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Der Dank

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10.11.2006
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Der Dank

Der Dank

Mika hielt den Atem an.
Wenige Zentimeter unter seinen zitternden Fingern, inmitten eines wüsten Schlachtfeldes aus buntem Kabelgewirr, kupferblitzenden Drähten und Anschlüssen, filigranen Schriftzeichen und rätselhaften Zahlenkolonnen konnte er das von unzähligen Löchern durchsiebte Rechteck kaum ausmachen.
Doch er wusste: es war da. Er konnte es beinahe spüren.
Das unbändige Verlangen. Die Gier nach genau dem unscheinbaren Gegenstück, das er beinahe zärtlich in seiner schweissnassen Hand barg, behutsam, wie die kostbare, und doch so empfindliche Blüte einer seltenen Blume. Den Hunger nach Leben-
"Mika!"
Sein Herz schien für einge ewig dauernde Augenblicke still zu stehen.
"Den blöden Computer kannst du später noch reparieren", tönte es von unten.
"Dein Essen wird gleich kalt!"
Er legte den Prozessor vorsichtig zurück auf die Schutzfolie, hob den linken Arm und wischte sich am Ärmel seines Pullovers den Schweiss von der Stirn. Ein leises Seufzen drang aus seiner Kehle, und der Blick seiner schmerzenden Augen suchte das kleine Fenster in der Dachschräge seines Zimmers, glitt über weisse Wände und Regale voller Bücher über Elektronik, Physik, Science Fiction, und fand ein schwarzes Loch.
Draussen war es bereits dunkle Nacht.
Aber er war ja auch so gut wie fertig.
"Ja, Mama, gleich!", rief er zurück, so leise, dass seine Mutter ihn selbst dann kaum verstanden hätte, hätte sie direkt neben ihm gestanden.
Leise gähnend rieb er sich die Augen, schüttelte die Hände aus und griff dann vorsichtig zu dem mit goldenen Stacheln bewehrten Stück Technik. Er hatte es bei seinem Onkel aus der Mülltonne geklaubt. Verfluchtes Ding, hatte der gesagt.
Verfluchtes Mistding.
Aber was wusste der schon. Alt und verkalkt.
Seine Gelenke gaben ein protestierendes Knacksen von sich als er sich streckte.
Das hier musste er noch zu Ende bringen. Konnte er dieses kunstvoll künstliche Wesen auch nur eine Minute länger in diesem Zustand belassen? Auch nur eine Sekunde mehr ohne Leben?
"Nein", flüsterte er kaum hörbar zu sich selbst, "Nein, nicht ohne ein neues Herz..."
Seine Hand tastete sich ein weiteres Mal gefühlvoll durch den Urwald ineinander verschlungener, grauer und roter und gelber Stränge, und fast hatte er das Gefühl, sie wichen vor ihm zurück, als geleiteten sie ihren neuen Herrscher auf dem Weg zum Thron. Lebendig, und voller Erwartungen...
Als die CPU schliesslich ungehindert in ihre Fassung glitt, glaubte er für einen winzigen Moment, ein unmerkliches Raunen zu vernehmen...doch da war nichts.
Er schüttelte den Kopf. "Du bist echt ein Spinner. So unrecht haben sie in der Schule wohl doch nicht."
Routiniert schraubte er den Kühler fest und kroch dann unter den Schreibtisch zum Netzstecker für einen ersten Probelauf. Das Gehäuse und die restlichen Kabel konnten noch warten.
Er steckte ein.
Und mit einem leisen Knistern ging das Licht aus.
Es wurde stockfinster.
Beinahe.
Je mehr sich seine Augen auf die überstürzte Flucht des Lichtes einstellten, desto besser konnte er auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers ein gedämpftes Leuchten ausmachen, das unter der Zimmertür hervorquoll und den Raum in ein zwielichtiges Dunkel tauchte, hart an der Grenze zu undurchdringlichem Schwarz.
Ein schmerzhaft lautes Summen und Piepsen drängte sich in seine Gehörgänge, und ein Gedanke flammte hinter seiner Stirn auf.
Es funktioniert! Er funktioniert!
Beinahe wäre er vor Aufregung aufgesprungen, doch angesichts der massiven Holzplatte irgendwo dort über seinem Kopf konnte er sich im letzten Moment bremsen. Weniger vernünftig als zwangsläufig gebremst kroch er vorsichtig unter dem Tisch hervor, als er plötzlich direkt neben seinem Gesicht einen Luftzug spürte.
Ein wuchtiger Schlag traf seine rechte Schulter, und schleuderte ihn zu Boden.
Einem Geysir gleich fauchte eine Woge des Schreckens durch seinen Körper, raubte ihm den Atem und wirbelte seine Gedanken durcheinander wie der Sturm einen Haufen welker Blätter.
Er konnte sich nicht bewegen.
Er konnte nicht denken. Nicht sehen. Hören.
Schrilles Piepsen. Wie höhnisches Gelächter.
Dann kam der Schmerz. Kurz und heftig. Ein Strohfeuer.
Wimmernd sah Mika nach oben. Und begann zu schreien. Er hätte es getan.
Wäre nicht in diesem Augenblick einer der viel zu langen Kabelstränge vorgeschossen und hätte sich um seinen Hals gewickelt. Messerscharf schnitt er in die weiche Haut. Das schwarze Kabel färbte sich rot. Ein ersticktes Gurgeln drang aus Mikas Kehle.
Verzweifelt versuchte er sich zu befreien, doch der dünne Strang war stärker als jedes Stahlseil. Und es flogen immer mehr heran. Sie umschlungen seine Beine und liessen ihn stolpern. Schlangen sich um seine Arme und hefteten sie an seinen Körper. Schnürten ihn zusammen wie einen Rollbraten.
„Hilfe!“, wollte er rufen, doch er brachte nur ein schwaches „hchrch“ zustande.
Er verlor den Boden unter den Füssen, und vernahm bald ein allzu vertrautes Sirren, das schnell lauter wurde. In einem von diabolisch flackernden Lämpchen erhellten Kasten auf seinem Schreibtisch, zwischen sich zuckend windender Kabelleiber und gleissend aufblitzender Lichtbögen, wirbelte ein schwarzer Mahlstrom aus rasenden Klingen und trug den beissenden Geruch verschmorter Elektronik in seine Nase. Blanke Panik erfasste den Jungen, und er warf sich mit aller Kraft herum. Doch die fehlgeleitenden Leitungen hielten ihn unerbittlich gepackt, und zerrten seine Nase genau auf den wild rotierenden Lüfter zu.
Mika schloss die Augen.
Die Tür öffnete sich ein kleines Stück weit. Licht fiel herein.
„Hast du gehört, Mika?“ sagte jemand.
„Lass das Mistding bis Morgen warten. Abendessen.“
Das Piepsen und Sirren verstummte. Er hätte gerne geantwortet. Aber es ging nicht.
„Schläfst du schon?“
„Hchrch!“
„Dann gute Nacht.“
„MHMMH HCHRCH!“
Die Tür ging zu.
Es wurde wieder
dunkel.

