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Der Plastikdoktor und das vergammelte Vieh
Der Plastikdoktor und das vergammelte Vieh
Mord. Dieses Wort kannte Hermann Ruhland bisher nur aus der Zeitung, aus Filmen, aus Büchern, nun sollte es Realität werden für ihn. Mord. Aber was blieb ihm anderes übrig? Sollte er sich ein Leben lang erpressen lassen? Von diesem Sandler, dem Scholler Toni. Beim bloßen Gedanken an diesen abgefeimten Halunken schwollen dem Fleischfabrikanten die Adern an der Schläfe, als wären sie violette Regenwürmer, und sein Gesicht färbte sich puterrot.
Mord. Noch 30 Minuten, dann gab es kein Zurück mehr. Ruhland war nervös, sein Trachtenhemd an den Achseln verschwitzt, sein Puls zu hoch, seine Handinnenflächen feucht, so dass sie das Kuvert, das er seinem Sekretär entnahm, befleckten. 30.000 Euro hatte er verlangt, in bar und vor dem Auftrag. 30.000 für einen sauberen, anonymen Mord, für den niemand ihn, den angesehenen Unternehmer, verdächtigen würde.
Noch 29 Minuten. Es war Zeit aufzubrechen. Wo war nur sein Janker? Er hatte ihn heute extra ins Büro mitgenommen und präpariert. Hatte ihn seine Frau schon wieder versteckt? Annamirl musste immer alles aufräumen, in alles ihre nicht gerade kleine Nase stecken. Offensichtlich hatte sie heute schon wieder sein Büro durchstöbert und umgekrempelt. Manchmal würde er sie am liebsten durch den Fleischwolf drehen wie sein Schlachtvieh vor dem Verwursten. Manchmal war’s aber auch umgekehrt. Erst vor zwei Tagen hatte Ruhland den Geburtstag seiner Frau vergessen. Sie war kaum zu besänftigen und drohte, sie werde sich ihre Geschenke schon noch holen. Soll sie doch, dachte sich Ruhland, und schloss seine Kreditkarten weg.
Er ging zur Garderobe, an der tatsächlich sein neuer hellbrauner Trachtenjanker hing. Ein schönes Stück, im Landhausstil mit Stickereien an den Knopflöchern und am Revers, mit Kontrastpaspeln an beiden Einstecktaschen, an der Brusttasche und am Kragen. Modern und bayerisch, wie der zeitgemäße CSU-nahe Unternehmer sich gern präsentierte.
Mit einem Anflug von Zorn, was musste sie ihm gerade heute mal wieder seine Sachen verräumen, zog er sein schönes Stück an, war aber dann erleichtert, als er feststellte, dass der andere Briefumschlag offensichtlich noch in der Innentasche steckte. Ein Blick auf die Uhr: noch 27 Minuten, dann würden für den Scholler Toni, dieses Schweinsgesicht, die Totenglocken läuten. Der wird bald seine letzte Weißwurscht gfressn haben, dachte sich Ruhland und stieg in seinen metallig-grauen S-Klasse-Mercedes ein.
Wie verabredet parkte Ruhland seinen Wagen auf dem kleinen Rastplatz zwischen Hengersberg und Iggensbach. Nur vier andere Wägen standen dort in der Dunkelheit, alles Kennzeichen, die eine Herkunft außerhalb des Bayerischen Waldes und seines Einzugsgebiets verrieten. Ruhland wartete. Er schaltete das Radio ab, das Gewinsel von all den Britneys dieser Welt konnte er eh kaum ertragen, und in dieser angespannten Stimmung gleich dreimal nicht.
Plastikdoktor nannte man den Killer, den ihm seine, naja, Spezln wäre übertrieben, seine Bekanntschaften in einem Münchner Bordell empfohlen hatten. Er wusste nicht einmal, wer von den Luden den Kontakt hergestellt hatte. Alles sollte so anonym wie möglich ablaufen. Vorgestern hatte er dann einen Anruf bekommen. Den Anruf.
