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Der Mann, den sie Wolfsmensch nannten

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18.01.2006
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Der Mann, den sie Wolfsmensch nannten

Der Mann, den sie Wolfsmensch nannten
© Magnus Lebemann


Die Videothek an der Hamburger Straße verfügt über eine reichhaltige Auswahl an Erotik-Filmen. So und nicht anders stellt es sich auch nach Betreten des Porno-Tempels dar. Einmal durch den keimigen Filzvorhang geschritten, entdeckt man wahre Schätze des Kopulations-Films. Als I-Tüpfelchen stehen hier auch an die zwanzig Aschenbecher; bei der Auswahl kann eine Zigarette beruhigend wirken und Fehlgriffe reduzieren sich auf ein Mindestmaß.
Ich gehe meinen Gepflogenheiten entsprechend zunächst in die "Normalo-Ecke". Dort erinnern die Cover der DVDs eher an die Titelseiten von Heimatromanen, als an Bums-Eskarpaden. Der Titel "Fotzenparty in Wichshausen" sticht mir ins Auge. Die Inhaltszusammenfassung auf der Rückseite bestätigt aber nicht die hochtrabende Benennung des Kunstwerks.
Es geht um ein Dorf, in dem alle Bewohner regelmäßig Verkehr haben. Zu langweilig.
Bei den Peitschenfilmen scheint sich auch nichts getan zu haben. Die Gasmasken und Latex-Anzüge, die einem entgegen prangen, laden Leute wie mich nicht gerade auf eine Exkursion in diese merkwürdige Welt ein.
"Gequetschte Hoden" und "Fotzengewitter" sind Titel, die mir zu derb erscheinen, soll es doch heute etwas mit Stil sein.
Da beobachte ich zunächst doch lieber die anderen Suchenden, die über die Gänge schleichen. Ein älterer unauffälliger Mann versucht, durch seine Gestik noch ein Stückchen unauffälliger zu wirken. Aber merke: Minus mal Minus ergibt plus und jeder weiß: Das ist ne ganz perverse Sau! Ein dicker, vielleicht fünfzigjähriger Fettwanst macht da weniger Hehl aus seiner Passion. Ich kann den Namen des beäugten Pornos im Vorbeigehen erhaschen: "Pisswunder geben Vollgas". So ist der also drauf. Die arme Frau (falls er überhaupt eine abgekriegt hat). Oder war sie es vielleicht, die ihn auf diesen falschen Pfad lockte? Sicher scheint: Wenn der daheim ne Alte hat, sieht sie aus, wie die Talkgäste im Fernsehen, die um die Mittagszeit herum Arbeitslose, Rentner und Haustiere, die versehentlich auf die Fernbedienung getreten sind, belustigen, bzw. langweilen.
Der mittlerweile halbstündige Aufenthalt im Wixvorlagen-Paradies hat bis jetzt zu keinem Ergebnis geführt. Da werde ich wohl zu Paul rüber gehen, dem Mann meines Vertrauens. "Digger, hast du was mit viel Titten und mächtig Rammelei? Aber nicht zu viele Männer, ich will Weiber sehen!" Wer die STAR-WARS-Filme kennt, würde Paul mit Chewbacca, einem behaarten Wesen, das alle Teile hindurch nur grunzt, gleich setzen. In der Tat hätte Paul gut daran getan, bei einem russischen Wanderzirkus als Wolfsmensch anzuheuern. Seine Mutter muss von einem Besen begattet worden sein ... aber nett ist er immer und wenn er nen Porno nicht kennt, gibt es den auch nicht!
"Na, alte Rinde, heute wieder Notstand, oder was? Ich komm gleich wieder, wir haben ne neue Lieferung reinbekommen. Kommt aus Griechenland, auch viel Schrott dabei aber ich such dir mal was Schönes raus." Auf Paul kann man sich verlassen. "Luxus-Schnecken packen aus" soll es dann wohl sein. Auf die Inhaltsangabe muss ich nicht achten, der Streifen wird rocken, das war bis jetzt immer so. 3 Euro Leihgebühr für 60 Minuten Spaß finde ich fair, und dazu darf ich mich als Inhaber der Silver-Club-Card über eine verlängerte Ausleihdauer von drei Tagen freuen.
Mein Fahrrad bedarf dringend eines Austauschs. Es sieht derart ramponiert aus, dass einem selbst die Junkies am Marktplatz mitleidig beäugen. Aber für die unentgeltliche Mitnahme eines Ersatz-Drahtesels bleibt keine Zeit.
Zur sehr brennt es mir unter den Nägeln, was für unsittliche Geschehnisse in Pauls Geheimtipp auf mich warten. Shit, der an der Ampel ist mein Boss!
Ich hätte mir doch eine Tüte für den Film mitnehmen sollen ... irgendwie aber auch egal, weil ich den Sack schon des Öfteren beim Begaffen einschlägiger Websites ertappt habe.
"Hallo, Frau Merges, na Sie haben ja auch noch einiges vor, was?", grinst der schmierige Affe aus seinem 911er Cabrio, und ich kann erahnen, dass er an einem gemeinsamen Filmabend mit Sex nichts auszusetzen haben würde. "Ja, Herr Pöhl, ich muss mich jetzt aber beeilen, meine Reifen verlieren Luft".
Mir läuft der Saft schon die Kimme runter und ich sehe zu, dass der DVD-Player endlich in die Gänge kommt ...

