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Der Bienenbezwinger

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17.05.2005
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Der Bienenbezwinger

Es war ein heißer Sommertag, wie sie Martin dieses Jahr schon oft genug erlebt hatte. Martin mochte dem Sommer, er mochte es, wenn er morgens aufstand und die Sonnenstrahlen seine Stirn kitzelten, er mochte die guten Gespräche mit Freunden, wenn sie zusammen in der Eisdiele saßen und sich eine kleine Erfrischung gönnten und er liebte die unzähligen Stunden die er im Freibad oder am Strand des kleinen Badesees verbrachte, der garnicht weit von seiner Wohnung gelegen war.
Heute war wieder einer dieser Tage gewesen, wo er einfach nur enspannt und das gute Wetter genossen hatte, er lag in seinem Liegestuhl auf der Terasse und beobachtete, wie sein Schatten mit der Zeit länger wurde. Da störte ihn auch die kleine Biene nicht weiter, die seit einigen Minuten immer wieder einmal um ihn herumsummte und es sich ab und zu auf ihm gemütlich machte. Martin war keiner dieser Bienenphobiker, keiner von denen die beim Anblick der kleinen Tierchen Blut und Wasser schwitzten, keiner von denen die Angst hatten eine Biene könnte ihnen in den Rachen fliegen und dort boshafterweise durch einen Stich eine Schwellung verursachen, an der sie dann schliesslich ersticken würden.Er verließ sich einfach darauf, dass sie ihm nichts tuen würde, solange er sie auch in Frieden lässt. Das hatte bisher immer ganz gut funktioniert, wieso sollte es also nun anders sein.
Als er der Biene so zusah, wie sie vor ihm ihre Kreise zog, um wenig später auf seinem Bauch zu landen und ein wenig umherzukrabbeln, konnte er sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. Was für ein überaus dummes und bemitleidenswertes Geschöpf dies doch sein musste. Den ganzen Tag unermüdlich unterwegs, nur mit dem Ziel genügend Blütenstaub aufzutreiben, keine Möglichkeit mal zu entspannen, die Arbeit ruhen zu lassen und einfach nur faul in der Sonne zu liegen. Die Biene hob wieder ab, warscheinlich war sie inzwischen zu der Erkenntniss gekommen, dass auf Martins Bauch nichts nahrhaftes zu finden war. Sie flog an seinem Kopf vorbei und er hörte am leiserwerdenden Summen, dass sie diese Richtung weiter beibehielt und sich mehr und mehr von ihm entfernte. Warscheinlich besorgte sie sich noch etwas Nektar oder Pollen von irgendeiner Blume und kehrt dann zurück in ihren Bienenstock, um ihre Ladung abzuliefern.
Jaja, so ein Bienenstock ist schon etwas feines, die Pflichten sind gerecht und sinnvoll verteilt und jeder sorgt mit der Erfüllung seiner Aufgabe dafür, dass es den anderen so gut wie möglich geht, ganz so wie in einer harmonischen Familie.
Als Martin dieser Gedanke durch den Kopf schoss, verschwand das vertraute Lächeln aus seinem Gesicht. Er musste an seine Familie denken, wobei er sich oft gefragt hatte ob man diese stumpfe Wohngemeinschaft zwischen ihm und seiner Mutter überhaupt Familie hatte nennen können. Sein Vater hatte sie sitzengelassen als Martin 2 Jahre alt war, Martin hat ihn nie wirklich kennengelernt. Die einzige Erinnerung die er von ihm hatte, war ein kleines Foto, welches er einmal heimlich aus dem kleinen, braunen Schmuckkästchen seiner Mutter hatte mitgehen lassen. Soweit er sich erinnern kann war sie fast immer arbeitslos, vielleicht war das der Grund, weshalb sie regelmäßig Trost im Alkohol suchte. Bei ihm in der Familie sorgte sich keiner darum, dass es dem anderen besonders gut geht, dass immer genug zum essen im Haus ist.
So gesehen ging es so einer Biene ja garnichtmal so schlecht.
