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Der Fisch lebt

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21.01.2003
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Der Fisch lebt

"Bom dia a todos." Allen einen guten Tag. Henry ließ das Grammatikbuch fallen und legte die letzte Angel aus.
Henry machte Urlaub am See vor seinem Haus. Er hatte ein Jobangebot für Lissabon, das er nie annehmen würde. Verloren sah er auf das Buch hinab. Warum lernte er dann portugiesisch?
Eine Rute zitterte. Henry riss sie nach oben. Der Fisch zog Schnur von der Rolle, Henry kurbelte, der Fisch kämpfte, Henry kurbelte, der Fisch ermüdete. Ein Karpfen, der nach einer halben Minute im Kescher zappelte. Henry entfernte den Haken und setzte den Fisch zurück. Henry tötete keine Fische. Toter Fisch. Henrys Gedanken schlugen einen Bogen zu Marion. Toter Fisch im Bett. Und Henry suchte nachts in Computerprogrammen nach Fehlern, die er in der Firma nicht hatte finden können. Toter Fisch, Bits und Bytes, im Bett. Was war Ursache, was Wirkung?
Auch Programmierer machten Urlaub. Nachts würde er portugiesische Verbmodi durchgehen.
Henry packte sein Angelzeug zusammen und ging ins Haus. Hans saß vor dem Fernseher. Ein Zettel klebte am Kühlschrank. "Bin bei Elsie." Linda war noch in der Schule. Henry ging in die Küche und wärmte eine Suppe auf.

"Was gibt es heute?", fragte Linda später. "Mutter ist bei Elsie?"
"Erbensuppe. Ja."
"Warum bemalt sie sich ihren Mund, wenn sie zu Tante Elsie geht?", krähte Hans.
"Was?"
"Ich hab's gesehen. Sie stand vorm Spiegel, malte ihren Mund rot an." Das Telefon klingelte.
"Elsie hier. Tag Henry. Sag Marion bitte, dass ich auch nächste Woche nicht zu Hause bin."
"Wo bist du?"
"Hat Marion es dir nicht erzählt? Ich bin auf Sylt und habe um eine weitere Woche verlängert." Henrys Muskeln versteiften sich. Er starrte auf die Wand.
"Henry, hörst du mich?"
"Ja."
"Grüß Marion von mir."
"Bemalter Mund." Henry legte den Hörer auf die Gabel. "Toter Fisch mit bemaltem Mund."
Er hörte sein hysterisches Gelächter und wagte nicht weiter zu denken.
"Wann ist Mutti gegangen?"
"Um eins." Hans sah vom Tisch hoch. "Was gefangen?"
"Zwei Karpfen."

"Ich geh angeln. Kommst du mit?" Es war ein Tag später. Marion schüttelte den Kopf. Sie trug Jeans, ein T-Shirt und Tennisschuhe. Haare fielen über ihr fahles Gesicht, als sie ein Spielzeugauto vom Boden aufhob.
"Gehst du wieder zu Tante Elsie?" Hans packte das Auto in seine Spielzeugkiste. Henry hörte Marions Antwort, setzte sich in den Ford und fuhr ihn um die Ecke, stieg aus und ging die Straße zurück zur Kneipe am See, die dem Haus gegenüber lag.
Henry saß vor dem dritten Bier und sah auf das Haus, die Anschlagsäule daneben, dann auf Marion, die aus der Tür kam und zur Bushaltestelle stöckelte. Henry zahlte und setzte sich ins Auto. Marion stieg in den Bus. Henry fuhr hinter ihm her. Drei Haltestellen später stieg Marion aus.
"Elsie wohnt hier nicht. Elsie ist auf Sylt", sagte er leise vor sich hin.
Marion sah sich nicht um, trotzdem hielt Henry Abstand. Er hatte den Autohändler vor sich, während das Hotel dahinter Marion verschluckte.
Henry setzte sich in die Hotelhalle. Gäste checkten ein.
"Raucher oder Nichtraucher?"
"Mit oder ohne Frühstück?"
"Ihre Zimmernummer ist... Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt."
Henry beobachtete die Fahrstuhltür. Er schien eins mit dem Sessel zu sein. Die Zeit quälte. Schließlich wurde seine Frau von einem vierschrötigen Mann aus der Fahrstuhltür geschoben. Henry sah auf die Uhr. Zwei Stunden. Marion bezahlte. Henry erhob sich und stellte sich neben den Hoteleingang. Seine Frau hätte nicht bleicher werden können, als sie an ihm vorbei ging. Das Paar bewegte sich auf den Parkplatz zu. Henry folgte ihnen. Marion sprach mit dem Mann, der sich umsah, stehen blieb und auf Henry wartete. Sein Gesicht schien gerötet, sein Grinsen glich dem eines Haifisches. Er sagte: "Du hättest besser auf deine Frau aufpassen sollen." Eine Faust fuhr auf Henry zu, er spürte einen Schlag im Gesicht, dann nichts mehr.

