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Das Praktikum

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12.12.2002
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Das Praktikum

Also, was vorher zu sagen wäre: Ich brauche dringend eure Hilfe beim Korrigieren und Verbessern! Und natürlich eure Meinung! Wir müssen nämlich für die Schule eine Kurzgeschichte schreiben und ich möchte mich nicht blamieren. Bitte lest euch das einfach mal kurz durch und schreibt mir eure Kritik!
(Übrigens wusstet ihr wie schwer es ist sowas richtig realistisch zu schreiben? Ist mir erst bei der Geschichte aufgefallen...)

Das Praktikum

Sie schaute in die freundlichen Gesichter. Eigentlich waren sie ganz sympathisch –aber irgendwie kamen alle einem fremd vor. Es schien, als wären sie vollkommen normale Menschen, mit Gefühlen und allem drum und dran. Doch etwas in ihr sträubte sich dies zu glauben. So ähnlich sie ihr und ihres Gleichen auch waren, man konnte nicht bestreiten, dass diese Leute anders waren. Das überdeutliche Grinsen eines kleinen Mannes, dessen verkrüppelte Hände ihr sofort auffielen, wirkte wie das Grinsen eines Clowns. Nur mit dem Unterschied, dass diese Kreatur hier alles andere als witzig war. Fast hätte er ihr leid getan, aber wie gesagt nur fast. Sie holte tief Luft und sagte laut in die Runde: „Hallo. Ich bin die Schülerin, die hier einen Tag lang Praktikum machen soll.“ Überraschend umarmte eine ältere Frau mit Gehwagen das Mädchen. Was sollte das denn? Eigentlich wollte sie sich ja gar nicht ekeln, aber sie konnte nicht anders. Eine Umarmung von jemandem, dem man gerade zum ersten Mal begegnete, war doch verrückt! Wie sollte sie denn nur reagieren? Als wollte die Alte sie erdrücken, presste sie ihre Finger an den Rücken der Schülerin. Nach einer Ewigkeit ließ die Frau sie endlich wieder los. Komische Tussi. Vor der sollte sie heute lieber Abstand halten. Wieder erklärte sie sich selbst, dass das doch auch nur ein geistigverwirrter Mensch sei. Erleichtert sah sie die Leiterin dieser Wohngemeinschaft. Wenigstens eine Normale hier. Lächelnd empfing die nette Frau ihren neuen Schützling: „Hallo! Komm gleich mit, wir müssen das Frühstück vorbereiten.“ Frühstück vorbereiten? Da könnte sie wenigstens ein wenig Distanz zu den Behinderten haben.
Weit gefehlt. Restlos alle halfen mit fürs gemeinsame Frühstück. Besonders beobachtete sie die Umarmwütige von vorhin. Nicht, dass die auf die Idee kam, sie nochmals zu erquetschen. „Du bist ganz schön fies!“, murmelte sie ernst zu sich. Verwirrt sah der große Mann neben ihr sie an und fragte schier weinerlich, warum er denn fies sei. Peinlich. Verlegen stotterte sie, dass das gar nicht ihm gegolten hätte. Das Essen wurde serviert. Am liebsten wäre sie jetzt gegangen, als die Betreuerin sie aufforderte sich auf den freien Platz zu setzen. Ein seltsamer Geruch stieg ihr in die Nase. Kam er von diesem blonden Herrn dort neben ihr? Kaum merklich rutschte sie mit ihrem Stuhl von dem Mann weg. Ihr Essen schmeckte eigenartig, aber es war ja auch von diesen... Menschen zubereitet worden. Befreit atmete sie auf, nachdem alles aufgegessen worden war und die Behinderten aufstanden um auf ihre Zimmer zu gehen. Doch schon das nächste Übel nahte: Die komische Tussi von vorhin bat die Leiterin, ob die Praktikantin nicht mit ihr Fernsehen konnte. Fernsehen! Mit der? Was sah die sich denn am liebsten an? Die Sendung mit der Maus? –Aber nein, selbst das verstand die ja sicher nicht. Ihre Stimmung gelangte erst recht auf den Tiefpunkt, als die eigenartige Dame ihr Zimmer aufschloss. Es stank, die Möbel sahen aus, als hätte die Behinderte sie schon ihr ganzes Leben und das Knabberzeug war in einer Obstschale auf dem Bügeltisch aufbewahrt. Wusste die überhaupt, wo der Fernseher eingesteckt wurde? Sie ermahnte sich wieder, nicht so gemein zu denken. Besser als abzuspülen war dies ja immerhin. Vorsichtig setzte sie sich auf die kleine Couch. Zu ihrer Verblüffung schaltete die Alte zu einer Soap. Alle Achtung, das hatte sie ihr gar nicht zugetraut. Eine ganze Weile war es bis auf die Sendung ruhig. Dann fragte die kuriose Frau bei jedem Wort stockend: „Wie gefällt es dir hier bei uns?