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Der Puppenspieler

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09.06.2006
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Der Puppenspieler

I. Vom Gefangenen

Die Kerkerwände, Gebilde aus groben Steinbrocken und Lehm, glänzten. Hereinsickerndes Grundwasser, Kondenswasser und der Angstschweiß der Gefangenen sammelten sich zu dicken Tropfen, langsam Richtung Boden rutschten. Fenster gab es keine, allein einige Fackeln beleuchteten die Szenerie notdürftig. Es roch nach Schmerzen.
„Na, fertig mit der Besichtigung? Irgendwas nicht sauber genug?“
Der erste Schlag traf Marek im Gesicht. Er konnte seinen Kiefer knacken hören. Seine Beine gaben nach und der ganze Körper bekam Schlagseite. Die riesigen, schmutzigen Hände des Folterknechts packten Marek an den nackten Schultern und rissen ihn wieder in die Senkrechte.
„Gestehe!“, schrie ihn der Mann an.
Marek hob mühsam den Kopf und blickte seinem Peiniger in die wutentbrannten Augen.
„Du solltest mal an die frische Luft, Fettsack. Dieses Loch hier bekommt deiner Haut überhaupt nicht gut,“ bemerkte er verächtlich.
Eine geballte Faust landete in Mareks Magengrube und schleuderte ihn zurück auf den Fliesenboden.
„Mehr hast du nicht drauf?“, keuchte er und spuckte einen Mund voll Blut aus.
Der Folterknecht holte zu einem schwungvollen Tritt aus, hielt jedoch inne, als sich Marek schützend beide Arme vor das zugeschwollene Gesicht hielt.
Hämisch fragte er: „Na, schon genug?“ Ein boshaftes Lächeln umspielte seine Lippen. Der eisenbeschlagene Lederstiefel hing vor Anspannung zitternd in der Luft. „Bin doch gerade erst warm geworden.“
Mareks Kopf, nur durch den dünnen Hals am Torso befestigt, beschrieb nach dem Tritt einen unregelmäßigen Halbkreis in der Luft. Der schmale Oberkörper folge ihm. Erstaunt sah Marek einen seiner Eckzähne einige Meter weiter in einem in die Erde eingelassenen Stahlgitter verschwinden.
Sein Kinn schlug hart auf dem Boden auf.
Marek fühlte sich, als sei er von seinem Pferd gestürzt und mit dem Gesicht zuerst aufgekommen.
Der leidenschaftliche Sadist beugte sich über ihn, packte seinen Schopf und zwang ihn ihm in die Augen zu sehen.
„Immer noch so frech, du Stück Dreck?“, zischte er durch die vor Wut zusammengebissenen Zähne. Speichel spritze durch die Gegend.
Angewidert verzog Marek die Gesichtsmuskeln, die dazu noch fähig waren.
„Du hast mich angespuckt“, bemerkte er. „Und ich habe keinen Fetzen Stoff am Leib um deine Krankheiten abzufangen. Das ist abstoßend.“
Seine linke Niere hätte ihm diese Bemerkung verboten.
Bevor jedoch der Hüne Mareks rechter Niere die gleiche Aufmerksamkeit widmen konnte, wurde er unterbrochen. Ein auffallend gut gekleideter Mann trat aus einem finsteren Ecke des Raumes, von wo er offenbar das Geschehen verfolgt hatte. Um seinen Hals hing eine dicke Goldkette mit Kreuzanhänger und auf seinem Haupt thronte eine Krone aus Gold und rotem Samt.
Er warf einen mitleidigen Blick auf den zusammengekrümmten Marek.
Dann wandte er sich an den Sadisten: „Bring noch in Erfahrung, was es mit diesem bizarren Stock auf sich hat und wirf ihn dann zurück in seine Zelle. Erstatte uns aber auf jeden Fall noch Bericht. Wenn du uns suchst: Wir speisen heute Abend mit unserer Gemahlin im großen Festsaal.“
Der Blick des Folterknechts waren beinahe demütig auf seine eigenen Fußspitzen fixiert.
„Sehr wohl, mein Gebieter“, antwortete er in einem gezwungen unterwürfigen Tonfall, den man von ihm nicht erwartet hätte.
Zufrieden nickte der seltsame Gast und verschwand daraufhin wieder, diesmal jedoch nicht in die Schatten, sondern durch die Stahltüre, die in den Burghof führte.
Als sich die Türe hinter ihm geschlossen hatte, wurde es kurz still in der Folterkammer. Mit unverhohlener Befriedigung sah der Hüne auf sein Opfer herab, wie ein Künstler auf sein neues Werk.
„König Gaphriel gab sich persönlich die Ehre. An dir muss was besonders Wichtiges sein. Und was bedeutet das?“, fragte er Marek.
„Dass du sein bester Schläger bist?“
„Ganz genau.“
