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Das Vermächtnis

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20.10.2008
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Das Vermächtnis

Das Vermächtnis

1

19. Mai 1987, 10 Uhr
Cattlecox

Massenschlägerei in Bar
Zwölf Verletzte

Nachdem ein Trinkgelage ausgeartet ist, ging es rund in Joey's Bar.
Joey Calvera, Besitzer der Bar, nannte es „ein Schlachtfest“. Ergebnis des ganzen
waren reichlich viele kaputte Tische und Stühle – sowie Joey's zerfetzte Schanklizenz. Unsere
Gemeinde ist daher nicht nur über die zwölf Beliebten Einwohner in Sorge,
die zur Zeit im anliegenden St. Johns Memorial Hospital versorgt werden,
sondern auch darüber, vorerst keinen Alkohol zu kriegen bis Joey seine
Lizenz ersetzt bekommen hat.
Die Gründe für die Schlägerei sind immer noch nicht geklärt, aber Sheriff
Ferguson Flint ermittelt in der Angelegenheit.​


Cattlecox Daily News

„Sheriff Ferguson Flint ermittelt...“, dachte ich verächtlich, bis mich eine Stimme aus meinen Gedanken riss. „Ey Flint, hast du den Artikel schon gelesen?“ Das war Walter, Walter DeBlanc, mein Deputy. Ich grummelte vor mich hin, entschied mich dann jedoch zu einer Antwort, um Walter nicht auch noch in mein Büro zu locken. „Ja... hab ich.“ Denn auch wenn er ein ganz netter Kerl sein konnte, der Hellste war er nicht, und ich wollte einfach meine Ruhe haben.
Gestern musste ich mir diesen verfluchten Chor anhören, zu dem Betty-Sue mich gezerrt hatte. Und nun saß ich hier, um zehn Uhr morgens bei fast dreißig Grad Celsius, und sollte ein paar Säufern hinterher schnüffeln, die mal wieder ihrer Sucht gefrönt hatten. Dabei hatte ich alles so schön ausgemalt, als ich meine Ausbildung begonnen hatte:
In der Großstadt lässig Verbrecher jagen und dabei Miezen aufreißen wie in den guten alten Serien.
Tja, stattdessen saß ich in diesem Loch, das ich mein Zuhause nennen durfte. Klingt ziemlich verbittert für jemanden, der grad mal sechsundzwanzig ist, was? Aber wer weiß, vielleicht bringt mir diese Prügelei ja mal so was wie den großen Durchbruch.
Doch das Telefon hielt mich von weiteren Tagträumereien ab. Es war Betty-Sue, die mir tränenerstickt mitteilte, dass unsere Nachbarstadt überlegte, das für morgen geplante Sommerfest abzusagen. Ihnen schien das Verhalten unserer Trunkenbolde zu missfallen. Dafür dachten sie darüber nach, einfach den Chor von uns zu übernehmen. Die Aufgabe, den Chorleiter zu fragen, sei meine. „Und warum, Betty-Baby?“ „Du bist eine Amtsperson, Flint. Außerdem bin ich momentan zu sehr von unseren lieben Nachbarn enttäuscht. Als wenn die sich nie prügeln.“ Sie wollte gerade zu einer Tirade ohne Punkt und Komma ansetzen, von der ich sie glücklicherweise abhalten konnte. „Schön, Betty-Baby, dann muss ich jetzt aber los.“
Also stand ich zehn Minuten später vor unserem einzigen kleinen Hotel und hielt nach dem Kerl Ausschau. Endlich hatte ich sein Zimmer gefunden und klopfte an. Mir öffnete die hochgewachsene Gestalt eines Mannes, der mich abschätzend ansah. „Guten Morgen, Sheriff Ferguson. Was führt Sie zu mir?“ „Äh, ja, guten Morgen, Mister Videl. Kann ich kurz hereinkommen?“ „Aber sicher.“ Als ich über die Türschwelle schritt, verspürte ich ein kurzes Unbehagen, schob dies aber auf das Truthahnsandwich aus dem Auto. Vermutlich konnte es die Wärme ebenso wenig ertragen wie ich. „Bevor Sie Ihr Anliegen vortragen, Sheriff, gestatten Sie mir eine Frage.“ „Klar doch.“ Himmel, der Typ war mir jetzt schon unsympathisch. Erstmal hielt er sich scheinbar für was Besseres, so wie er mit mir sprach. Und dann stand er hier drinnen, wo es locker nochmal zehn Grad wärmer war als in meinem Büro, in einem Anzug und dem Hemd bis oben zugeknöpft. Außerdem hatte der Kerl mich gerade mit meinem Vornamen angeredet. Und ich HASSE meinen Vornamen! „Warum sind Sie gestern so plötzlich aus dem Konzert gegangen? Ich habe Sie kurz vor Schluss verschwinden sehen.“ „Ach das... Ja, ich wurde angepiept, da ein Trucker ein Reh mitgenommen hat. Tut mir sehr leid.“ „Wenn die Pflicht ruft, kann man es Ihnen ja nicht verübeln.“ Na herzlichen Dank für das Verständnis! „Nun, da das geklärt ist, warum sind Sie also hier?“ Ich legte ihm die Situation dar und in seinen Augen veränderte sich etwas. Die Abwertung darin wich Interesse – und einer unerklärlichen Gier.

