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Der Marius Vogel

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04.10.2001
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Der Marius Vogel

Er hat es nicht leicht mit uns,der Marius Vogel, von dort oben aus dem Norden irgendwo.Mit seinem Hanoveraner Dialekt,der für uns so klingt,als würde einer mit einem
scharfen Rasiermesser in der Luft herumfuchteln.Mit seinem schnellen Mundwerk kann der sich bloß verständlich machen,aber nicht gescheit ausdrücken.

Es ist doch ein Unterschied,ob jemand sagt: "Ich bekomme eine Wut",oder ob einer brüllt: "I könnt grad uff de Sau devoreite!"Da sieht man doch was vor sich.Dem kann man doch förmlich zugucken,wie er die Herrschaft über sich verliert.Man bekommt angst und hält den Mund.Oder man könnte halt auf der selben sau davonreiten und brüllt zurück.Und dann gibt es einen prima Krach,von dem alle was haben.Bei uns ist die Wut halt schon in der Sprache.Aber lieber Gott,wenn einer erst ankündigen muß,er würde eine Wut bekommen-das glaubt hier kein Mensch.

Dem Marius fehlt es vor allem am richtigen Wortschatz.Er bräuchte mehr Wörter,die ganze Sätze überflüssig machen,weil man schon hört,was sie bedeuten.Was ist zum Beispiel dem Marius sein "antriebsloser Mensch" gegen mein "Labbeduddl"?Wo er zwei stramme Wörter braucht,komme ich mit meinem schlaffen Wörtle der Sache näher.Ja gibt es denn was schlafferes,was lätschigeres als ein Labbeduddl?Den sieht man doch direkt vor sich im Sessel hängen.Mein Marius gibt sich Mühe ,unsere Sprache zu lernen."Lappentuttel",hat er kürzlich sogar gesagt.Es hat geklungen,wie vom Computer ausgedrückt.

Manchmal höre ich dem Marius gar nicht zu.Ich beobachte nur sein Gesicht beim Reden.Es muß arg angestrengt sein,wenn sich jemand so deutlich ausdrücken will.Bei jedem Laut muß der extra seinen Mund verziehen und die Lippen bewegen.Wie fürchterlich!Und das nur ,damit kein a,e,i,o,u,ü oder ä verschnuddelt,also unklar artikuliert wird.Also ,ich wäre ziemlich wortkarg,wenn dauernd Sätze wie: "Schau mal in die Tüte,da ist ein Bonbon drin" sagen müßte.Mir wäre das zu mühselig.Ich sehe nicht ein,daß ich mir nur wegen der Deutlichkeit das Maul verreißen soll.Ich arretier praktisch den Kiefer im mittleren Bereich." Guck mol `n d`Guck,do`sch e Gutsl."

Aber wie gesagt,der Marius bemüht sich.Der aktive Wortschatz ist noch ziemlich dürftig.Immerhin,beim Hörverstehen hat er schon erstaunliche Fortschritte gemacht.So ein klarer simpler Satz wie "Alla,trink voll leer!" hätten ihn vor ein paar Monaten noch schwer irritiert.Inzwischen macht er es.Und so eine Szene wie damals ,wo ich beim Umzug geholfen habe,könnte sich heute nicht mehr wiederholen.

Wir haben Bücher geschleppt." Heb mol die Babbedeckeschachtel do!",habe ich zu ihm gesagt." Wie bitte?Was soll ich?",hat er mich groß angeguckt."Die Babbedeckelschachtel hebe,nur en moment.""Ach so,Du meinst den Karton.Aber wieso soll ich denn...?".Da hatte er schon die schwere Schachtel mit den Büchern bis vor das Gesicht hochgestemmt."Net,!Was mach`sch denn?",habe ich geschrien."Nur hebe!Doch net lüpfe!"Vor Schreck ist ihm die Bücherschachtel aus den Händen gerutscht und vor die Füße gefallen."Ja,was denn nun?",hat er mich entnervt gefragt.Ich habe lachen müssen und ihm nochmal erklärt: "Ich habe doch klar und deutlich hebe gesagt.Net hochlüpfe.Halt hebe.Hebe heißt nix mache,bloß net falle lasse!"Er hat sich an die Stirn geschlagen."Ach so,du meinst halten!"

Inzwischen kommt das zackiche "Wie bitte?" vom Marius Vogel viel seltener in unseren Unterhaltungen vor.Und wenn ich mich nicht verhört habe,ist ihm kürzlich sogar ein "Hä?" herausgerutscht.

 

Ich glaube, mit mehr Übertreibung oder extremeren Beispielen, wäre die Geschichte lustiger gewesen. So ist der Gedanke ganz gut; jedoch die Umsetzung nicht so gelungen. Ich würde auch sagen, dass die Geschichte einfach zu kurz geraten ist. Anstatt eine Person kurz zusammenfassen zu lassen, wäre eine ausführliche Beschreibung der Missverständnisse wie im Mittelteil lustiger gewesen. So ist es mehr eine Aufzählung von Merkmalen, die kaum Atmosphäre schafft. Ruhig länger an einer Sache bleiben; besonders hier hätte man mehr daraus machen können!

 

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