Der Plastikdoktor, er hatte sich wirklich so vorgestellt, hatte nur von der Lösung eines Problems gesprochen, bei dem er Ruhland behilflich sein könne, und dann diesen Treffpunkt vorgeschlagen. 20 Uhr, da war es Mitte März schon finster. Seit einer geschlagenen Stunde wartete der Unternehmer nun schon auf seinen Problemlöser. Die Wägen, die anfänglich auf dem Rastplatz geparkt hatten, waren längst verschwunden. Länger als zehn Minuten hatte es niemand ausgehalten. Plötzlich öffnete sich die Beifahrertür und ein Mann setzte sich neben Ruhland. Er war völlig schwarz gekleidet, die Hosen, der Rollkragenpullover, die Mütze und die Handschuhe. Sein Gesicht leuchtete jedoch weiß, weiß von einem Mundschutz, wie ihn Ärzte bei einer Operation tragen. Einzig seine Augen wären zu sehen gewesen, wäre der Rastplatz nicht längst in Dunkelheit versunken gewesen.
"Sie haben die zwei Umschläge für mich?", sagte der Killer mit gepresster Stimme.
„Ja, aber passen’s auf, es ist so, dass...“
„Kein Gequatsche, nur die Umschläge“, fauchte ihn der Killer mit eiskalter Stimme an.
Wortlos gab Ruhland daraufhin dem Plastikdoktor die beiden Kuverts, dann aber plagten ihn seine Zweifel doch zu sehr.
„He Spezi, jetzt pass mal auf, welche Garantie hab ich, dass Sie ihren Job auch erledigen?“ Wie viele gestandene Bayern hatte er Probleme mit dem Sie und fiel immer wieder in das vertraute Du.
„Wenn das Geld stimmt, können Sie Ihr Problem als gelöst betrachten.“
„Das ist keine Garantie!“
„Von 27 Problemen habe ich 25 sauber gelöst. Das ist meine Garantie. Und zweimal hat man versucht, mich zu verarschen.“
„Und dann?“
„War der Auftraggeber das Problem, das gelöst werden musste.“
„Trotzdem, sind Sie irgendwie erreichbar? Unter irgendeiner Nummer?“
Der Killer blickte Ruhland scharf an. In diesem Moment fuhr ein Wagen in den Rastplatz ein und streifte mit seinen Schweinwerfern Ruhlands Mercedes. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde das Gesicht des Killers beleuchtet und Ruhland schaute tief in dessen Augen, in dunkle, stechende Augen, die er nie in seinem Leben würde vergessen können.
„Soll ich Ihnen vielleicht noch eine Kopie des Personalausweises und meine Sozialversicherungsnummer geben?“
Dann öffnete er die Beifahrertür und stieg aus.
„Ah ja, noch was“, raunte Ruhland ihm nach, „warum sagn denn alle Plastikdoktor zu Ihnen, ha?“
Doch schon schloss sich mit einem leisen Klicken die Beifahrertür und der Killer verschwand in der Dunkelheit.
Ruhland war aufgewühlt, als er nach Hause kam. Es bedurfte noch mehrerer Gläser Penninger Blutwurz, um ihn ruhig zu stimmen, ihn, den mit allen Wassern gewaschenen, gestandenen Fleisch- und Wurstfabrikanten, der im ganzen Bayerischen Wald für seine schmackhaften Würste bekannt ist und besonders für seine Hirschprodukte. Und ausgerechnet dieser Hirsch von Scholler Toni, der 5 Jahre bei ihm gearbeitet hatte, der ihm fünf Jahre lang immer wieder durch seine Renitenz aufgefallen war, ausgerechnet der wollte ihn zu Fall bringen.
Mich kann keiner, dachte sich Ruhland beim sechsten Penninger Blutwurz, der ihm die Kehle hinunterbrannte, und schon gleich gar kein Stückl Hundescheiße wie der Scholler. Nur weil er ein bisschen überreifes Fleisch manchmal verarbeitet hatte, als würde das jemand im Leberkas und in den Würstn schmecken. Die paar Tonnen. Herrgott, die Zeiten waren hart. Und dieser Saubär, diese Schmeißfliege, hatte ihn jahrelang beobachtet, sogar fotografiert und Dokumente gesammelt, mit denen er ihn jetzt zu erpressen versuchte.
Da musst früher aufstehen, du Arschgsicht, dachte sich Ruhland, goss sich noch einen Schnaps ein und ging zu Bett, um den Schlaf der Gerechten zu schlafen, ungestört von Gewissensbissen, ungestört von Alpträumen.