2

20. Mai 1987, 19 Uhr
Churchtown

Klasse, hier saß ich nun schon wieder in einem Konzert dieses Chors. Der Stadtrat war mir so dankbar gewesen, dass ich zwischen ihnen und Mister Videl vermittelt hatte, dass sie mich doch gleich zum Konzert einladen mussten. Vor mir saßen unzählige Frauen, denen allen der Name Betty-Sue gestanden hätte, denn die Männer neben ihnen schienen ebenso unfreiwillig hier zu sein, wie ich es gestern bei uns in der Stadt gewesen war. Warum das ganze Theater? Da vorne vor dem Altar – ja, das Konzert fand in der Kirche statt, und hatte ich erwähnt, dass ich kein Stück gläubig bin? - stand ein Kinderchor. Alles kleine, süße Engel. Blonde Locken, rosige Wangen und glockenhelle Stimmen. Das volle Programm eben, das bei den Weibern zieht. Zumindest dachte ich das, bis ich den stämmigen Mitdreißiger vor mir in Tränen ausbrechen sah. Dieser Gefühlsausbruch blieb von Videl natürlich nicht unbemerkt. Er sah in unsere Richtung und unsere Blicke trafen sich. Toll, super, der Abend kann doch nur besser werden. Vermutlich muss ich jetzt auch noch nach dem ganzen Bockmist hier mit dem Kerl reden.
Nein, musste ich nicht. Mein Piepser vibrierte in meiner Tasche. „Danke, es gibt doch einen Gott.“ Merkwürdigerweise sah ich bei diesem geflüsterten Satz zu Videl. Er zuckte kaum merklich zusammen. Ach Quatsch, das bildete ich mir sicher nur ein, wahrscheinlich hatte er nur einen Schluckauf oder so. Jedenfalls hatte ich nach ein paar Sekunden meinen Piepser vor Augen, der mir einen Grund lieferte kurz vor Schluss zu gehen. Einer meiner geliebten Barschläger war wieder ansprechbar. Von hier waren es zehn Meilen ins Krankenhaus und weitere fünfzehn nach Hause, das sollte zu schaffen sein. Ich wusste, Videl würde es bemerken, wenn ich ging. Ein Lächeln trat auf mein Gesicht, als ich aufstand.
Im St. Johns versuchte ich etwas aus Marty herauszubekommen. Der konnte sich aber an nichts mehr erinnern, scheinbar nicht mal daran von diesem Planeten zu stammen, denn er fing immer wieder von einem merkwürdigen Licht an, das er gesehen haben wollte. Mit seinen Worten hörte sich das so an: „Wir saßen alle da und haben über das Konzert geredet. Unglaublich, finden Sie nicht auch, Sheriff Flint?“ Ein Nicken meinerseits; von einem Augenrollen begleitet, versteht sich. „Naja, wir saßen also alle da, als dieses Licht reinkommt. Ich sag, es sieht aus wie ein Engel, Pete sagt es sei ein Kugelblitz, Harry hat es als Nordlicht bezeichnet.“ Gott Jungs, wart ihr voll! Ein Nordlicht im Mittleren Westen, mitten in der Türschwelle zu Joey's Bar? Den Gedanken behielt ich aber für mich. „Zumindest haben wir uns dann wohl darüber gestritten. Wer dann zuerst mit seinem Bierkrug geschmissen hat, weiß ich aber nicht mehr. Hilft das denn was, Sheriff?“ „Ja, klar, alles hilft. Ich danke dir, Marty.“ Helfen, genau. Du klingst als hättest du immer noch die Hälfte des Alkohols intus. Da kann zwar nichts Sinnvolles bei rauskommen, aber was soll’s? Natürlich hast du mir geholfen.
Ich fuhr nach Hause und ließ mich todmüde ins Bett fallen. Inzwischen war es halb ein Uhr nachts und den Bericht über diese unglaublich konstruktive Zeugenaussage konnte ich auch morgen früh schreiben.
Morgens im Büro widmete ich mich dieser Aufgabe, wurde aber immer wieder von der Zeitung vor meiner Nase abgelenkt. Irgendetwas sagte mir, dass ich sie lesen sollte. Schließlich unterbrach ich meine Arbeit und sah mir das ganze an. Auf der ersten Seite prangte Videls Konterfei. Na, das war ja klar. Sein Chor der kleinen Engel erfreute sich großer Beliebtheit. Warum also nicht auch noch einen zweiten Bericht zum Konzert drüben in Churchtown bringen? Diesen Teil übersprang ich ganz dezent und schaute weiter nach unten. Zu meiner großen Erleichterung konnte ich dort lesen, dass es scheinbar auch bei unseren Nachbarn eine Schlägerei gegeben hatte. Das würde immerhin Betty-Sue wieder fröhlich stimmen. Doch während ich die Zeilen so überflog, wurde ich das unangenehme Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Ganz automatisch wanderten meine Augen zu Videls Bild. Oh ja, ich konnte den Kerl nicht ausstehen. Aber sein Bild schien trotzdem unverändert zu sein. Was hatte ich denn auch erwartet? Dass er die Hand hob, winkte und mir fröhlich mitteilte „Big brother is watching you“?
Angewidert legte ich die Zeitung weg und konnte mir mein ungutes Gefühl erklären. Mein Hilfssheriff drückte sich an meiner Bürotür die Nase platt. „Himmel, Walter! Was ist denn los? Kannst du nicht einfach anklopfen, wenn du was willst?“ „Ach Flint, komm mal wieder runter. Du hast so konzentriert gelesen, da wollte ich dich nicht stören.“ Arrgh... manchmal würde ich ihn gerne schlagen. „Na schön. Also, was ist nun los?“ „Du warst doch gerne auch bei dem Chorkonzert.“ „Ja.“ „Ist dir da so ein komischer Kerl im Anzug aufgefallen?“ „Das Konzert war in der Kirche, die waren fast alle im Anzug da.“ „Ist doch auch egal. Jedenfalls war auch jemand aus St. Louis da. Dieser Videl hat's echt drauf, sag ich dir. Er hat den Typ aus St. Louis so beeindruckt, dass sie jetzt auch da singen sollen. Ich sag dir, dieser Chor wird nochmal richtig berühmt, Flint.“ Das Gefühl hatte ich langsam auch. Unwillig schaute ich wieder zu dem Bild in der Zeitung. Und auf einmal hatte ich das gleiche komische Gefühl, wie zu dem Zeitpunkt, als ich zu Videl ins Hotelzimmer gegangen war. Verdammt, ich sollte keine Sachen zum Frühstück essen, die vermutlich schon seit zwei Jahren in meinem Schreibtisch gelegen haben. Irgendwann würde in meinem Magen sicher so was wie Evolution stattfinden. Wie schon gesagt, das mit Gott und der Schöpfungsgeschichte lag mir nicht so, aber dieser Darwin hat gar nicht so dumme Sachen geschrieben. „Flint, alles klar bei dir?“ „Hä? Ah, ja, alles klar. Sag mal, Walt, wann spielen die in St. Louis?“ „Oh, ich glaube erst in ein paar Tagen. Am dreiundzwanzigsten Mai.“ „Danke.“