“ Tolle Frage! Was sollte sie denn darauf antworten? Lügen haben kurze Beine... Schrecklich, so wollte sie sagen, doch die Alte sah sie so erwartungsvoll an, dass sie nichts anderes als „schön“ hervorbrachte. Ihr Gegenüber schien unverändert. Irgendwie fühlte sich das Mädchen schuldig, aber sie konnte sich nicht erklären wieso. Tief atmete sie durch. „Und wie gefällt es Ihnen hier?“, meinte sie nur Routine halber. Das steife Gespräch zwischen ihnen wurde mit der Zeit flüssiger. „Oh, um ganz ehrlich zu sein, ich finde es hier –ich will dir aber nicht den Spaß verderben- einfach nur schrecklich. Wumm. Das hatte gesessen. Verwundert sah sie in das Gesicht der Greisin. Das konnte doch nicht wahr sein, jetzt hatte sie anstandshalber gelogen –und nun stellte sich heraus, dass das gar nicht nötig gewesen wäre. „Weißt du, es ist einfach schlimm in einem Heim zu leben. Keine Verwandten, die einen besuchen –man ist schließlich das schwarze Schaf in der Familie. Niemand vertraut einem, man ist ja schließlich „behindert“. Du musst entschuldigen, dass ich dich vorhin so drückte, aber endlich gab es hier mal wieder Abwechslung. Und noch dazu von einem Mädchen, das keine Vorurteile hatte. Das war etwas besonderes.“ Beschämt blickte die Schülerin zu Boden. Am liebsten hätte sie ihr erzählt, was für ein böses Mädchen sie selbst in Wirklichkeit war. Doch sie blieb stumm. Inzwischen fuhr die Frau fort: „Weißt du, hier ist es unertragbar. Es macht mich fertig, dass alle entweder Mitleid oder sogar Abscheu wegen mir empfinden. Und es gibt niemanden, dem ich das alles anvertrauen kann. Außer dir.“ Verbittert biss sich das Mädchen auf die Unterlippe. „So wie Sie sprechen, könnte man meinen –nun ja...“, sie brach ab. Lächelnd half ihr die Dame aus: „Du meinst, wie wenn ich gar nicht behindert wäre?“ Schweigend nickte die Schülerin. „Weißt du, ich bin nur körperlich behindert, nicht geistig. Nun ja, aber besonders klug bin ich auch nicht. Ich habe leider nur den Hauptschulabschluss geschafft.“ Oh Mann! Wie hatte die Schülerin nur so blödes Zeug denken können? Diese Frau hier war ja normaler als die meisten anderen. Das Mädchen hätte sich am liebsten geohrfeigt, so sauer war sie auf sich. „Das Schlimmste aber ist, dass ich bei allem Hilfe brauche –bei allem. Vom Aufstehen bis zum abendlichen Zähneputzen. Weißt du, ich bin Diabetikerin und meine Beine sind so schwerfällig, dass schon der Weg zum Bad mich anstrengt.“ ,berichtete die Dame leicht verlegen. Wie konnte das Mädchen denn nur so blind sein, diese Frau hier war doch supernett! „Dürfen Sie wenigstens auch mal mit Freunden weggehen?“ ,wollte die Schülerin wissen und war plötzlich an dem Leben der Frau interessiert. Diese schüttelte jedoch energisch den Kopf. „Nein, selbst wenn ich Freunde hätte, würde ich das Gegaffe nach mir nicht aushalten. Ich meine, die Leute wollen das ja nicht, aber sie tun es halt. Es ist bescheuert anders zu sein...“ Wie es die Schülerin reute, so vorurteilsgelenkt gewesen zu sein. Sie würde sich sicher auch schrecklich fühlen, wenn sie behindert wäre. Und sie würde sich garantiert auch unheimlich freuen, wenn sie jemand hier besuchen käme. Noch eine ganze Zeit lang sprachen die beiden miteinander, aber bald musste das Mädchen wieder in der Küche helfen und der Nachmittag verflog so schnell, dass sie freiwillig noch länger da geblieben wäre. Ganz unglücklich verabschiedete sich die Greisin von der Schülerin: „Schade, dass du schon wieder gehen musst. Komm doch mal wieder vorbei!“ Das Mädchen meinte unsicher: „Vielleicht.“

