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Der Arbeiter und der Kalif

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30.11.2005
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Der Arbeiter und der Kalif

Es trafen sich einst ein einfacher Arbeiter und der Kalif an einem kleinen Wasserloch, in einem Tal. Der eine war zu Fuß und trug grobe schwarze Kleidung, die von dem harten Marsch stark mitgenommen war. Der Andere ritt auf einer großen wohlgenährten, schneeweißen milchgebenden Kamelstute. Er trug feine, weiße Kleidung, an der keine Spur einer Reise zu sehen war. Sein Reittier war beladen mit prallen Wasserschläuchen und kostbarsten Handelswaren in großer Menge, unter denen auch die vielfältigsten Nahrungsmittel waren. An dem kunstvoll verzierten Sattel war ein weiter heller Sonnenschirm befestigt, der dem Reiter Schatten spendete.

Als sie beide an der Wasserstelle ankamen, rief der Reiter dem anderen zu: "Friede sei auf Euch!". Woraufhin dieser zurückrief: "Wie Gott will!", und "Auch auf Euch sei Friede, Barmherzigkeit und der Segen Gottes!" Daraufhin lief er zum Wasserloch kniete nieder, dankte Gott, trank ausgiebig und wusch sein Gesicht und seine Arme. Der andere sprang schnell von seinem Reittier ab, entnahm seinem Gepäck eine große gelbe Honigmelone, schnitt sie mit einem kostbar verziertem Dolch auf und trat damit voller Besorgnis auf seinen Bruder, und reichte ihm die süße Frucht, von der der Saft glänzend wie Gold herab tropfte. Der andere sagte: "Gott soll dich belohnen!", und dankte Gott abermals bevor er die Frucht aß.

Der Mann in den weißen Gewändern sagte: "bei Gott, zu dem wir alle versammelt werden, bist du unser Kalif?" Der Mann, der noch immer am Boden kniete, schaute lächelnd auf und erhob sich. Er war von tief schwarzer Hautfarbe und ihm fehlte der linke Nasenflügel. Er fragte den Mann in weißen Gewändern: "Bei Gott neben dem es keinen anderen Gott gibt, wer fragt nach dem Anführer der Gemeinde des Gesandten? Friede und Segen sei auf ihm“. Der Mann in den weißen Gewändern trug einen dichten, leicht geröteten Bart, von dem der Geruch von Moschus strömte, der die beiden Männer bald völlig umgab. Er antwortete: "Ich bin nur ein einfacher Arbeiter. Ich habe nichts gelernt also arbeite ich mit der mir von Gott verliehenen Kraft meines Körpers". Der Schwarze Mann fragte weiter: "Gehören dir all diese Güter?" und deutete dabei auf die reich beladene weiße Kamelstute, deren Höcker so voll waren, dass sie sich nicht sonderlich für das Wasserloch interessierte.

Als der einfache Arbeiter dies bejahte, fragte der Schwarze weiter: "Was bringt dich auf den Gedanken, ich könnte der Kalif sein?". Darauf gab der Mann mit der schneeweißen Kamelstute zurück: "Ich bin im Gebiet des Islam aufgewachsen und habe in meinem ganzen Leben keinen Menschen getroffen, der in einer erbärmlicheren Lage war als du. Meine liebe Mutter sagte mir, dass der Ärmste in unserem Lande nur unser Kalif sein kann“. Da erhob der Schwarze seine Arme, die von Narben bedeckt war und sprach: "Oh Gott! Dir gebührt alles Lob. Siehe, in deinem Land lebt der einfache Mann wie ein Fürst, und der Kalif wird an seinem erbärmlichen Äußeren erkannt".

Da wusste der Reiter, dass vor ihm der Kalif stand. Er nahm schnell seinen großen Turban vom Kopf und setzte ihn, aus Respekt, auf das staubige Haupt seines Anführers. Daraufhin warf er sich demütig, in Richtung Mekka zu Boden und weinte so sehr, dass seine Kamelstute nervös wurde, wobei er Gott für seinen Kalifen dankte.

