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Der Handschuh

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21.05.2007
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Der Handschuh

Der Handschuh

Als ich die Tür des Zeitschriftenladens öffnete, kam mir eilig ein Mann entgegen, fast hätte er mich angerempelt, vielleicht blickte ich deshalb flüchtig hinter ihm her und bemerkte, nachdem er sich drei schnelle Schritte von mir entfernt hatte, es waren drei große schnelle Schritte, wie sein Handschuh aus der Manteltasche auf den Boden fällt. Einen Sekundenbruchteil überlegte ich, dem Mann zuzurufen und ihn auf seinen verlorenen Handschuh aufmerksam zu machen, doch dann erblickte ich ein Handy an seinem Ohr und verwarf meinen Vorsatz, vielleicht auch wegen des beinahe Zusammenstoßes, dem der Unbekannte überhaupt keine Bedeutung beimaß, vielleicht genauso wenig Bedeutung wie dem Verlust seines Handschuhes. Es war ein schwarzer Lederhandschuh, den ich am Boden liegen sah und einen Augenblick dachte ich daran, den Handschuh überzustreifen, um dadurch noch etwas von der Körperwärme des mir völlig unbekannten Mannes aufzunehmen, dessen Gesicht ich noch nicht einmal erblicken konnte, sondern nur seine Schulterpartie und sein Ohr, an das er sein Handy preßte und ein Gespräch führte, das den Verlust seines Handschuhes verursachte. Gerne wäre ich mit meinen Fingern in jede einzelne Fingerhülse des schwarzen Handschuhes hineingeschlüpft, um auszuprobieren, inwieweit die Krümmung meiner Finger mit der Krümmung der Finger des mir unbekannten Handschuhträgers übereinstimmten, da der schwarze Handschuh, der auf dunkelroten Pflastersteinen lag, noch eine gewisse Spannung ausstrahlte, so als ob die Hand des Besitzers noch darin stecken würde. Ich mußte an eine Schlacht denken, wie sie sich vielleicht im Mittelalter abgespielt hätte. Auf einem Feld, daß einige Zeit schon ungepflügt brach lag, da es sich auf dem Grenzgebiet zwischen zwei befeindeten Völkern befand und sich somit im Laufe der Zeit ein grünes Feld aus Gras bilden konnte, aus dem vereinzelt noch dunkelbraune Lehmspitzen herausragten. Auf diesem grün-braunen Untergrund visualisierte ich plötzlich einen Metallhandschuh, vielleicht war er Teil einer Ritterrüstung. Ich sah deutlich den aus blank poliertem Blech geformten Handschuh am Boden liegen, die Finger waren aus drei unterschiedlich langen Metallhülsen konstruiert, die Handflächen mündeten in einem trichterförmigen Schaft, der am Ende eine Verzierung aus Nieten trug.
Aus diesem Schaft rann Blut, daß sogleich im lehmigen Boden versickerte. Undeutlich erkannte ich im Inneren des Handschuhes einen gespaltenen Knochen, umhüllt von aufgetrenntem rotem Fleisch, aus dem abgeschnittene, bläulich schimmernde Sehnen herausragten.

Der Verkäufer im Zeitschriftenladen bat mich, die Tür zu schließen. Ich weiß nicht genau wie viele Minuten ich mit der linken Hand die Türklinke herunterdrückte und mit dem linken Fuß bereits im Zeitungsladen stand, um nach hinten gewandt mit dem rechten Fuß außerhalb des Ladens, auf dem roten Pflaster stehend, den verlorenen Handschuh betrachtete. Ich betrat etwas verwirrt das Geschäft und entschuldigte mich bei dem Verkäufer. Aus der Fülle der bunt bebilderten Zeitschriften wählte ich meine Tageszeitung, die auf mattem, grauem Papier mit Schwarzen Buchstaben bedruckt ist, und nur selten farbige Abbildung enthält.

Natürlich war der Handschuh weggeräumt, als ich am nächsten Morgen zur gewohnten Stunde meine Zeitung erstand. Nichts vor dem Eingangsbereich des Zeitungsladens erinnerte mehr an die Geschehnisse des Vortages. Im Lokalteil meiner Tageszeitung wurde unter der Rubrik „Blaulicht“ erwähnt, daß ein Passant beim unachtsamen überqueren einer Hauptstraße, die ca. 3 Gehminuten von meinem Zeitungsladen entfernt verläuft, von einem PKW erfaßt wurde. Wie Augenzeugen berichteten, lief der Mann in großen schnellen Schritten, in ein Handygespräch versunken, auf die verkehrsreiche Straße. Der Fahrer des herannahenden PKW konnte nicht mehr verhindern, daß der Passant zu Boden gerissen wurde. Bei dem Sturz geriet die Hand des Fußgängers in die Stoßstange eines auf der Gegenfahrbahn vorbeirollenden Lkws und wurde dadurch vom Arm abgetrennt. In wie weit es den Ärzten der Universitätsklinik möglich war, die Hand wieder mit dem Arm zu verbinden, blieb bis Redaktionsschluß ungeklärt.

