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Der Aufpasser
Sie war wieder mal eingeschlafen. Der Fernseher lief noch und sie lag auf der Couch, ihr Gesicht in die blauen Kissen gebettet, die sie sich vor ein paar Wochen gekauft hat. Ruhig und gleichmäßig ging ihr Atem. Dabei zuckten ihre Augenlider leicht, sie träumte.
Er wollte sie nicht wecken. War deshalb ganz vorsichtig im Flur mit den paar knarrenden Dielen. Die Haustür hatte er erst vor ein paar Tagen geölt. Jetzt würde sie nicht mehr aufwachen, wenn er die Wohnung betrat. Von der Wohnzimmertür aus, schaute er sie an und lächelte. Sie sah so friedlich aus, so ruhig. Ein Speichelfaden rann aus ihrem Mundwinkel, benetzte die Kissen. Sie schlief tief.
Er nahm die Decke, die am Fußteil der Couch auf den Boden gerutscht war und deckte sie ganz sanft zu. Er hätte sie wecken können, sie ins Bett bringen, das nebenan steht. Aber das wollte er nicht. Sie sollte schlafen. Ihre Tage waren anstrengend und sie brauchte ihre Ruhe.
Der Fernseher plärrte noch immer im Hintergrund. Er schaltete ihn aus. Es war Dienstag, sie war wohl bei ihrer Lieblingsserie eingeschlafen. Das tat sie fast immer. Er hatte gewusst, dass sie wahrscheinlich schon schlafen würde, wenn er käme. Er war trotzdem gekommen. Nur um in ihrer Nähe zu sein, nur um sie anzusehen. Manchmal glaubte er, dass er nicht mehr bräuchte, um wirklich glücklich zu sein.
Ihre Nasenflügel bebten leicht. Ihr sanft geschwungener Mund mit den vollen Lippen schien im Schlaf zu lächeln. Wohl ein schöner Traum, dachte er und setzte sich in den Sessel, von dem aus er sie anschauen konnte.
Wie gerne würde er sie in diesem Augenblick berühren, dachte er. Seine Finger über die Haut gleiten lassen, die so weich, so zart aussah, wie es nur Frauenhaut vermochte. Und sie roch stets so gut. Ihm fiel immer der Vergleich zur Frühlingswiese ein. Das hörte sich natürlich albern an und war es wohl auch, aber das war es, was er empfand.
Seine Finger ruhten in seinem Schoß, er verbot es sich, sie damit zu berühren. Sie würde aufwachen. Einmal hatte er es gewagt und da war sie ganz unruhig geworden im Schlaf. Dabei brauchte sie doch ihre Ruhe. Sie hatte einen anstrengenden Beruf. Sie musste viel schlafen. Deshalb genügte es ihm, sie anzusehen und nur manchmal, wenn er sich sicher war, dass sie wirklich tief schlief, mit seinen Fingern über ihr Haar zu streichen.
Vor fast sechs Monaten hatten sie sich kennen gelernt. Sie war wegen des Berufs neu in die Stadt gezogen. In die Wohnung, in der er jetzt saß. Die nur eine Straße entfernt war von der Videothek, in der er arbeitete. Dort hatte er sie auch zum ersten Mal gesehen. Sie liebte Filme. Sie lieh sich fast alle zwei Tage neue DVDs aus. Er erinnerte sich genau an das erste Mal. Es war Frühling gewesen. Einer der ersten richtig schönen Tage. Sie hatte einen Hut, mit einer angesteckten Blume, aufgehabt, einen etwas schlabberigen roten Pullover und Jeans getragen. Sie hatte sich die „Pride und Prejudice“ Verfilmung mit Colin Firth ausgeliehen. Er hatte sie gefragt: „Warum dieser Film?“. Das tat er manchmal, es interessierte ihn, warum Menschen sich bestimmte Filme ausliehen. Sie sagte ihm, dass sei ihr Lieblingsfilm und wenn sie ihn diesen Abend anschauen würde, dann würde sie sich in der neuen Stadt nicht mehr so alleine fühlen.
Nach diesem ersten Mal, war sie immer wieder gekommen. Meistens dann, wenn er seine Schicht hatte. Er arbeitete jeden Tag von Mittag bis um Mitternacht. Danach schloss er den Laden ab. Am Wochenende sogar manchmal erst um 01:00. Das war notwendig, wegen der vielen Männern, die sich noch Pornofilme ausleihen wollten.
