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Das Vorstellungsgespräch
Das Vorstellungsgespräch
Wartezeit
Linda war gegangen, ohne eine verdammte Nachricht zu hinterlassen. Das ist jetzt drei Tage her. Ich glaube immer noch dass sie zurückkommt, aber tief in meinem Inneren weiß ich, dass ich wohl bald von ihrem Anwalt hören werde.
Ich hatte nie Glück mit Frauen. Oder sagen wir so; ich hatte nie bei irgendetwas Glück. Alles was ich heute mein Eigen nenne, hab ich mir hart erarbeitet. Meine Eltern hatten nicht viel Geld und waren weder berühmte, noch einflussreiche Persönlichkeiten.
Ich habe fast jeden scheiß Job angenommen um mich über Wasser zu halten. Sagen wir so, ich bin nicht dumm aber leider auch keine Intelligenzbestie und habe weder Abitur noch Diplom vorzuweisen. Deshalb übte ich nie die wirklich angesehensten Berufe aus. Schrieb Bewerbungen, immer und immer wieder. Doch bekam ich, fast immer, die gleiche Antwort.
Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich die Absagen der Firmen ähneln. Als ob sie sich absprechen würden. Als ob sie ein und die selbe Firma wären... Absage nach DIN.
Vielleicht war Linda auch wegen meinem neuen Job gegangen. Es soll zumindest mein neuer Job werden. In zwei Tagen hab ich ein Bewerbungsgespräch an der Universität. Ich habe einen Tag vor ihrem Verschwinden die Bestätigung dafür erhalten.
„Kommen sie pünktlich. Wir brauchen hier zuverlässige, fleißige Leute. Keine faulen Drückeberger, die sich vor Arbeit scheuen.“
Ich soll dort, nun ja, Nachtwächter werden. Ich hab mich auch gefragt, wozu braucht eine Uni eigentlich einen Nachtwächter. Aber ehrlich gesagt ist es mir egal, Hauptsache ich hab Arbeit.
Ich fand die Anzeige im Internet, ziemlich versteckt und hab mir gedacht warum nicht. Es wird auch nicht schlecht bezahlt. So kann ich mir die Schlaflosen Nächte sinnvoll um die Ohren schlagen. Einen Kaugummi im Mund und einen Knüppel in der Hand, streife ich durch die Gänge wie ein Wild-West Cowboy. Das würde mir gefallen.
Ich will den Job.
Lind hat sich immer noch nicht gemeldet. Sie ist vier Tage weg. Ohne eine Nachricht.
Morgen ist mein Vorstellungsgespräch. Ich kann mir aber auch nicht, deshalb den Kopf verdrehen lassen. Ich werde heute Abend schön früh ins Bett gehen, um morgen pünktlich und ausgeruht in der Universität auf der Matte zu stehen.
Der Tag- X
Ich war überhaupt nicht ausgeruht. Konnte die ganze, verdammte Nacht nicht schlafen.
Mit dunklen Halbmonden unter den Augen, stand ich morgens, um kurz vor sieben auf und machte mir Rührei mit Speck. Ich wollte ein gutes Frühstück, ein kräftiges. Starker Kaffee, ohne Milch und Zucker und drei Scheiben Vollkornbrot.
Nachdem ich gegessen hatte, fühlte ich mich tatsächlich besser. Ich ging mich duschen und als ich meinen besten Sakko, vor dem großen Wandspiegel im Schlafzimmer anzog, stellte ich fest das ich übermüdet aussah. Kein Wunder. Linda war fünf Tage weg, ohne das ich wusste wohin und ich hatte gleich ein, für mich wichtiges Vorstellungsgespräch.
Albträume hatte ich die Nächte zuvor gehabt, unruhigen Schlaf. Das alles trug nicht gerade dazu bei, mich professionell aussehen zu lassen. Ich nahm mir vor, Nachmittags ein Fläschchen Baldrian zu kaufen. Schlimm genug dass es so etwas nicht in unserer Hausapotheke gab.
Obwohl ich noch viel Zeit hatte, fuhr ich um acht los, weshalb ich noch eine halbe Stunde im Wagen saß und einen Kaugummi kaute. Jetzt fehlt nur noch der Gummiknüppel, dachte ich und musste wahrhaftig lächeln.
Ich muss gestehen dass mich die Universität ein wenig einschüchterte an diesem Samstagmorgen. Sie lag schwer, zwischen den Eichen wie ein schlafender Bär. Ich stieg aus meinem Wagen und ging den gepflasterten Weg Richtung Eingang. Der Campus wirkte etwas gespenstisch, was wohl daran liegen mag, dass am Samstag, ganz einfach Totenstille herrscht.