Henry erwachte auf einem Röntgentisch. Der Brustkorb schmerzte, als Pfleger ihn auf die Trage wuchteten. Korridore, Fahrstühle, Korridore, ein Zimmer, Schmerzen, ein Bett. Ein Arzt beugte sich über ihn.
"Sie haben ein gebrochenes Schlüsselbein, fünf kaputte Rippen und einen Pneumothorax. Sollen wir Ihre Frau verständigen?"
Henry nannte seine Telefonnummer. Hätte er sagen sollen: Ist nicht nötig. Sie war dabei, als ihr Liebhaber mich zusammen getreten hat?
Eine andere Stimme kam von irgendwo her und eine blaue Uniform schob sich in Henrys Gesichtsfeld. Der Polizist nahm seine Personalien auf.
"Wie ist das passiert?"
"Der Mann kam auf dem Parkplatz auf mich zu und schlug mich zusammen."
"Können Sie ihn beschreiben?"
"Mittelgroß, stämmig, dunkelhaarig, um die dreißig, grinst wie ein Haifisch."
Der Mann verabschiedete sich. Er sei nicht in der Lage zu versprechen, dass sie bei der Personalknappheit den Fall aufklären könnten.
"Drehen Sie sich auf die linke Seite." Schläuche kamen aus Henrys Bettnachbarn hervor, verschwanden in der Wand, in einer Flasche Kochsalzlösung, in einer mit Urin. Drei Frauen saßen stumm um ihn herum, zupften die Bettdecke zurecht, beobachteten den Arzt , der ein Loch in Henrys Brustkorb schnitt und einen Schlauch hinein schob.
Auf dem dritten Bett krakelte ein Alter. Eine Frau strickte neben ihm.

Den Tag darauf wusste Henry, der Mann neben ihm hatte einen Motorradunfall, der Alte eine operierte Hüfte.
Henrys Kinder wurden von einer Krankenschwester herein gelassen.
"Wo ist eure Mutter?"
"Sie hat uns hergefahren und holt uns nachher wieder ab." Eine Falte bildete sich über Lindas Nase.
"Da war ein Mann in unserer Wohnung."
"Was für ein Mann?" Henrys Rippen schmerzten.
"So ein dicker", krähte Hans. "Er war mit Mutti im Schlafzimmer. Sie hat gestöhnt und geschrien."
"Sei still Hans." Lindas Gesicht wurde kirschrot.
"Oh!, ah!", rief Hans. "Sei still", flüsterte Linda.
"Oh!, ah! Und dann schrie ich auch. Mach auf, was machst du mit Mutti!"
"Und was hat sie gesagt?", krächzte der alte Mann zwei Betten weiter.
"Komm nicht rein. Es ist alles in Ordnung. Er tut mir nichts."
Linda flüsterte in Henrys Ohr. "Ich glaub, der Mann und Mutti schlafen zusammen."
"Und mit mir war sie wie ein toter Fisch", brach es aus Henry hervor.
"Toter Fisch?", fragte Hans. "Setzt du die denn nicht mehr zurück?"
Der Mann mit den Schläuchen drehte sich zu Henry: "Schlimme Sache", röchelte er. "Da ist nix mehr zu machen. Nimm deine Kinder und mach 'ne Mücke."

Nach einer Woche wurde Henry aus dem Krankenhaus entlassen. Sein Arm verschwand unter Bandagen. Marion wartete mit den Kindern im Auto.
"Kannst du fahren?" Henry konnte nicht lachen, nicht weinen.
"Vati, ich kümmere mich um dich." Linda hatte wieder die Falte über der Nase.
Hans rutschte unruhig auf seinem Sitz herum. "Mutti, kommt der Mann wieder vorbei?"
Und schlägt mich zusammen, dachte Henry.