So süß die Nacht, so sauer der Morgen, denn Ruhland wurde mit einem Redeschwall seiner Frau begrüßt. Das hielt er mit klarem Kopf schon nicht aus, aber zum Frühstück, genauer gesagt zum Katerfrühstück, die Schnäpse hatten etwas Wirkung gezeitigt, packte er’s gar nicht. Und zu allem Überfluss führte sie ihm noch eine Reihe neuer Klamotten vor, eine komplette Kollektion, sie hatte sich offensichtlich tags zuvor den Inhalt eines ganzen Kleiderschranks zugelegt.
„Für die Wohltätigkeitsfeier von der Tante Kathi heute, da wollt ich halt nicht mit den alten Sachen kommen“, meinte Annamirl fast entschuldigend.
Ach Gott, die alte Schabracke mit ihren komischen Festen, wo sie für die impotenten Pandabären in Asien Geld sammelte oder für die Hungernden in der Sahelzone. Er, Ruhland, würde ihnen ja gern ein paar Leberkas runterschicken, die selbst für seine Kundschaft zu vergammelt sind, aber man lässt ihn ja nicht, ihn, den generösen Menschenfreund.
„Um vier Uhr Nachmittag sollen wir bei der Kathi sein, gell, nicht vergessen. Ich habe dir die Einladung in deinen neuen Janker gesteckt, damit du sie gleich findest.“
Ruhland blieb plötzlich der letzte Bissen Schinkensemmel im Hals stecken. Er verschluckte sich, erlitt einen Hustenanfall, bei dem sein Kopf anschwoll, als würde es ihn jede Sekunde zerreißen. Als er endlich den Bissen ausgespuckt hatte, brannte sein Hals, seine Stirn war mit Schweißperlen bedeckt.
„Aber ich hab doch ein anderes Kuvert im Janker ghabt...“, krächzte er.
„Das mit dem Foto vom Scholler? Das hab ich raus. Ich hab mich schon gewundert, warum du ein Bild mit diesem Kerl da in der Taschn hast. Und seine Adress war noch hinten drauf. Aber ich hab’s nicht weggeworfn, ich hab’s dir in deinen Sekretär glegt, in die linke Schublade oben.“
Ruhland wurde heiß. Der Killer war eindeutig auf Tante Kathi angesetzt, und er hatte keine Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen. Einzig seine Halbweltbekanntschaften in dem Münchner Puff könnten ihm noch weiterhelfen.
Bei der Rückfahrt drückte Ruhland nach dem Autobahnkreuz Neufahrn das Gaspedal durch, soweit es der Verkehr auf der A 92 zuließ. Er war lange aufgehalten wie hingehalten worden und hatte doch nichts erreicht. Keiner wollte etwas von einem Plastikdoktor wissen, keiner konnte sich an Anfragen nach einem Auftragsmörder erinnern, ganz im Gegenteil, alle Luden machten einen auf empört. Es gab also nur eine Möglichkeit, den Mord zu verhindern, er musste sich Tag und Nacht um seine Tante kümmern und den Killer abfangen.
Ruhland fieberte bei diesem Gedanken. Er hielt seine Tante zwar für eine typische alte Schachtel mit zahlreichen Ticks, aber er mochte sie gern, Blut war halt doch dicker als Wasser. Ihren Tod zu verschulden, hätte er sich niemals verziehen.
Mit butterweichen Knien, fahrig, zittrig bog er nach einer Autofahrt, die ihn für den Nürburgring qualifiziert hätte, in seine Hofeinfahrt ein, um seine Frau abzuholen. Annamirl war jedoch nicht fertig, das war zu erwarten. Sie wusste nicht, welche Bluse zu dem geblümten Rock passt und nachdem sie sich für eine entschieden hatte, missfiel ihr plötzlich das Unterteil und die ganze Modenschau begann von neuem.
„Jetzt mach endlich zua“, forderte Ruhland sein Frau auf, noch ungeduldiger, noch grantiger als normal bei der Kostümprobe. Die Auswahl des Parfüms und der Schuhe ging relativ schnell vonstatten, für Ruhland dauerte es dennoch eine halbe Ewigkeit, bis sie endlich im Mercedes saßen und zur Wohltätigkeitsfeier von Tante Kathi fuhren.