 

HAllo du,

willkommen hier
deine Geschichte erinnert mich an X - Faktor.
Komischer Zufall? göttlicher Wille? Solche Fragen entstehen dann im Hirne.
Aber gerade diese finde ich leider nicht interresant:sleep:, zumal es für mich zu wenig Hintergrund gibt in deiner erstlings Kg auf hier.
Aber naja, die idee finde ich jedenfalls nicht schlecht bzw. ausbaufähig.
Ich würde dann aber versuchen, das alles noch verzwickter zu arrangieren so das man erstmal nicht weiß was ab geht und sich dann alle Fäden zusammen ziehen oder so ähnlich.:hmm:

ein schönen Tag noch.

P.S. Juhu erster:D

 

Hi Löwendschungel,

willkommen im Klub.
Nach Deiner Einsteigergeschichte ging es mir folgendermaßen - und Du kannst ja für Dich klären, ob die beabsichtigt war.
Mich interessierte nicht der Handschuh, mich interessierte nicht der Mann, mich interessierte der Protagonist, d.h. der Erzähler.
Wieso bzw.wodurch läßt er sich so von dem Handschuh und dem Mann so verzaubern, wie macht er es, daß er quasi die Zeit um sich herum anhalten kann, um seinen Visionen nachzuhängen.
Und wie geht es weiter?
Evtl. hat ihn ja der Fastzusammenstoß und der daliegende Handschuh zu solchen Visionen/Bildern inspiriert - wie geht er mit der noch deutlich mehr aufwühlenderen Information um, daß quasi den Unfall vorausgesehen hat und daß eine Auktion durch ihn den Unfall womöglich hätte verhindern können.
Auch ist der Handschuh ja ein Symbol der Fehde und als solches eine indirekte Kampfansage und stellt möglicherweise die Reaktion des Geistes Deines Prot. auf den Schreck des Beinahe-Zusammenstoßes dar. So eine Doppelsymbolik hat immer einen gewissen Reiz.
Vor allem, wenn sich Kreis irgendwie schließen würde und Dein Prot. den Handschuh evtl. dem Fremden zurückbringen würde (als Symbol der Versöhnung)
Aber vielleicht ist es alles auch nur Zufall.

Wie Du siehst, wird für mich nicht ganz deutlich, was Du nun genau zeigen wolltest. Möglicherweise sind es ja auch die Bilder, die Dich eher interessieren.
Vielleicht ging es Dir auch nur darum zu zeigen "wie es zugehen kann und welche Zufälle es manchmal" gib.

Mich jedenfalls interessierte die Figur Deines Erzählers

Grüße
mac

 

Hallo Jimminie,

danke für deine Kritik, oder Anregung und auch für dei Willkommen im Club, als KG. Aber was meinst Du mit X - Faktor?

Gruß
Löwendchungel

 

In the jungle, the mighty jungle, the lion... :D

Hallo Löwe und willkommen auf kg.de

eine interessante Fügung, habe gerade von Max Klinger die Grafikserie "Der Handschuh" studiert - und siehe da, eine Kg mit dem selbigen namen steht plötzlich ganz oben unter Neue Beiträge.
Gelohnt zu lesen hat sich dein Erstling schon, ist inhaltlich vage ähnlich abgehoben wie die Grafiken des Künstlers. Will heißen, man kann eine Menge hineininterpretieren.
Allerdings kommt bei mir der gleiche Kritikpunkt hoch, den du auch schon von macsoja zu hören bekommen hast.
Dein Protagonist wird zu wenig beleuchtet, das Geschehen dadurch zu unpersönlich und leider auch etwas sehr beliebig.
An deiner Stelle würde ich eine vertiefende Innenschau deines Prots liefern, da lebt dann mehr Teilnahme beim Leser auf.
Wo du auch auf jeden Fall nachbessern solltest, ist deine Komma-Wut ;)
Lange Sätze sind eine Kunst für sich, und leider muss ich dir sagen, dass du diese noch nicht so wirklich beherrschst. :shy:
Hin und wieder einen Punkt mehr und die Lesbarkeit bekommt mehr Punkte :D

Ein nächster tipp lautet Wortwiederholung.
Schau mal nach wie oft in kurzer Folge du Handschuh hintereinander auftauchen lässt. das liest sich etwas unelegant.
Ist zwar schwer ein Synonym für handschuh zu finden, aber dann musst du eben die Sätze umstellen. So ist das noch etwas sehr sperrig.

hoffe, du kannst mit meinen Anregungen etwas anfangen. Die Idee fand ich zumindest ziemlich originell.

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Macsoja,

vielen Dank für dein sehr persönliches feedback. Bisher dachte ich, die Storry ist für mich beendet, aber nach deiner Analyse strick ich vielleicht doch noch daran weiter.

Es freut mich, in der KG so nett aufgenommen zu werden.

Bis dahin
Löwendschungel

 

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