Er liebte Filme ebenso sehr wie sie es tat. Er kannte fast alle, die der Laden im Sortiment hatte. Von Filmen hatte er wirklich Ahnung, sagte er immer stolz. Um sein Studium hatte er sich schon lange nicht mehr gekümmert. Vielleicht war er auch schon exmatrikuliert. Es interessierte ihn nicht mehr. Irgendwann hatte er die richtige Abfahrt verpasst und jetzt war dies hier sein Leben. Er war zufrieden.
Sie ließ sich von ihm beraten und er empfahl ihr sehenswerte Filme, die ihr gefallen könnten. Sie vertraute ihm und lieh sich immer die aus, die er ihr ans Herz gelegt hatte. Er lag fast nie daneben mit ihrem Geschmack.
Manchmal redeten sie auch. Als er ihr einen Film über einen Schlafwandler, der Morde begeht, empfahl, erzählte sie ihm, dass sie auch somnambul war. Das hatte ihn fasziniert. Sie schlafwandelte auch. Er fragte, ob jemand bei ihr sei, der dann auf sie aufpasste. Sie sagte, nein. Er hielt das für riskant. Aber sie hatte gelacht und gesagt, dass sie niemanden brauche, der auf sie aufpasse. Sie sei schon ein großes Mädchen.
Ein paar Tage später vergaß sie morgens auf dem Weg zur Arbeit ihre Handtasche in der Videothek. Sie hatte den Film vom Vorabend abgegeben und der Morgenschicht war die kleine braune Tasche nicht aufgefallen. Er fand sie am Mittag, als seine Schicht begann. Es war alles da, ihr Geld, ihr Ausweis, ihre Schlüssel und vieles von dem Kleinkram, den Frauen wohl immer mit sich herumtrugen. Er bewahrte die Sachen auf, bis sie am Nachmittag kam. Sie war erleichtert die Sachen wieder zu haben. Aus Dankbarkeit lud sie ihn zu sich ein. An diesem Abend kochte sie für ihn, dann schauten sie einen Film. Sie war in ihn verliebt. Er kam danach öfter. Um nach ihr zu sehen, um auf sie aufzupassen. Als Somnambule brauchte sie einen Aufpasser.
Und schließlich hatte er ja nun ihren Schlüssel.
Sie sahen sich aber nicht oft. Tagsüber arbeitete sie und den Abend über stand er in der Videothek. Es blieben für sie und ihn nur die wenigen Minuten, in denen sie einen Film auslieh und die Nachtstunden, die er bei ihr verbrachte.
Sein Magen knurrte plötzlich und er erschrak von dem Geräusch. Seine Gedanken waren kurz woanders gewesen. Er schaute auf die Uhr. Es waren zwei Stunden vergangen, er musste eingeschlafen sein, sie würde bald aufstehen. Das war ihm noch nie passiert. Was wäre gewesen, wenn jetzt etwas passiert wäre? Er musste doch auf sie aufpassen.
Er ging in die Küche, holte sich ein Stück Brot aus dem Brotkasten und etwas Käse aus dem Kühlschrank. Er musste vorsichtig sein. Nur nicht zu viel aus dem Kühlschrank nehmen. Sie mochte es nicht, wenn er bei ihr aß und er wollte sie nicht wütend machen. Sie sollte nicht denken, dass er sie ausnutzte. Das, was sie miteinander hatten, war zu wertvoll, als das er es an einer solchen Kleinigkeit scheitern ließ.
Zurück im Wohnzimmer schaute er sich um. Schaute auf das Regal an der Wand, auf dem ihre Überraschungseifigurensammlung stand. Dort standen auch seine Geschenke. Drei ganz seltene Figuren. Er hatte sie ihr gekauft und ins Regal gestellt, als sie mal wieder geschlafen hatte.
Sie hatte nie etwas dazu gesagt, sie vielleicht sogar noch gar nicht gesehen. Er erwähnte es auch nicht. Es genügte ihm zu wissen, dass sie dort standen. Irgendwann würde sie die Figuren entdecken und ihm danken. Diese Aussicht genügte ihm.
Sie bewegte sich im Schlaf, drehte sich um. Die Decke rutschte wieder zu Boden, ihr Oberteil verrutschte. Sie hatte zwei Leberflecken auf ihrer linken Brust. Das sah er zum ersten Mal. Sein Blick konnte sich nicht abwenden. Er liebte es, wenn sie sich auszog, wenn er ihr dabei zusehen konnte. Dann konnte es noch so kalt und unbequem sein, oder er noch so lange drauf gewartet haben. Die Momente, in denen sie ihre Kleider auszog, waren Feste. Er liebte es einfach sie dabei zu beobachten.