3

23. Mai 1987, St. Louis
18 Uhr

Weiß der Teufel, was mich hierzu getrieben hatte. Jedenfalls stand ich gerade mitten in St. Louis und wartete darauf, in die Konzerthalle zu kommen, nur um diesen scheiß Chor jetzt zum dritten Mal zu hören. Irgendwie war es als sei ich in ihren Bann gezogen worden. Dabei wusste ich, dass ich auch heute nicht bis zum Ende bleiben konnte. Meine Karre hatte den Geist aufgegeben und der letzte Zug zu uns nach Cattlecox fuhr schon um neun.
Als ich dann in der Menschenmenge saß, hatte ich die Hoffnung, dass Mister Videl mich nicht bemerken würde. Leider hatte ich aufs falsche Pferd gesetzt. Vor Beginn der Vorstellung hielt Videl noch eine kleine Dankesrede, bei der seine Augen über die Zuhörer schweiften. Zielsicher fand er auch meine Wenigkeit. Die Farbe wich zwar nicht aus seinem Gesicht, aber in seinen Augen flackerte für eine Millisekunde so etwas wie Unsicherheit, die dann jedoch einem zuversichtlichen Lächeln wich. Ich weiß nicht, was es war, doch für den Bruchteil eines Augenblicks glimmte ein Satzfetzen in meinen Gedanken auf. Heute... Dich!
Diesmal versuchte ich mir alles ganz genau einzuprägen, die Solisten, ihre Reihenfolge, die einzelnen Lieder. Warum wusste ich auch nicht, aber der Polizist in mir hielt es für richtig. Reiner Instinkt, schätze ich. Und rein instinktiv sagte ich mir, dass Kinderchöre ganz schön gruselig sein können. Alle stehen sie da und lächeln und singen voller Inbrunst ihre Lieder. Völlige Disziplin. In den Augen dieser Kinder war kein Funken Spaß, sondern nur Zufriedenheit. Die Zufriedenheit, alle hier im Raum zu erreichen, zu fesseln. Man könnte meinen, sie wollten einem jede Sekunde etwas aufzwingen, einem eine Gehirnwäsche verpassen. Und ihr hoch geschätzter Chorleiter war da nicht besser. Sie erinnerten mich an etwas, ich wusste nur noch nicht, woran. Aber das würde ich noch herausfinden. Zum Glück musste ich mir diese Gruselshow nicht bis zum Ende ansehen. Kurz vor Schluss hastete ich zum Bahnhof.
In Cattlecox holte Betty-Sue mich ab, da meine Wohnung noch eine halbe Stunde Fußmarsch entfernt lag. „Also Flint, was soll das? Warum fährst du nach St. Louis, nur um diesen Chor nochmal zu sehen? Du mochtest ihn doch schon bei uns nicht.“ „Ich weiß auch nicht, Betty-Baby. Irgendwas ist komisch. Ich dachte, ich finde heute raus, was es ist.“ „Und, hast du es?“ „Nein...“, musste ich ihr kleinlaut eingestehen. Wir schwiegen uns an, bis wir vor meiner Wohnung waren. Betty-Sue brachte mich noch zur Tür. Die Sache zwischen uns war seltsam, irgendwie waren wir zusammen, aber gelaufen war bisher nie mehr als ein zaghafter Kuss auf die Lippen, da sie streng katholisch erzogen worden war. Also standen wir uns wie so oft an der Tür gegenüber. Nach dem üblichen Kuss sah ich sie sehnsüchtig an, denn nach einem Tag wie diesem, konnte man wirklich Sex brauchen. „Willst du nicht mit reinkommen?“ Die Antwort konnte ich mir zwar schon denken, aber fragen kostete ja nichts. „Ja, das würde ich gerne.“ Ich starrte sie völlig überrascht an, schätzungsweise eine volle Minute, denn irgendwann schubste sie mich an. „Du musst schon die Tür aufmachen, wenn wir rein wollen.“ Als wir kurz darauf drinnen waren, fiel sie geradezu über mich her. Sie zerrte an meinen Sachen, zerriss mein T-Shirt, da ich in Zivil unterwegs war, und biss mir in die Schulter. „Wow, Betty-Baby, ganz ruhig.“ „Halt die Klappe, fick mich!“ Das war ganz sicher nicht die Betty-Sue, die ich kannte. Nur leider konnte ich in dem Moment selbst nicht richtig denken. Stattdessen drückte ich sie nur auf meinen Küchentisch, schob ihren Rock hoch und ihre Unterwäsche zur Seite. Das ganze kam einer Vergewaltigung schon sehr nahe; doch belegten die Kratzer auf meinen Oberarmen und meinem Rücken, dass sie nicht sanfter mit mir umging. Danach schob sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich erwartete irgendwie, dass sie ein Reueanfall überkäme. Als der jedoch ausblieb, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. „Betty, mh, das eben...“ „Ach Flint, das war doch nur Sex. Reg dich nicht so auf.“ „Aber... was ist mit Gott und all dem Kram?“ Ich stammelte nur vor mich hin. „Ach das. Meine Güte, wenn Er mir nur wegen ein bisschen Spaß mein Seelenheil aberkennt, dann kann Er kein sehr netter Gott sein, oder?“ Ich war viel zu baff, um ihr etwas entgegenzusetzen. „Na gut, ich sollte auch mal nach Hause, meine Eltern warten. Denen solltest du das übrigens nicht auf die Nase binden. Ciao, Flint.“ Sie war verschwunden, ehe ich noch etwas sagen konnte. Aber irgendwie ließ mich das noch recht kalt, denn ein Wort hatte meine Aufmerksamkeit erregt und brachte mich dazu, noch stundenlang auf der Couch zu grübeln.
Seelenheil.

4

24. Mai 1987, Cattlecox
9 Uhr

Frau im Koma
-Heimfahrt endet im Desaster -

Gestern Abend endete die Heimfahrt von einem Konzert für sechs Menschen im Krankenhaus.
Die Fahrer zweier Wagen lieferten sich ein Wettrennen, welches in einem Zusammenprall endete. Einer der Wagen rammte zusätzlich noch einen Hydranten. Die Beifahrerin dieses Autos wurde gegen die Frontscheibe geschleudert und liegt nun mit inneren Verletzungen im Koma. Die Ärzte sind jedoch zuversichtlich, dass sie überleben wird. Mit welchen Spätfolgen die 24-jährige Frau zu rechnen hat, sei aber noch unklar.​


St. Louis Express

Aus einer dunklen Ahnung heraus hatte ich mir die Zeitung aus St. Louis besorgt.

