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Der Geisteskranke. Ein Märchen

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26.04.2005
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Der Geisteskranke. Ein Märchen

Frieder genoss es, wie das Mädchen mit dem Diabolo herumhantierte. Nicht, dass ihre und die Bewegungen des Gerätes besondere Grazie besessen hätten; aber das ganze Auf und Ab, unterbrochen dadurch, dass sie sich bückte, um das blaue Ding aufzuheben, wenn sie`s verfehlt hatte, erweckte in ihm so starke Erinnerungen an die Siebzigerjahre – an den ganzen Stil jener Epoche, das Schlanke und Schlaksige, gepaart mit einer gewissen Stillosigkeit –, dass er im geistigen Genuss nur noch schwelgen konnte. Er war als Pflegesohn in die Bauersfamilie hineingekommen, nachdem ein Autounfall seine beiden Eltern in den Tod gerissen hatte. Man schätzte ihn im Dorf, vor allem aber auf dem Bauernhof, wegen seines Wissens, das sich schon sehen lassen konnte, obwohl er erst siebzehn war; auch fiel es immer wieder auf, dass er anscheinend Humor besaß, brachte er doch vor allem die Mädchen, nicht nur die Kleine mit ihren sieben Lenzen, sondern auch die beiden Dreizehn- und Fünfzehnjährigen, die schon zu reifen und sich zu röten begannen, so oft durch seine unverbildeten, ja, oftmals nachgerade versauten! Lebens- und Weltbetrachtungen zum Lachen, wobei er niemals sich einer von ihnen auf künstliche Weise anzunähern trachtete, dass die beiden schon viel von ihm gelernt hatten, wenn nicht sogar in der Seele gefestigt worden waren.

Und wie Frieder da so hockt und Mechthildchen beim Diabolospielen zuschaut, kommt der wahnsinnige Johannes, ein früh verkalkter Assessor vom Gericht in der Stadt, der sich hier auf dem Dorfe niedergelassen hat, ums Eck.

Was soll der Bub tun? Aufstehen, Mechthildchen packen, ihr zuflüstern: "Pass auf, Kleine, ich schau dir in die Augen, nimm dich in Acht vor dem wahnsinnigen Johannes, der da kommt!" – Nein, das geht nicht, das würde sie nicht verstehen, denn es ist die Eigenart des wahnsinnigen Johannes, dass er keine kleinen Mädchen betatscht, sondern sie nur mit seinen relativistischen politphilosophischen Sentenzen zuquatscht. Und zwar auf aggressive Weise. Nie lässt er sich etwas durch die Lappen gehen, wodurch man ihn einsperren könnte. Aber die Kinder glauben ihm, kommt er doch zum Teil sogar im Auto, trägt er doch elegante Kleidung, ja, besitzt er doch sogar eine wenn auch hysterische und ungebildete Frau, die`s ihm manchmal gleichtut. Er sagt dann in seinem süßesten Ton "Hallo", und man wird unwillkürlich an den Führer erinnert, wie er im "Dritten Reich" die Mädels umarmte, während seine Gefolgsleute deren kleine Geschlechtsgenossinen auch schon mal an die Wand warfen; irgendetwas stimmt mit dem Assessor Johannes nicht, und deshalb nennt man ihn ja auch den Wahnsinnigen. Das Problem ist nur, dass ihm das nicht auch nur im Geringsten etwas ausmacht. Er überschwemmt die Jugend dermaßen schnell und mit einem derartig selbstsicheren Grinsen auf dem Munde mit seinen Berichten aus seiner, scheint`s, harten Berufstätigkeit, dass sich noch jedes Elternpaar nachher drei Monate darüber geärgert hat. Was sollen die Kinder damit?!!!

Mechthildchen strahlte gerade so richtig um die Wette, als sie Johannes` des Wahnsinnigen ansichtig wurde. Der fummelte wichtigtuerisch an seinem Führerschein herum, an dem irgendein Drecks klebengeblieben zu sein schien.

"Was iiist daaas?"

Johannes meinte bloß: "Och...", und ließ seinen Pappendeckel hektisch in eine Innentasche des Jacketts rutschen.

Der ganze Bau, den Mechthildchen zusammen mit ihren Schwestern und Brüdern im nah vorbeiführenden Bach aufgetürmt hatte, rollte knirschend in sich zusammen. Die Strömung befleckte ihn, bedeckte ihn, fuhr ihn an die Wände des Bettes. Mechthildchen war außer sich...

Frieder stand mit einem riesenhaften Baumstamm in den Händen im Bachbett und ließ sich genüßlich die Schuhe mit Schlamm volllaufen.

"Ich wollte ihn abstützen! Da ist er zusammengebrochen."

"Oh naaaaain!"

 

Hallo Hans Dunkelberg!

Diese Rubrik ist für Geschichten gedacht, die Märchen für Erwachsene darstellen und/oder eindeutig fantastischen Inhalt haben (egal, ob Drache, Fee oder Übersinnliches). Entscheidend hierfür ist, dass der Inhalt so in der Realität nicht vorkommen kann, wie er in der Geschichte geschildert wurde.
Für dein Märchen trifft das glaube ich nicht ganz zu, da so etwas (mehr oder weniger) durchaus passieren könnte in der Realität. Unter Fantasy verstehe ich etwas anderes.

Zum Inhalt: Die Idee, dass Frieder Mechthildchens Aufmerksamkeit auf den Damm lenkt, finde ich gelungen, aber ich verstehe nicht ganz, wieso Frieder am Schluss Bildungsminister wird. Die Geschichte hätte auch ohne diesen letzten Satz auskommen können.
Alles in allem, nicht so mein Ding, Geschmacksfrage eben, aber interessanter Einfall mit dem Damm.