Eindrucksvoll bewies der Folterknecht sein Talent.
Während Marek versuchte nach dem Hieb neue Kraft zu schöpfen, holte der Kraftprotz von einem niedrigen Tisch in der Ecke des Raumes Mareks Stab. Neugierig betrachtete er ihn. Auf dem simplen, matt glänzenden Schaft stecke ein metallener Totenkopf. Er trug ein irres Grinsen im Gesicht.
„Was ist das?“, fragte er unwirsch. „Sag lieber gleich die Wahrheit.“
„Das ist ein Stab aus einem Unterschenkelknochen eines Tieres, dessen Art seit Jahrhunderten ausgestorben ist.“ Durch eine ruhige Stimme versuchte Marek die Lage zu entspannen, um nicht noch mehr Prügel einstecken zu müssen.
„Wieso lacht er?“
„Er passt sich immer der Situation an.“
„Er findet das hier also lustig?“ Das Blut schoss zurück in den Kopf des Folterknechts. „Willst du mich verarschen? Ein scheiß Minischädel aus Metall, der denken kann?“
„So ähnlich.“
„Langsam werd ich echt sauer.“ Vor Wut begann die Unterlippe des Folterknechts zu zittern. „Ich gebe dir noch zehn Sekunden. Wenn du dann nicht rausrückst, was es mit dem Teil hier auf sich hat, wirst du wohl auf weichere Nahrung umsteigen müssen.“
„Schon gut. In dem Stab ist ein verstecktes Fach,“ gab Marek preis.
„Mach es auf!“, befahl der Riese mürrisch, doch sichtlich zufrieden mit seiner Arbeit.
„Gib mir den Stab, dann kriegst du die geheime Botschaft, die sich darin befindet.“
In den Augen des Folterknechts spiegelte sich schon das Wohlwollen seines Königs. Und natürlich die Entlohnung. Schnell überreichte er seinem Gefangenen den Stab.
„Wirklich? Ein verborgenes Fach?“ Endlich bot sich ihm die Chance, etwas zu erreichen.
Als Marek den Schaft zu fassen bekam veränderte sich plötzlich sein Gesichtsausdruck. Aus dem gebrochenen Gefangenen wurde wieder ein düsterer Kämpfer. Die unermessliche Kraft, die ihm unzählige Male aus brenzligen Situationen geholfen hatte, zeigte wieder ihre Wirkung.
Jeder von Mareks Muskeln zuckte, spannte sich, erlangte übermenschliche Stärke. Eingenommen von dieser Macht stolperte Marek einen Augenblick orientierungslos durch die Gegend. Dann fing er sich wieder und schlug zurück.
Obwohl der Totenkopf nur seinen Brustkorb traf, wurde der Riese quer durch den Raum geschleudert. Begleitet von dem Geräusch eines platzenden Mehlsackes knallte er gegen die Wand und rutschte daran hinab. Eine Hand voll Lehm begleitete ihn auf seinem Weg nach unten.
Der Versuch des Hünen artikulierte Worte zu bilden schlug fehl. Kurz darauf umnebelte
Schwärze alle seine Sinne und zog ihn in die Untiefen der Bewusstlosigkeit.
Als er die Augen wieder aufschlug hatte man ihn in einen Stuhl gehievt. Der Folterknecht wollte sich die schmerzende Stelle auf seiner Brust reiben, wurde jedoch von mehreren fingerdicken Stahlketten aufgehalten, die seine Hand- und Fußgelenke an den Armlehnen und Stuhlbeinen festhielten.
Wütend zog und zerrte er daran, allerdings ohne Erfolg.
Dann nahm er eine Bewegung in den Augenwinkeln wahr. Von dem gleichen Tisch, auf dem der mysteriöse Stab gelegen hatte, hob Marek eine schwere Zange.
Mit langsamen, bedrohlichen Schritten näherte er sich dem Stuhl.
„So, mein Freund. Die Konditionen haben sich geändert“, sagte Marek. Wie eine Raubkatze, die um ihre verletzte Beute schleicht, umrundete er den Gefesselten.
Dieser bekam langsam Panik. „Na gut. Tu nichts, was du mal bereuen wirst. Binde mich los und ich verspreche dir, dich nicht weiter zu verhören.“ Das hektische Atmen verzerrte seine Stimme zu einem erbärmlichen Flehen.
Marek ignorierte seine Worte. Er ließ die Zange probeweise einmal auf und zu schnappen. Die Stahlkanten schlugen mit einem lauten Knallen zusammen.
Schweiß stand dem Folterknecht in großen Perlen auf der kahlen Stirn. „Lös’ einfach die Fesseln und wir sind quitt! Du kannst gehen.“
Marek überging das Angebot ebenfalls. Nachdenklich fühlte er mit dem Finger nach seiner neuen Zahnlücke. Ein Rinnsal Blut und Speichel lief seinen Handrücken hinab.
Fest blickte er dem zitternden Fleischberg vor sich ins Gesicht.
„Dann zeig mir mal dein schönstes Lächeln,“ sagte er und hob die Zange.