Er kam nicht. Dafür verschwand Marion jeden Nachmittag ein paar Stunden.
"Nimm die Kinder und mach 'ne Mücke." Eine Nacht träumte Henry davon, wie sich tausend Schläuche aus seinem Körper ringelten, während der Satz sich in einer Endlosschleife über seine Gedanken legte.

Den Tag darauf setzte Henry die Mail an die Jobvermittlung ab, dann räumte er seine Konten, fuhr mit den Kindern zum Flughafen und verschwand.

 

Claudio schrieb:
Henry entfernte den Haken und setzte den Fisch zurück. Henry tötete keine Fische.
Anstatt dauernd den Namen Henry zu verwenden, könntest du auch mal "ER" schreiben, dass bringt ein bisschen Abwechslung rein.
Toter Fisch. Henrys Gedanken schlugen einen Bogen zu Marion. Toter Fisch im Bett. Und Henry suchte nachts in Computerprogrammen nach Fehlern, die er in der Firma nicht hatte finden können. Toter Fisch, Bits und Bytes, im Bett. Was war Ursache, was Wirkung?
Den Satz verstehe ich nicht: Toter Fisch? Marion? Computerprogramm :confused:
Es war ein Tag später. Marion schüttelte den Kopf.
Wie wäre es mit einem Absatz?

Henry saß vor dem dritten Bier und
Henry zahlte und setzte sich ins Auto.
Halt mich jetzt nicht für spießig, aber nach drei Bier noch Auto fahren ...
Die Zeit quälte.
... sich endlos dahin. Wolltest du sicher schreiben.
Ein Arzt beugte sich über ihn.
"Sie haben ein gebrochenes Schlüsselbein, fünf kaputte Rippen und einen Pneumothorax.
Von einem Schlag ins Gesicht? Sehr unwahrscheinlich. Da müsste er schon aus dem zweiten Stock gefallen oder von einem Auto überrollt worden sein.
beobachteten den Arzt , der ein Loch in Henrys Brustkorb schnitt und einen Schlauch hinein schob.
Wenn er wirklich nen Pneu hat, dann ist das schon im Rettungswaagen geschehen, allenfalls wäre dein Prot jetzt schon tot.
Henrys Kinder wurden von einer Krankenschwester herein gelassen.
Mit nem Pneu liegt er auf der ITS und da dürfen keine Kinder hin. :teach:

Um es kurz zu machen: deine Geschichte gefällt mir nicht. Der Plot ist ziemlich dürftig und noch dazu schlecht recherchiert, wie meine Anmerkungen zeigen. Deine Dialoge sind holprig und schlecht nachzuvollziehen und über deine Protagonisten, erfährt man so gut wie nichts.

Gruß Phoenix

 

Hi Claudio,

also ich muss Phoenix widersprechen. Meiner Meinung nach war die Geschichte nicht so schlecht.

Der Kritik, dass du zu oft "Henry" statt "er" schreibst stimme ich zu. Allerdings hat mir gerade die Passage:

Toter Fisch. Henrys Gedanken schlugen einen Bogen zu Marion. Toter Fisch im Bett. Und Henry suchte nachts in Computerprogrammen nach Fehlern, die er in der Firma nicht hatte finden können. Toter Fisch, Bits und Bytes, im Bett. Was war Ursache, was Wirkung?

gut gefallen. So wie ich diesen Teil verstanden habe, läuft mit Marion im Bett nichts mehr. Also, toter Fisch im Bett: kalt, bewegt sich nicht. Gute Metapher! Der Prot verbringt seine Nächte lieber damit, am Computer zu arbeiten. Kurz gesagt: Die beiden leben aneinander vorbei.

Dass der Prot nach 3 Bier noch Auto fährt ist zwar nicht gerade verantwortungsbewusst, passt aber ganz gut zu seiner Gemütslage, wie ich finde. In so einer Situation ist man nicht 100% rational.

Die schweren Verletzungen verstehe ich so, dass der Prot nach dem ersten Schlag ins Gesicht, der ihn gleich zu Boden geschickt hat, noch weitere Prügel und Tritte bezogen hat.

Die Szene im Hotel musst du allerdings noch besser beschreiben. Da konnte ich dir nicht ganz folgen. Sieht Marion ihn schon als sie aus dem Aufzug kommt? Oder erst als sie zum Parkplatz gehen? Du hättest aus dieser Szene noch mehr rausholen können, da es ja die Schlüsselszene der Geschichte ist. Und was ist "vierschrötig"? Sorry, aber das Wort hab ich noch nie gehört und versteh ich nicht. :(

Alles in allem, eine lesenswerte Geschichte.

