Der Fluss
Der Fluss
Gerade als die Sonne unterging, sah er den verdammten Fluss hinunter. Sicherlich gab es Besseres zu tun. Sicherlich gab es Wichtigeres zu tun. Es gab vieles, was wichtiger war, als diesen vielleicht zehn Meter breiten Fluss hinunterzuschauen. Das Wasser stank so, daß – vorausgesetzt man blickte lange genug hinunter – das Ganze so übel roch, dass man glaubte, die Dämpfe dieses Gestankes aufsteigen zu sehen. Er hatte die Arme verschränkt und auf seinem roten Golf abgelegt, sah nun die Sonne untergehen und dachte an Zeitverschwendung. In der Nähe des Flusses wurzelte - wohl schon ewig - eine Eiche ohne Blätter.
Ihm wurde kalt. Im Frühling würde diese Eiche wieder grüne Blätter tragen – im Herbst werden sie wieder braun, aber nun hatte sie keine mehr. Das passte auch besser so: Der verdammte Fluss und die Eiche ohne Blätter.
Sie hatte schwarze Haare wie im Märchen. Ihre Busen waren rund und nicht eckig. Sie schwebte mit ihrem Auto die Strasse hinunter. Sie verstand etwas von schöner Musik und sie hatte auch schon mal ein Buch gelesen. Ihre Haut glänzte und schimmerte beim Untergang der Sonne – das Übliche. Noch vor einer Stunde war Sie im Theater gewesen, hatte Faust gesehen und auf Werther gehofft und nun ging die Sonne unter. Langsam senkte sich die Sonne – dann musste sie bremsen. Dort an dem Fluss, war ein Mann aus dem Auto gestiegen, hatte die Arme auf dem Dach des Autos abgelegt. Ihr war so, als hätte sie ihr ganzes Leben von diesem Moment geträumt.
Wie im Traum stieg sie aus und ging auf ihn zu, umarmte ihn. Doch auch er hatte geträumt. Irgendwann würde man nun zwei Leichen im Fluss finden, doch auf der anderen Seite stand sie, in einem weißen Brautkleid und er in seinem schwarzen Trauanzug. Und sie tauschten die goldenen Ringe. Wiederum auf der anderen Seite würde sich ein junger Kommissar profilieren und mit ehrgeiziger Ermittlung den Vorfall mit den Wasserleichen klären.