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Das Wort
Das Wort
Durch die trostlose Landschaft ging er, wie sie ein Albtraum nicht öder hätte zeichnen können, sein Wort an der Leine. Da kamen zwei andere auf ihn zu, plötzlich waren sie da, woher sie kamen, war nicht ersichtlich, doch tat das was zur Sache?
Auch sie führten ihr Wort an der Leine, stolz blickend.
Als sie ihr Gegenüber sahen, wie es versuchte, sein Wort in den Griff zu bekommen, es zu bändigen, wie es immer wieder an der Leine riss, da lachten sie hämisch, feixten: „Schaut euch den einmal an! Wohl schlecht erzogen, dieses Wort!“ Dass sie dabei in die Leere sprachen, schien sie recht wenig zu bekümmern.
Mehr noch fühlten sie sich angestachelt, aufzutrumpfen. Der Eine ließ sein Wort springen, es allerlei Kunststücke aufführen, die es in all den Jahren mit großem Aufwand erlernt hatte. Auch der Zweite ließ sich nicht zweimal bitten, mit einer Handbewegung brachte er sein Wort dazu, sich in den Boden zu graben, wo es schon nach kurzer Zeit einen Goldbrocken fand und es seinem Herren brachte. „Er ist der Beste auf seinem Gebiet, zwei jahrzehnte lang ausgebildet von einem studierten Experten und Meister aus Venezuela.“
„Und wie sieht es mit dir aus? Was kann dein Wort denn so, wenn es denn einmal zufällig gehorcht?“, fragten die zwei Unbekannten.
„Mein Wort kann keine solch bewundernswerten Kunststückchen, ein paar kleine sicherlich, doch nichts so Beeindruckendes. Auch was seinen Instinkt für verborgene Schätze angeht, kann es leider nicht ansatzweise mithalten“, antwortete er.
„Wirklich bedauernswert. Ein Wort kann einem sehr viel Freude bereiten, doch du scheinst dich mit deinem nur abzuplagen. Wirklich sehr bedauernswert“, entgegneten die beiden.
„Oh, auch ich habe an meinem Wort sehr viel Freude, mehr wohl als ich an jedem anderen hätte.“
„Ach, und was hat dein Wort, was dir soviel Freude bereitet? Ich kann nichts sehen.“, fragte der eine der beiden Fremden. Höhnisch lachten sie auf.
„Es ist wahr“, sagte er, mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht.
Da wurden die zwei Unbekannten auf einmal bleich, blickten sich gegenseitig an und in diesem Moment waren sie auch schon verflogen. Ihre Wörter waren aufgebracht, sahen sich suchend um, rannten los, und waren kurze Zeit später schon am Horizont entschwunden.
„Seltsame Leute“, dachte er sich, und ging weiter, sein Wort an der Leine.