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Das Schwert Ohzoleus
Im Tempel der Kriegsmönche hatte man mich die Enthaltsamkeit gelehrt und den völligen Verzicht auf alle körperlichen Genüsse. Ich war froh über diese strenge Schule. Nur wer wochenlang fastet, kennt die wahren Ausmaße des Unterschieds zwischen Askese und dem, was sich mir gerade bot.
Der Wein rann mir die Mundwinkel hinab, da ich ihn zu gierig gleich nach dem köstlichen Hähnchen hinuntergeschüttet hatte. Ich war der Mittelpunkt der verrauchten Gaststube. An meiner linken Seite saß eine dralle blonde Frau. Ihre Hand hatte kurze Zeit auf meinem Oberschenkel gelegen und wanderte nun weiter. Der Mann zu meiner Rechten glitt bewusstlos unter den Tisch und wurde durch eine dunkelhaarige Schönheit ersetzt, deren Bluse weit offen stand. Sie beugte sich auffordernd vor.
Mir ging durch den Kopf, was mir mein Meister jahrelang eingebläut hatte und ich stieß beide weg.
„Wenn du viele Vergnügungen gleichzeitig haben kannst, so genieße immer nur eines zur Zeit. So hast du mehr davon.“
Der Wirt servierte eine riesige Platte vom besten Käse, garniert mit Oliven. Es roch köstlich. Ganz anders als die harten Laibe in der Abtei. Ich steckte gerade die erste Olive in den Mund, als der Freund der drallen Blonden auftauchte. Er war genauso breit wie hoch und warf einfach einen meiner Zechkumpanen nach hinten.
„Was gefällt dir an meiner Freundin nicht, du Drecksack? Ist sie nicht gut genug für dich, elenden Priester?“
Seine Faust fuhr auf mein Gesicht zu, doch ganz in jahrelanger Gewohnheit duckte ich mich einfach. Das ging jetzt wirklich zu weit. Ich hatte den Tempel entweiht, den Abt bestohlen, die Götter gelästert und jetzt nannte mich dieser Tölpel einen Priester?
Ich schlug zurück.
„Du Schwerverbrecher, du Schwächling, du, du…“ Mehr Schimpfwörter fielen mir nicht ein, und so beschloss ich von meiner Faust gebrauch zu machen.
Doch zuvor wollte er mich schon wieder schlagen. Automatisch griff ich zu und zog ihn nach vorn, so dass er auf den Boden fiel.
Mir war noch eine grässliche Beleidigung eingefallen, doch im nächsten Moment musste ich zur Seite springen, denn von hinten kam ein Sessel mit großer Geschwindigkeit auf mich zugeflogen. Flaschen klirrten, die Frauen kreischten, und dann hatte sich die Stube auch schon in ein Tollhaus verwandelt. Ich schnappte mir die Käseplatte und turnte damit durch das Gewimmel hinaus. Eine Weinflasche kam auf mich zugeflogen. Noch völlig voll, dachte ich und stellte sie auf das Tablett.
Draußen war es eisig kalt. Die beiden Monde standen knapp über dem Horizont und zeichneten scharfe Schatten.
Ich ging ein Stück weiter vorwärts zum Rand der steil abfallenden Passstraße.
Dort labte ich mich weiter, während es hinter mir stiller wurde.
In meiner Klosterzelle war es weitaus kälter gewesen als hier draußen. Ich legte mich in eine Mulde und schlief augenblicklich ein.
Ein helles Licht weckte mich. Verwirrt dachte ich, dass der Tag angebrochen war, doch das Licht war irgendwie anders.
„Kulin, wach auf.“
Jemand rief meinen Namen. Es war eine verführerische Frauenstimme. Ich dachte an die Pläne, die ich für diese Nacht noch gehabt hatte und öffnete erfreut die Augen. Irgendwo im Hintergrund läuteten helle Glocken. Ich sah in ein wunderschönes Gesicht, das von Haaren wie Feuer umrandet wurde. Die Frau war ziemlich groß. Sicher einen halben Meter größer als ich. Warum war sie mir in der Wirtsstube nicht aufgefallen? Sie trug knappe seidene Kleidung, die an mehreren Stellen einen makellosen Körper preisgab. Ich blickte in große Augen, darunter ein voller Mund. Perfekt, wie bei einer Göttin.