 

Hintergrund

Der Hintergrund des Arbeiters ist, dass er von dem Ort wo er gearbeitet hatte nach Hause ging. Die Kleidung war seine normale Reisekleidung und die Sachen, die er bei sich hatte waren Geschenke für seine Verwandten und Freunde. Der Kalif war unterwegs mit einer kleinen Gruppe von drei Männern, um einen Streit zwischen zwei benachbarten Nomaden-Sippen zu schlichten. Auf dem Weg zum Treffpunkt wurden sie aber von einem der beiden Sippen aus einem Hinterhalt angegriffen wobei zwei der Männer des Kalifen tödlich verletzt wurde. Der dritte Mann wurde ebenfalls stark verletzt. Die Angreifer konnten zwar in die Flucht geschlagen werden, aber dabei verloren sie alle Reittiere bis auf eins. Der Kalif befahl dann, dass der verletzte Mann mit dem Reittier zur anderen Sippe reiten sollte, die in der Nähe war, um seine Wunde zu versorgen. Danach sollte jemand zurückkommen um ihn abzuholen. Doch als nach einem Tag niemand kam machte sich der Amir alleine zu Fuß auf den Weg zur nächsten Siedlung.

Dies ist eine erfundene Geschichte, hätte sich aber so, oder so ähnlich abspielen können.

 

Hi maler_74!

Hm, gar nicht so leicht zu beurteilen. Auf jeden Fall ist das eine gut erzählte Pointengeschichte. Die ersten beiden Absätze bin ich glatt drauf reingefallen, und beim dritten dachte ich, du hättest dich vertippt. Aber dann dämmerte mir, worauf du hinauswolltest. Gut gemacht! :thumbsup:

Was die Glaubwürdigkeit des Textes angeht: Da lass ich mir von dir nix erzählen. :D
Ich meine, der Spruch "Meine liebe Mutter sagte mir, dass der Ärmste in unserem Lande nur unser Kalif sein kann“ scheint zwar zu erklären, warum der Arbeiter den Kalifen erkennt, aber was glaubst du, wie viele Hungerleider in der Wüste herumgelaufen sind zu der Zeit, in der die Geschichte vermutlich spielt? Da muss der Arbeiter aber ein unheimlicher Trottel mit einem Schweineglück sein ...
Und dass ein einfacher Arbeiter es sich leisten konnte, seine Verwandten und Freunde so reich zu beschenken, das ist mir, na ja, schon ein wenig suspekt.

Außerdem spricht es nicht gerade für eine Geschichte, wenn der Autor meint, sie in einem Extraposting erklären zu müssen. Eigentlich wird sie dadurch kein bisschen plausibler, und die wichtigen Einzelheiten hättest du auch im Haupttext selbst unterbringen können.

Insgesamt kann ich auch die Aussage nicht besonders ernst nehmen: Seht her, wir Muslime sind alle gleich und behandeln uns wie Brüder, unabhängig von der sozialen Stellung.
Was der Leser zu sehen bekommt, ist eine harmoniesüchtige, entsetzlich rührselige Idylle, wo die Menschen für jeden Satz eine religiöse Einleitungsformel brauchen und anfangen zu weinen, wenn sie mal dem großen Kalifen aus der Patsche helfen durften.
So etwas ist eine echte Streicheleinheit für die Seele des Islamisten, aber bestimmt nichts, was einen westlichen Menschen nachdenklich machen könnte.

Ein paar kleine Fehler sind auch drin:

Der eine war zu Fuß, und trug grobe schwarze Kleidung, die von dem harten Marsch, stark mitgenommen war.

Zwei Kommas müssen weg.

Sein Reittier war beladen mit prallen Wasserschläuchen und kostbarsten Handelswaren, in großer Menge,

Das Komma auch.