Irgendwie konnte Martin aber auch verstehen, dass seine Mutter nicht so gut für ihn sorgen konnte. Man nehme nur einmal die schon erwähnte Lebensmittelbeschaffung als Beispiel. Bis zum nächsten Supermarkt waren es zu Fuß 20 Minuten, ein Auto konnte sich seine Mutter nie leisten, und selbst wenn, wäre sie die meiste Zeit sowieso zu betrunken gewesen um damit fahren zu können, geschweige denn zu dürfen. Oft genug musste Martin nach der Schule den langen und ungemütlichen Weg zu eben jenem Supermarkt zu Fuß bewältigen, um sich und seiner Mutter etwas zum Mittagessen zu besorgen. Was hätte er damals nicht alles für ein Fahrrad gegeben, oder für die großartige Fähigkeit zu fliegen, wie Superman, welcher damals sein unangefochtener Jugendheld war, seit Martin sich das erste mal einen seiner Comics am Kiosk um die Ecke geklaut hatte. Oder genau so wie diese kleine Biene, die bis gerade vor ihm...
Moment mal, fliegen können die Viecher ja auch noch. Verdammt nochmal, habens die Biester gut.
Martin griff nach seiner Diet-Coke und nahm einen Schluck. Das Zeug hatte ihm nie geschmeckt, es war einfach nicht der echte und unverwechselbare Orginal-Colageschmack, an den er gewöhnt war. Aber seine Frau vertrat tatkräftig den Standpunkt er müsse endlich etwas gegen sein Übergewicht tun und auch von seinem Arzt bekam er ständig Vorträge, dass unbedingt einige Kilos runtermüssen, ganz davon abgesehen, dass Martin auch selbst dieser Ansicht war. Vorallem wenn er, nur mit einer Badehose bekleidet, im Freibad auf der Wiese oder am Strand des Badesees lag, war es ihm immer irgendwie unangenehm dick zu sein. Martin war immer Übergewichtig gewesen, schon in der Schule wurde er von seinen Klassenkameraden deswegen tagtäglich gehänselt. Sein Spitzname seit der dritten Klasse war Mugel - halb Mensch, halb Kugel. Er hasste diesen Witz, er hasste ihn noch heute.
Als Biene muss man sich mit soetwas sicher nicht herumschlagen, die sehen schliesslich alle gleich aus. Alle sind in gleicher Weise gelb-schwarz gestreift, alle haben ein Paar immer gleichgeformte Flügel und einen Stachel am Hintern und - vorallem - keine ist zu dick und unbeweglich, so dass sie sich ständig im Sportunterricht blamiert. Scheiss Viecher.
Er richtete seinen Blick auf eine Biene, die sich mittlerweile zu ihm gesellt hatte und wünschte ihr sie wäre Übergewichtig und plumb, so dass sie sich durch eigene Kraft mit ihren kleinen Flügelchen nicht mehr in der Luft halten konnte. Dann würde sie es nicht mehr bis nach Hause, in ihren scheiss wohlbehüteten Bienenstock, schaffen und hier auf seiner Terasse zugrunde gehen. Wieso auch nicht, den Bienen gehts ja ansonsten so fabelhaft, da wäre das doch nur gerecht. Für einen kurzen Moment sah man soetwas wie Neid in Martins Augen aufblitzen, während er seine Diet-Coke gemächlich wieder auf den kleinen Abstelltisch neben sich stellte.
Dann würde sie hier so liegen und im Bienenstock würde eine Arbeitskraft fehlen. Wenn ich so einfach nicht bei der Arbeit erscheinen würde, man, ich würde ziemlichen Ärger mit meinem Chef bekommen. Bei den Bienen würde das wohl anders ablaufen.
Die Bienen würden sich warscheinlich Sorgen machen um die eine Arbeiterin die nicht zurückgekehrt ist. Vielleicht würden sie nach ihr suchen und wenn sie dann schliesslich doch irgendwann zurückkehrt, würden sie sich freuen, dass sie wieder mit anpacken kann, um den Laden zusammen zu halten. Bienen können sich das einfach so erlauben, ganz ohne Konsequenzen, ohne Probleme mit irgendeinem Chef, der sowieso den ganzen Tag nur scharf darauf war einem die Hölle heiß zu machen. Diese Scheissviecher.