Ihre Hand hielt ein großes Schwert mit goldener Klinge. Das passte nicht ganz zu den Vorstellungen die mich überkamen, doch die Welt außerhalb des Klosters war sonderbar.
„Hi“, sagte ich auf eine besondere Art und Weise. Einer meiner Zechkumpanen hatte mir den Trick beigebracht.
„Kulin“, sagte sie, und hielt das Schwert mit beiden Händen vor sich. „Ich bin Jarid, die Wächterin der Sonne. Dieser Welt droht der Untergang. Der Eisriese Ergis ist aus seinem Gefängnis ausgebrochen. Er wird alles Leben vernichten, wenn du ihn nicht stoppst. Nimm das magische Schwert Ohzoleus. Es wurde von mir geschmiedet, um ihn zu vernichten.“
Das Schwert landete in meiner ausgestreckten Hand und mit einem letzten Klingeln verschwand die Frau in einer Wolke aus Silberstaub.
„Halt“, schrie ich. „Ich habe schon ein Schwert, und ich mache dass nicht, wenn du nicht mit mir…“
Das Schwert leuchtete golden auf. Ich hielt es weit weg, denn sein Licht blendete mich. In einer Vision erhielt ich alles Wissen über dieses Schwert.
Es war ein gutes Stück, keine Frage. Groß und doch leicht. Die Klinge so scharf, dass sie durch Stein wie durch Butter schnitt und dabei nicht den geringsten Kratzer erlitt. Im Griff waren kleine Knöpfe eingearbeitet. Sie zu drücken bewirkte verschiedene Arten von Zerstörung, einige Knöpfe dienten auch dazu mir zu helfen.
Ich achtete nicht weiter darauf, denn ich hatte nicht vor, dieses Schwert weiter zu benutzen. Nach dreißig Jahren Entbehrungen zog ich doch nicht aus, um mich mit einem Eisriesen zu prügeln.
Ich warf es in weitem Bogen den Abhang hinunter. Das grelle Licht verschwand in der Tiefe. Ich drehte mich um und ging zurück in das Gasthaus, während irgendwo weiter unten etwas klirrend auf die Felsen aufschlug. Andere Frauen waren weit willfähriger als diese Jarid.
Der nächste Tag verlief eher mäßig, genau genommen schrecklich. Ich war von Ogern gefangen worden. Sie hatten mich an einen Baumstamm gefesselt und wollten etwas von mir, doch ich verstand ihre Sprache nicht. Immer wieder kamen sie vor mir und bliesen ihren widerwärtigen Atem in mein Gesicht. Verzweifelt suchte ich nach einer Lösung. Ich konnte kaum denken, denn noch immer zog die Vision des Schwertes durch meinen Geist. Aber ich würde dem Fluch nicht nachgeben. Einen Moment später war es dann doch passiert. Es kam mit dem Knauf voran angeflogen und donnerte einen Oger in die Nieren. Schmerzerfüllt sah er nach hinten, wo das Schwert klirrend auf den Boden gefallen war. Er griff danach, doch ich sandte meinen Ruf erneut aus und bereute es einen Augenblick später. Das Schwert kam mit dem Knauf voran direkt auf mein Gesicht geflogen. Ich duckte mich reflexartig, doch gefesselt wie ich war, kam ich nicht weit und der Griff klatschte gegen meine Nase. Gleichzeitig wurde es vor mir hell.
