Das Praktikum
Also, was vorher zu sagen wäre: Ich brauche dringend eure Hilfe beim Korrigieren und Verbessern! Und natürlich eure Meinung! Wir müssen nämlich für die Schule eine Kurzgeschichte schreiben und ich möchte mich nicht blamieren. Bitte lest euch das einfach mal kurz durch und schreibt mir eure Kritik!
(Übrigens wusstet ihr wie schwer es ist sowas richtig realistisch zu schreiben? Ist mir erst bei der Geschichte aufgefallen...)
Das Praktikum
Sie schaute in die freundlichen Gesichter. Eigentlich waren sie ganz sympathisch –aber irgendwie kamen alle einem fremd vor. Es schien, als wären sie vollkommen normale Menschen, mit Gefühlen und allem drum und dran. Doch etwas in ihr sträubte sich dies zu glauben. So ähnlich sie ihr und ihres Gleichen auch waren, man konnte nicht bestreiten, dass diese Leute anders waren. Das überdeutliche Grinsen eines kleinen Mannes, dessen verkrüppelte Hände ihr sofort auffielen, wirkte wie das Grinsen eines Clowns. Nur mit dem Unterschied, dass diese Kreatur hier alles andere als witzig war. Fast hätte er ihr leid getan, aber wie gesagt nur fast. Sie holte tief Luft und sagte laut in die Runde: „Hallo. Ich bin die Schülerin, die hier einen Tag lang Praktikum machen soll.“ Überraschend umarmte eine ältere Frau mit Gehwagen das Mädchen. Was sollte das denn? Eigentlich wollte sie sich ja gar nicht ekeln, aber sie konnte nicht anders. Eine Umarmung von jemandem, dem man gerade zum ersten Mal begegnete, war doch verrückt! Wie sollte sie denn nur reagieren? Als wollte die Alte sie erdrücken, presste sie ihre Finger an den Rücken der Schülerin. Nach einer Ewigkeit ließ die Frau sie endlich wieder los. Komische Tussi. Vor der sollte sie heute lieber Abstand halten. Wieder erklärte sie sich selbst, dass das doch auch nur ein geistigverwirrter Mensch sei. Erleichtert sah sie die Leiterin dieser Wohngemeinschaft. Wenigstens eine Normale hier. Lächelnd empfing die nette Frau ihren neuen Schützling: „Hallo! Komm gleich mit, wir müssen das Frühstück vorbereiten.“ Frühstück vorbereiten? Da könnte sie wenigstens ein wenig Distanz zu den Behinderten haben.
Weit gefehlt. Restlos alle halfen mit fürs gemeinsame Frühstück. Besonders beobachtete sie die Umarmwütige von vorhin. Nicht, dass die auf die Idee kam, sie nochmals zu erquetschen. „Du bist ganz schön fies!“, murmelte sie ernst zu sich. Verwirrt sah der große Mann neben ihr sie an und fragte schier weinerlich, warum er denn fies sei. Peinlich. Verlegen stotterte sie, dass das gar nicht ihm gegolten hätte. Das Essen wurde serviert. Am liebsten wäre sie jetzt gegangen, als die Betreuerin sie aufforderte sich auf den freien Platz zu setzen. Ein seltsamer Geruch stieg ihr in die Nase. Kam er von diesem blonden Herrn dort neben ihr? Kaum merklich rutschte sie mit ihrem Stuhl von dem Mann weg. Ihr Essen schmeckte eigenartig, aber es war ja auch von diesen... Menschen zubereitet worden. Befreit atmete sie auf, nachdem alles aufgegessen worden war und die Behinderten aufstanden um auf ihre Zimmer zu gehen. Doch schon das nächste Übel nahte: Die komische Tussi von vorhin bat die Leiterin, ob die Praktikantin nicht mit ihr Fernsehen konnte. Fernsehen! Mit der? Was sah die sich denn am liebsten an? Die Sendung mit der Maus? –Aber nein, selbst das verstand die ja sicher nicht. Ihre Stimmung gelangte erst recht auf den Tiefpunkt, als die eigenartige Dame ihr Zimmer aufschloss. Es stank, die Möbel sahen aus, als hätte die Behinderte sie schon ihr ganzes Leben und das Knabberzeug war in einer Obstschale auf dem Bügeltisch aufbewahrt. Wusste die überhaupt, wo der Fernseher eingesteckt wurde? Sie ermahnte sich wieder, nicht so gemein zu denken. Besser als abzuspülen war dies ja immerhin. Vorsichtig setzte sie sich auf die kleine Couch. Zu ihrer Verblüffung schaltete die Alte zu einer Soap. Alle Achtung, das hatte sie ihr gar nicht zugetraut. Eine ganze Weile war es bis auf die Sendung ruhig. Dann fragte die kuriose Frau bei jedem Wort stockend: „Wie gefällt es dir hier bei uns?