 

Hi Sally!

ich habe ein paar Verbesserungsvorschläge für Deine Geschichte. Zunächst den Anfang betreffend: In den ersten paar Sätzen weiß ich als Leser überhaupt nicht, worum es geht. Was Du schreibst, ist recht allgemein und verrät mir nicht, wer die Heldin ist, wo sie sich befindet und in was für einer Situation sie ist. Vermutlich willst Du damit Spannung erzeugen. Das funktioniert aber so nicht. Spannung ergibt sich aus Angst, und wovor sollte jemand Angst haben, der die ersten Zeilen gelesen hat, da er doch überhaupt nicht weiß, was los ist? Erst, als das Praktikum und die alte Frau erwähnt werden, wird ungefähr klar, worum es geht - und es ist nicht so herausragend, dass sich der Spannungsaufbau gelohnt hätte. Wenn ihr jetzt ein Monster gegenüber stehen würde, ja dann ... ;)

Eine sprachliche Kleinigkeit: Konstruktionen mit "wie gesagt" solltest Du vermeiden. Entweder, Du wiederholst etwas, um es zu betonen, aber dann ohne "wie gesagt". Oder Du verzichtest auf die Wiederholung, vor allem wenn das gesagte erst fünf Wörter zurück liegt ;)

Der Satz "Besonders beobachtete sie die Umarmwütige von vorhin." ist grammatikalisch etwas ungeschickt aufgebaut, da nicht sicher ist, welches das Subjekt ist: sie oder die Umarmwütige - man kann es so oder so verstehen, und es wäre ein großer Unterschied. Daher solltest Du den Satz lieber so umstellen, dass er unmissverständlich ist.

Noch eine Kleinigkeit: "unertragbar" gibt es, glaube ich, nicht, Du meinst "unerträglich".

"Oh Mann! Wie hatte die Schülerin nur so blödes Zeug denken können?" ist innerer eigentlich Monolog, also aus der Perspektive der Schülerin geschrieben, daher ist "die Schülerin" hier ein zu sehr "von außen" betrachteter Begriff, der nicht zu der Perspektive "von innen" passt. "Sie" wäre hier angebrachter, denke ich.

"supernett!" ist Umgangssprache, das würde ich (außer in wörtlicher Rede) vermeiden. Davon abgesehen ist es kein besonders differenziertes Attribut. "menschlich", "liebenswürdig" wären Alternativen.

Insgesamt ist Deine Geschichte voller interessanter Wendungen, den Schluss eingeschlossen. Du vermeidest Schwarzweißmalerei, was ich dem Thema absolut angemessen finde, und verzichtest auch weitgehend auf den berüchtigten "moralischen Zeigefinger", nimmst dem Leser also das Nachdenken über die vielleicht vorhandenen eigenen Vorurteile nicht ab.

Für den Beginn der Geschichte schlage ich folgende andere Reihenfolge vor:

Sie holte tief Luft und sagte laut in die Runde: „Hallo. Ich bin die Schülerin, die hier einen Tag lang Praktikum machen soll.“
Überraschend umarmte eine ältere Frau mit Gehwagen das Mädchen.
Was sollte das denn? Eigentlich wollte sie sich ja gar nicht ekeln, aber sie konnte nicht anders. Eine Umarmung von jemandem, dem man gerade zum ersten Mal begegnete, war doch verrückt! Wie sollte sie denn nur reagieren? Als wollte die Alte sie erdrücken, presste sie ihre Finger an den Rücken der Schülerin. Nach einer Ewigkeit ließ die Frau sie endlich wieder los.
Sie schaute in die freundlichen Gesichter. Eigentlich waren sie ganz sympathisch –aber irgendwie kamen alle einem fremd vor. Es schien, als wären sie vollkommen normale Menschen, mit Gefühlen und allem drum und dran. Doch etwas in ihr sträubte sich dies zu glauben. So ähnlich sie ihr und ihres Gleichen auch waren, man konnte nicht bestreiten, dass diese Leute anders waren. Das überdeutliche Grinsen eines kleinen Mannes, dessen verkrüppelte Hände ihr sofort auffielen, wirkte wie das Grinsen eines Clowns. Nur mit dem Unterschied, dass diese Kreatur hier alles andere als witzig war. Fast hätte er ihr leid getan, aber wie gesagt nur fast.