 

lukas_iskariot schrieb:
... und ausserdem, die zeiten des schmuddelpornoverleihs sind schon längst vorbei.

alla mohl
lukas


Sorry, aber da muß ich was korrigieren... schon mal in Hamburg gewesen? Schanze, Kiez usw?

@nachtschatten:

hmm, die pointe war eigentlich nicht nur rangehängt. Habe mich eben während der Story darauf konzentriert, keine Hinweise auf das Ende einzubauen. Und zum Titel: Ich bemühe mich stets um eine nicht all zu konventielle Herangehensweise. Wer bestimmt, dass der Titel immer die Hauptakteure/die Haupthandlung beschreiben soll? Mich würde mal interessieren, was Leute zu der Geschichte sagen, die in meinem Alter sind... 25-40.

Gruß

Magnus

 

...

Hallo nochmal,

bei einem titel bezogen auf die Videos hätten sich wahrscheinlich aber auch einige Leser beklagt.

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass der Titel nicht zwingend mit der Hauptfigur oder der Haupthandlung verknüpft sein muß.

Gruß

Magnus

 

...

Oh, welch geistiger Erguss, werter Groper...

Ich dachte schon, in diesem Forum gäbe es keine Trolle, Allwissende und Pauschalisierungsfanatiker.

Erstens: Vielleicht befinden Sie sich nicht in dem Alter, über die Ausdrucksweise und Befindlichkeiten "junger" Menschen zu urteilen oder sind derart frustriert, dass selbst die Selbst-Beweihräucherung keinen Spaß mehr macht. Aber mehr als die Second-Hand Floskeln scheinen Ihnen nicht einzufallen.

Wenn jemandem meine Geschichte nicht gefällt, ist das total ok. Mir gehen aber die Menschen auf die Nerven, die mit ihrer Sprach-Akrobatik selbst ein Forum zu spammen.

Bebrillte Gartenzwerge und pubertierende Kiddies sind mir bekannt. Genauso jedoch auch Flachzangen, die im Leben nix zu melden haben und jeden mit ihrer Klugscheißerei belabern.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass Sie in Ihrem Köpfchen vorschnell urteilen...

Nichts für ungut...

Der Magnus

 

Mein Fahrrad bedarf dringend eines Austauschs. Es sieht derart ramponiert aus, dass einem selbst die Junkies am Marktplatz mitleidig beäugen.

Wahrscheinlich bedingt durch das Abstrampeln überschüssiger Energien, die sich durch das beschriebene Filmangebot angestaut haben - Rost inklusive.

 

...

Das mag wohl auf die Hauptfigur zutreffen. Etwaige Verwechslungen mit dem Schreiber-Gewürm (mir) sind ausgeschlossen.

Gruß von der Waterkant

Magnus

 

Antwort

Hallo Groper,

ich verstehe zwar nicht, wo Sie den erhobenen Zeigefinger sehen...

Diese Geschichte habe ich auch in einem anderen Forum gepostet. Dort habe ich ebenfalls darauf hingewiesen, dass es lediglich darum geht, dass auch Frauen richtige Säue sein können. Das ist erstmal eine wertungsfreie Feststellung. Warum soll diese Eigenschaft nur Männern vorbehalten sein?

Evtl. liegt der Fehler auch wirklich bei mir. Das ganze hätte vielleicht wirklich in die Spaß-Ecke gehört. So bierernst wollte ich das Geschtchen gar nicht verstanden wissen...

Die Einstreuung der Prono-Titel und diverse Milieu-Beschreibungen gehören einfach in die Geschichte, keineswegs sollte der Eindruck entstehen, ich wolle damit primitiv provozieren.

Ich lasse mir ja gerne alles vorwerfen: von Schreibstil bis Grammatik aber die von Ihnen geäußerten Kritikpunkte kann ich auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollziehen. Vielleicht hätte ich den Kram mit einigen Einwürfen wie *bubbles*, *sic*, *hoo*, *ray*, oder sonstwas garnieren sollen. Nur habe ich Derartiges immer für störend gehalten *smile*

Gruß

Magnus

 

...

Lieber Frauenversteher,

bitte sehen Sie mir nach, dass meine Geschichte nicht in Ihr Weltbild passt.

Ich kann jedoch verstehen, dass jemand wie Sie nur über ein zartes Nervenkostüm verfügt, reissen sich doch die ganzen Verlage um Ihre Stories und belästigen Sie womöglich nachts mit unnötigen Anrufen und unzähligen Angeboten...

