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Daunenjacken, Sprachkurse und andere sektenfängerische Methoden

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06.04.2003
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Daunenjacken, Sprachkurse und andere sektenfängerische Methoden

In Gedanken versunken stand ich an einer Fußgängerampel mitten in Hamburg. Rechts von mir die Davidswache. Ich fragte mich gerade, warum mein Auftritt bei der Dichterlesung im Molotow keinen so großen Anklang fand, da näherte sich mir eine billig geschminkte Dame in oranger Daunenjacke und sprach mich an:

“Hallo! Möchtest du mal mitkommen?”

Tausend Gedanken gingen mir durch den Kopf. Mitkommen? Wohin und wozu? Mal mitkommen und nie wiederkommen? Neulich war da doch etwas in der Presse: Da ist ein junger Mann einer fremden Frau mal so gefolgt. 3 Wochen später fand man seine Leiche in mehreren blauen Müllsäcken verteilt wieder. Mitkommen? Also nee, da hatte ich jetzt irgendwie nicht so große Lust drauf. Wo ich doch auch so allergisch auf blaue Folie reagiere.
Daß ich leichte Angst vor solchen Schreckensmeldungen habe, wollte ich ihr nicht gerade unter die Nase binden. Aber auf der anderen Seite wollte ich ihre nette Anfrage, welches Anliegen sie auch immer zu haben vermochte, nicht unwirsch ignorieren. Da ich ein höflicher Mensch bin, hatte auch diese Dame, und sei sie auch Jacqueline, der weibliche Ripper von St. Pauli, meinen kurzen Respekt verdient.

“Wohin denn?”, lautete also meine überaus geistreiche Antwort. “
“Auf mein Zimmer!”, sagte sie vielverheißend.
Ah, nee, das war mir jetzt doch etwas zu brenzlig. Ich hatte schon förmlich den Duft von ekligem Plastik in meiner Nase. Schleunigst mußte ich mir eine gelungene Ausrede einfallen lassen.
“Hmm… das geht mir zu schnell!”
“Genial”, sagte ich mir. “Jetzt gewinnst du Zeit. Wenn es wirklich der gesuchte Ripper ist, dann zeigst du ihr, dass du dich nicht überrumpeln läßt. Soll sie dir doch wenigstens erst Musterproben verschiedener Abfalltüten zeigen, damit du wenigstens selbst entscheiden kannst, ob ein ansprechendes Angebot dabei ist. Wenn nicht, sagst Du: Nee Sorry, ich stehe mehr auf ökologisch abbaubare Stoffe. Wenn schon sterben, dann mit Liebe zur Umwelt.”

Noch über diesen genialen Einfall sinnierend, schlug Jacqueline etwas neues vor:
“Na, wir können auch in eine Kneipe gehen… du bezahlst 30 Euro für mich!”
Das fand ich nett. Endlich mal eine Frau, die im Voraus ihren Mindestverzehr festlegt. Ungewöhnlich aber was neues.
Langsam glaubte ich, dass sie doch nur Gutes im Sinne hatte. Denn, erst 30 Euro bezahlen, nen netten abend haben, sich mit hochprozentigen Cocktails betrinken, um am nächsten morgen verkatert und irgendwie leicht zerbröselt und nicht mehr wissen, wo einem der Kopf steht, sich in einem Müllcontainer wiederzubefinden… welchen Sinn hätte das denn?

Weil ich schon immer gut darin war, falsche Absichten zu entlarven, fragte ich jetzt ganz geschickt: “30 Euro? Sind das besonders edle Müllsäcke, sind sie besonders groß? Hat Dieter Bohlen bei seiner letzten Zechtour darauf unterschrieben oder was?”
So, jetzt hätte ich Jacqueline in der Falle haben müssen, falls sie es wäre.
Aber sie antwortete nur verständnislos: “Häää? Was willst du?”

Ich sparte mir weitere Erklärungen. Die Angst vor Jacqueline war gewichen.

“Also willst du jetzt mit oder nicht?”, fragte die junge Frau in der orangen Daunenjacke.

“Laß mich überlegen. Eigentlich habe ich momentan gar keinen großen Durst. Und anderen Leuten beim Trinken zuzugucken, find ich auch unhöflich!”
Leicht stirnrunzelnd blickte sie mich an. “Du kannst ja auch was essen“, versuchte sie einen letzten Angriff.
“Ich hab auch keinen großen Appetit. Ach mann, sorry, ich kann nicht gut lügen. Ich find es zwar sehr süß, dass du gerade mich hier angesprochen hast, normalerweise schätze ich es auch, wenn Frauen die Initiative ergreifen und auf Männer zugehen. Ich finde es auch cool, dass du hier leicht fröstelnd an der Polizeiwache herumstehst und auf deinen Mr. Right wartest, aber leider bin ich es wohl nicht für dich. Schau dich mal um: hier laufen so viele knackige Kerle herum, da ist bestimmt der passende für dich dabei. Nur Geduld! Den Mut zum Ansprechen hast du ja schon!” Dabei klopfte ich ihr ganz wohlwollend auf die Schulter.
“Ähh… Spinner”, meinte sie als ich noch nett “Tschüß!” sagte.