Überall brannte es. Die Oger waren zur Unkenntlichkeit verkohlt und meine Fesseln begannen sogleich ebenfalls Feuer zu fangen. Panisch rüttelte ich an den Seilen. Mit brennenden Hosen schaffte ich es schließlich zu entkommen. Ich nahm das Schwert und untersuchte den Griff. Auf das hatte die Vision in mir gewartet und zog mit grellen Bildern vor mein Auge. Sie wollte mir etwas von den Knöpfen erzählen, die zu drücken verschiedene Arten der Zerstörung oder des Schutzes bewirkten. Davon, dass es beinahe unmöglich war die kleinen Dinger richtig zu betätigen, sagte die Vision nichts.
Blut rann von meiner Nase hinunter und vor mir lag herausfordernd das Schwert. Das Schwert hätte in meine Hand fliegen sollen, also gab ich ihm erneuert den Befehl zu mir zu kommen. Dieses Mal war es zu langsam. Lachend richtete ich mich wieder auf.
Schon erwischte es mich von hinten und ich fiel nach vorne.
Ich rappelte mich nicht auf, sondern suchte mein altes Schwert. Es war schartig und der Griff abgenutzt. Die Spitze der Klinge hatte sich durch die Hitze verbogen und sah einem Schürhacken ähnlich. Trotzdem war es mein Schwert. Wie würde ich den Ruß herunterbringen und wie lange dauerte es, die Klinge gerade zu schmieden?
Ich nahm das Schwert Ohzoleus.
Dann machte ich mich weiter auf den Weg Richtung Süden. Von Norden wurde der Wind eisiger und immer mehr Schneeflocken tanzten um mich. Ich suchte mir am Abend eine Höhle und schlief rasch ein. Die dauernde Vision von den Kräften des Schwertes nervte. Ich musste alle meine Konzentration aufbringen, um die Bilder zu unterdrücken. In der Nacht träumte ich zum ersten Mal seit langer Zeit. Jarid, die hübsche große Frau mit den goldenen Haaren kam und meinte, das Schwert sei etwas verstellt und sie würde noch schnell die Feinabstimmung machen. Wahrlich ein wirrer Traum.
Am nächsten Tag gelangte ich begleitet vom Nordwind und Schneeflocken in die Stadt Obika. Aus der Nähe schienen sich die hohen Stadtmauern ins Unendliche zu erstrecken. Der Torwächter verlangte einen Silberling. Da der Tempelschatz nur aus Goldstücken bestand, gab ich ihm eines von denen anstatt des Silberlings und ließ mich dafür gleich zu einem Gasthaus bringen. Dort bestellte ich erst einmal und schickte dann nach einem Heiler für meine völlig zertrümmerte Nase.
Ich hatte mich kaum am Feuer gewärmt, als auf der Straße ein Tumult ausbrach. Leute liefen schreiend hin und her und dann sah ich Bewaffnete. Hörner wurden geblasen und Glocken bimmelten wie verrückt.
Ich ging hinaus und schon sah ich einen riesigen Wolf mit eisigen Augen vor mir. Dar arme Tier schien hungrig und sprang auf mich zu. Ich duckte mich und schnitt ihn sauber entzwei. Überall in der Stadt liefen diese Wölfe herum. Einige spieen einen Eishauch auf die Häuser und Menschen. Wie gesagt, für Wölfe waren sie ziemlich groß. Es war nun wirklich unangenehm kalt und ich nutzte die Feuerstrahlfunktion von Ohzoleus, um ein paar Feuer zu machen. Zuvor musste ich aber die Feuerschutzfunktion einschalten. Der Knopf lag passendenweiße nicht neben dem für den Feuerball. Ich drückte den blauen und um mich begann es zu summen. Es wurde noch kälter, doch gleich kam der Feuerball. Ich hatte zuvor schon bemerkt, dass die Feuerbälle nicht so weit flogen, wie in der Vision, aber vielleicht konnte ich ihn mit einem eleganten Schwertschwung nachhelfen. Ich holte aus und ließ die Kugel herausrollen. Die Kälte war wirklich unerträglich. Ein Wolf sah den Feuerball neugierig an und schnappte danach. Dann wurde es blendend hell. Ich hatte keine Zeit mich zu freuen, denn im nächsten Moment war ich erstarrt. Ich schaffte es, ruhig zu bleiben und meine Kerntemperatur hoch zu halten, während meine Glieder vereist wurden. Mein letzter Gedanke galt dem Knopf für die Feuerschutzfunkion. Ich konnte ihn nicht mehr ausschalten.