Damit wäre sofort ziemlich klar, was los ist, und die Geschichte beginnt sofort mitten in der Handlung - für eine Kurzgeschichte ist das immer recht empfehlenswert.

Ach ja, und noch was: Gib Deiner Heldin ruhig einen Namen. Das erlaubt dem Leser eine größere Annäherung.

Fazit: Eine gelungene Auseinandersetzung mit dem Thema, sprachlich für Dein Alter prima und strukturell noch etwas verbesserungsfähig.

Uwe

 

Danke, ich werde die Geschichte so verbessern. Ich gebe dir bei fast allem recht. Das Einzige, mit dem ich nicht so ganz einverstanden bin ist, dass "supernett" als umgangssprachliches Wort lieber nicht genommen werden sollte. Wir haben nämlich gelernt, dass eine Kurzgeschichte IMMER umgangssprachlich geschrieben werden muss. Das wäre so, weil es dann einer Situation besser entspreche...
Ich bin wirklich froh, dass du dir so viel Zeit genommen hast, mir beim Verbessern zu helfen. Ich werde dann später die verbesserte Geschichte hier hin schreiben. Du kannst es dir ja dann nochmal durchlesen, wenn du willst.

 

Das Praktikum

Sie holte tief Luft und sagte laut in die Runde: „Hallo. Ich bin die Schülerin, die hier einen Tag lang Praktikum machen soll.“
Überraschend umarmte eine ältere Frau mit Gehwagen das Mädchen.
Was sollte das denn? Eigentlich wollte sie sich ja gar nicht ekeln, aber sie konnte nicht anders. Eine Umarmung von jemandem, dem man gerade zum ersten Mal begegnete, war doch verrückt! Wie sollte sie denn nur reagieren? Als wollte die Alte sie erdrücken, presste sie ihre Finger an den Rücken der Schülerin. Erst nach einer Ewigkeit ließ die Frau sie endlich wieder los. Von der sollte sie heute lieber Abstand halten.
Sie schaute in die freundlichen Gesichter. Eigentlich waren sie ganz sympathisch –aber irgendwie kamen alle einem fremd vor. Es schien, als wären sie vollkommen normale Menschen, mit Gefühlen und allem drum und dran. Doch etwas in ihr sträubte sich dies zu glauben. So ähnlich sie ihr und ihres Gleichen auch waren, man konnte nicht bestreiten, dass diese Leute anders waren. Das überdeutliche Grinsen eines kleinen Mannes, dessen verkrüppelte Hände ihr sofort auffielen, wirkte wie das Grinsen eines Clowns. Nur mit dem Unterschied, dass diese Kreatur hier alles andere als witzig war. Fast hätte er ihr leid getan.
Erleichtert sah sie die Leiterin dieser Wohngemeinschaft. Wenigstens eine Normale hier. Lächelnd empfing die nette Frau ihren neuen Schützling: „Hallo! Du musst wohl Nora sein, nicht? Komm gleich mit, wir müssen das Frühstück vorbereiten.“ Frühstück vorbereiten? Da könnte sie wenigstens ein wenig Distanz zu den Behinderten haben.
Weit gefehlt. Restlos alle halfen mit fürs gemeinsame Frühstück. Besonders fühlte sich Nora von dieser „Umarmwütigen“ von vorhin beobachtet. Aber auch sie selbst sah hin und wieder zu dieser komischen Frau. Nicht, dass die auf die Idee kam, sie nochmals zu erquetschen. „Du bist ganz schön fies!“, murmelte sie ernst zu sich. Verwirrt sah der große Mann neben ihr sie an und fragte schier weinerlich, warum er denn fies sei. Peinlich. Verlegen stotterte sie, dass das gar nicht ihm gegolten hätte, doch er wirkte trotzdem recht verwirrt. Das Essen wurde serviert. Am liebsten wäre sie jetzt gegangen, als die Betreuerin sie aufforderte sich auf den freien Platz zu setzen. Ein seltsamer Geruch stieg ihr in die Nase. Kam er von diesem blonden Herrn dort neben ihr? Kaum merklich rutschte sie mit ihrem Stuhl von dem Mann weg. Ihr Essen schmeckte eigenartig, aber es war ja auch von diesen... Menschen zubereitet worden. Befreit atmete sie auf, nachdem alles aufgegessen worden war und die Behinderten aufstanden um auf ihre Zimmer zu gehen. Doch schon das nächste Übel nahte: Die komische Tussi von vorhin bat die Leiterin, ob die Praktikantin nicht mit ihr Fernsehen konnte. Fernsehen! Mit der? Was sah die sich denn am liebsten an? Die Sendung mit der Maus? –Aber nein, selbst das verstand die ja sicher nicht. Sie ermahnte sich nicht so fies zu sein. Ihre Stimmung gelangte erst recht auf den Tiefpunkt, als die eigenartige Dame ihr Zimmer aufschloss. Es stank, die Möbel sahen aus, als hätte die Behinderte sie schon ihr ganzes Leben und das Knabberzeug war in einer Obstschale auf dem Bügeltisch aufbewahrt. Wusste die überhaupt, wo der Fernseher eingesteckt wurde? Erneut ermahnte sich Nora, nicht so gemein zu denken. Besser als abzuspülen war dies ja immerhin. Vorsichtig setzte sie sich auf die kleine Couch. Zu ihrer Verblüffung schaltete die Alte zu einer Soap. Alle Achtung, das hatte sie ihr gar nicht zugetraut. Eine ganze Weile war es bis auf die Sendung ruhig. Dann fragte die kuriose Frau bei jedem Wort stockend: „Wie gefällt es dir hier bei uns?