An dem kunstvoll verzierten Sattel, war ein weiter heller Sonnenschirm befestigt,

Hier ebenso.

"Friede sei auf euch!".
"Auch auf euch sei Friede, Barmherzigkeit und der Segen Gottes!"

Die respektvolle Anrede wird groß geschrieben, genau wie das "Sie".

"Ich bin im Gebiet des Islams aufgewachsen und habe in meinem ganzen Leben keinen Menschen getroffen, der in einer erbärmlicheren Lage war, als du.

Wieder ein Komma zu viel. Das s muss weg, weil die Vokabel "Islam" meines Wissens zu denen gehört, bei denen man keine s-Endung verwendet.

Ciao, Megabjörnie

 

Danke für deine Berichtigung.

Die Geschichtsbücher, werden immer von dem Sieger geschrieben.

 

Es fällt bestimmt schwer daran zu glauben, dass es eine Zeit gab, wo man arme Menschen SUCHEN musste, um ihnen zu helfen. Aber falls es so eine Zeit gegeben hätte, würden es dann diejenigen herausposaunen, die ihren Reichtum auf dem Rücken der Armen errichtet haben? Sie würden es nicht tun. Vielmehr lege es in ihrem Interesse, dass man eher eine negative Meinung von jener Zeit hat.

Wenn du mir unterstellst, dass ich an eine Verschwörung gegen den Islam glauben (der doch in Wirklichkeit so gut sein soll), dann solltest du wissen, dass es eine so große Menge an arabischen Geschichtsbüchern gibt, die in einer unglaublich akribischen und detaillierten Art und Weise von den Geschehnissen aus der Zeit von 600-900 n.Chr. in Arabien berichten, dass ich dir gleichermaßen vorwerfen könnte, du tätest dies als Verschwörung ab.

Das hierzulande, im Geschichtsunterricht, die Zeit von 600-900 n.Chr. mit einer Seite im Schulbuch abgehandelt wird, stelle ich dir positiv zugute.

Mit freundlichen Grüßen,

maler_74

 

Ich glaube, du hast mich nicht richtig verstanden. Ich kritisierte die Machart deines Textes, nicht die Intention dahinter.

Das Verhalten des Arbeiters ist unplausibel. Wenn es in dieser Region oft Stammesfehden gibt, dann dürfte es keine so große Seltenheit sein, dass ein versprengter Krieger durch die Wüste irrt. Und in diesem Fall hätte es ebensogut einer der Begleiter des Kalifen sein können.
Wie kommt der Arbeiter also auf die Idee, da müsste der Kalif vor ihm stehen? Ein geistesgegenwärtiger verirrter Wanderer könnte daraus doch sofort Kapital schlagen, und wenn der Arbeiter nicht dumm wie Bohnenstroh ist, sollte er sich das denken können, denn dafür muss man nicht gebildet sein, sondern nur ein Minimum an Menschenkenntnis besitzen.
Ferner ist der Dialog unnötig schwülstig durch die langen Einleitungsformeln bei jeder noch so kleinen Aussage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass damals wirklich so geredet wurde.

Die Rührseligkeit und die Harmoniesucht haben einen peinlichen Beigeschmack. So als ob mir einer auf kindlich-naive Art weismachen wollte, dass in der frühislamischen Epoche immer Friede, Freude, Eierkuchen war und ich das als vorbildhaft betrachten soll.

Und, na ja, glauben konnte ich die Aussage tatsächlich nicht, weil der Islam sich immer auch militärisch ausgebreitet hat und es in dieser Zeit ziemlich heiß her ging. Friedlich war Arabien noch nie, Stammesfehden an der Tagesordnung. Wie sollte sich da Wohlstand herausbilden?
Aber das ist eine Diskussion, die wohl besser im Kaffeekranz aufgehoben ist, weil sie weit über diesen Text hinausgeht.

 

Danke, dass du deinen Standpunkt nochmals klargestellt hast.

Hoffe man liest sich wieder.

grirzi

 

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