Der Daumen meiner linken Hand
Als ich mir gestern beim Holzhacken den Daumen der linken Hand abtrennte, hätte ich unglücklich sein sollen. Ach was, unglücklich ist das falsche Wort. Genauso wie 'abtrennen' das falsche Wort ist, die Sauerei zu beschreiben, die sich mir bot. Noch während die Axt in ihrem Fluge auf den Hackstock sank, dachte ich, zu weit rechts, ja, peinlich ist es, bis auf die Knochen, und malte mir schon das Geräusch und den Schmerz aus, der gleich eintreten würde. Beides war ganz anders. Und apropos Knochen: die Kraft, der Impuls der Axt, bestimmt für einen Ast, der im Holze frech gewuchert war, löste auch dieses Problem. Ich erzähle das, als hätte ich mich, durch diesem bedauerlichen Zwischenfall nur unwesentlich aufgehalten, gleich daran gemacht, auch das noch das restliche der Spaltung harrende Holz zu zerteilen. Doch um die Wahrheit zu sagen, hat sich dieses Vorhaben als äußerst schwierig erwiesen. Letztendlich hätte es den letzten Nerv gekostet, lediglich mit der rechten, noch voll funktionsfähigen Hand bewaffnet, in wechselndem Zyklus das Holz auf dem Hackstock zu drapieren, die Axt zu ergreifen, und ohne die sonst vorhandene und, wie sich herausstellte, doch nötige Führung der linken Hand, das Metall in Energie und Führung zu setzen, welche das Holz in Ebenmaß entzweit hätte - wie gesagt, jener Nerv war kostbar, und diesen wollte ich nicht auch noch verlieren.
Das Lächeln auf meinem Gesicht während des gestrigen Tages - ein Lächeln, oder vielmehr ein bedeutungsschwangeres Grinsen - ist auch nach meinem lieblosen Mißgeschick nicht von mir abgefallen. Selbst jetzt, wenn ich, mir dieser Tatsache bewußt, mich im Spiegel betrachte, um dieses penetrante Lächeln einmal in Augenschein zu nehmen, anstatt es nur auf mein Antlitz modelliert zu fühlen, verstehe ich sehr gut, wie wenig mich die daumenlose linke Hand kümmert, die ich trotz allem an meinem Körper spüre. Fühle ich Schmerzen? Ich bin nicht sicher. Mein Körper möchte es, sendet verzweifelt flehende Impulse an mein Hirn.
Aber der vorgestrige, bodenlos schmutzige Sex mit Rahel verschluckt alles und speit es als Lächeln wieder aus.