5

05. Juni 1987 Cleveland
14 Uhr

Inzwischen war ich mir sicher, dass mit diesem Mister Videl und seinem Chor etwas nicht stimmte. Ich hatte es in den Nachrichten verfolgt. Egal wo dieser Chor auftrat, danach passierte immer etwas. Und eben diese Tatsache hatte mich heute nach Cleveland und in dieses verfickte kleine Motel gebracht. Fürs erste würde ich mich noch ein paar Stunden aufs Ohr hauen, dann zu dieser Aufführung und danach, oh ja, danach würde ich mir diesen Videl schnappen. Ich schlief bis fast halb sieben abends, hetzte beim Anziehen und stolperte zum Konzert halb in den Saal, da ich reichlich spät dran war. Doch ich konnte aufatmen, bisher waren weder Videl noch seine kleinen Stars hier.
Ich saß keine zwei Minuten auf meinem Platz, als die Türen erneut aufflogen. Diesmal waren es meine Freunde. Videl kam dem Anlass entsprechend im Anzug, seine kleinen Schützlinge trugen feierliche Roben wie im Kirchenchor, auch wenn sie nie von sich behauptet hatten, das zu sein. Die roten Tuniken standen in Kontrast zu dem blonden Haar. Und ihre Augen strahlten verschwörerisch, blitzten jeden am Gang an, während sie langsam und natürlich lieb lächelnd voranschritten. Die Frau neben mir atmete schwer. Mein Gott, die hatten doch noch nicht mal angefangen, ihre Show abzuziehen. Dann ging mein Blick allerdings kurz in ihre Richtung. Sie war hochschwanger und streichelte sich über den Bauch. „Ma'am, ist bei Ihnen alles in Ordnung?“, fragte ich sie. „Oh ja, alles klar. Das sind nur kleine Vorwehen, die hatte ich auch schon bei meiner Tochter. Das geht vorbei.“ „Gut. Wenn es nicht gehen sollte, sagen Sie es mir, ja?“ „Dann werde ich mich schon bemerkbar machen. Danke.“ „Gut.“ Unsere Unterhaltung wäre so oder so unterbrochen worden, denn vorne hatten sich die Hauptpersonen des Abends in Position gestellt. Diesen Teil kannte ich ja nun zur Genüge, aber ich achtete trotzdem – oder gerade deswegen – auf jede Kleinigkeit. Unglücklicherweise fiel mir nichts Verdächtiges auf. Aber wie sagt man so schön? Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. So schien es mir zu gehen; irgendwie mussten sie die Leute hier beeinflussen, sie so einer Art Massenhypnose unterziehen. Blieb dann nur die Frage: War auch ich schon in ihrem unsichtbaren Netz oder hielt mich mein ständiges Grübeln davon ab, mich zu weit auf ihre Show einzulassen? Oder wollte Videl...
Ein schmerzhafter Druck an meiner Hand riss mich völlig und abrupt aus meinen Theorien. Ich schaute auf meine Finger, um den Grund herauszufinden, und sah die Hand meiner Sitznachbarin sich wie einen Schraubstock um meine zusammenziehen. „Was ist denn los?“ Ich flüsterte, hatte damit gerechnet, dass sie vor Schmerzen eher schreien würde, denn ihr liefen bereits kleine Tränen über die Wange. Doch zu meiner Überraschung zwang sie sich, auch leise zu reden. „Meine Fruchtblase ist geplatzt. Und das hier sind keine Vorwehen mehr.“ „Okay, ich bringe Sie ins Krankenhaus, ich bin von der Polizei, ich komm ein bisschen schneller voran als wenn Sie im Privatwagen unterwegs sind. Und der Krankenwagen bräuchte auch erstmal eine Weile.“ „Soll mir alles recht sein.“ Also verschaffte ich uns Platz, damit wir aus der Menge zum Ausgang kamen. Niemand schenkte uns Beachtung, denn das Finale war in wenigen Augenblicken erreicht. Wir stolperten nach draußen – und mir wurde immer klarer, was für eine Kontrolle Videl doch hatte. Denn selbst ich hatte drinnen nichts gemerkt. Aber sobald wir nach draußen kamen herrschte ein riesiges Chaos. Es stürmte und goss in Strömen. Selbst wenn ich diesen Regen als einzigen Sturzbach beschrieben hätte, hätte ich noch weit untertrieben. Und das Heulen des Windes machte jeglichen Versuch zu reden zunichte. Verdammter Mist! Das hast du ja mal wieder bestens hingekriegt: Bei dem beschissensten Wetter des Jahres eine hochschwangere, in den Wehen liegende Frau spontan ins Krankenhaus fahren. Ich half ihr zu meinem Streifenwagen, das Mistding war inzwischen aus der Werkstatt zurück. Er stand seitlich der Konzerthalle.
Auf dem Weg konnte ich einen Blick in ein Seitenfenster werfen. Jetzt musste das Ende kommen. Und es kam. Ein Blitz machte den Platz für nicht mal eine Sekunde taghell; aber das reichte für Videl, um genau zu dem Fenster zu schauen, vor dem ich stand, und mich zu sehen. Für mich reichte es allerdings auch. Denn in eben diesem Moment konnte ich endlich einmal hinter die Fassade blicken. Diese kleinen Bastarde waren alles, nur ganz sicher keine Engel. Statt der strahlenden Locken hingen ihnen lange, fransige schwarze, teils sogar graue Haare über die Schultern. Die fröhlichen Roben waren plötzlich mottenzerfressene graue Fetzen, die man schlechtesten Falls als Putzlappen verwendete und bestenfalls einfach verbrannte. Und die Teufelsfratzen, die mich auf einmal anstarrten, werden mir vermutlich bis ans Ende meiner Tage Alpträume bereiten. Scheiße, ihre Augen waren weit aufgerissen und blutunterlaufen, die Lippen kaputt, Zähne verrottet und manchen lief ein Blutfaden aus Mund und Nase. Sie alle starrten mich böse an als versuchten sie, mich allein schon durch ihre Blicke zu töten. Dieser Augenblick brannte sich in mein Gehirn ein, auch wenn er nur diese Millisekunde gedauert hatte. Doch er hatte allemal gereicht, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass ich Videl und seine Höllenbrut aufhalten musste.
Das Wimmern neben mir holte mich in die Wirklichkeit zurück. Ich musste erstmal das hier regeln. „Warten Sie, ich helfe Ihnen.“
Der Weg zum Krankenhaus bereitete keine Probleme: keine Staus, keine anderen Zwischenfälle. Auch im Kreissaal lief alles super. Da Doreen, so hieß meine neue Bekannte, ihren Mann nicht erreicht hatte, war ich erstmal für sie da. „Danke, Ferg...“ „Bitte, Flint. Ich kann Ferguson nicht ausstehen.“ „Na gut, danke Flint. Sie sind ein Schatz.“ Ihr Dank ging so weit, dass ihr Sohn den Namen Flint bekam. Das war dann doch schon eine Ehre, immerhin etwas Positives an diesem verkorksten Abend.
Als ich dann aber aus dem Krankenhaus kam, verflog meine gute Laune binnen weniger Sekunden. An meinen Wagen gelehnt stand hämisch grinsend Videl. „Hallo, Sheriff Ferguson.“ „Flint, bitte.“ „Gut, Sheriff Flint also. Ich habe Sie heute in meinem Konzert gesehen. Wie schade, dass Sie schon wieder nicht bis zum Ende bleiben konnten. Sie verpassen immer das große Finale.“ „Ja, schade... Aber Sie sehen, auch ich bin ein viel beschäftigter Mann.“ Ich dachte mir, dass ich ihm nicht unbedingt auf die Nase binden musste, was ich von seiner scheiß Show alles gesehen hatte. „In der Tat. Erlauben Sie mir, Sie einzuladen. Wir werden in drei Tagen unseren bisher größten Auftritt haben, in New York. Eigentlich war der Madison Square Garden geplant. Aber durch eine glückliche Fügung des Schicksals können wir nun sogar im Central Park auftreten. So haben noch mehr Menschen die Möglichkeit, uns zu hören. Großartig, oder?“ Geradezu teuflisch gut, du Arschloch. „Das ist wirklich toll, Mister Videl.“ „Herzlichen Dank. Also, werden Sie unser Ehrengast sein?“ „Das soll was bedeuten?“ „Oh, Sie müssten sich zwar den Abend frei nehmen, würden dafür aber ganz vorne in einer kleinen Loge sitzen.“ „Ganz schön viel Aufwand für so einen kleinen Gesetzeshüter wie mich, oder?“ „Oh, keineswegs. Immerhin sind Sie der einzige Mann, der es in den letzten zweihundert Jahren geschafft hat, die Wahrheit zu sehen. Sie können mir gefährlich werden – und das lasse ich nicht zu. Jetzt glotzen Sie nicht so entgeistert, natürlich weiß ich, dass Sie uns vorhin gesehen haben. Also bis in drei Tagen.“ Ich wollte meine Waffe ziehen, doch er war bereits verschwunden, binnen weniger als einer Sekunde, ohne großes Puff, ohne kleine Rauchwolken, einfach weg. Das einzige, das in der Luft hing, war die leise Andeutung eines Schwefelgeruches. Aber den Schwachsinn konnte ich mir auch einbilden, immerhin hatte sich grad jemand vor mir in Luft aufgelöst. Da verlangt das Gehirn vermutlich nach solchen Assoziationen. Mein Blick schweifte über den Krankenhausparkplatz. Natürlich war ich allein. Klar, wenn so was passiert, ist man das ja immer. Sonst könnte einem doch tatsächlich jemand glauben. Aber warum schon? Ist doch viel schöner, wenn man glaubt, man verliert langsam den Verstand. Und das befürchtete ich gerade immer mehr, denn hinter einer Hausecke sah ich zum letzten Mal an diesem Abend einen von dieser verfickten Höllenbrut. Eins der Kinder starrte mich mit düsteren Augen an, beobachtete mich. Als ich zu einer Bewegung ansetzte, riss es seinen Mund, sein Maul, ach keine Ahnung wie ich das beschreiben soll, auf und fauchte mich an wie eine grätzige Katze. Die schwarzen strähnigen Haare waren das letzte, was ich sah, denn das Vieh verzog sich nicht so elegant wie Big Daddy, sondern rannte einfach weg.