„Was sagstn zum Motto heuer, Hermann? Das wird dir gar nicht gfalln, ha?“, meinte Annamirl.
„Was ist es denn?“, fragte Ruhland, der in Gedanken ganz woanders war und eine tote Tante vor seinem inneren Auge sah.
„Ja hast die Einladung nicht angschaut? Dabei hast du’s aber schon, die ist in deinem Janker.“
„Jessas, ich hab’s raus, äh verlegt, äh“, stotterte Ruhland, der schlecht sagen konnte, dass er sie versehentlich einem verrückten Killer im Chirurgenoutfit gegeben hatte.
„Geh Mo, jetzt hab ich’s dir gestern extra in deinen Janker. Naja, wir kommen auch ohne Einladung rein, die anderen brauchen’s als Eintrittskarte. Es kommen ja jedes Jahr mehr Fremde zu der Gala. Und heuer kommen wahrscheinlich einen Haufen Ökos, weil...du darfst dich jetzt aber nicht aufregen, weil der Erlös geht an den Verein DIE FAUNATISCHEN. Das sind Leut, die sich für artgerechte Tierhaltung und so vegetarische, wie sagt man, Fresserei halt, also Ernährungsweise einsetzen.“
„Was?“, explodierte Ruhland, „diese Saubande, diese dreckige, diese Eiterbatzen, die mir schon zweimal den Laden dicht machen wollten, denen wird’s hinten reingschobn?“
Ruhlands Angst um seine Tante wich der unbändigen Wut auf die Tierschützer, die ihn mit, wie er meinte, Lügen- und Hetzkampagnen diffamieren wollten als Schweineschänder und Aasverkäufer. Sein zügelloser Zorn steigerte sich, er merkte, wie er aggressiv wurde und regelrecht Mordphantasien entwickelte, für deren Umsetzung er aber keinen Plastikdoktor brauchte, das würde seine rechte Faust auch noch schaffen.
„Diese Drecksäue kriegen von mir keinen Cent, und wehe einer schaut mich schief an, dann…“, polterte Ruhland los. Doch bevor er richtig in die Luft gehen konnte, holte ihn seine Frau wieder auf den Boden.
„Du brauchst ja nichts hergeben, der Abend hat dich eh schon viel gekostet.“
„Was? Wieso?“, fragte er ahnungslos zurück.
„Naja, die Klamotten, die ich dir heute vorgeführt habe, die haben 7000 Euro gekostet.“
Der Unternehmer war sprachlos, zumal ihn ein jäher Verdacht überkam.
„Wo…Woher hast du denn das Geld dazu ghabt?“, fragte er mit düsterer Vorahnung.
„Aus deinem Sekretär. Du hast in so einem Kuvert so viel Geld gehabt, da hab ich mir 8000 rausgenommen, der Rest geht noch für Kleinkram drauf. Das hast davon, dass du meinen Geburtstag vergessen hast, gell. Das war die gerechte Straf.“
Ruhland wurde schwarz vor Augen. Er hatte diesem seltsamen Killer nicht nur die falsche Person genannt, die er um die Ecke bringen sollte, sondern auch noch um eine Menge Geld beschissen.
Als er in die Adalbert-Stifter-Straße, in der Tante Kathi wohnte, einbog, war ihm übel, so übel, dass er in weitem Bogen das Mittagessen hätte auswerfen können. Und als er einen Sanka vor dem Haus der Tante sah, wurde ihm schwarz vor Augen. Zu spät, alles zu spät. Der Plastikdoktor hatte seine Verwandte gemeuchelt und bald würde er, Ruhland, folgen, wenn der Killer bemerkte, dass ein paar Tausender fehlten.
„Herzinfarkt“, sagte der Notarzt.
"Na Gottseidank", stieß Ruhland erleichtert aus.
"Freut Sie das?", fragte der Mediziner erstaunt.
"Nein, nein", ruderte Ruhland zurück. "Ich habe nur Schlimmeres befürchtet."
