Der jonglierende Elefant im 3. Stock
Der jonglierende Elefant im 3. Stock
„Liebe Kinder heute will ich euch meinen Freund Jochaim vorstellen. Er ist Schriftsteller und hat schon viele Gedichte und Geschichten veröffentlicht.“
In meiner Erinnerung las uns ein kleiner freundlicher Mann mit gräulich weißem Haar und einer kleinen runden Brille eine seiner Geschichten vor.
Nachdem er seine Vorlesung beendet hatte, konnten wir Fragen stellen.
Der kleine Florian rief: „Wie kommen Sie nur auf diese Ideen in ihren Geschichten?“
Geheimnisvoll antwortete er;
„Hinter meinem Gedankenhaus liegt ein Garten, dort sind Beete mit Gedichten und Geschichten. Sind sie reif, dann ernte ich.“
Schweigen kein Kind wagte etwas zu sagen. „Und was ist mit eurem Gedankenhaus?“ Fragte er verschmitzt.
Niemand meldete sich. Bis auf einmal mein bester Freund Simon sich meldete.
Was er sagte, sollte mich noch Jahre später beschäftigen und mich vor der größten Dummheit bewahren.
„In meinem Gedankenhaus im dritten Stock jongliert ein Elefant mit drei Kugeln und zwei Keulen auf einem farblosen Ball.“
Natürlich wusste ich nicht ob das nur Phantasie war oder was auch immer. Auch mein Herr Lehrer oder meine Klassenkameraden wussten damit nicht soviel anzufangen. Vielleicht der Schriftsteller, aber der schwieg und lächelte in sich hinein.
Jahre später, als ich bei meinem Freund zum Essen eingeladen war, traf ich dann aber doch noch, den farblosen Ball und den Elefanten mit seinen Bällen und Keulen. Natürlich konnte ich sie nicht sogleich erkennen. Aber je länger ich Gast im dritten Stock der Wacholderstraße 29 sein durfte, desto mehr konnte man den farblosen Ball erkennen, der, rund wie eine Kugel nun mal ist, keine Kanten hat und seinen Elefanten, der drei Kugeln und zwei Keulen jongliert.
Im Unterbewusstsein hatte mein Freund, als er nach seinem Gedankenhaus gefragt wurde, seinen rundlich Vater beschrieben, der auf keine Frage eine Antwort wusste, seine Ruhe und vor allem sich selbst liebte, und durch seine abwesende und abweisende Art, fast alles aus dem Gleichgewicht brachte. Dazu seine noch fülligere Mutter, die mit aller Macht ihre drei Kinder, ihren Beruf und den Haushalt in Rotation hielt und ihren Mann mit ihren schweren Elefantenbeinen fast zum platzen brachte, aber das Gleichgewicht hielt.