Gruss
sirwen

 

Hallo Hans!

Tja, obwohl im Titel steht, dass die Geschichte ein Märchen ist, finde ich, dass das in keinster Weise zutrifft. Der Text ist hier völlig fehl am Platze.
Die Geschichte selbst hat mich nicht vom Hocker gerissen, und der Stil ist auch nicht ganz mein Fall. Man bekommt beim Lesen den Eindruck, dass du um jeden Preis heraushängen lassen willst, dass du Deutsch studiert hast (das trifft auch auf deine anderen Geschichten zu). Ich finde, dass so ein (künstlich) verworrener Stil bei so einem Text nicht gerechtfertigt ist.
Außerdem: Du bringst in deinem Text wild die Zeiten durcheinander, entscheide dich bitte für eine.

Was sollen die Kinder damit?!!!
Ein Rufzeichen genügt völlig, der gewünsche Effekt wird durch die Anzahl der Zeichen nicht verstärkt.

Liebe Grüße,
131aine

 

Hallo Hans Dunkelberg,
ich werde die Geschichte nach "Sonstige" verschieben, weil sie hier fehl am Platz ist.
Habe mit dem künstlich verworrenen Stil auch nichts anfangen können.

gruß
vita
:bounce:

 

Entschuldigt, bitte, meine späte Reaktion auf Eure Antworten. Ich bin noch neu hier im Forum, hatte mein Märchen unter der Rubrik Fantasy/Märchen gesucht, aus der es hinausverlegt worden war, und war nicht auf den Einfall gekommen, mir die Liste meiner Geschichten anzeigen zu lassen.

Ich habe Eure Anregungen aufgenommen, das mit dem Bildungsminister gestrichen, ein fehlendes Hilfsverb ("hatten" zum Ende des ersten Absatzes hin) ergänzt (das war ein Flüchtigkeitsfehler) und in den Absätzen darunter versucht, den in der Tat ein bisschen - wenn auch nicht absichtlich - durcheinandergeratenen Erzählstil zu glätten.

Was das Springen vom Imperfekt ins Präsens und zurück anbetrifft, kann ich die Kritik allerdings nicht nachvollziehen. Denn trotz der erwähnten anfangs noch vorhandenen Mängel muss es wohl jedem aufgefallen sein, dass ich mit dem obigen Märchen bewusst versucht habe, einem bestimmten Stil von Schulbuch-Fabeln, -Parabeln und eben -Märchen zu entsprechen. Das altklug Belehrende solcher Texte besitzt für mich einen ganz eigenen Reiz. Ich habe den Eindruck, das kann Kunst sein.

 
Zuletzt bearbeitet:

Ach ja, und noch zu der Frage, ob der Text ein Märchen ist. Man muss sich bewusst sein, dass ein Märchen durchaus nicht immer phantastische Elemente enthalten muss. So ist es ja auch bei vielen von den kleineren Märchen der Brüder Grimm. Natürlich wird man bei einem Märchen meistens einen Inhalt erwarten, der in eine übergoldete Vergangenheit, in irgendwelche Königreiche oder Ähnliches eingebettet ist, auch wird man davon ausgehen, dass gleich am Anfang mit dem Wesentlichen herausgerückt wird ("Es war ein König, der hatte drei Töchter..." usw.), aber natürlich ist das alles nicht so starr. Goethe setzt in seinem "Märchen" (das ist die phantastische Geschichte über die grüne Schlange und die goldene Lilie aus den "Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten") auch mitten in der Handlung an. Ich hingegen habe mit meinem Text versucht, sowohl das Phantastische wie das Übersichtliche, Ordner-Hafte hinauszulassen und das Ganze einzig und allein dadurch ein Märchen sein zu lassen, dass ich den belehrenden Tonfall von Schulbuch-Kindergeschichten übernehme.

 

Hallo Hans Dunkelberg,
es gibt in deinen Beiträgen den sogenannten "Edit-Button". Der ist der Freund jedes Autors, er erstpart nämlich überflüssige Doppelposts.
Ob der Text ein Märchen ist oder nicht, sei mal dahingestellt, Tatsache ist jedenfalls, dass die Rubrik Fantasy/Märchen für Texte gedacht ist, die "in der Realität so nicht vorkommen" können. Das ist bei deiner Geschichte nicht der Fall. Auch die Gebrüder Grimm haben durchaus Texte geschrieben, auf die das nicht zutrifft, aber nicht überall, wo Grimm draufsteht, ist auch Märchen drin (das wäre, als würde man sagen, dass alles, was auf Celli gespielt wird, klassische Musik ist). Der Text ist hier also deutlich besser aufgehoben.
Deine Beweggründe in Ehren, aber ich kann mit dem Ergebnis nicht das Geringste anfangen. Vielleicht findet sich ja ein Leser, dem es da anders geht.

gruß
vita
:bounce:

 

Ich wollte gar nicht kritisieren, dass der Text hierher verlegt wurde.

Ihr habt nun mal Eure Regeln, und die müssen ja nicht unbedingt mit den literaturwissenschaftlichen Gattungsregeln übereinstimmen.

In den "Kinder- und Hausmärchen" findet sich allerdings vieles, was in der Realität durchaus vorkommen könnte (mir fällt da jetzt auf die Schnelle bloß das kurze Märchen "Hans heiratet" ein).

Mit freundlichem Gruß,

Hans Dunkelberg

 

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