„War auch nur ein leichter Herzinfarkt. Ihre Tante hat wohl die Aufregung um die Feier heute nicht vertragen. Ihr Zustand ist aber stabil, machen Sie sich keine Sorgen. Wir bringen sie ins Krankenhaus und in ein paar Tagen ist sie wieder auf den Beinen. Sie muss sich jetzt halt schonen, nur keine Aufregung, dann wird alles wieder.“ Dann verschlossen die Sanitäter die Türen des Rettungswagens und fuhren davon. Also hatte der Killer doch noch nicht zugeschlagen. Was aber, wenn er die Tante im Krankenhaus aufsucht? Ruhland musste ständig bei ihr sein. Auf den Schreck brauchte er jedoch erst einmal eine Stärkung. Auf dem Weg zum Büfett sah er zahlreiche bekannte Gesichter, aber auch viele unbekannte. Tierschützer wahrscheinlich, diese verkappten Sodomiten, diese Grasfresser, die nichts Besseres zu tun haben, als Frösche über die Straße zu tragen.
Am Büfett stand ein elegant gekleideter Mann, Krawatte, schicker Anzug, kein Öko mit Hanfjacke und Birkenstock. Nur für einen flüchtigen Moment trafen sich ihre Blicke, doch das genügte Ruhland, um in dem Gast den Plastikdoktor zu erkennen.
Mit einem Weißbier in der Hand folgte er dem Killer ins Freie. Er durfte ihn jetzt nicht aus den Augen verlieren, das war seine einzige Chance, alles aufzuklären und Tante Kathis Leben und möglicherweise auch seins zu retten. Doch der Killer war mit schnellen Schritten in den weitläufigen Garten geflüchtet. Ruhland, nicht gerade mit einer sportlichen Figur gesegnet, ein Fleischfabrikant darf schließlich nicht wie ein Model, also eines dieser fleischbespannten Skelette, aussehen, hechelte hinterher. Wie Theseus im kretischen Labyrinth auf der Suche nach dem Minotaurus kam sich Ruhland vor, als er plötzlich einen stechenden Schmerz am Rücken spürte. Er drehte sich um und blickte in die gletschereiskalten Augen des Plastikdoktors.
„Gut, dass ich Sie sehe“, keuchte Ruhland. „Es ist alles ein Missverständnis.“
Schnell berichtete er von dem vertauschten Kuvert.
„Ich hätte also fast die falsche Person getötet…“, murmelte der Killer mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Und wegen dem Geld…“
Doch der Killer schüttelte nur den Kopf.
„Zu spät. Ich habe Sie gewarnt, wer mich verarscht, wird es bitter bereuen. Außerdem haben Sie mich erkannt. Niemand, wirklich niemand darf wissen, wie ich aussehe. Das ist tödliches Wissen.“
„Aber…“, stammelte Ruhland. Irgendetwas war mit seinen Augen. Er sah den Killer doppelt und auch seine Atmung ging immer schwerer und schwerer, er keuchte nur noch.
„Ich bin Ihnen noch eine Antwort schuldig. Sie wollten doch wissen, warum man mich den Plastikdoktor nennt. Kennen Sie Botox? Heißt eigentlich Botulinumtoxin, ist so ziemlich das stärkste Gift, das es gibt. Wird von dem Bakterium Clostridium botulinum ausgeschieden. Kennen sie bestimmt! Botulismus, das sagt Ihnen doch was, oder?“
Ruhland wusste natürlich sehr wohl, was Botulismus war, er konnte jedoch keine Antwort mehr geben. Seine Zunge war gelähmt, sein Atem schon sehr flach.
„Botulismus, kommt von botulus, dem lateinischen Wort für Wurst, ist eine Fleischvergiftung, die kriegt man durch verdorbenes Fleisch, da sind Sie doch Experte, oder? In Ihrem vergammelten Wildfleisch haben sich die Botulinumsbakterien auch sauwohl gefühlt und sich rasend vermehrt. Die Vergiftung kann tödlich sein. Aber extrem verdünnt nutzt man es heute in der plastischen Chirurgie, um Fältchen wegzuspritzen und die Visage zu glätten. Ich benutze Botox auch, wie die echten Plastikdoktoren, die echten plastischen Chirurgen, nur hoch konzentriert. Eine kleine Injektion und es geht auch mit dem stärksten Körper rapide bergab. Erst sieht man doppelt, dann erschlaffen die Muskeln und schließlich setzt die Atmung aus.“
Den letzten Satz hätte sich der Killer ersparen können, denn Ruhland war bereits tot zusammengebrochen, ein Klumpen Fleisch, das nur allzu schnell vergammelte.