Ich erwachte wieder auf dem Lager eines Heilers. Der alte Mann hatte mich fachkundig aufgetaut.
"Danke", stammelte ich verwirrt, denn neben ihm stand eine hübsche dunkelhaarige Frau mit einem goldenen Stab.
„Diese grausamen Eiswölfe haben dich erwischt, aber die prophezeite Waffe Ohzoleus hat dich gerettet“, sagte er.
Ich hustete.
„Ruhe dich aus, tapferer Krieger“, sprach die Frau. Ich unterdrückte den Einwand, dass ich nicht tapfer war und hörte weiter zu. Unter ihrer Robe zeichnete sich ein enormer Busen ab.
„Wir konnten mit Jarids Hilfe die Eiswölfe zurückschlagen, doch jetzt ist der Eisriese Ergis hierher unterwegs. Er und seine Helfer wollen die ganze Welt in Eis tauchen. Nur du kannst sie aufhalten.“
Ich sah ihr lange in die Augen, doch der Trick wirkte nicht. Andere Frauen wussten dann sofort, was ich wollte, doch sie redete einfach weiter.
„Die Arme des Königs hat die Stadt besetzt. Sie kann die Eiswölfe zurückhalten, doch gegen Ergis gibt es keine Waffe. Außer dem magischen Schwert Ohzoleus. Es wurde geschaffen, um die Eisriesen endgültig zu besiegen.“
„Dann sollte jemand dieses Schwert nehmen und ihm damit den Kopf abschlagen.“
„Ich wusste, dass du keine Furcht kennen würdest. Ich werde alles tun, um dich in deinem Kampf zu unterstützen.“
Sie dachte, dass ich es tun wollte!
„Würdest du wirklich alles tun?“
Sie nickte ernst.
Ich deutete ihr an näher zu kommen und flüsterte ihr ins Ohr was ich wollte.
Ihr Kopf fuhr zurück und beinahe hätte sie mich geohrfeigt.
„Du hast doch gesagt, alles.“
Sie sah mich seltsam an. Ich hatte diesen Blick noch nie bei einer Frau gesehen.
„Töte zuerst den Eisriesen, dann kannst du haben, was du willst“, stieß sie nach einer ziemlich langen Nachdenkpause hervor.
Das war ein Wort. Sogleich sprang ich vom Bett und sie ließ mir eine Rüstung anlegen. Das Heer wollte dem Riesen und seinem Gefolge entgegenreiten und ich sollte es anführen. Männer mir ledergegerbten Gesichtern umringten mich und mein Pferd. Ihre Blicke lagen auf dem Schwert, das an meiner Seite hell glänzte. Ich schwang es ein paar Mal durch die Luft, und man war beeindruckt.
„Los geht’s“, rief ich. „Je schneller, umso besser.“
Draußen vor der Stadt schlossen sich mir zehntausende Reiter an. Der Wind pfiff uns scharf entgegen, doch der Schneefall hatte aufgehört.
Zuerst sah ich nur seinen Kopf und dachte, er wäre schon tot und jemand hätte den abgeschlagenen Kopf auf die schneebedeckte Ebene geworfen. Doch je näher wir ritten, umso mehr wurde von ihm sichtbar. Und dann machte er einen Schritt vorwärts. Die Erde erbebte unter uns und ich sah Furcht in den Gesichtern vieler Männer.
Seine Größe hätte mich nicht überraschen sollen. Er war ja ein Eisriese. Und jetzt verstand ich auch, warum ihm bis jetzt noch niemand den Kopf abgeschlagen hatte.
Jetzt horchte ich wieder auf die Vision, die noch immer in meinem Kopf herumschwirrte. Sie hatte sich verändert. Ein flehender Ton war in ihr, der vorher nicht da gewesen war und eine neue Botschaft: Drücke nicht den blauen Knopf, drücke nicht den blauen Knopf.