Es konnte doch nicht sein, dass man es als Biene so viel einfacher und besser hatte als als Martin, Martin der Mensch.
Martin kam es in diesem Moment vor als wäre er noch viel kleiner als die Bienchen, obwohl diese doch eigentlich viel schwächer und vermeindlich bemitleidenswerter waren als er. Er fühlte sich hilflos und unterlegen, und das machte ihn wütend. Seine Augen funkelten.
Er sah gerade noch wie sich die Biene auf seinem Bauch niederließ, ob es die von vorher war wusste er nicht, es war ihm auch völlig gleichgültig. Er hob seine rechte Hand, bevor sich sein ganzer, neiderfüllter Hass in einem schwungvollen Klatsch entlud. Volltreffer.
Die Biene hatte keine Chance, weder hatte sie Zeit noch einen rettenden Ausweg zu suchen, noch konnte sie einen der ihrer Art eigenen, schmerzhaften Stiche anbringen. Alles was blieb, war ein schmerzender, rötlicher Fleck auf Martins Bauch, in Form seiner Hand, mit einem regungslosen und entstellten Bienenkadaver irgendwo in der Mitte. Martin beförderte ihn mit einem abfälligen und leicht triumphierenden Lächeln im Gesicht mit einem gezielten Fingerschnipper auf den Terassenboden, dann stand auf und schlenderte langsam richtung Hauseingang. Beim Öffnen der Tür gab er diesmal besonders Acht, dass keiner der kleinen schwarz-gelben Brummer mit nach innen huschte. Danach manövrierte er direkt in die Küche und schmierte sich selbstzufrieden ein Honigbrot.
Wäre doch gelacht.

 

Ich wusste nicht so recht ob ich den Text in 'Gesellschaft', 'Seltsam' oder 'Experimente' posten sollte, also hab ich ihn einfach hier in 'Sonstige' erstellt.
Wenn er woanders besser passt, kann er natürlich gerne verschoben werden.
Mfg, the_user_within

 

Ich möchte dir nichts unterstellen, aber deine Geschichte erinnert mich sehr an "Der Bienenstich" eine Kurzgeschichte, aber ich weiß leider nicht, wer sie geschrieben hat.
So ne Mischung aus "Der Bienenstich" und ner Kurzgeschichte von R.L. Stine, nur da weiß ich den Titel nicht mehr.
Wie gesagt, will nix unterstellen.
Die GEschichte ist gut (Mugel ist sehr witzig)

 

Ich kann guten Gewissens behaupten, weder eine Geschichte namens "Der Bienenstich", noch einen Autor namens "R.L. Stine" zu kennen.
Das ist auch nicht weiter verwunderlich, da ich allgemein wenig lese und mich bisher mit dem Ganzen Themenbereich rund ums Geschichten lesen und schreiben sehr wenig beschäftigt habe.
Ich hatte einfach das Bedürfniss etwas zu Papier zu bringen, also hab angefangen zu schreiben, ohne mir über den Verlauf oder die Struktur der Geschichte großartig Gedanken zu machen. Was sich daraus dann schliesslich entwickelt hat, kann man oben nachlesen.
Es freut mich, dass dir mein kleiner Versuch gefallen hat, vielleicht spüre ich demnächst mal wieder den Drang in mir zu schreiben, und vielleicht mache ich mir dann auch im Vornherein Gedanken über die Grundstruktur, auf die ich dann meine Geschichte aufbauen kann, statt einfach wild draufloszuschreiben :)
Mfg, the_user_within

 

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