Mitglied
- Beitritt
- 15.09.2004
- Beiträge
- 4
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 3
Das Schwarze Auge, ein Rollenspielabend
Es ist wieder Freitag. Das Wochenende steht vor der Tür, und mit ihm unser allwöchentlicher Rollenspielabend. Wir, das sind meine Freunde Yarion, Kalam, Kazim, Gilfalas und ich. Mein Name ist Faxus. Oder vielmehr der Name meines Charakters ist Faxus, aber das soll hier reichen. Wir treffen uns in der Wohnung, in welcher Kalan und Kazim gemeinsam wohnen. Der eine studiert, der andere war jetzt ein Jahr Arbeitslos und beginnt eine neue Ausbildung. Naja, könnte man denken, vielleicht nicht die Partystimmung schlechthin, aber doch ganz nett.
Ist es auch, eigentlich. Leider nur eigentlich. Wir treffen uns immer so gegen 17:00 Uhr, weil Kalam einen Nachtjopb neben seinem Studium angenommen hat. Damit finanziert er seinen Teil der Miete, und natürlich den ständigen Begleiter unserer Rollenspielabende, das Gras. Wir geben dem Gras verschiedene Namen, um die Assoziazion zu Drogen etwas zu lösen und die Tatsache, dass wir eigentlich ein richtiges Verbrechen begehen, zu verschleihern. Auserdem lockert es die Gespräche auf, besonders, wenn Fremde anwesend sind. Wir mögen nämlich eigentlich keine anderen Leute, wenn wir unser Rollenspiel Spielen. Besonders keine nicht Kiffer.
Also, wir treffen uns heute wieder so gegen 17:00 bei Kalam und Kazim, und als ich eintreffe, sind alle schon da. Einige schon länger. Das sehe ich sofort, sie sind schon breit, liegen mit halb geschlossenen Augen in der Ecke oder kriegen das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Nur Kazim nicht. Kazim hat aufgehört, zu quarzen, wie wir es seit neustem nennen. Er raucht nur noch normale Zigaretten, und davon nicht wenige. Das wiederum geht Kalam auf die Nerven, da er normalerweise nicht raucht, und ihn die Zigaretten dann stören. seine Jonnys seltsamerweise nicht. Ich rauche auch nicht. Also, nicht mehr. Um genau zu sein, keine Zigaretten mehr. Ab und an eine Zigarre, und halt wenn ich Freitags beim DSA bin, ein wenig Outcast (ein weiteres Modewort, mit langer Vorgeschichte). Aber nciht so viel wie die anderen. Wir scherzen immer "Du bist ja nicht so gut im Training, was ?" allerdings bin ich sofort genauso breit. Und dann passiert es. Es ist wie beim Alkohol, man beginnt die Kontrolle über gewisse Dinge abzugeben. Oder zu verlieren. Doch beim Trinken regt mich das auf, deshalb trinke ich so selten Alkohol. Doch beim barzen ist mir das Egal. Wie mir dann überhaupt alles egal ist.
Aber zurück zum Rollenspiel. Kazim ist der aktivste von uns allen. Er gibt sich vor allem Anfangs viel Mühe, wieder in die Stimmung vom letzten Mal reinzufinden. Ok, er gibt die Dinge vielleicht etwas ich bezogen wieder, doch mich stört es nicht. Dafür die anderen. Yarion ärgert sich dann über Kazims Selbstdarstellung und Gilfalas schneidet Grimassen, ohne sich ins Spiel einzubringen. Und plötzlich gibt er sich wieder richtig Mühe, doch dann fällt Kazim wieder unangenehm auf. Kalam schwebt gerade wieder auf Wolke sieben, bis ich ihn wieder in die Handlung einbezeihen kann, sollte ich einige Minuten verstreichen lassen. Dafür lassse ich den weissen Glimstengel nicht an mir vorbeigehen, schliesslich kann ich heute Nacht hier schlafen. Auf einer Matraze, deren bezug die letzten sechs Monate keine Waschmaschiene gesehen hat. Dafür jeden abend mindestens einen anderen Besucher, manchmal auch zwei. Und Bettzeug, tja, das nehme ich mir einfach von Kalams Bett. Da liegt genug herum, und ihm ist es auch egal, wer welchen nutzt. Ist schon ein bisschen eklig, aber wenn man müde ist.
