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Der Dämon und die Rose

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08.12.2005
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Der Dämon und die Rose

Der Dämon und die Rose


Shinji hatte oft darüber nachgedacht, wie er es ihr sagen sollte. Seufzend liess er sich auf der Strohmatte nieder, die er vor sich ausgebreitet hatte, stützte seine Laute auf einem Knie ab und begann, gedankenverloren einzelne Saiten zu zupfen. Er spielte die Melodie des Rosenliedes, ihres Lieblingsliedes.
„Konoko...“
Nie hatte er sich so ratlos gefühlt, so unsicher. Was er zu tun hatte war eindeutig, er musste den Auftrag ausführen für den Ryu ihn geschickt hatte. Die Melodie des Rosenliedes erinnerte ihn an eine andere Rose, die Rose die der Mittelpunkt dieser Reise war...

***​

„Dies ist das Symbol unserer Familie.“
Ryu deutete auf seine Handfläche. Darin lag ein kleiner Gegenstand, eine kunstvoll verzierte Rose aus Messing. Ryu, Verwalter des Otugawa Anwesens in dessen Privatgemächern sie sich befanden, hatte sie anfertigen lassen. Er liess sich auf den Boden nieder und bedeutete Shinji es ihm gleich zu tun.
„Diese Rose wird sie bei sich tragen, wenn sie den Hof des Kaisers betritt. Diese Rose wird sie dem Kaiser überreichen, wenn sie ihm das Friedensangebot unterbreitet. Und diese Rose wird sein Ende sein.“
Ryu griff in seine Tasche und förderte ein kleines Fläschchen zutage, das eine grünliche Flüssigkeit enthielt. Shinji sah ihn an.
„Gift?“
„Richtig. Dieses Gift tötet in 24 Stunden und hinterlässt keine Spuren. Die perfekte Wahl, um den Kaiser endlich los zu werden und den Otugawa Klan zu seiner rechtmässigen Herrschaft zu bringen.“ Ryu lächelte. „Und du wirst uns dabei helfen.“
Shinji schwieg einen Moment und nickte dann. Das würde er.

***​

Wie einen Fluch spürte Shinji die kleine Ampulle in seiner Tasche. Dieses Gift würde tun wozu es bestimmt war und jeden töten, der die Rose berührte nachdem er es darauf gestrichen hatte. Und genau da lag sein Problem. Lange Jahre hatte er Leben genommen um selbst zu leben. Doch dieses Mal war etwas anders.
Shinji, der Dämon von Kagegakure, hatte sich verliebt.
Er wandte sich in Konokos Richtung und beobachtete sie, wie sie mit einem der Minister des Kaisers sprach. Der Minister war ein netter Mensch, etwas pummelig aber gutmütig. Er hatte ihn selbst kennen gelernt vor einigen Minuten und konnte nicht anders als ihn sympathisch zu finden.
Unvermittelt lachte Konoko und erwiderte etwas, was er nicht verstehen konnte. Aber das musste er auch nicht, ihr fröhliches Lachen reichte um ihm einen Stich zu versetzen. Bald würde sie nicht mehr lachen. Die Rose würde jeden töten, der sie berührte. Shinji schüttelte den Gedanken ab, raffte sich auf, legte seine Laute um und ging zu ihr.
„Entschuldigt, Konoko-San, ich will Eure Unterhaltung nicht stören aber unsere Audienz beim Kaiser findet in wenigen Minuten statt.“
Sie drehte sich zu ihm um, sah ihn an und lächelte. Dann nahm sie die Rose die er ihr entgegen hielt und bedankte sich. Der Minister deutete zu der Pforte, die den Garten des Kaisers mit seinem Palast verband.
Die Rose würde tun, wozu sie bestimmt war. Sie würde töten.

***​

Jetzt lag der Garten verlassen da, die Menschen die noch vor wenigen Minuten hier ihre Unterhaltung geführt hatten, waren fort. An einer Stelle war das Gras etwas platt gedrückt, hier hatte bis vor wenigen Minuten eine Strohmatte gelegen. Jetzt spiegelte sich etwas im Licht der Sonne. Wenn jemand näher getreten wäre um zu sehen was es war, hätte er bemerkt dass es sich um ein kleines Fläschchen mit unbekanntem, grünlichem Inhalt handelte. Es war nicht geöffnet worden.

***​

„Diese Rose ist das Symbol unserer Familie, des Otugawa Klans. Ich überbringe sie im Namen meines Vaters und als Friedensangebot zwischen unserem Land und dem Kaiserreich.“
Konoko kniete mit gesenktem Kopf vor dem Kaiser und hielt die Messingrose, Shinji als ihr Leibwächter neben ihr. Obwohl sie auf Waffen durchsucht worden waren, liessen die Wachen des Kaisers sie nicht aus den Augen, die Hände auf ihren Katanas und an den Griffen ihrer Bögen. Sie trauten ihnen nicht, das konnte er spüren.
„Zu recht“, dachte Shinji.
In einer Bewegung die zu schnell war als dass ein normaler Mensch reagieren konnte, riss er Konoko die Rose aus der Hand und warf sie aus einer halben Drehung auf den Kaiser, der fröhlich grinsend auf seinem Thron sass. In seinen Gesichtsausdruck mischte sich ein plötzliches Entsetzen, als er leblos zur Seite fiel. Die kleine Messingrose hatte sein Herz wie ein Geschoss durchbohrt und ihn augenblicklich getötet.
Shinji zog die Laute von seiner Schulter und intonierte die ersten Klänge des Rosenliedes. Er spielte noch, als die Pfeile der kaiserlichen Wachen seinen Körper durchbohrten, bis er schliesslich fiel und hart neben Konoko aufschlug. Er sah in ihre Augen.
„Es tut mir so leid.“, sagte Shinji, der Dämon von Kamigakure, und starb.

 

Huhu ^^

Das mit dem Kitsch ist meine volle Absicht. ^^ Die Geschichte basiert ursprünglich auf 3 Wörtern, die ich mir von einer guten Freundin habe geben lassen um einfach mal was spontanes zu schreiben. Die Worte waren "Liebe, Musik, Blume" und ich denke mal man findet sie auch wieder. Ausserdem klärt es vermutlich auf warum er am Ende noch spielt.

Shinji ist ein Dämon, d.h. ein Besessener oder zumindest jemand der sich sehr für etwas aufopfert, wenn er sich vorgenommen hat es zu beenden. Ich weiss nicht ob es mir gelungen ist das vernünftig einzufangen aber es gibt in der japanischen Ethik und Moral eine bestimmte Art der Ehrenpflicht die ohne Probleme rechfertigt dass man selbst mit schwersten Wunden die Zähne zusammenbeisst und noch weitermacht. Das gilt natürlich insbesondere für disziplinierte Auftragsmörder. In europäischen Legenden gibt es so etwas auch vereinzelt, beispielsweise das was man sich über den Piraten Störtebecker erzählt.

Das mit der Rose als Wurfgeschoss find ich allerdings absolut nicht problematisch. Ich habe Menschen Nadeln durch Glasscheiben werfen sehen. Warum dann nicht auch eine Messingrose durch einen menschlichen Körper?

Ich danke dir für deine Kritik und werde versuchen das was ich sagen wollte noch etwas zu verdeutlichen, so bald ich Zeit dazu finde. =)

 

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