In Zukunft werde ich selbstverständlich Ihren Ratschlägen nachkommen und nur noch KGs für "Traumfänger-im-Ohr-Emmanzen" verfasssen. Wäre dann alles ok?

Gruß

Mac Nuss

 

Schmuddel

Hallo Magnus,

Tja, wer derartige Geschichten schreibt, darf sich nicht wundern wenn die Provokation auch trifft. Das äußert sich dann in entsprechenden Kritiken... Mein Eindruck: Sauber und flüssiger Stil, unkonventionell und derb, daher passend zur Geschichte. Kurz genug um sie flüssig in einem Rutsch zu lesen und lang genug um auf die Pointe vorzubereiten. An der Stimmung im Pornoladen hätte man vielleicht noch etwas feilen können, aber was du ausdrücken wolltest kommt rüber. Die Protagonistin hat ein Faible für Porno, ist aber von den 'extremeren' Sachen angewidert, will lieber das 'normale'. Damit akzeptiert sie Porno an sich, stellt sich aber über den 'Schmuddel'. Dieser Widerspruch gefällt mir besonders. Pornoläden gibts nur weil es auch Leute gibt die sie besuchen.
Warum wirkt die Pointe so gut? Ists nicht weil wir alle beim Lesen schon ein genaues Bild vom Prot haben? Ist das nicht auch ein Vorurteil? Meiner Meinung nach ist deine Geschichte ein Beitrag zur Gleichberechtigung. Keep on the good work!
Zum Titel: Der Titel soll neugierig auf eine Geschichte machen. Das hat, zumindest bei mir, funktioniert. Natürlich hätte ich mir etwas anderes unter dem Titel vorgestellt, aber eine Geschichte ohne Überaschung reizt mich kaum.
MfG
J.M.L.

 

Dann geb ich auch mal meinen Senf dazu:

Meiner Meinung nach sollte es keine allgemeingültigen Regeln für sowas wie den Titel o.ä. geben.
Wenn du als Autor meinst, dein Titel passt zu deiner Geschichte, dann ist es dein Titel.
Allerdings riskierst du damit, dass du deine Leser enttäuscht. Wer sich auf eine Geschichte über einen Wolfsmensch gefreut hat, wird hinterher vielleicht bedauern in deinen Pornoladenbesuch gestolpert zu sein.

Die Frage für dich als Autor ist doch: Willst du einfach etwas schreiben, weil du den inneren Zwang dazu verspürst, und ist dir die Leserreaktion völlig schnuppe? Oder möchtest du auch eine positive Resonanz erzielen und Leser erreichen, denen dein geschriebenes gefällt? Dann solltest du die Kritiken hier durchaus ernst nehmen und drüber nachdenken ob was dran sein könnte.

Für mich jedenfalls ist der Titel eine entscheidende Sache, er macht mich neugierig und er prägt das Werk.

Was den Rest der Geschichte angeht: Ich mag die Schlusspointe, allerdings ist die Tatsache dass Frauen genauso "Säue" sein können wie Männer ja nix neues. Der Rest hat mich nicht großartig angesprochen, ist aber durchaus konsequent aus der Perspektive dieser Frau geschildert.

 
Zuletzt bearbeitet:

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StBSchwarz,

du hast Recht. Das Risiko geht man bei der Titelwahl eben ein. Mir erschien es zu plump, das Ding z.B. "Videothekenbesuch" zu nennen. Die Kolateralschäden nehme ich in Kauf. Ich freue mich allein schon über Joseph, dem meine Geschichte ein wenig Unterhaltung gebracht zu haben scheint. Ich möchte keineswegs "groß rauskommen" oder beanspruche einen Literaturpreis. Vielmehr sollen sich die Leute, die den Text auf irgendeine (oder sogar die gemeinte) Weise interpretieren können, angesprochen fühlen oder einige Zeit darüber nachdenken.

Dass Frauen Säue sein können, ist in der Tat nicht gerade neu. Aber wie das im Alltag aussieht, darüber liest man wenig. Das soll keineswegs heißen, dass ich Frauen doof finde (ne ne, wirklich nicht...). Es ist, wie Joseph sagt, eine recht ausgeglichene Sache. Warum soll man Frauen auf nette, vielleicht sogar ein wenig ausgeflippte, Tittenträger reduzieren, die sich nie und nimmer mit dem Videotheken-Mitarbeiter über Pornotitel unterhalten würden? Das ist alles. Und ich glaube, gerade weibliche Leser finden das alles gar nicht so schlimm... sind doch auch nur Menschen.

Ach ja StBSchwarz: Bei der Vorstellung, eine 67-jährige Pensionärin würde sich auf eine schauderhafte Geschichte freuen und dann im Pornomilieu landen, musste ich schmunzeln...

Gruß

Magnus

 

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