“ Tolle Frage! Was sollte sie denn darauf antworten? Lügen haben kurze Beine... Schrecklich, so wollte sie sagen, doch die Alte sah Nora so erwartungsvoll an, dass diese nichts anderes als „schön“ hervorbrachte. Ihr Gegenüber schien unverändert. Irgendwie fühlte sich das Mädchen schuldig, aber sie konnte sich nicht erklären wieso. Tief atmete sie durch. „Und wie gefällt es Ihnen hier?“, meinte sie nur Routine halber. Das steife Gespräch zwischen ihnen wurde mit der Zeit flüssiger. „Oh, um ganz ehrlich zu sein, ich finde es hier –ich will dir aber nicht den Spaß verderben- einfach nur schrecklich.“ Wumm. Das hatte gesessen. Verwundert sah sie in das lächelnde Gesicht der Greisin. Das konnte doch nicht wahr sein, jetzt hatte sie anstandshalber gelogen –und nun stellte sich heraus, dass das gar nicht nötig gewesen wäre. „Weißt du, es ist einfach schlimm in einem Heim zu leben. Keine Verwandten, die einen besuchen –man ist schließlich das schwarze Schaf in der Familie. Niemand vertraut einem, man ist ja schließlich „behindert“. Du musst entschuldigen, dass ich dich vorhin so drückte, aber endlich gab es hier mal wieder Abwechslung. Und noch dazu von einem Mädchen, das keine Vorurteile hatte. Das war etwas besonderes.“ Beschämt blickte die Schülerin zu Boden. Am liebsten hätte sie ihr erzählt, was für ein böses Mädchen sie selbst in Wirklichkeit war. Doch sie blieb stumm. Das wäre zu weit gegangen und es gab ja sicher Leute, die noch viel schlimmere Vorurteile hatten. Inzwischen fuhr die Frau fort: „Weißt du, hier ist es unerträglich. Es macht mich fertig, dass alle entweder Mitleid oder sogar Abscheu wegen mir empfinden. Und es gibt niemanden, dem ich das alles anvertrauen kann. Außer dir.“ Verbittert biss sich das Mädchen auf die Unterlippe. „So wie Sie sprechen, könnte man meinen –nun ja...“, sie brach ab. Freundlich half ihr die Dame: „Du meinst, wie wenn ich gar nicht behindert wäre?“ Schweigend nickte die Schülerin. „Weißt du, ich bin nur körperlich behindert, nicht geistig. Nun ja, aber besonders klug bin ich auch nicht. Ich habe leider nur den Hauptschulabschluss geschafft.“ Oh Mann! Wie hatte sie nur so blödes Zeug denken können? Diese Frau hier war ja normaler als die meisten anderen. Nora hätte sich am liebsten geohrfeigt, so sauer war sie auf sich. Doch andererseits, war das ja schon eine wahrlich bizarre Dame... „Das Schlimmste aber ist, dass ich bei allem Hilfe brauche –bei allem. Vom Aufstehen bis zum abendlichen Zähneputzen. Weißt du, ich bin Diabetikerin und meine Beine sind so schwerfällig, dass schon der Weg zum Bad mich anstrengt.“ ,berichtete die Greisin leicht verlegen. Wie konnte das Mädchen denn nur so blind sein, diese Frau hier war doch eigentlich ganz nett! „Dürfen Sie wenigstens auch mal mit Freunden weggehen?“ ,wollte die Schülerin wissen und war plötzlich an dem Leben der Frau interessiert. Diese schüttelte jedoch energisch den Kopf. „Nein, selbst wenn ich Freunde hätte, würde ich das Gegaffe nach mir nicht aushalten. Ich meine, die Leute wollen das ja nicht, aber sie tun es halt. Es ist bescheuert anders zu sein...“ Wie es die Schülerin reute, so vorurteilsgelenkt gewesen zu sein. Sie würde sich sicher auch schrecklich fühlen, wenn sie behindert wäre. Und sie würde sich garantiert auch unheimlich freuen, wenn sie jemand hier besuchen käme. Noch eine Zeit lang sprachen die beiden miteinander, aber bald musste das Mädchen wieder in der Küche helfen und der Nachmittag verflog so schnell, dass sie sogar freiwillig noch länger da geblieben wäre. Ganz unglücklich verabschiedete sich die Greisin von Nora: „Schade, dass du schon wieder gehen musst. Komm doch mal wieder vorbei!“ Hin und her gerissen meinte das Mädchen: „Vielleicht.“