6

06. Juni 1987, New York
18 Uhr

Morgens hatte ich mir in Cleveland noch schnell eine Zeitung besorgt und war dann nach New York geflogen. Jetzt hatte ich endlich die Zeit, mir die Nachrichten durchzulesen.


Messerstecherei fordert ein Menschenleben

Gestern Abend kostete die Debatte um ein Konzert einen jungen Mann das Leben. Er hatte mit seiner Verlobten die Vorstellung des Chors unter Leitung Mister Angelo Videls besucht. Danach ging das Paar in eine nahe gelegenen Bar, um nach Aussage der Verlobten „den Abend ruhig ausklingen zu lassen“. In der Bar fanden sich auch andere Konzertbesucher ein. Mit diesen diskutierte das Paar, als es zu Uneinigkeiten kam und einer der Gäste ein Messer zog. Er stach ohne Vorwarnung auf sein Gegenüber ein. Der junge Mann verblutete noch auf dem Weg ins Krankenhaus. Seine Verlobte steht mit einem Schock noch unter ärztlicher Beobachtung.
Mister Videl äußerte sich erschüttert über dieses Ereignis. „Man wünscht sich natürlich, dass die Musik die Menschen berührt, dass sie ins Gespräch kommen. Aber das? Niemand hätte so etwas erwartet oder gewollt. Ich bin zutiefst betroffen und möchte hiermit auch den Angehörigen mein tief empfundenes Beileid aussprechen.“​


Cleveland Morning News

Videl hatte es also geschafft: Der erste Mensch war heute Nacht gestorben. Und demnächst sollte er in New York auftreten. Klasse! Wer musste es verhindern? Meine Wenigkeit, genau. Der kleine Dorfsheriff. Bestenfalls würde ich belächelt werden, schlimmstenfalls... darüber wollte ich jetzt gar nicht nachdenken.

7

07. Juni 1987, New York City
13 Uhr

Seit gestern war ich wie blöd auf der Suche nach Infos über diesen verfickten Dreckskerl und seine Horde von kleinen Monstern. Scheiße, diese Viecher erinnerten mich immer an die Dinger aus „Kinder des Mais“ von Stephen King, die waren genauso gruselig.
Es hatte mich in die hintersten Ecke der Stadt verschlagen, ich saß in einem komischen düsteren Laden in Brooklyn. Aber ich fand, was ich suchte, zumindest wenn ich diesem reichlich obskuren Geschichtsbuch vor mir glauben sollte. Doch nachdem ich Videl und seine Kinder gesehen hatte, fiel mir das nicht mehr ganz so schwer. Immerhin hatte er von zweihundert Jahren gesprochen. Dieses Buch zeigte mir noch einiges mehr. Immer wieder wurde durch die Jahrhunderte hindurch ein Chor erwähnt, der sich langsam aber sicher einen Namen machte. Und dessen Auftritten immer neue Katastrophen folgten. Das ganze fing an, mit dem Ausbruch der Pest in Europa dokumentiert zu werden. 1346 war der Chor in Genua gewesen, kurz darauf brach die Pest hier aus. Und der Mistkerl war sogar auf einem Bild zu sehen. Er zog mit den Kindern über die Handelsstraßen weiter nach Norden. Nach jedem Auftritt in einer größeren Stadt verbreitete sich auch dort die Pest. Das ganze zog sich bis 1351 hin und reichte sogar bis nach Norwegen. Er hatte ganze Landstriche mit einer Spur des Todes durchzogen, die Bevölkerung dezimiert.
Größere Beachtung wurde dem Chor wieder zur Französischen Revolution geschenkt. Ihr erster größerer Auftritt fand 1792 statt. Es folgten kleinere, dann, direkt bevor „le terreur“ begann, ein weiterer großer in Paris. Danach kamen die Massenhinrichtungen. Mir wurde schlecht, als ich einen Henker auf einem Bild erblickte, der Videl mehr als ähnlich sah.
Nach seinem Beutezug durch Europa schien er in den USA angekommen zu sein. Jedenfalls fand ich Hinweise auf ein großes Konzert direkt vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges 1860. Verdammt, selbst hier hatte sich dieses Arschloch auf das Bild von einem Schlachtfeld geschlichen – als Sanitäter!
Ich blätterte weiter und fand meine Vermutung, dass es eben dieser Chor war, der einen Schatten der Verwüstung hinterließ, schriftlich formuliert vor mir. Tat verdammt gut, dass auch andere Leute so was dachten.
Dieser Videl... Moment mal. Gott, bin ich blind! Dieser Name allein hätte mir so was sagen können. Videl. Devil! Natürlich! „Scheiße, er gibt es sogar offen zu.“, murmelte ich vor mich hin, als plötzlich die Verkäuferin über meine Schulter schaute. „Ja, das tut er. Warum auch nicht? Niemand glaubt heute noch an so was, also kommt er damit durch. Hauptsache, die Leute verspielen ihr Seelenheil, dann wird er umso mächtiger.“
Es fiel mir wie Schuppen von den Augen. Genau das taten sie. Indem sie sich prügelten. Indem sie sich gegenseitig umbrachten. Indem sie... mit mir Sex hatten. Scheiße, Betty-Baby, tut mir leid.
In dem Moment hoffte ich wirklich, ihm gefährlich werden zu können, Höllenfürst hin oder her.