 

Hallo!

Ich habe ein generelles Problem mit "ernsthaften" Geschichten, in denen lebendig werdende Gegenstände anfangen, Leute zu metzeln. Irgendwie kommt da bei mir mehr Lachen als Horror auf. Auch deine ist da keine Ausnahme.

Ich weiß, alles andere als hilfreich.

Beste Grüße

Nothlia

 

Auch Hallo!

Sooo ernsthaft wars auch nicht gemeint.
Mein erster Versuch. :schiel:
Aber in Humor passt es auch nicht wirklich...

Gruss zurück

Knurps

 

Hallo Knurps
und willkommen hier im Forum

so, genug der netten Worte, jetzt wird gemetzelt ;)
Du hast einen sehr bunten Schreibstil, den du leider an einigen Stellen ziemlich übertreibst. Hin und wieder mal ein Adjektiv Adjektiv sein lassen täte dem Text gut. Manchmal ist weniger mehr.
Zum Beispiel hier:

seinen zitternden Fingern, inmitten eines wüsteten Schlachtfeldes aus buntem Kabelgewirr, kupferblitzenden Drähten und Anschlüssen, filigranen Schriftzeichen und rätselhaften Zahlenkolonnen konnte er das von unzähligen Löchern durchsiebte Rechteck kaum ausmachen
das ist zuviel des Guten
mal ganz abgesehen von dieser Wortneuschöpfung:
wüsteten

Ansonsten finde ich deine Beschreibungen recht interessant, da du trotz vieler Worte vieles im Dunkeln lässt. So hatte ich zum Beispiel kein eindeutiges Gebilde vor Auge. Was baut der Junge da? Absicht oder nicht, ich fand es gut, nur mit Kabeln und Drähten gefüttert worden zu sein, da blieb genug Platz für meine eigenen Fantasien.

Seine Hand tastete sich ein weiteres Mal gefühlvoll durch den Urwald ineinander verschlungener, grauer und roter und sonstwie gefärbter Stränge
das liest sich nicht gut, passt nicht. klingt, als falle dir keine Farbe ein.

