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Dem Text annähern

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05.02.2014
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Dem Text annähern

Mich interessieren Schreibprozesse und ich wollte einmal in die Runde fragen; wie schreibt ihr einen Text?

Ist da eine Idee, die ihr Euch einfach notiert und überlegt ihr dann, wie ihr erzählt und in welches Geschehen ihr die Idee kleidet?
Oder schreibt ihr einfach die Geschichte, Anfang, Mitte, Schluss und guckt Euch dann an, was ihr gemacht habt?
Oder macht ihr es ganz anders? Wie?

Über Eure Erfahrungen bin ich dankbar.

Grüße, Nina

p.s.: Ich bin mir nicht sicher, ob die Rubrik die Richtige ist. Wenn das Thema nicht hier rein passen sollte, dann bitte verschieben. Danke.

 

Also bei mir fängt es immer an mit der Idee, die sich aus irgendeiner Situation im Alltag ergibt. Wenn die Idee sehr komplex ist, schreibe ich sie mir auf. Später möchte ich vielleicht einen Roman darüber schreiben, aber wenn man sich bestimmte Punkte nicht notiert, vergisst man sie irgendwann wieder. Außer man fängt gleich zu schreiben an, aber dazu komme ich gewöhnlich nicht.
Wenn die Idee klein genug ist, dass sie in eine Kurzgeschichte passt, denke ich oft mehrere Tage lang intensiv darüber nach. Ich stelle mir vor, was alles mit rein muss und vor allem in welcher Reihenfolge. Wenn ich alles klar vor Augen habe, juckt es mir regelrecht in den Fingern und ich fange an zu schreiben. Wenn ich alles aufgeschrieben habe, gehe ich es noch mehrmals durch, lese es wieder und wieder. Oft mit ein paar Tagen Abstand dazwischen, dann fallen einem immer wieder neue Dinge auf.
Bei meinem einzigen Roman, den ich bisher geschrieben habe, und immer noch schreibe (bin aber fast fertig :-)), habe ich mich erstmal mit der Snowflake-Methode, dem Inhalt angenähert. Allerdings nur bis zu dem Punkt, an dem ich jede einzelne Szene in einem Satz kurzfasse. Ich habe jede Szene auf eine Karteikarte geschrieben. Und dann habe ich angefangen zu schreiben. Die Karteikarten helfen mir, dass ich nicht den roten Faden verliere und ich nicht völlig an meiner ursprünglichen Idee vorbeischreibe. Ohne die Karten würde ich inhaltlich wahrscheinlich irgendwann ziemlich durcheinander kommen. Trotzdem schreibe ich manchmal etwas anders als ursprünglich geplant und die Geschichte entwickelt sich einfach...

 

Kurzgeschichten schreibe ich aus einer Eingebung heraus. Ich hab eine bestimmte Szene im Kopf und dichte den Rest drumherum. Geschieht meist völlig spontan und innerhalb weniger Stunden, dass die Geschichte vom Gedanken zum geschriebenen Wort wird.

Längere Geschichten fangen ähnlich an und ich merke erst beim schreiben, dass sie länger werden. Dann fange ich mit dem Planen an. Für längere Geschichten habe ich "Meilensteine", also Dinge, die in diesem und jenen Absatz passieren sollten - wie die aussehen, weiß ich zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht. Dialoge führe ich vor dem Niederschreiben mit mir selbst, um sicherzustellen, dass das Geschwätz glaubwürdig klingt.

Ich folge meist der Gärtnermethode beim Schreiben: Hau die Saat hin und schau, was draus wächst. Genug Fantasie hab ich. Mir ist nur wichtig, dass die Geschichten einen speziellen Aufbau haben:

Es beginnt mit ..., woraufhin ...., was dazu führt ...., woraufhin ..., was dazu führt ... Beliebig fortsetzbar. Solange eine Aktion eine Reaktion erzeugt, folgt eine organische und glaubwürdige Handlung. Es ist schwieriger, den Schlußpunkt zu finden, als das Schreiben an sich *g*

Wenn der ganze Mumpitz dann aufgeschrieben ist, kommt der Text für eine Woche in die Schublade. Danach betrachte ich die Geschichte nochmal mit genügend emotionalen Abstand, streiche überflüssige Stellen und straffe. Es ist schade, wenn man einen Witz oder eine Szene streichen muss, weil sie im Kontext mit dem Teil/Der Kurzgeschichte nicht funktioniert, aber da muss man durch. Verschwendet wird es nicht - gute Witze hebe ich mir z.B. in einem gesonderten Dokument auf, um sie später an anderer Stelle oder in einer anderen Geschichte zu verwenden.