“ Tolle Frage! Was sollte sie denn darauf antworten? Lügen haben kurze Beine... Schrecklich, so wollte sie sagen, doch die Alte sah sie so erwartungsvoll an, dass sie nichts anderes als „schön“ hervorbrachte. Ihr Gegenüber schien unverändert. Irgendwie fühlte sich das Mädchen schuldig, aber sie konnte sich nicht erklären wieso. Tief atmete sie durch. „Und wie gefällt es Ihnen hier?“, meinte sie nur Routine halber. Das steife Gespräch zwischen ihnen wurde mit der Zeit flüssiger. „Oh, um ganz ehrlich zu sein, ich finde es hier –ich will dir aber nicht den Spaß verderben- einfach nur schrecklich. Wumm. Das hatte gesessen. Verwundert sah sie in das Gesicht der Greisin. Das konnte doch nicht wahr sein, jetzt hatte sie anstandshalber gelogen –und nun stellte sich heraus, dass das gar nicht nötig gewesen wäre. „Weißt du, es ist einfach schlimm in einem Heim zu leben. Keine Verwandten, die einen besuchen –man ist schließlich das schwarze Schaf in der Familie. Niemand vertraut einem, man ist ja schließlich „behindert“. Du musst entschuldigen, dass ich dich vorhin so drückte, aber endlich gab es hier mal wieder Abwechslung. Und noch dazu von einem Mädchen, das keine Vorurteile hatte. Das war etwas besonderes.“ Beschämt blickte die Schülerin zu Boden. Am liebsten hätte sie ihr erzählt, was für ein böses Mädchen sie selbst in Wirklichkeit war. Doch sie blieb stumm. Inzwischen fuhr die Frau fort: „Weißt du, hier ist es unertragbar. Es macht mich fertig, dass alle entweder Mitleid oder sogar Abscheu wegen mir empfinden. Und es gibt niemanden, dem ich das alles anvertrauen kann. Außer dir.“ Verbittert biss sich das Mädchen auf die Unterlippe. „So wie Sie sprechen, könnte man meinen –nun ja...“, sie brach ab. Lächelnd half ihr die Dame aus: „Du meinst, wie wenn ich gar nicht behindert wäre?“ Schweigend nickte die Schülerin. „Weißt du, ich bin nur körperlich behindert, nicht geistig. Nun ja, aber besonders klug bin ich auch nicht. Ich habe leider nur den Hauptschulabschluss geschafft.“ Oh Mann! Wie hatte die Schülerin nur so blödes Zeug denken können? Diese Frau hier war ja normaler als die meisten anderen. Das Mädchen hätte sich am liebsten geohrfeigt, so sauer war sie auf sich. „Das Schlimmste aber ist, dass ich bei allem Hilfe brauche –bei allem. Vom Aufstehen bis zum abendlichen Zähneputzen. Weißt du, ich bin Diabetikerin und meine Beine sind so schwerfällig, dass schon der Weg zum Bad mich anstrengt.“ ,berichtete die Dame leicht verlegen. Wie konnte das Mädchen denn nur so blind sein, diese Frau hier war doch supernett! „Dürfen Sie wenigstens auch mal mit Freunden weggehen?“ ,wollte die Schülerin wissen und war plötzlich an dem Leben der Frau interessiert. Diese schüttelte jedoch energisch den Kopf. „Nein, selbst wenn ich Freunde hätte, würde ich das Gegaffe nach mir nicht aushalten. Ich meine, die Leute wollen das ja nicht, aber sie tun es halt. Es ist bescheuert anders zu sein...“ Wie es die Schülerin reute, so vorurteilsgelenkt gewesen zu sein. Sie würde sich sicher auch schrecklich fühlen, wenn sie behindert wäre. Und sie würde sich garantiert auch unheimlich freuen, wenn sie jemand hier besuchen käme. Noch eine ganze Zeit lang sprachen die beiden miteinander, aber bald musste das Mädchen wieder in der Küche helfen und der Nachmittag verflog so schnell, dass sie freiwillig noch länger da geblieben wäre. Ganz unglücklich verabschiedete sich die Greisin von der Schülerin: „Schade, dass du schon wieder gehen musst. Komm doch mal wieder vorbei!“ Das Mädchen meinte unsicher: „Vielleicht.“