Schwer atmend ließ Marek sich in einer dunklen Seitengasse in einen Haufen Stroh fallen. Die Aufregung, die Anstrengung und der klamme Stoff auf seiner Haut ließen alle seine Glieder zitternd. Marek war am Ende seiner Kräfte. Seine Augen schmerzten weiterhin, da sie die hellen Strahlen der Mittagssonne nicht mehr gewöhnt waren. Außerdem machten sich sämtliche Prellungen und vor allem die Zahnlücke unangenehm bemerkbar. Das einzige Positive, das Marek ausmachen konnte, war, dass die Jäger bei der wilden Verfolgungsjagd durch die schmutzigen Straßen des Armenviertels offensichtlich die Orientierung und somit seine Spur verloren hatten.
Unterwegs hatte er einige Kleidungsstücke von einer Wäscheleine mitgenommen. Nun sah er aus wie ein durchschnittlicher Bürger, der sich nach einer ordentlichen Kneipenschlägerei ausruhte. Er würde also nicht mehr überall auffallen wie ein bunter und vor allem nackter Hund. Alles in allem sah es so aus, als hätte er Zeit für eine dringend benötigte Verschnaufpause.
Marek wusste, dass dies ein äußerst ungünstiger Ort war, um einzuschlafen, doch seine Erschöpfung war stärker als sein rationaler Kriegersinn. Obwohl er versuchte, sich dagegen zu wehren, übermannte ihn seine Müdigkeit und seine Lider senkten sich.