Notizen lege ich mir nicht großartig an. Das einzige, was hier herumliegt, ist eine Karte meiner Welt, damit ich die Himmelsrichtungen oder Ortsbezeichnen nicht durcheinander werfe. Ich habe ein Charakterglossar, um mir wiederkehrende Figuren oder einprägsame Hänsel zu merken. Vieles davon ist in ständiger Änderung, weil ich gerne mit Persönlichkeiten herumjongliere - daher sind die Figuren, die in meinen hier veröffentlichten Kurzgeschichten auftauchen, in dieser Form nicht in meinem offiziellen Kanon.

Da Kurzgeschichten ein großartiges Werkzeug sind, um Figuren auszuprobieren, schreibe ich 2, 3 Kurzgeschichten, bevor ich mich an ein größeres Projekt setze, um mich mit den Hauptfiguren auseinanderzusetzen und ein Gefühl für sie zu bekommen. Wenn ich dann merke, dass mir die Figur auf der Schulter sitzt und kommentiert, wie ich sie schreibe, weiß ich, dass ich mich in den Charakter hineinversetzen kann. (Das klingt gruseliger als es ist. Nein, ich sehe diese kleinen Männchen nicht auf meiner Schulter sitzen! Das ist eine Metapher!)

Wenn ich dann alles habe, gehts ab. Dann setze ich mich hin und tippe, bis mir die finger glühen. Wenn ich einen Lauf habe, kommen in einer Woche schon gern mal ~150 Seiten zusammen.

Danach gehts ans korrigieren und drüberlesen, liegen lassen, nochmal von vorn und dann gehe ich den Leuten im Forum mit dem Unsinn auf den Sack!

 

Hallo Nina,

Kurzgeschichten beginne ich gerne mit dem Protagonisten. Manchmal habe ich auch nur einen "Geistesblitz", z.B. eine bestimmte Szene, oder dass in der Geschichte unbedingt Gegenstand X vorkommen soll. Ob der Gedanke dann auch was taugt, steht auf einem anderen Blatt ... :)

Ich versuche mir erst einen Protagonisten zu schaffen, der zu der Idee / dem Gedanken passt. Schliesslich suche ich für den Protagonisten einen Konflikt bzw. ein Problem; eine entsprechende Motivation, den Konflikt zu lösen; eine Aktion, die zur Lösung führt (oder vielleicht auch nicht); und schliesslich die Auflösung, bzw. das Ende. Im Optimalfall trage ich die Idee eine Weile mit mir rum - und irgendwann merke ich, ob das was taugt oder nicht.

Schliesslich verknüpfe ich all die Teile (Konflikt, Motivation, Aktion, Auflösung) zu einem Plot. Ich schreibe immer gerne erst eine Zusammenfassung der Geschichte, bevor ich sie definitiv niederschreibe (z.B. dann aus der Sicht des Protagonisten). So merke ich, wo Logikfehler auftauchen könnten und ich kann schneller und einfacher reagieren, als wenn ich die Geschichte schon geschrieben habe.

Dann schreibe ich die Geschichte, lasse sie eine Weile liegen und beginne mit der Überarbeitung ("der erste Entwurf ist immer Mist" - war bisher auch immer meine Erfahrung :D).

Liebe Grüsse
Raki

 

Bei mir geht es auch mit der allgemeinen Idee los, und meistens notiere ich die, weil ich mehr Ideen habe als Zeit zum Schreiben. Manchmal ist das bloß ein Halbsatz, manchmal ein paar Notizbuchseiten - die detailliert die Ideen auftauchen, ist sehr unterschiedlich. Die Notizen ergänze ich meistens, wenn ich bei den nächsten Schritten bin, weil mir dann oft noch zusätzliche Ideen kommen.

Der zweite Entwicklungsschritt sind die Figuren: Wem passiert die Idee, und wie finden die das, welche Perspektive funktioniert am besten, etc.

Wenn ich weiß, wer die Figuren sind, ergeben sich große Teile der Handlung oft von allein. Das ist dann der letzte Schritt vor dem eigentlichen Schreiben, zu überlegen, welche Szenen müssen in der Geschichte drin sein, wer ist dabei, und in welcher Reihenfolge passieren die.

Ich fange selten an zu schreiben, bevor ich nicht weiß, wie die Geschichte endet. Kleinere Szenen können sich beim Schreiben entwickeln, aber Anfang, Mitte und Schluss müssen in groben Zügen da sein - sonst ist mir die Gefahr zu groß, draufloszuschreiben und festzustellen, dass es doch keine so gute Idee war. :)

 

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