Hmm…so viel wieder dazu, dass man nicht zu nett sein soll. Da unterhält man sich fünf Minuten mit einer fremden Frau, macht ihr Mut, und plötzlich sagt sie Spinner. Naja, so sehr schien sie es ja auch nicht auf mich abgesehen zu haben. Als ich mich noch mal aus sicherer Entfernung kurz zu ihr umdrehte, sah ich, wie sie sich schon an den nächsten heranmachte. Scheint doch sehr schlampig zu sein, die Frau. Na wie gut, dass ich nicht auf sie hereingefallen bin.

Doch kaum ging ich etwa 50 Meter weiter, wurde ich schon wieder von einer Frau in ähnlicher Daunenjacke, nur diesmal blau statt orange, angesprochen.
“Hey, Hase… bleib doch mal stehen!”
Wow, die sah sogar sehr hübsch aus, von der Bettkante würde ich die nicht unbedingt stoßen.
Hey, was geht denn in Hamburg ab? In der Fußgängerzone von Münster wurde ich nicht einmal von einer Frau angesprochen, es sei denn, sie wollte mir eine Versicherung oder ein Abo der FAZ andrehen. Langsam dachte ich ernsthaft darüber nach, nach Hamburg zu ziehen.
“Was gibt’s?”, fragte ich cool. Bloß nichts anmerken lassen und leicht desinteressiert wirken. Das hat schon immer gezogen.
“Na, bist du hier so ganz alleine? Hast du Lust was zu machen?”
“Na, was zum Beispiel?”, fragte ich keck.
“Was du willst! Griechisch, französisch… 50 Euro!”
“Ähm… Kannst du auch spanisch und japanisch?”
“Ja….”, sagte sie ganz selbstbewusst.

Ich fiel aus allen Wolken. Ein Sprachgenie macht nachts um kurz nach zwölf Werbung für Privatunterricht!
Sofort wurde ich stutzig. Die Sache klang nicht gerade koscher. Ich mußte schon wieder an Jacqueline denken.

“Find ich geil, dass du so sprachbegabt bist. Du, ich hab aber so viel um die Ohren. Mach doch mal nen Aushang am Schwarzen Brett an der Uni oder in der Bibliothek. Wirkt seriöser, meinst du nicht?”
“Naja, und außerdem dachte ich, du willst eventuell mit mir ein paar schöne Stunden verbringen. Dabei willst du nur Sprachunterricht geben. Schade!”, fügte ich hinzu und merkte, dass sich zum zweiten mal an diesem Abend ein Stirnrunzeln auf dem Gesicht einer Dame bildete.
Ich vermutete schon wieder ein “Spinner!” zu hören, da kam es noch schlimmer:
“Sag mal, willst du mich verarschen? Hau bloß ab, du Penner!”

Wieder so was. Grad noch freundlich um Schüler werben und bei Ablehnung so beleidigend reagieren….tststs…

Irgendwie hatte ich an diesem Abend ne tierische Anziehungskraft auf alles, was weiblich war und Daunenjacke trug, denn etwa 2 Minuten später, wurde ich bereits wieder Opfer dieser merkwürdigen Hamburger Spezies.

“Na mein bester, was machst du denn um die Uhrzeit noch hier?”, fragte die Frau in gelb mich, die sehr attraktiv, wenn auch wieder fies geschminkt, aussah.