II. Über den Helden

„Hey du!“
Marek ließ die Augen geschlossen. „Hm? Was?“, murmelte er verschlafen.
„Steh auf! Beeil dich!“ Die Stimme klang ernst, aber nicht feindlich.
Marek riss die Augen auf und fing die flache Hand ab, die gerade im Begriff war, ihm einen Klaps auf die Wange zu geben.
„Tu das besser nie wieder,“ sagte er.
„Schon gut.“ Der alte Mann vor ihm blickte sich nervös um. „Komm jetzt!“
„Was willst du?“
Der Greis nahm einige tiefe Atemzüge, um seine Lunge vor dem Kollabieren zu bewahren.
„Du siehst aus, wie jemand, der etwas vom Kämpfen versteht,“ meinte er mit einem fragenden Unterton in der Stimme.
„Schon möglich.“ Marek schloss beide Hände fest um seinen Stab. „Sag endlich! Worum geht es?“
„Die Stadtgarde! So schlimm war es noch nie... ,“ setzte der Mann an, verhaspelte sich jedoch aufgrund seiner zurückkehrenden Nervosität.
„Rede! Und mach es kurz!“, sagte Marek eindringlich.
Der Alte schien ihm gut gewogen zu sein. Und der Stab besaß eine ausgezeichnete Menschenkenntnis, auf die man sich verlassen konnte.
„Also,“ sagte der Mann. „Auf dem Marktplatz ist die Hölle losgebrochen. Die Männer der Stadtwache laufen Amok. Sie, sie, sie... ,“er schloss kurz die Augen um sich zu konzentrieren. Dann fuhr er fort: „Sie wollten eine unschuldige Bürgerin vergewaltigen, die das Pech hatte, ihnen auf ihrem Kontrollgang im Weg zu stehen. Ihr Ehemann ging dazwischen. Sie haben Hackfleisch aus ihm gemacht. Und dann ging es los. Eine riesige Gruppe junger Männer, die diese Demütigungen und die Unterdrückung satt hatten, stürzte sich auf die Gardisten. Weiß Gott, was die armen Kerle sich dabei gedacht haben. Sie haben keine Chance gegen die bewaffneten, ausgebildeten Soldaten. Wir müssen sie unterstützen. Mit jeder Sekunde, die wir hier verplempern, töten sie einen Weiteren. Und am Ende ist die Frau dran.“
Gleichgültig blickte Marek ihn an. „Und wieso denkst du, ich würde dir helfen? Was habe ich damit zu tun? Ich bin ein Fremder, eure Probleme sind nicht gleich den meinen. Und wie du an meinem Gesicht erkennen kannst, habe ich genug davon.“
„Aber Kommandant Kar wird das Massaker erst beenden, wenn...“
Marek unterbrach ihn scharf: „Kommandant Kar?“ Seine Miene versteinerte sich. „Lange schwarze Zotteln?“, fragte er.
„Ja.“
„So groß und stark wie ein Bär? Ein guter Schwertkämpfer?“
„Ja. Aber...“
„Hässlich wie die Nacht finster?
„Du kennst ihn?“
„Ich verachte ihn! Und ich werde ihn töten.“
„Dann hilfst du uns?“
„Nein, sieh es nicht als Hilfe. Aber ich werde ihn trotzdem nicht davonkommen lassen. Ich habe meine eigenen Beweggründe.“

Bei der Verfolgungsjagd war Marek gar nicht aufgefallen, wie heruntergekommen dieses Viertel wirklich war. Die Hütten waren mehr Löcher, die durch Holzbalken miteinander verbunden waren. Die Straße war ein einziger Tümpel, knöchelhoch stand ein Gemisch aus Regen und Abwasser.
Durch diese graubraune Brühe stapften die Beiden nun.
„Wir sind gleich da,“ bemerkte der Alte, während er einem Rattenkadaver auswich. „Mach dich bereit, das wird nämlich ganz schön unangenehm.“
„Es wäre besser, er wäre bereit.“