Natürlich muss ich vorher etwas Platz am Fussboden schaffen. Da steht unter anderem eine blaue Keksdose, wie man sie normalerweise zum Kaffee oder Tee ist. Kekse sind keine drinn, nur die Reste von den heutigen Joints, Zigarren und Zigaretten. Und die von gestern, und vorgestern. Gerade mal 4, maximal 5 Zentimerter hoch. Und der Deckel... liegt irgendwo hinter dem Schreibtisch, zwischen dem duzend leerer Eisteetüten. Wo wir gerade beim Schreibtisch sind, hier türmt sich der Müll. Ich sollte alles etwas nach hinten schieben, sonst stösst nachher noch einer etwas um und mir rieselt die Asche aufs Gesicht. Oder die Reste vom Tabak, oder das gammlige Fladenbrot, das fröhlich in der Plastiktüte vor sich hinschimmelt. Eigentlich schaue ich vor dem schlafengehen auch nochmal schnell in mein Onlinespiel rein, aber nciht hier. Die Tastatur ist so dreckig und speckig, wenn ich nicht wüsste, wo welche Taste ist, ich würde nicht alle finden. Das ist übrigens der Grund, wieso ich mir die Abenteuer im Internet gekauft habe, und nicht mehr die heruntergeladenen PDF durchscrollen muss. das Abenteuer von heute muss hier irgendwo liegen. Vielleicht liegt Gilfalas drauf, aber nein, der schläft schon und hat sich die letzten 5 Minuten nicht mehr bewegt. Wo habe ich es denn hingelegt ? Phex hilf mir bei der Suche.
Ah, es liegt unter den Schalen des Chinesischen Essens. Ich sehe grad, es sind die Schalen von letzter Woche, denn heute hatten wir Döner bestellt, glaub ich. Das war wieder ein Theater, wer anruft, wer annehmen geht, und irgendwie geht auch immer Geld verloren. Klar, wenn ich rote Augen hätte wie ein Wolf mit roten Kontaktlinsen, würde ich auch nicht an die Tür gehen wollen. Will ich auch nicht. Und aufstehen erst recht nicht. Dann wird mir sofort schwindelig, und ich fühle mich unsicher. Mittlerweise schläft die Hälfte meiner Heldengruppe, Kazim zieht sich an seinen eigenen Rechner zurück, um den Willen des Imperators in Dawn of War (Warhammer 40k) durchzusetzen und Kazim zieht sich Arbeitsklamotten an, er muss gleich Werbung abpacken und in Zeitungen einsortieren. Er ist breit wie ein Zebrastreifen, aber das scheint keiner zu bemerken. Oder die Leute wollen es nicht sehen.
Ich mache nochmal einen Rundgang durch die 46 Quadratmeter, besuche das Klo, weil ich es jetzt wirklich nicht mehr halten kann. Und das will was heissen. Die Klobrille ist das sauberste im ganzen Haus, auch, wenn das nicht wirklich viel aussagt. Neben mir in der Dusche müffelt ein Topf, in dessen Boden sich ein Gericht eingebrand hat, dass ich jetzt weder identifizieren kann noch will. Nach meinen Geschäft wasche ich mir nicht die Hände, da meine Gastgeber nur einmal wöchentlich das Handtuch wechseln. Und dem Handtuch nach zu urteilen ist das morgen. Die Küche bringt auch nichts neues hervor. Überall dreckiges Geschirr, die Spühlmaschiene ist leer, und von der Wand gegenüber lacht mich der selbstgemalte Drache an. In den Kühlschrank werfe ich lieber keinen Blick, und auch die Mausefalle, die in der Ecke steht ist noch leer. Kazims Mäuse sind nicht dumm, sie fressen lieber aus dem Topf, der noch auf dem Herd steht. Zeit, sich ein wenig hinzulegen, um bis zum morgen ausgenüchtert zu sein. Zumindest so weit, dass ich wieder fahren kann. Schliesslich ist morgen Samstag, und das Wochenende steht vor der Tür, und meine Frau wartet zuhause auf mich
Warum ich diesen Text schreibe, weiss ich nicht. Vielleicht gefällt es mir nicht, wie ich meine Freitage verbringe. Aber würde ich es dann tun ?
Ausserdem beunruhigt mich etwas anderes:
Mein bester Jugendfreund hat es nicht geschafft. Kein Abschluss, Eltern weggezogen, er sitzt buchstäblich auf der Strasse, lebt in einer Sozialwohnung, die aus einer schlechten Folge Wolfs Revier geklaut sein könnte. Schuld in meinen Augen ist das ewige Kiffen, das er nicht unter Kontrolle brachte. Und um ehrlich zu sein, mache ich mir Vorwürfe, dass ich nicht rechtzeitig eingegriffen habe, bevor er in den Gesellschaftlichen Bodensatz abgerutscht ist. Heute ist es zu spät. Eben klingelte mein Handy, er hat angerufgen, doch ich bin nicht drann gegangen. "Auf den hab ich jetzt keine Lust..." hab ich zu Yarion gesagt. In Wirklichkeit habe ich Angst, mit ihm zu sprechen. Angst davor, mich wieder schlecht zu fühlen.
Bevor ich mich hinlege, schau ich mir nochmal das Chaos im Zimmer an. Ich werde morgen mal Kalam darauf ansprechen und fragen, ob er noch alle unter Kontrolle hat. Aber ich kann mir seine Antwort schon denken: "Klar, ich hab alles im Griff..." Das hatte mein ehemals bester Kumpel damals auch gesagt....