Ich begegnete dem Hausmeister, der mich etwas finster ansah und zwei Dozenten, die beide fast die gleichen, braunen Tweed Jacken trugen. Ich fragte sie wo ich Professor Rohfelds Büro finden konnte, ich hätte bei ihm ein Vorstellungsgespräch. Sie gaben mir missmürrisch Auskunft und liefen weiter.
Nachdem ich die Treppen in den vierten Stock erklommen hatte, sah ich am Ende des mit sandfarbenem Linoleum ausgelegten Ganges, zwei Männer auf Stühlen sitzen, die in einer Reihe, gegenüber den Fenstern aufgestellt waren.
Der eine war relativ schmächtig, klein und sah, genau wie ich, übermüdet aus. Er hatte lichtes, schon ergrautes Haar, welches er sich von links nach rechts über den Kopf gekämmt hatte.
Im direkten Gegensatz dazu, sah der andere der beiden wie ein Hüne aus. Er war groß und kräftig. Vielleicht auch übergewichtig. Mit seiner Nickelbrille im Gesicht, sah er aus wie ein Lehrer, der es doch allzu schwer mit seinen Schülern hat.
Ich fragte sie, ob sie sich denn auch um die Stelle beworben hatten.
„Der Nachtwächter Posten?“, fragte der kräftigere der beiden.
„Ja,“, antwortete ich, „die Stellenanzeige im Internet, die so schwer zu finden ist.“.
Beide nickten. Der kleine saß unruhig auf seinem Stuhl und zappelte mit seinem linken Knie. Ob es daran lag, dass die Sitze so unbequem waren, oder ob er einfach nur schrecklich aufgeregt war, konnte ich nicht feststellen.
Nach einer Viertelstunde, öffnete sich die Tür links von uns. Professor Rohfeld trat hinaus. Er hatte ebenfalls eine grünbraun karierte Tweed- Jacke an. Sie hatte schwarze Flicken an den Ellbogen, was ihn ehr als Grundschullehrer, denn als Professor aussehen ließ. Er reichte uns die Hand und führte uns in sein Büro. Es roch nach Zigarren Qualm. Abgestanden und übelriechend. Ich erblickte sofort den Aschenbecher auf seinem Schreibtisch. Daneben stand ein Bilderrahmen. Ich konnte aber nicht erkennen, was sich darin befand, da er von mir abgeneigt stand. Wahrscheinlich war er dort mit seiner Frau, Kinder und Schäferhund abgebildet. Eine tolle Familie, ohne Makel.
Professor Rohfeld, zeigte auf die Stühle vor seinem Tisch. Wir nahmen Platz und er setzte sich uns Gegenüber. Wir warteten, während er sich eine seiner stinkenden Zigarren anzündete.
„Sie alle wissen hoffentlich dass es sich hierbei um einen besonderen Job handelt.“, begann er, während er uns drei musterte, “Wir müssen ihnen zu hundert Prozent vertrauen können, denn sie haben Nachts ein wichtiges Forschungsobjekt zu schützen. Sie sind nach zehn Uhr allein, abgesehen vom Hausmeister.
All dass, was wir hier bereden, soll nicht dieses Gebäude verlassen! Niemand soll wissen das sie hier gewesen sind. Keiner darf wissen dass sie hier Arbeiten. Verstanden?“
Wir nickten, leicht verwirrt über die Vorschriften die man uns machte, obwohl wir noch nicht lange hier waren und nur einer von uns den Job kriegen würde.
Rohfeld schob, für jeden von uns ein Blatt Papier herüber. Darauf stand: „Einverständnis“. Es gab zwei Linien zum Unterschreiben, mehr nicht.
„Damit stimmen sie dem zu, was ich gerade gesagt habe. Wenn sie nicht unterschreiben, müssen wir uns bereits jetzt trennen.“, sagte er mit seiner Zigarre in der Hand.
Er war aufgestanden und ans Fenster getreten. Der Rauch den er ausstieß prallte gegen die großen Scheiben und kam zurück, als wollte er den Raum nicht verlassen.
Ich war der erste, der den dazugelegten Kugelschreiber nahm und seine Unterschrift auf die zwei Linien setzte. Die anderen beiden taten es mir gleich.
„Wunderbar. Folgen sie mir bitte!“. Rohfeld schritt an uns vorbei zu einer eisernen Tür, links von uns, die so gar nicht zur übrigen Einrichtung des Zimmers passen wollte. Wir standen hinter ihm als er auf einen grünen Knopf drückte, der sich, in eine Sprechvorrichtung eingelassen rechts neben der Tür befand.
