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Dennis und Evelyn
Evelyn atmete tief durch. Der Wind rauschte. Es schien, als wäre jegliche Sonne für immer verschwunden. Sie strich sich ihre Haare aus dem Gesicht. Es war kalt. Sie zog sich ihre Jacke nach oben, bis hin zum Hals. Die Blätter an den Bäumen bewegten sich. Evelyn wollte allein sein, spazieren gehen. Sich klar darüber werden, über einige Dinge. Sie musste an Dennis denken. Ihm war sie so vertraut. Er war der Mann, der sie liebte, so wie sie ist. Jetzt musste sie lächeln. Was war die Liebe bloß? Wieso fühlte man sich einem Menschen so hingezogen? Auf einmal blieb sie abrupt stehen. Ihr wurde schwindelig. Sie kneifte ihre Augen eng zusammen. Was war da? Dort drüben an der Parkbank! Evelyn hielt sich an einem Kastanienbaum fest. Ihr war nun warm. So warm, dass sie ihre Jacke aufknöpfte. Ihr Kopf wurde schwer. Keine zehn Meter war eine Parkbank. Sie sah einen Mann, groß, schlank, tiefbraune Augen. Kein geringer als Dennis. Aber er war nicht allein. Neben ihm eine langhaarige, blonde Frau, ähnliche Gesichtszüge wie er. Sie lächelte ihn an. Er lächelte zurück. Schließlich standen sie auf, sie umarmte ihn innig und gab ihm zwei Küsschen auf die Backen. Nun verschwand sie hinter den Bäumen. Evelyn musste sich zusammennehmen, nicht umzufallen. Der Wind blies heftiger, ihr Griff wurde stärker, um nicht den Halt zu verlieren. Schon hörte man die Rufe: "Evelyn! Wie schön, dich zu sehen! Ich wollte dich noch anrufen!"
"Ach ja? Wer war denn da diese Frau? Was habt ihr hier gemacht? Wieso habt ihr euch umarmt?"
"Evelyn, die Frau, die du da gesehen hast, die war..."
"Mir ist es egal, wer diese Frau war, ich weiß es ja sowieso schon!", schrie sie jetzt.
"Dauernd falle ich auf solche Männer rein, ständig!"
"Aber Evelyn, ich..."
"Aber weißt du, was ich mit solchen Männern wie du mache? Ich lasse sie im Regen einfach stehen!", brüllte sie ihn an. Ihre Augen funkelten vor Wut und Ärgernis. Der Wind machte seltsame Geräusche, und nur Dennis und sie waren im Park. Sie lief davon, Dennis ihr hinterher. Er kam sich auf einmal so klein vor.
"Warte doch, Eve!"
"Lass mich, ich kenne solche wie du!"
"Lass mich doch erklären, es ist alles nicht so wie du denkst, ehrlich nicht!"
Er überholte sie. Er keuchte heftig, so schnell war Evelyn gelaufen. Sie fühlte sich matt.
"Geh mir aus dem Weg!" befahl sie ihm.
"Evelyn.", er hielt sie an den Schultern fest und rüttelte sie. "Ich will dir erklären, was los ist. Diese blonde Frau..."
Sie riss sich aus seinen Händen, schaute ihn hasserfüllt an. "Ich will es nicht wissen!"
Sie ging mit schnellen Schritten aus dem Park. Er ihr wieder hinterher.
"Evelyn. Jetzt bleib doch mal stehen!" Er hatte inzwischen selber eine Wut, die er sich nicht erklären konnte. Er liebte Evelyn doch! Wieso hörte sie ihm nicht zu?
Es tröpfelte. Beide standen sie da nun, beide voller Wut und doch Liebe, beide wollten anfangen zu reden.
"Hör mir zu, Eve. Das da von vorhin, die blonde Frau, mit der ich mich getroffen habe, das war..."
"Ich weiß es doch schon! Ich weiß es! Wieso gehen Männer so oft fremd? Und warum immer passiert mir sowas?" schrie sie verzweifelt. Dennis drückte seinen Zeigefinger auf ihren Mund.
"Nein, Evelyn! Das war meine Schwester!", rief er energisch. "Ich habe sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen!"
"Aber...Dennis...Es...also..es tut mir leid, Dennis..." Tränen kullerten über ihre Nase.
"Ich liebe dich doch.", flüsterte er. Aber sie konnte es trotzdem hören. Er wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht. Der Wind fegte die Blätter vom Boden weiter. Es regnete.
"Ich gehe dir nicht fremd, Eve. Ich liebe dich so sehr, ich würde so etwas nicht tun.", erklärte er ihr.
Doch bevor sie etwas sagen konnte, waren beide in einem sanften, zärtlichen Kuss versunken...