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Der Fluch von Ashbird
Eine Nacht, so schwarz, als ob sie mich am liebsten verschlingen würde. Stürmisch und regnerisch wie jede zu dieser Jahreszeit. Ich laufe Richtung Mondbrunnen, einem Relikt aus der Zeit der Ahnen. Ich gehe niemals direkt auf einem Weg, ich bleibe immer verdeckt, in den schützenden Schatten der Dunkelheit. Das Element, welches sich tief in mir manifestiert hat und sich so lange meine Seele einverleibt, bis die Fackel meiner Existenz für immer erlischt.
Von weitem sehe ich meinen Kunden: Er ist der Großbauer und somit der mächtigste Mann in dieser Gegend. Ein widerwärtiger Fettsack. Ich kann ihn nicht ausstehen. Jedes Mal wenn ich ihn sehe, würde ich am liebsten mein Filetiermesser in seinen Rumpf versenken, um ihm einen angemessenen Tod zu bereiten. Elendig verrecken soll er, damit dieser verwöhnte Großkotz in dem Klang seiner letzten Schreie den Wert seines Lebens vernehmen kann. Doch er zahlt gut und so lange er mir nicht krumm kommt, lasse ich ihn am Leben. Er weiß ganz genau, dass meine Fähigkeiten der Schattenhaftigkeit in der Nähe eines Mondbrunnens schwinden und ich dadurch sichtbar für ihn werde.
Ich entdecke zwei Scharfschützen, die sich zusammen in einem Gebüsch ganz in der Nähe positioniert haben. Wenn er denkt, dass diese zwei Kerle eine Absicherung für ihn sind, hat er mich unterschätzt.
Ich schleiche mich von hinten an. Er ahnt nicht, dass ich mich ihm nähere, auch wenn meine Schattenhaftigkeit versagt, macht es keinen Unterschied, wenn er bei diesem Sturm nicht auf seine Deckung achtet. Ungeduldig blickt er auf seine Taschenuhr, die er mit einer silbernen Kette an einer Tasche seines Mantels befestigt hat. Als ich hinter ihm stehe, lege ich meinen Krummdolch um seinen Hals und streichele ihm damit sanft seine Kehle und flüster ihm sanft in sein ohr: „Wenn du weiter so zitterst, kann es noch passieren, dass ich dich genauso wie deine Freunde durch einen Blutsee zur Hölle schwimmen lasse.“
„Was soll das, wieso tust du das? Wir sind doch Partner!“ Starr richtet sich sein Blick auf das Gebüsch, wo er seine Scharfschützen positioniert hatte, doch nur eine Blutlache zeugt von seiner Absicherung. Eine Welle aus Todesangst durchströmt den Großbauern, er ringt nach Luft, er hört sich an, wie ein erschöpfter Hund, dessen Speichelausfluss unkontrollierbar seinem Mund entrinnt. „Mein Gold, wo ist es?“ Mit zittrigem Arm zückt der Großbauer einen mit Goldmünzen gefüllten Beutel. Ich nehme ihn und lasse von ihm ab. Nach einer kurzen Pause, schwindet ein Teil seiner Aufregung. Mit zaghafter Stimme und etwas benommen, erläutert er mir meinen Auftrag: „Das Weingute von Ashbird hat eine neue Herrin, sie hat wohl keine Angst vor unserem Fluch. In den letzten vier Jahren hat jeder, der es gewagt hatte, dass Land in besitz zu nehmen, nach kurzer Zeit sein Leben unfreiwillig und auf grauenhafte Art und Weise verloren. Erledige sie genauso, wie ihre Vorgänger. Erst wenn keiner es mehr wagt, das Land zu übernehmen, kann ich es von der Bank erwerben, um somit endlich keine Konkurrenz mehr fürchten zu müssen. Ich muss dir ja nicht sagen, dass dich keiner sehen darf. Sie werden mit Sicherheit mehr Wachen postiert haben." Schweigend kehre ich dem Großbauern den Rücken. Keinen Moment länger würde ich noch sein überhebliches Geschwafel aushalten, ohne ihm den Kopf umzudrehen.
Wenige Stunden später stehe ich auf dem Dach des Anwesens Ashbird. Das Wetter ist umgeschlagen. Es scheint, als hätten sich die Götter für diese Nacht bereits ausgetobt, denn nur noch ein leichter Wind lässt meinen Mantel in dem vom Mondschein durchdrängten Nebel tänzeln. Ich muss mich beeilen, denn in weniger als einer halben Stunde geht die Sonne auf.
Vorsichtig lasse ich mich mit einem Seil an der Fassade hinunter. Die Herrin sollte sich zu dieser Uhrzeit in ihrem Schlafgemach aufhalten. Mit einem Dietrich schließe ich lautlos das Fenster auf. Durch das Öffnen flackert der Kamin stark auf. In meinen Augen spiegeln sich die Flammen des Kamins wider, doch was sie erblicken, ist etwas anderes. Ein wunderschönes junges Mädchen mit braun gelockten Haaren und einer Haut, so rein und hell, wie die eines Engels, liegt friedlich und mit der unschuldigen Ausstrahlung eines Kindes eingebettet zwischen einem Berg aus farbenfrohen Kopfkissen. Ich näher mich ihr und hebe sie behutsam aus ihrem Bett. Sie wacht nicht auf, aber fängt an mit leiser Stimme zu stöhnen. Ich trage sie bis vor das Fenster, richte sie vorsichtig auf und presse meine Brüste ganz fest an ihren Rücken. Sie kommt zu Bewusstsein und bevor sie merkt, was passiert, lege ich ihr einen Knebel an. Sie ist wie gefesselt vor Angst, ihre Beine sacken zusammen und während ich ihre Kleider aufschneide, flüstere ich ihr sanft ins Ohr: „Es ist eine magische Mondnacht, wie geschaffen dafür, mich in deinem Blut zu baden.“