„Wir sind soweit.“, sagte er und kurz darauf wurde die Tür elektronisch geöffnet.
Wir saßen in einem kleinen Raum, der nur von einer Neon Röhre an der Decke erhellt wurde. Es stank. Mir kam das nun alles etwas spanisch vor. Das war kein Vorstellungsgespräche wie ich es mir vorstellte.
Ein großer Typ mit Zahnstocher im Mund, wohl ein Italiener stand an einer Tür gegenüber unseren Stühle und sah uns an. Professor Rohfeld war hinter dieser Tür. Er sagte wir sollten warten.
Als die Tür aufging winkte er den kleinen, dünnen zu sich, „Sie sind der erste.“.
Ich wollte Rohfeld noch fragen was dieses Spiel sollte, als er mitsamt Italiener, in der
Tür verschwunden war. Die Tür wurde verschlossen, was nicht zu meiner Beruhigung beitrug.
Der Italiener winkte den Lehrer Typ mit Nickelbrille zu sich. Er stand auf sah mich noch mal mit seinen warmen Augen an und ging durch die Tür.
Ich war der letzte.
Der Gang hinter der Tür war eng und stank noch erbärmlicher als der Raum davor. Es war duster aber man konnte noch genügend sehn.
Wir gingen in einen, wiederum verschlossenen Raum. Rohfeld saß mir gegenüber und rauchte.
„Wo sind denn die anderen?“, fragte ich ihn. Eine starke Unruhe stieg in mir auf.
„Dort hinter der Tür.“, sagte er mir und zeigte auf das schwere Monstrum rechts von ihm. Mir wurde bewusst das ich von mehreren schweren, für mich nicht zu öffnenden Türen umgeben war. Tief unter der Universität. Allein kam ich hier nicht raus.
„Antonio, hol sie!“, der Italiener kam hinter mir hervor und öffnete die Tür mit einem langen Schlüssel, den er, mit noch vielen anderen, an einem Eisenring befestigt hatte und ging hinein.
Er zog Linda hinter sich her und schmiss sie vor mich. Sie hatte die Kleidung an, in der ich sie fortgehen sah... und war an Beinen, Armen gefesselt und geknebelt. Sie war Ohnmächtig, wahrscheinlich unter Drogen. Mir wurde übel und ich wollte mich übergeben und gleichzeitig den Raum verlassen. Was mir von der Pistole, die mich aus der Hand des Italieners anstarrte, sehr schnell ausgeredet wurde.
„Was soll das? Was haben sie vor? Was tun sie?“. Ich bekam kaum ein Wort heraus; mein Mund war zu trocken.
„Wir tun hier unsere Arbeit, sehr gewissenhaft. Sie verstehen? Das ist der letzte Teil des Vorstellungsgesprächs. Wir wollen ihre Loyalität uns gegenüber prüfen. So etwas hab ich ihnen doch bereits gesagt!? Und sie haben unterschrieben, wissen sie noch?“, er setzte das schmierigste Grinsen auf was ich jemals gesehen hatte, dass man annehmen konnte ihm lief, in dem Moment, Öl in kleinen Rinnsalen aus den Mundwinkeln.
„Ihre beiden Mitbewerber sind ausgeschieden. Sie sind unsere letzte Hoffnung. Töten sie, sie!“. Mir wurde schwarz vor Augen angesichts dieser Forderung... Blieb mir denn einen andere Wahl? Es wusste niemand das ich hier war. Die anderen beiden waren wahrscheinlich bereits tot und mich und Linda würde man auch umbringen. Ich war der einzigste der dem entkommen konnte.
Es müssten an die fünf Minuten gewesen sein, die ich da stand und keiner im Raum etwas sagte... Entgegen der Ruhe arbeitete mein Gehirn auf Hochtouren, kam aber immer wieder zu dem gleichen Ergebnis. Es gab nur einen Weg...
„Und?“
„Ich mach es.“
Der Italiener warf mir ein Messer vor die Füße, die Waffe immer noch auf mich gerichtet. Ich bückte mich, hob es auf und sah es an. Es war relativ neu, groß, glänzend und scharf.
Ich begann zu weinen.
Ich weiß nicht wie oft ich zugestochen habe. Nachdem ich zu Boden gesackt war und mich schluchzend über sie beugte, begann jemand zu klatschen und Rohfeld sagte: „Herzlichen Glückwunsch. Sie haben den Job. Sie sind unser Mann.“
Dann wurde ich bewusstlos...