Der billige BMW
Es war ein kalter Wintertag. Mein Atem verpuffte in weißen Schwaden im grauen Morgenhimmel.
Der kleine Mann stand allein neben seinem Wagen auf dem Parkplatz in der Einfahrt des Gewerbegebiets. Ich hielt meinen neben dem seinen an. Ich stieg aus. Ein Pappschild lag auf seiner Kühlerhaube.
„5000 €, das ist aber billig“, meinte ich erstaunt.
„Der Wagen ist OK, erste Sahne“, entgegnete der Mann mit türkischem Akzent.
Ich grinste, denn ich hatte ja nichts kritisiert: „Schon in Ordnung… War es vielleicht doch die erste Generation mit dem Airbag, der ständig aufging?“
„Nein, nein“, protestierte der Verkäufer.
„War doch nur ein Scherz.“
„Ist ganz tolles Auto.“
„OK.“
„Sie sind interessiert?“
Ich fasste mir unsicher an die Nase: „Ja, das heißt nein. Ich komme morgen noch mal vorbei.“
„Morgen Auto schon verkauft!“, rief mir der Mann nach.
Am nächsten Morgen kamen wir noch vor dem Morgengrauen an.
Es war 4 Uhr 30, als der Fabrikleiter das Werktor aufschloss.
Hinter meinem Wagen fuhren die LKWs auf das Firmengelände.
„Nein, nicht Richtung Auslieferung“, wies ich die LKW-Fahrer an.
„Ja, wo denn sonst hin?“
„Zur Anlieferung“, kam mir der Fabrikleiter zur Hilfe, „da sind wir näher an den Maschinen dran.“
Die Werkhalle war hell erleuchtet.
Doch statt der Arbeiter waren Monteure an den Maschinen. Sie untersuchten die Fertigungs- und Produktionsmaschinen. Dort wo diese nur aufgedübelt oder angeschraubt waren, hatten die Techniker keine Probleme, die Maschinen von ihrem Fundament zu lösen.
Die E-Schrauber kreischten in der kalten Nacht.
Die Männer schnaubten und stöhnten.
„Schneller“, trieb der Fabrikleiter sie an.
„Hier entlang“, wies ich die LKWs ein. Die Kfz-Kennzeichen waren alle rumänisch oder bulgarisch.
„Wer sind Sie denn?“, wollte jetzt einer der Fahrer wissen.
„Mitglied der Geschäftsleitung“, erklärte ich in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete: „Machen Sie, was ich Ihnen sage, sonst können Sie direkt wieder das Gelände verlassen.“
„Is’ ja schon gut.“
Wummernd hob ein Gabelstapler die erste Maschine hoch. Er bewegte sie langsam schwankend zum offenen Verdeck des Lastwagens hin.
„Wir haben ein Problem“, rief ein anderer Monteur.
Ich lief herbei.
Der Mann zeigte auf den Stahlunterbau: „Eingegossen im Betonboden.“
„Schneidbrenner“, ordnete ich an.
Er nickte.
Der zweite LKW fuhr los.
Doch dann hörte ich die anderen Motorengeräusche.
Mehrere Autos bremsten scharf vor dem Hallentor ab.
„Mist, das sind die Gewerkschafter!“, rief der Fabrikleiter.
Der nächste LKW wurde aufgehalten.
„Sie haben eine Straßensperre gebildet.“
Ich hatte nur eine Frage im Kopf: „Gibt es auf dem Werksgelände einen unbeobachteten Ort, an dem man an den Gewerkschaftern vorbeikommt?“
Der Fabrikleiter verzog den Mund, sagte aber nichts. Er führte mich in den Hinterhof. An einer Stelle war der Gitterzaun zerrissen. Ich schob mich durch.
„Es ist besser, dass ich nicht dabei bin, wenn Sie mit den Leuten reden“, erklärte ich.
Er nickte stumm.
Ich ging über das benachbarte Feld, dann ganz um das Werksgelände herum. Dann sah ich das Feuer. Es würde keine Verhandlungen heute Morgen mehr geben. Die Gewerkschafter hatten zwei Autos vor der Fabrik angezündet.
Mein Vorstand würde die Gewerkschafter wegen Hausfriedensbruch und Brandstiftung verklagen.
Keiner hatte mich erkannt. Ich marschierte weiter. Der Parkplatz in der Einfahrt des Gewerbegebiets lag menschenleer vor mir.
Die Dunkelheit machte dem grauen Tag Platz. Dann kam er. Ich brauchte nicht lange zu warten.
„Sie wollen den BMW?“
Ich nickte und zog einen Kaufvertrag aus meinem Mantel: „Ich bezahle bar, und ich will 10 %, weil ich bar bezahle. Ich lasse Ihnen zehn Minuten, um diesen Vertrag zu lesen.“
Der Mann sah mich erstaunt an: „Aber gestern hatten Sie es nicht so eilig?“
„Gestern hatte mein Wagen noch keinen Versicherungsschaden“, sagte ich und blickte zum Werk zurück, von dem dicke schwarze Rauchschwaden der brennenden Autos aufstiegen.