Der Kicherelch, sein Papst und Ich
Wie jeden zweiten Donnerstag im Monat, besuchte der Kicherelch unseren Kindergarten, um uns die Welt zu erklären.
Heute war ich dran mit fragen.
"Lieber Herr Kicherelch, was ist das für ein alter Mann im Fernsehen?", ich hatte ihn erst am Morgen gesehen und richtig Angst bekommen, so alt sah der aus.
"Das ist ein sehr wichtiger Mensch für viele Menschen, die an den wahren Gott glauben.", warum er wahrer Gott sagte verstand ich nicht.
"Warum hat er denn so schlimm gezittert?", das hatte mir erst so richtig Angst gemacht. Wenn ich später auch so zittern muss, dann will ich nicht alt werden!
"Er fror!", antwortete er sehr ernst. Wo er doch sonst immer so viel kicherte.
Wenn ich friere, sagt die Mama immer ich soll mir was Wärmeres anziehen. Sein Bademantel war wirklich etwas dünn.
"Warum friert er denn nur an den Händen? Wenn mir so richtig kalt ist, klappern mir zuerst die Zähne, nicht die Finger!"
"Der Mann ist ein bisschen krank. Das Zittern ist gut für die Hände. Es hält sie warm.", bei diesen Worten schaute der Elch mir nicht mehr in die Augen.
"Wenn er krank ist, warum kommt er dann immer im Fernsehen und liest irgendwelches Zeug vor? Wenn ich krank bin, legt mich meine Mama immer ins Bett."
Er wurde langsam etwas sauer über meine Fragerei. Die anderen Kindergartenkinder nickten aber ustimmend. Sie schienen ähnlich zu denken.
"Du liegst im Bett, wenn du krank bist, weil dich keiner vermisst. Du bist unwichtig!", das war gemein, ich bin sehr wohl wichtig, genauso wie er oder dieser blöde Fernsehfritz.
"Warum genau, ist er denn so wichtig? Was macht er denn, was mein Papa nicht auch könnte?"
"Er spricht Leute heilig, du frecher Knirps, das kann dein Vater nicht.", er war echt wütend.
"Mit Bademantel und Hut von einem Papier in ein Mikrophon ablesen, das kann sogar mein großer Bruder." ich war ebenfalls wütend.
Er wich diesem Thema aus.
"Allerdings kennt weder dein Bruder, noch dein Vater oder deine Mutter die Bibel auswendig und tritt für sie ein."
"Soweit ich weiß, verbietet er die Verhütung. Verhütung verhindert aber AIDS. Wenn er das verbietet was AIDS verhindert, erlaubt er AIDS dann nicht? Ist es ihm in Anfrika zu voll? Will er dort Platz für Kirchen schaffen?"
Ich weiß, dass das echt gemein war. Da musste auch der Fernsehprediger weinen, dem mein Vater, eine Woche zuvor, genau dasselbe an den Kopf geworfen hatte.
Doch stattdessen tätschelte der Kicherelch mir auf den Kopf und sagte kichernd:
"Wenn ich dich so ansehe sollten wir das mit der Verhütung wirklich nochmal überdenken."
Der Kicherelch kam nicht mehr in unseren Kindi. Das machte mich zum Außenseiter. Alle gaben mir die Schuld daran.
So wird also mit intelligenten Kindern umgesprungen. Der Elch verschwindet, die anderen mögen mich nicht mehr.
Die Erzieherin geht fremd.
Mit meiner Mutter.
Mein Vater bringt Fernsehprediger zum Weinen.
Und der Papst wird nicht erlöst.
Was soll ich noch glauben?