Gruß,
Kastanie

 

Kastanie,

Danke. Es sind ein paar Henrys zu viel, aber ich lasse es so. Es gefiel mir, aus der Reihe zu tanzen. Vierschroetig kenne ich und es steht in meinem Duden = staemmig.

Gruss,
Claudio

 

Hallo Claudio,

die Geschichte hat was, wenn mir auch die Erzählweise nicht so ganz gefällt. Diese vielen Henrys machen sie in der Form so hölzern, man bleibt auch sonst beiden Protagonisten recht fern. Leider gibt es keine Reflexion, wieso sie sich fremd geworden sind. Ein paar Bilder finde ich sehr gelungen.

Einzig bei der Tatsache, dass die Mutter es mit dem Geliebten in ihrer Wohnung treibt, während die Kinder auch dort sind, empfinde ich als starken Tobak. Aber es soll wohl auch solche egoistischen Frauen geben.

Jedenfalls muss die Noch-Ehefrau nicht nur ein toter, sondern ein tiefgefrorener Fisch sein, so kalt, wie sie sich dem Noch-Ehemann gegenüber präsentiert. Aber wer sieht schon in andere Beziehungen hinein?

@ phoenix26

Ich kenne auch Männer, die noch mit 10 Bier Autofahren, drei sind da nix.
Darüber, dass das nicht in Ordnung ist, brauchen wir uns nicht zu unterhalten.

 

Bernadette,

Danke. Ich finde es Klasse, dass ich mich mit Erklaerungen zurueckhalten kann, weil ihr es macht. Die Story ist knapp gehalten. Ich schreibe so.

Gruss,

Claudio

 

Hallo Phoenix,

Zwei Sachen möchte ich doch noch los werden. Was den Pneumothorax angeht. Ich hatte selbst einen : -), desgleichen das gebrochene Schlüsselbein und die gebrochenen Rippen, nachdem mich ein Pferd abgeworfen hatte. Also schlecht recherchiert (grins). Den Schlauch mit dem angehängten Wasserbehälter schoben sie mir erst ein paar Stunden später zwischen die Rippen. Du bist Krankenschwester. Ich verstehe nicht, wieso die schon im Rettungswagen einen Pneumothorax feststellen können? Bei mir haben sie es erst anhand einer Röntgenaufnahme gesehen. Ich nehme an, es hängt von der Schwere der Verletzung ab, ob man sich etwas Zeit lassen kann.

‘Die Zeit quälte’. Eine Metapher.

Meine Geschichte ist bei Dir offenkundig nicht angekommen. So bedauerlich es sein mag, aber sag selbst: Hat es Sinn, eine Geschichte auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu reduzieren, damit sie auch jeder versteht?

Gruss,
Claudio

 

Ich verstehe nicht, wieso die schon im Rettungswagen einen Pneumothorax feststellen können?
Der Patient hat Schmerzen im Brustkorb, meist einseitig und hochgradige Atemnot. Der Notarzt nimmt dann sein Stethoskop und hört den Brustkorb ab. Aufgrund der veränderten Herz- und Atemgeräusche, erkennt er dann den Pneu und trifft die nötigen Maßnahmen.
Ich nehme an, es hängt von der Schwere der Verletzung ab, ob man sich etwas Zeit lassen kann.
Vielleicht ist der Pneu bei dir erst später entstanden, aufgrund der gebrochenen Rippen. Wäre zumindest die einzig logische Erklärung die mir im Moment einfällt.
Meine Geschichte ist bei Dir offenkundig nicht angekommen. So bedauerlich es sein mag, aber sag selbst: Hat es Sinn, eine Geschichte auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu reduzieren, damit sie auch jeder versteht?
Nein! Aber meine Kritik war auch so, nicht gemeint. Ich dachte eigentlich, das kam rüber.

Du sollst deine Kg nicht auf irgend etwas reduzieren, sondern ausbauen.
Es ging mir zwar auch darum, dass ich am Anfang, schlecht nachvollziehen konnte worum es in der Geschichte geht, aber das war es ja nicht nur. Mir fehlt da einfach ein bisschen mehr Volumen.

Lieben Gruß Phoenix

 

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