8

08. Juni 1987, New York City
19:30 Uhr

Jetzt stehe ich hier am Eingang zum Central Park. Meine Waffe kann ich ohne Probleme mit rein nehmen. Ich hab sogar den besten Platz schlechthin, um das Schwein zu erschießen. Aber wie würde das enden? Kann man den Teufel überhaupt erschießen? Würde ich nicht einfach nur im Knast, oder besser noch in der Todeszelle, landen? Konnte man das Schicksal der Menschheit, zum Verderben verdammt zu sein, ändern? Wollte ich dafür mein Leben in den Wind schießen?
Scheiß Teufel, scheiß Kinder!
Was würden Sie tun?

 
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Hey Flame!

Also, mir hat die Geschichte Spaß gemacht. Sicher, es sind noch unausgegorene Elemente drin; aber ich meine wirklich, etwas von dem Spaß abbekommen zu haben, den Du beim Schreiben hattest. Das hat mir gefallen. Also, auch wenn ich gleich romnöle: Auf jeden Fall weitermachen, am Ball bleiben, lesen, lesen. lesen und schreiben, schreiben, schreiben!

Der Flint, der ist schon ne coole Sau. Hat einen lockeren, mit ordentlich Flüchen gewürzten, Ton an sich. Ist ganz klar eine "Auf Nummer sicher"-Figur, mit der man nicht allzuviel falsch machen kann, aber herrje ... gerade am Anfang soll sowas erlaubt sein.
Einzig sein Alter ist so eine Sache. Dass er erst sechsundzwanzig ist, ließ mich glauben, dass Du noch recht jung bist - kann das? :) Lass ihn ruhig um die vierzig sein. Passt auch ...

Seine Betty-Sue hat auch gut Raum in der Geschichte. Lediglich ihre christenbedingte Enthaltsamkeit hättest Du schon früher einweben können. Das erwähnst Du erst kurz vor ihrem sexuellen Ausraster: "Dazu sollte ich vielleicht erwähnen, dass Betty-Sue streng katholisch erzogen worden war" - Sowas ist immer unschön. Bau das vorher irgendwo ein, und beleb damit die Figur. So wirkt es, als hätte der Autor seine Geschichte nicht im Griff, und müsste sich dauernd auf die Stirn schlagen: "Ach Mist, das hab ich ganz vergessen zu sagen!"

Ich Depp hab das Videl/Devil übersehen ... Ich hab sogar noch überlegt: "Deivl ... na ja, könnte hinkommen." :)
Ja, der war auch cool. In seinem Zimmer ist's zu warm - da weiß man als passionierter Leser sofort, was Sache ist. Das ist natürlich nicht so klasse; was ich aber eben doch klasse fand, war: Du hast da schon zeitig angefangen, ihn unheilvoll darzustellen. Klar: erstmal mit einem vertrauten Element (Hitze - Teufel), aaaber Du hast es gemacht! Die meisten Einsteigergeschichten verpuffen eben am Ende, weil aus dem Nichts so ein Videl auftaucht, ohne vorher eingeführt worden zu sein. Das war hier schon gut angedacht.

Der Aufbau hat mir auch gefallen. Man merkt zum Beispiel erst beim dritten Konzertbesuch, dass Flint immer kurz vor Schluss geht. Schon denkt man zurück: Stimmt, war ja beim ersten Mal auch so, da musste er ja auch früher weg. Und es macht Klick. Passt. :)

Leserfreundlicher gestalten könntest Du es allerdings, wenn Du mehr Absätze einbautest. Gerade der dritte Konzertbesuch mit der Schwangeren da, der liest sich anstrengend in dieser Blockform.

Nee, also für eine Einsteigergeschichte wirklich gut (ich hoffe, es war eine :D). Hat Spaß gemacht. Sprachlich, ah ja - stellenweise noch ein wenig zäh, aber bei der nächsten und übernächsten Geschichte wird das schon flüssiger. Wett ich für.

Nachdem ein Trinkgelage ausgeartet ist, ging es rund in Joey's Bar.
Joey Calvera, Besitzer der Bar, nannte es „ein Schlachtfest“. Ergebnis des ganzen
waren reichlich viele kaputte Tische und Stühle – sowie Joey's Schanklizenz. Unsere
Gemeinde ist daher nicht nur über die zwölf Beliebten Einwohner in Sorge,
die zur Zeit im anliegenden St. Johns Memorial Hospital versorgt werden,
sondern auch darüber, vorerst keinen Alkohol zu kriegen bis Joey seine
Lizenz ersetzt bekommen hat.
Erinnert mich an Manny Calavera.
Ja, die Namen ... die sind - wo wir eh schon in den USA sind, wage ich mal, das Wort zu verwenden -: Cheesy. Ferguson Flint, Walter DeBlanc, Joey Calvera, Betty Sue ... arrrh. Das sind Hollywoodnamen, die wirken etwas albern ehrlich gesagt.
Und dann: So schreibt keine Zeitung. Niemals! :)

Das war Walter, Walter DeBalnc, mein Deputy.
DeBlanc bestimmt

die mal wieder ihrer Sucht gefröhnt hatten
gefrönt

Doch das Telefon hielt mich von weiter Tagträumereien ab. Es war Betty-Sue, die mir tränen erstickt mitteilte
weiteren
mit tränenerstickter Stimme
oder so. Auf jeden Fall zusammenschreiben.