Der blaue Knopf aktivierte die Feuerschutzfunktion.
Horden von Eiswölfen liefen zwischen seinen Füßen und dann machte er einen weiteren Schritt und war über mir. Ich ließ einen Feuerstrahl nach oben und versengte ihm den Knöchel. Um mich ritten die tapferen Krieger des Kaisers und feuerten ihre Pfeile unnütz auf die gigantische Gestalt. Eine Faust mit dem Durchmesser eines Hauses kam von oben herab, doch der Riese war viel zu langsam und ich ließ einen Feuerstrahl auf seinen Daumen.
Prompt bildete sich eine große Brandblase. Ergis brüllte und mein Pferd scheute. Sein Brüllen war so laut, dass ich einen Augenblick nichts mehr hörte und benommen zu Boden ging. Schon war die riesige Hand über mir und dann traf mich ein Schlag, als wäre ein Berg auf mich gefallen. Meine Knochen schienen alle zu zerbersten und für einen Augenblick wurde es dunkel.
Ich kam wieder zu mir und stand auf. Es war noch immer völlig dunkel um mich. Ein schwacher Faden hing schlaf an meinen Rücken hinunter. Ich hätte es verstehen sollen. Auch wenn ich es nicht glaubte. In Trance tappte ich vorwärts und sah die Hand wieder in die Höhe fahren. Darunter lag eine flach gedrückte Gestalt.
Mein Körper und daneben das Schwert Ohzoleus. Es brannte hell, doch meine Hand würde es nie wieder heben.
Und ich würde nie wieder die Vision haben. Ringsum wichen die Soldaten des Kaisers in Panik zurück. Der Eisriese fegte Reiter und Pferde von der Ebene als wische er seinen Fußboden auf. Dann schrumpfte er auf doppelte Mannesgröße und griff nach dem Schwert.
„Ihr Götter“, höhnte er, „das Schwert Ohzoleus ist in meiner Gewalt. Jetzt werden damit eure hohlen Köpfe abgeschlagen. Er griff danach, hob es hoch und wuchs augenblicklich wieder zu seiner titanenhaften Gestalt. Das Schwert selbst wuchs mit ihm. Trotzdem war es für seine Hände viel zu klein und wirkte wie ein Kinderspielzeug in den riesigen blauen Pranken. Und dann fiel auch noch eine gelbe Kugel aus seiner Spitze.
Der Riese starrte darauf und blähte sich eine rasch wachsende Feuerkugel unter ihm auf. Ergis' Gestalt wankte und dann fielen in rascher Reihenfolge noch mehr Feuerbälle aus der Spitze. Ich konnte selbst in meinem astralen Zustand ihre Hitze spüren.
Der gelbe Knopf war ungünstig positioniert!
Während hinter mir Ergis zu einem Haufen Asche zusammenschmolz, machte ich mich auf den Weg nach oben. Eigentlich tat ich gar nichts. Da ich nach meiner Flucht aus dem Kloster nur wenig Zeit gehabt hatte, meine Seele mit dem Gewicht von Sünden zu beschweren, stieg ich hoch wie ein losgerissener Drache im Wintersturm.
Der Himmel verengte sich zusehends und ich wurde durch einen goldenen Tunnel in eine strahlend weiße Halle gesogen. Dort rollte ich mich ab und sah mich von den Göttern umringt. Einige kicherte und zeigten auf etwas vor ihnen.
Zuerst erschrak ich, doch dann bemerkte ich, dass sie ganz auf das Beobachten von Sterblichen konzentriert waren. Die Lebensgeschichten waren in diesen Bildfeldern auf die wichtigsten Abschnitte zusammengefasst. Ich sah einem Gott über die Schulter:
Erinn, die Magd aus armen Haus war kurz davor den Prinzen zu heiraten, doch Ivonne, ihre dunkelhaarige Nebenbuhlerin aus reichem Haus bereitete gerade eine Intrige gegen sie vor. Diese Fenster zur Erde standen überall herum und auf jedem waren Menschen zu sehen. Manche sangen und andere wurden ganz aus der Nähe gezeigt, während sie sich küssten.