Da du leider nichts angibst, wo Wohnort "hier" ist, muss ich dir erstmal ordentlich Schelte weges des ss geben. Ja, das gute alte ß gibt es noch - es sei denn du kommst aus der Schweiz?

Alles in allem fand ich deine Kg ganz gut zu lesen. Nichts Neues, nichts, was lange in Erinnerung bleiben wird, aber ein respektabler Einstieg hier auf dem weltbesten Forum ;)

viel Spaß weiterhin

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Weltenläufer

Danke für eine erste Kritik!
Die Adjektive nehmen tatsächlich ein wenig Überhand...aber die Wortneuschöpfung war nicht beabsichtigt.

Und das "ß" "ss" Problem ist bedingt durch diese blöde Rechtschreibreform die mich unglücklicherweise mitten in der Schulzeit erwischt hat :bib: ...

Gruss
knurps

 

Und das "ß" "ss" Problem ist bedingt durch diese blöde Rechtschreibreform die mich unglücklicherweise mitten in der Schulzeit erwischt hat
Hat es mich auch (Deutsch LK :Pfeif:) und ich bin froh drüber, denn sonst könnte ich mir das wohl auch nicht merken.

Kurzfassung:
ss bei einem kurzen Vokal davor, zB Fluss, Nuss, Hass, ....
ß bei einem langen Vokal, bspw. Fuß, Maß, Gruß, Gefäß, ...
Außerdem ß wenn ein Doppelvokal davorsteht, also: außen, Strauß, geißeln, ...

Dazu noch: das "das" nach einem Komma wird mit ss geschrieben, wenn es sich nicht durch "dieses", "jenes" oder "welches" ersetzen lässt.
Beispiele:
Ich sehe, dass es regnet.
Ich sehe das Haus, das im Regen steht.

(Keine literarischen Höchstleistungen, sollte aber ausreichen. Denn eigentlich ist es gar nicht so schwer.)


Ansonsten zu deiner Story, ich fand sie gut. Sie hat mich nicht vom Hocker gerissen, es passiert ein bisschen wenig, du erzählst zu genau (was an den schon bemängelten Adjektiven liegt). Aber die Wortwahl ist im Großen und Ganzen in Ordnung, der Text liest sich flüssig.

Warum sind die Lichter eigentlich auf der anderen Zimmerseite, i.d.R. sind die Kabel doch nicht sonderlich lang.

Unglaubwürdig finde ich, dass die Mutter nicht mitkriegt, dass er gewürgt wird. Wenn der Rechner erst ausgeht, wenn die Mutter schon in der Tür steht muss sie das hören und es würde ihr wohl seltsam vorkommen. Und die blinkenden Lichter muss sie doch sehen, gerade wenn das Zimmer dunkel ist.

Grüße,
Sue

 

Hallo Knurps,

mir hat deine Geschichte auch gefallen. Die Sachen, die mir aufgefallen sind, wurde weiter oben schon bemängelt. Ansonsten kann ich nur sagen, dass es keine richtige Horrorgeschichte für mich ist, weil der Horror meiner Meinung nach etwas subtlier transportiert werden muss. Aber trotzdem gruselig und auch ein bischen lustig und schon irgendwie genau richtig so.:thumbsup:

grüße von der m

 

Hallo Sometimes, hallo Mariastraum

Danke für die unschlechten Kritiken!:)

Als Meisterwerk war es sowieso nicht konzipiert, nur als ein erster Versuch, um zu sehen was passiert. Ich werde wohl weitere Versuche wagen können...:shy:

Sometimes, danke für die kleine Anleitung zur Vermehrung fehlerfreier Sätze, mir hat mein Deutsch LK offenbar nicht ausreichend geholfen...

Was die Sache mit den Lichtern angeht...ich weiß (korrekt, ja? nach Doppelvokal etc.) nicht ganz was du meinst; welche Zimmerseite?

(ähh, dumme Frage nebenbei, wie krieg ich soviele Zitate hier rein?)

Die Unhör- und Sehbarkeit des Würgevorgangs erklärt sich dadurch, dass:hmm: die Mutter die Tür nur einen Spalt weit öffnet, (sollte ich deutlicher machen, stimmt.) und der PC so leise ist wie der DELL hier neben mir:dozey: .

Marinastraum, ich hoffe die Geschichte hat dir auch nur halb so gut gefallen, wie mir deine Kritik:D . Mein Tag ist gerettet!

Grüsse
knurps

 

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