 

okay jetzt stört mich nur noch die ungelenkigen Ausdrücke: das Mädchen und die schüöerin.
Ein Name wäre angebracht aode
am besten käme es natürlich, wäre ide ganze Sache in der Ich-Form geschrieben.
Das würde mehr zum Stil passen.
mfg
Fanny

 

Hi Sally,

Geschrieben von SallyS
Danke, ich werde die Geschichte so verbessern. Ich gebe dir bei fast allem recht. Das Einzige, mit dem ich nicht so ganz einverstanden bin ist, dass "supernett" als umgangssprachliches Wort lieber nicht genommen werden sollte. Wir haben nämlich gelernt, dass eine Kurzgeschichte IMMER umgangssprachlich geschrieben werden muss. Das wäre so, weil es dann einer Situation besser entspreche...

:whocares: :confused:

Dann hat H.P. Lovecraft in seinem Leben keine Kurzgeschichte geschrieben... ;)

Seit wann gibt es "Muss-Immer-Regeln" für Kurzgeschichten?

Wenn Du, wie Fanny ja auch angeregt hat, die Story aus Ich-Perspektive verfasst hättest, dann wäre es absolut korrekt. Der Ich-Erzähler erzählt dem Leser halt etwas, und er tut das in seiner eigenen Sprache, und das kann auch Umgangssprache sein, muss aber nicht. Dein Erzähler hat freilich nur einen geringen Abstand zur Heldin. Er weiß, was sie empfindet und was sie denkt. Manchmal schreibst Du sogar einfach ihre Gedanken hin. Das ist auch okay und bringt Farbe in die Geschichte. Oft werden solche Sätze kursiv gesetzt:

Fernsehen! Mit der? Was sah die sich denn am liebsten an? Die Sendung mit der Maus?

Hier spricht nicht der Erzähler, sondern hier denkt die Heldin. Hier ist Umgangssprache erlaubt.

Hier aber:

Wie konnte das Mädchen denn nur so blind sein, diese Frau hier war doch supernett!

spricht eindeutig der Erzähler.
Mach sowas wie inneren Monolog draus, dann ist Umgangssprache natürlich korrekt:

Wie kann man nur so blind sein! Die Frau ist doch supernett!

Es ist ja auch die Erkenntnis des Mädchens, der Erzähler berichtet ja nur.

Zusammenfassung: Umgangssprache in Kurzgeschichten - ja, gerne, aber nur an den richtigen Stellen. Ein auktorialer Erzähler (so heißt das doch, oder?) befindet sich außerhalb der Erzählwelt. Deswegen benutzt er auch nicht deren Sprache. Natürlich kann ein Erzähler die gleiche Sprache verwenden, dann aber von Anfang bis Ende!

Uwe

 

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