“Och du, ich komme gerade vom Poetry Slam aus dem Molotow. Hab sonst nur in Münster da mitgemacht, aber nun wollt ich doch mal sehen, wie das so in Hamburg abläuft.”
“Sagt mir jetzt zwar nix, aber hört sich nett an.”
Die Dame war weniger aufdringlich als die ersten beiden. Noch spürte ich keine weiteren Absichten hinter ihren Fragen.
“Willst du mitkommen? Kannst mir ja auf dem Weg erklären, was man da so macht!”
“Will die auch nur das eine oder betreibt sie Sprachunterricht?”, fragte ich mich und zögerte noch, ob ich mich darauf einlassen sollte.
“Naja, aber bitte kein Griechisch, ja? Ich bin genervt, hab heute schon oft genug meinen Arsch hinhalten müssen.”
Sie fing an zu lachen: “Du bist ja süß”, säuselte sie.
Den Witz, den ich anscheinend gemacht hatte, hatte ich nicht ganz verstanden, aber weil ich sie auch ganz niedlich fand, gingen wir in ein komisches Hotel, wo lauter Daunenjacken in männlicher Begleitung ein- und ausgingen.
Jetzt wusste ich was los war: Das ganze ist also eine verschworene Sekte. Unter diversen Vorwänden, locken sie potentielle Mitglieder in ihre “Falle”. Ich wollte am liebsten wieder umdrehen, aber irgendwie wurde ich doch neugierig. Und mehr als Gehirnwäsche und einem Schuldgefühle einreden, konnten sie ja wohl auch nicht machen, oder? Schlimmstenfalls werde ich Zeuge Jehovas und stehe ab morgen mit dem Wachturm in der Fußgängerzone. Ach was solls?
Vielleicht bin ich was großem auf der Spur und kann bei SpiegelTV einen spannenden Insiderbericht als Aussteiger abliefern. Langsam wurde mir alles egal.

Sie ging mit mir auf ein Zimmer, verwöhnte mich sexuell und verlangte danach von mir 50 Euro (immer wieder dasselbe Geld und Sex, selbst Sekten werden nicht kreativer).
Ich bezahlte brav meine Mitgliedsgebühr. Sie wünschte mir noch einen angenehmen Abend und als sie die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, überkam mich ein ungutes Gefühl…
“Und was ist jetzt mit der Sekte? Bin ich bei euch aufgenommen?”, fragte ich.
Sie lachte, weil sie dachte, ich mache wieder irgendwelche Scherze.

Doch auf dem Weg aus dem “Hotel” kam ich mir extrem verarscht vor.
Wozu das ganze?

Erst als ich meinem Kumpel am nächsten Tag von diesem Ereignis erzählte, klärte er mich Tränen lachend auf.
Wie kann ich das auch als Münsteraner Landei wissen? Bei uns gibt es nur Sauna Clubs und dort würden hiesige Mädels in ihren Daunenjacken kurz vor dem Erstickungstod stehen. Kopfschüttelnd über die Hamburger Gepflogenheiten im Rotlichtmilieu, ergoogle ich die Sitten und Gebräuche in Thailand, wo ich bald Urlaub machen werde, damit mir nicht ähnlich peinliche Dummheiten wieder passieren.

 

Hey f1man,

deine Geschichte hat mir nicht so gut gefallen.
Sie bezieht ihren Witz einzig und allein daraus, dass der Prot all die Prostituierten immer wieder missversteht.
Und manchmal sind da ein paar sehr alte Kalauer dabei. Französisch, Spanisch - Sprachgenie zum Beispiel.
Das wirkt auf Dauer etwas ermüdend, zumindest ging es mir beim Lesen so.
Geschmacksache und so - gilt ja für Humor immer ganz besonders.

Aber soldie geschrieben.

Details:

Da isz ein junger Mann, einer fremden Frau mal so gefolgt.
ist und ohne Komma

“Jetzt gewinnst du Zeit. Wenn es wirklich der gesuchte Ripper ist, dann zeigst du ihr, dass du dich nicht überrumpeln läßt. Soll sie dir
Das hier hat mich verwirrt, da du es in wörtliche Rede setzt und somit hatte ich kurz den Eindruck, dass er es sagt, aber er denkt es bloß. Könnte man kursiv setzen...

In diesem Sinne
c

 

Hallo f1man,
mir hat die Geschichte sehr gut gefallen, du hast nen coolen Schreibstil.
Der Text war gut gegliedert und es hat Spaß gemacht ihn zu lesen,
dickes Lob!

mfg
pina colada

 

gähn.
Die nutten auf der reeperbahn kriegen 1oo mal am tag mit solchen witzbolden zu tun. Ansonsten schliesse ich mich chazar an. Eine geschichte, wo sich der prot wirklich als freier outet könnte viel lustiger sein.
na dann mal viel spass in thailand...

 

Hallo chazar, pina colada und peter,

ich gestehe selbst, daß ich nicht ganz glücklich mit der Geschichte bin. Ich meine schon ein paar gute Ideen verarbeitet zu haben, aber irgendwie fehlt noch der richtige Pepp! Vielleicht habt ihr ein paar Ideen?

Pina Colada: Danke für das Lob. Jetz muß mit dem "coolen Schreibstil", wie du sagst, nur noch ne coole Geschichte draus werden... hmmm....

 

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