Als ich über die Türschwelle schritt, verspürte ich ein kurzes Unbehagen, schob dies aber auf das Truthahnsandwich aus dem Auto.
Nu ja, das ist sehr salopp und unbekümmert formuliert. Teufel - Truthahnsandwich ... Kann er's nicht auf was anderes schieben?

Und ich HASSE meinen Vornamen!
Warum? Laut Al Bundy ist die Ferguson die Königin der Toiletten. Ba-Wooosh!

Das volle Programm, das bei den Weibern zieht, aber doch nicht bei uns Männern.
Männer denken nicht viel, klar. Aber wenn wir denken, dann nicht sowas. Echt nicht! Streich das Kursive. :)

Mit seinen Worten sag das so aus
In seinen Worten klang das so fänd ich besser.
aber auf jeden Fall: sah

Gott Jungs, ward ihr voll!
wart

...die waren fast alle in Anzug da.
im

Leider hatte ich aufs falschen Pferd gesetzt.
falsche

... sondern nur Zufriedenheit, Die Zufriedenheit, alle hier im Raum zu erreichen ...
Nach der "Zufriedenheit" einen Punkt

Die Sachen zwischen uns war seltsam ...
Sache

dass sie einen Reueanfall überkäme
ein

um ihr etwas entgegen zusetzen
entgegen zu setzen
entgegenzusetzen

je nachdem

denn ein Wort hatte meine Aufmerksamkeit erregte und brachte mich dazu
erregt

Statt der strahlenden Locken hingen ihnen lange, fransige schwarze, teils sogar graue Haare über die Schultern. Shampoo hätte ihnen sicher nicht geschadet.
Naaa, mach datt Shampoo da weg! Da wird's gerade gruselig, und er scherzt da rum? Nee, das macht die Stimmung kaputt.

Der Weg zum Krankenhaus war auch voll in Ordnung.
Da klingt er auf einmal wie ein Sehchzehnjähriger. :)

Herzlichen Danke
Dank

Oh, keines Wegs.
keineswegs

Scheiße, diese Viecher erinnerten mich immer an die Dinger aus „Kinder des Mais“ von Stephen King, die waren genauso gruselig.
Hau wech, den Satz! Also, ich mag sowas nicht. Das ist so, als würde in "Kinder des Mais" stehen: "Die Kinder waren genauso gruselig wie die Zombies in den Romero-Filmen." Sowas empfinde ich immer als Fremdkörper.

Jau, das war's von mir. Ich fand's ... cool.

Bis denne,
Fisch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey!
Ja, danke für die Kritik. Also das mit den Rechtschreibfehlern seh ich ein. Ist schlecht, im Bett zu tippen. Zu manchen Sachen muss ich sagen, dass ich mich mit meiner Rechtschreibprüfung gezofft, dann aber auf sie gehört hab, aber was soll's.
Und ein Wort zu der Kritik an den Zeitungsartikeln: Der erste soll bewusst so schlecht geschrieben klingen, da es eine super schlechte Provinzzeitung darstellen soll. Ich hatte gehofft, dass man im Verlauf der Geschichte eine Steigerung der Qualität der Artikel bemerkt...
Naja, und die Namen...nun, ich hatte beim Deabttieren mit meinem Freund Spaß und sie sollen extra so absolut kitschig sein, viele Sachen sind bewusst überspitzt.
Aber nochmals, auch wenn ich grad etwas zurück maule, ich danke für die Kritik und werd es bei der nächsten Geschichte berücksichtigen. Und Schreibfehler werden so bald wie möglich korrigiert.

 

Hallo Flame!

Ui, das mit den Artikeln ist mir tatsächlich nicht aufgefallen. Gar nicht mal schlecht. Da zieh ich mein Genöhle doch glatt zurück!

Also das mit den Rechtschreibfehlern seh ich ein.
Ah ja, was heißt "einsehen" - sie waren halt da, ich hab sie aufgelistet, Du haust sie raus und gut is. War ja kein Vorwurf in der Auflistung. :)

Bis denne,
Fisch

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey!
So, ich hoffe, alle Rechtschreibfehler gefunden zu haben.
Ein paar der anderen Änderungsvorschläge hab ich auch umgesetzt, ein paar Sachen so belassen, da sie in meinen Augen einfach zu den Charakteren der Geschichte passen. Das die ganze Geschichte nicht super gruselig ist, dafür absolut klischeehaft, ist mir bewusst, aber gerade daher habe ich sie so geschrieben. Ich bin normalerweise auch kein Fan von Klischees, daher wollte ich sie hier einfach mal aufs Korn nehmen. Macht dann vielleicht ein paar Sachen verständlicher. Und an Fisch sei an dieser Stelle gerichtet: Schön, dass es Spaß gemacht hat, sie zu lesen, ich hatte den Spaß auch beim Schreiben, ja.
Dann noch eine kleine Anregung von mir: Meine Geschichte ist sicher eher eine Parodie als der Horror schlechthin, aber es ist auch schwer, sie in einer anderen Rubrik unterzubringen. Denn zu Satire passt es auch nicht richtig. Vielleicht wäre eine Rubrik "Parodie" gar nicht schlecht. Aber das klingt alles als wolle ich mich rausreden, will ich gar nicht. Stattdessen werd ich mich dann mal an einen neue Geschichte setzen, in der ich dann hoffentlich auch mit besserem Stil überzeugen kann. Eigentlich war ich in der Schule immer gut in Aufsätzen und so, da muss ich doch mal sehen, ob ich das noch richtig kann ;)

 

Hey,

also wenn’s dem Kollegen Fisch Spaß macht, dann muss ich das natürlich auch lesen. Kurz zu meiner Art zu kommentieren: ich les den Text und schreib meine Anmerkung, wenn ich welche habe, gleich hinein. Und am ende noch mal ein Fazit. Ist also so was wie live-kommentieren. Es ist alles nur meine Meinung, keinen Anspruch auf absolute Gültigkeit oder so was, alles ganz zivil.

Ergebnis des ganzen
waren reichlich viele kaputte Tische und Stühle – sowie Joey's Schanklizenz.
Die Logik des Satzes erschließt sich mir hier nicht. Das Ergebnis war Joey’s Schanklizenz? Sowie der Verlust von Joey’s Schanklizenz; hab gelesen: besonders grottiger Zeitungsartikel zu Beginn … auch keine schlechte Idee, aber so ein Satz ist unter realen Bedingungen ein „Ich klapp das Buch zu“-Grund und das kann kein Autor wollen.