Ansonsten passierte hier nichts.
Dann hörte ich ein Kichern hinter mir und bemerkte Jarid, die mit ihren beiden Freundinnen, den Göttinnen der beiden Monde, vor einem der Fenster saß und einer Gruppe von seltsamen Leuten zusah, die man in einen Container gesperrt hatte.
Sie trug immer noch ihre seidene Kleidung, die so viel von dem bezauberndem Rücken frei ließ.
Mir klopfte das Herz, als ich hinter ihr war. Sie bemerkte mich nicht.
Ich sagte dieses besondere „Hi“ und bemühte mich dieses Mal es wirklich richtig zu machen. Sofort fuhr sie herum und mit ihr die Mondgöttinnen. Auch sie trugen diese gewagt geschnittenen Seidenkleider. Ihre Haut war so zart. Ich sah von einer zur Anderen.
„Kulin, du?“
„Ja ich“, sagte ich. „Ist das der Himmel.“
„Ja, du wirst hier für deine Heldentaten belohnt.“
„Nicht, dass ich mich beschweren möchte, aber ich hatte da ein anderes Ende des Kampfes im Sinn.“
Jarid wurde rot. Sie stotterte.
„Also wichtig ist doch das Endergebnis und früher oder später muss jeder sterben. Und immerhin ist Ergis ist tot. Und das Schwert war ja mein erster Versuch. Du weißt ja, ich als Frau…“
„Ja, der gelbe Knopf war ungünstig angebracht“, erwiderte ich und konzentrierte mich auf ihr Dekollete. Der Stoff war nur hauchzart. Mir wurde heiß. Sie war göttlich und sie wirkte so hilflos. Was sollte ich nur sagen?
Da uns beiden nichts Kluges einfiel, ergriff Helle, die eine der beiden Mondgöttinnen, das Wort:
„So Kulin, da du die Welt vor dem Eisriesen gerettet hast, sind wir tief in deiner Schuld. Was können wir tun, um diese Schuld abzutragen?“
„Sie sprach tatsächlich in der wir Form. Ich sah die drei Göttinnen an, lange Zeit gingen mir die verschiedensten Vorstellungen durch den Kopf, welche man besser nicht drucken sollte, und dann sprach ich meinen Wunsch aus.
Sichtlich zuckten die Drei zusammen. Ja, sie waren dazu bereit. Aber ich musste einen strengen Vertrag beeiden.
So sitze ich jetzt auf der Veranda meines Schlosses. Über mir scheint ein ewig strahlendes Licht und meine drei Frauen sitzen mit meinen drei Söhnen vor diesen Visionsgeräten und sehen sich kunterbunte Figuren an.
Odhal, der Herr der Götter, naht. Wieder einmal ist eines seiner Geschöpfe ausgebrochen und droht die Welt zu vernichten. Er möchte, dass eine meiner Frauen ein Schwert erschafft, welches das Ungeheuer vernichten kann.
Sie hat ihm eine leicht veränderte Version der Geschichte erzählt. Er glaubt, sie hätte die Welt vor dem sicheren Untergang gerettet.
Ich lasse ihn nicht herein.
„Schwiegervater, meine Frauen sind keine Schmiede und in die Nähe von menschlichen Helden mit stählernen Muskeln, deren Geist von unerschütterlichem Mut erfüllt wird, lasse ich sie nicht. Du musst es dieses Mal selber tun.
Er murmelt etwas davon, dass die Welt ohnehin den Untergang verdient hätte und dass es Zeit wäre eine neue zu erschaffen.
Er ist alt und senil. Ich bin sicher, er wird auch das vermasseln.
Ich lasse ihn ziehen. Wenn ich ihn ablösen will, brauche ich ohnehin einen Grund.