim zweiten Mal mehr Geld will. Es gibt aber ein paar Kleinigkeiten, über die ich beim Lesen gestolpert bin, zum Beispiel der kleingeschriebene Nachmittag gleich im ersten Satz. Hier und da haben sich Leerzeichen zuviel eingeschlichen und ein paar Formulieren klingen merkwürdig, wie z.B. "auf die Jagd von Geld".
Aber die Geschichte an sich ist gut, die Idee lustig und ich habe Spaß beim Lesen gehabt.

Grüße,
Publikoid.

 

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