, um zehn Uhr morgens bei fast dreißig Grad Celsius
Bitte in Fahrenheit! Geht nicht, dass Leute Betty Sue und Zeitungen Cattlecox Daily News heißen und dann in Celsius die Temperatur genommen wird. ;)

„Ach das... Ja, ich wurde angepiept, da ein Trucker ein Reh mitgenommen hat. Tut mir sehr leid.“ „Wenn die Pflicht ruft, kann man es Ihnen ja nicht verübeln.“ Na herzlichen Dank für das Verständnis!
Nach Sprecherwechsel Zeilenwechsel. Dadurch kriegen Dialoge eine ganz andere Dynamik. Ist wirklich so, gibt nicht einen Grund, der dagegen spricht.

Ich sag, es sieht aus wie ein Engel, Pete sagt es sei ein Kugelblitz, Harry hat es als Nordlicht bezeichnet.
Das geht alles besser. Also nimm’s mir nicht übel, aber das ist so eine Geschichte, da juckt’s mir fast in den Fingern, an jedem Satz noch bisschen nachzuschleifen. Das könnte alles dreckiger, genauer, härter sein.
Ich sag, es sieht aus wie ein Engel, Pete sagt, es ist ein Kugelblitz, und der alte Harry meint wirklich, das es das Scheiß Nordlicht ist.
So eine Kulisse, Südstaaten, New Mexico, das muss richtig Spaß machen, da deinem Sheriff durch die Straßen zu folgen. Aber irgendwie … mäh. Nachfeilen. Keine Angst vor markigen Sprüchen und Trash. Dann ist dieser Marty halt ein richtiger Redneck. Ich bin noch nie einem begegnet, 99% deiner Leser auch nicht, mach einen Billy Bob daraus!

Du klingst als hättest du immer noch die Hälfte des Alkohols intus.
Nee, klingt er eben nicht. Kein Besoffener mit Kater würde sagen: Harry hat es als Nordlicht bezeichnet. Es ist die Aufgabe des Autors ihn so sprechen zu lassen, als habe er die Hälfte des Alkohols noch intus.

[quote}, Betty-Baby, ganz ruhig.“ „Halt die Klappe, fick mich!“[/quote]
Kleiner Trick: Sowas vorher einführen.
Du schreibst hier (und behauptest das eben nur: Betty-Sue lässt ihn nicht ran. Zwei Zeilen später schreit sie „Fick mich.“
Hättest du schon irgendwo zwischen Kapitel 1 und Kapitel 2 in einer Szene gezeigt, dass Betty-Sue keusch ist; das dann irgendwo zwischen 2 und 3 nochmal erwähnt, dann würde das hier, dieses „Fick mich“ wirklich gut kommen! Dann wäre das ein richtig vorbereiteter Wendepunkt in der Geschichte. So ist es … naja, wenigstens traust du dich „Ficken“ zu schreiben. ;)

Die Zeitungsartikel … mäh. „Aus einer dunklen Laune heraus“ – und so …. Urks. Unglaubwürdig.

„Meine Fruchtblase ist geplatzt. Und das hier sind keine Vorwehen mehr.“ „Okay, ich bringe Sie ins Krankenhaus, ich bin von der Polizei, ich komm ein bisschen schneller voran als wenn Sie im Privatwagen unterwegs sind. Und der Krankenwagen bräuchte auch erstmal eine Weile.“ „Soll mir alles recht sein.“
Moah, das is auch so was. Er spricht die schwangere Frau völlig zufällig und unmotiviert an, während seine ganzen Gedanken um den diabolischen Chor kreisen; und zwei Zeilen später platzt die Fruchtblase … also, moooooooooah. Säen und ernten ist das Stichwort! Du säst und bückst dich im selben Moment schon, um zu ernten. Ist klar, dass dann das Zeuch noch grün is.

aber das reichte für Videl, um genau zu dem Fenster zu schauen, vor dem ich stand, und mich zu sehen
Das werden die Stellen sein, die Fisch Spaß gemacht haben. Wie in „Disturbia“ – wenn man zwei Sekunden nicht aufpasst, guckt David Morse irgendwen durchdringend an und hat ein Messer in der Hand oder einen Wagenheber, was weiß ich.

Als ich zu einer Bewegung ansetzte, riss es seinen Mund, sein Maul, ach keine Ahnung wie ich das beschreiben soll, auf und fauchte mich an wie eine grätzige Katze. Die schwarzen strähnigen Haare waren das letzte, was ich sah, denn das Vieh verzog sich nicht so elegant wie Big Daddy, sondern rannte einfach weg.
Öhm, hier der ganze Paragraph. Also daran muss dringend gearbeitet werden: Zeilenumbrüche! Um Gottes Willen. Nicht nur Leerzeilen setzen, auch Zeilenumbrüche! Furchtbarer Text-Beton wird sonst angerührt.

1346 war der Chor in Genua gewesen, kurz darauf brach die Pest hier aus. Und der Mistkerl war sogar auf einem Bild zu sehen. Er zog mit den Kindern über die Handelsstraßen weiter nach Norden. Nach jedem Auftritt in einer größeren Stadt verbreitete sich auch dort die Pest. Das ganze zog sich bis 1351 hin und reichte sogar bis nach Norwegen. Er hatte ganze Landstriche mit einer Spur des Todes durchzogen, die Bevölkerung dezimiert.
Boah ;) Also … jaaaaa, in einem ansonsten tollen Text, könnte man das jetzt als ironisches Augenzwinkern, als Verbeugung vor dem Genre verstehen, aber so … ist es schon Booooah

Ums Ende wird sich dann gedrückt, ja, mei. Da ist schon noch richtig viel im Argen, aber – ums positiv zu formulieren - auch richtig Raum nach oben.
Also aus dem Ding hier könnte man einiges machen, meld dich mal für so eine Copywrite-Runde an, oder man könnte das hier ja horror-intern machen, da ging einiges.
Die Idee mit dem Chor ist toll … dann halt Mister Videl, auftretende Gewalt, blutige Spur durch die Geschichte – Stephen King halt, Needfull Things.
Die Figur des Flint erstickt ein klein wenig in Klischees und komischen Zufällen (grad das mit dem Säen und Ernten würde den Text weit nach vorne katapultieren; stilistisch nicht ganz so albern und füllwortgefüllt, sondern auch mal klar und deutlich formulieren). In der Form war das für mich jetzt nichts tolles, so leid mir’s um das Setting und den Mut, so was auch mal zu schreiben, tut.

Gruß
Quinn

 

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