Ihr Körper war makellos. Seine Augen konnten sich nicht von ihm abwenden. Sie drehte sich wieder, ihre Hose verrutschte ebenfalls etwas. Ein roter Slip. Er biss abwesend in das Brot, krümelte auf den Boden. In seiner Hose war sein Schwanz steif geworden.
„Verdammt“, murmelte er und sammelte die Krümel vom Boden auf. Er war abgelenkt gewesen. Seine Finger fingen an zu schwitzen, er wurde nervös. Das Blut fing in seinem Schoß an zu pochen.
Er ging ins Bad. Er brauchte kaltes Wasser. Ihr Wäschebeutel stand dort. Wie konnte er das vergessen? Jetzt war es zu spät. Sein Blick wanderte auf das Höschen, dass oben auf lag. Ein Tanga, schwarz. Vielleicht hatte sie ihn gestern getragen, vielleicht sogar heute. Den konnte er nicht nehmen, es musste ein anderer sein. Sie durfte es nicht wissen, sie würde es nicht verstehen. Er griff tiefer in den Beutel, holte ein rosa Höschen hervor. Es war mit Spitze verziert, etwas verklebt im Schritt. Es war aus Seide, er liebte diesen Stoff. Seine Gedanken rasten. Er stellte sich vor, wie sie ihn trug, wie der Stoff sich an ihren Körper schmiegte. Er roch daran. Es roch nach ihr. „Nach Muschisaft und Urin, nach einer geilen Fotze, die darauf wartet von mir gefickt zu werden“.
Er konnte nicht anders, die Worte rasten durch seinen Kopf. Vielleicht schämte er sich sogar etwas. Aber es war zu spät. Das Tor war geöffnet. Seine Augen flackerten, seine Hand wanderte unter den Hosenbund. Sein Schwanz war so hart. Die Gedanken an sie, machten ihn so geil. Er wichste sich, schnüffelte dabei an ihrem Slip. Zärtlich leckte seine Zunge über den Stoff. Dieser herbe Geschmack trieb ihn an den Rand des Wahnsinns. Das Blut rauschte durch seinen Körper. Er ging ins Wohnzimmer zurück. Sie lag noch so da, wie vor wenigen Augenblicken.
Er setzte sich in den Sessel, öffnete den Reißverschluss seiner Hose, holte seinen Schwanz heraus. Mit fiebrigen Augen schaute er sie an. Worte wirbelten in seinem Kopf. „Ich fick dich, du Schlampe. Du verdienst es nicht anders, du dumme Hure“. Mit der rechten Hand wickelte er den Slip um seinen Schwanz, wichste sich wieder. Schaute sie dabei an. Gemurmelte Wortfetzen.
Sie durfte nicht aufwachen „Ich fick dich, du Fotze“. Sie brauchte ihre Ruhe „Ich spritz dir meinen Wichssaft in die Fresse und auf die Titten, du Schlampe.“. Er musste auf sie aufpassen, sie ist doch Schlafwandlerin.
Er sah sich als Reflexion im Wohnzimmerfenster. Sein Gesicht war verzerrt. Er zitterte. Seine Augen wieder auf sie gerichtet. Er unterdrückte das Stöhnen, das aus den Tiefen seiner Kehle aufstieg. Dann bäumte sich sein Körper auf, er spritzte sein Sperma in den Slip. Es dauerte nicht lange, dann sackte er wieder in den Sessel. Für Sekunden ließ er den Slip noch um seinen, schon wieder abschlaffenden, Penis gewickelt. Der Atem ging ruhiger. Dann steckte er den Slip in seine Hosentasche. Er würde ihn waschen müssen. Sie darf die Spermaspuren nicht finden, es würde sie nur aufregen. Das würde alles kaputt machen. Sie brauchte doch jemanden, der auf sie aufpasste. Sie brauchte ihn doch.
Beim nächsten Mal würde er ihn wieder mitbringen. Sie würde nicht merken, dass er fehlte. Sie hat noch nie etwas gemerkt.
Er schaute sich noch mal um. Keine Krümel mehr auf dem Boden, er war gründlich gewesen. Den Teller, auf dem das Brot lag, wusch er kurz ab und stellt ihn wieder zurück in den Schrank Ein letzter Blick in das Zimmer, in dem sie schlief, in den Flur. Bald würde sie aufstehen. Er hatte wieder auf sie aufgepasst und es gab nichts, was ihn verriet.
Als er im Treppenflur war, lächelte er und ihm fiel ein, welchen Film er ihr morgen empfehlen würde.