Sie erreichten den Marktplatz. Obwohl er das Herz des Stadtbezirks darstellte, sah er kein Stück besser aus als seine Umgebung. Die Stände, der Brunnen in der Mitte, alles starrte vor Dreck. Ebenso die Menschenmenge, die sich um etwas geschart hatten, das Marek nicht erkennen konnte.
Während der Greis zurückblieb, drängte sich Marek grob durch das dichte Getümmel. Mit festem Schritt trat er in die Arena, die die eng stehenden Leiber der Zuschauer um den zentralen Punkt gebildet hatten.
Zahlreiche Leichen lagen auf dem Boden, Verletzte und Verstümmelte wälzten sich in ihrem eigenen Blut. Schmerzensschreie gab es keine, nur leises Stöhnen.
Über dem Ganzen hatte sich Kommandant Kar aufgebaut und überblickte sein Werk: Er hatte einen Haufen Bauern abschlachten lassen und jetzt bereitete der Rest von ihnen schon die Galgen für ihn und seine überlebenden Männer vor. Die Option der Flucht bestand nicht, ein Durchstoßen des Ringes war unmöglich. Weiterkämpfen hatte auch keinen Sinn, es waren zu viele.
Dann sah er Marek kommen. Sein Schicksal war besiegelt.
„Nett dich wiederzusehen, Kar,“ sagte Marek mit übertriebener Freundlichkeit. „Ein
Treffen war ja jetzt langsam überfällig.“
„Marek, ich dachte du...,“ begann der Kommandant, brach jedoch sofort wieder ab.
„Tot? Nein. Ich war wochenlang auf der Flucht, wäre in einem rattenverseuchten Kellerloch fast draufgegangen, aber tot bin ich nicht. Ich hatte noch etwas zu erledigen.“
Kar versuchte ruhig zu bleiben. Er war nicht fair. Wäre diese dumme Schlampe doch nicht im Weg gestanden und der Geschlechtstrieb seiner Männer nicht so unkontrollierbar.
Auf seinem Weg zum Kommandanten, ließ Marek den Stab ein Wenig sinken und berührte einige der Toten mit dem Metallschädel. Als Kar das sah, breitete sich ein ungutes Gefühl in ihm aus.
„Was willst du,“ fragte er unsicher.
„Vergeltung.“
„Für deine Frau?“
Marek stand jetzt vor dem Kommandanten, in ihm tobte purer Hass. Und er ließ ihm freie Hand.
„JA!“, schrie er außer sich vor Wut.
Einer der Soldaten machte den zaghaften Versuch eines Angriffs. Der Stab fuhr durch seinen Schädel, wie glühender Stahl durch Schnee.
Von Panik ergriffen versuchte der Rest der Stadtgarde zu fliehen, wurde allerdings von den aufgebrachten Bürger zurück in den Kreis gestoßen. Deren Abneigung war größer als die Angst vor dem unheimlichen Fremden.
Kar fiel auf die Knie. „Nicht,“ jammerte er. Tränen rollten über seine Wangen. „Du weißt doch so gut wie ich, dass sie längst...“
Marek trat ihm ins Gesicht. Der Kommandant stürzte nach hinten über und landete in einer Pfütze. Er blieb liegen. Seine langen Haare breiteten sich auf der Wasseroberfläche um seinen Kopf aus, bis sie wie ein schwarzer Heiligenschein aussahen.
Ruckartig drehte Marek sich um.
„Lauft,“ verkündete er mit zum Himmel gereckten Armen. „Lauft um euer Leben!“
Verwirrt sahen sie Bürger ihn an. Der Fremde war schon ein komischer Vogel.
Dann rührte sich die erste Leiche. Hier zuckte ein Finger, dort wackelte ein Bein.
Als die Leute begriffen, was los war, folgten sie Mareks Rat. Der Platz war binnen Sekunden wie leer gefegt. Sogar die Verletzten hatte sie mitgenommen. Nur noch Kar, Marek und die Untoten, die sich gemächlich erhoben und hinter ihrem Meister gruppierten, blieben übrig.
„Für dich gibt es kein letztes Wort,“ sagte Marek kalt und warf einen letzten Blick auf den weinenden Kar. Dann wandte er sich um und verschwand zwischen den niedrigen Hütten.
Die lebenden Toten beugten sich gierig über den hilflosen Kommandanten. Seine qualvollen Schreie wurden immer schwächer und ersticken schließlich ganz.

III. Zum Monster

Marek war fast an seinem Ziel angelangt. Er hatte seinen Peiniger getötet, dann den Mörder seiner Frau. Zur Vollständigkeit fehlte ihm nur noch derjenige, der beiden die Befehle erteilt hatte.
König Gaphirels Burg lag vor ihm. Die Zinnen spiegelten sich im fahlen Mondschein.
Der Haupttor war offen, die Zugbrücke heruntergelassen. Marek wusste, dass dies eher eine Einladung als eine Unvorsichtigkeit war.
Er betrat den Burghof, durch den er erst vor kurzem geflohen war. Er hatte sich an mehreren Dutzend Wachten vorbeischleichen müssen und war schließlich doch entdeckt worden. Diesmal allerdings war der Hof menschenleer.
Der Mond als einzige Lichtquelle verlieh der ganzen Szenerie etwas Geisterhaftes.
Marek stellte sich in die Mitte des Hofes.
„Gaphriel,“ brüllte er. „Komm aus deinem Versteck!“
Eine der vielen Türen, die sich überall in den steinernen Wände um ihn befanden, öffnete sich. Der König kam zum Vorschein. Erhobenen Hauptes stolzierte er auf seinen Widersacher zu. Der lange, samtene Umhang raschelte über den Boden.
Gaphriel machte erst halt, als er sich direkt vor Marek befand. Er starrte ihn eisern an.
Das Geräusch des Umhangs war verstummt, die beiden standen sich in absoluter Stille gegenüber.
„Hallo Marek,“ brach Gaphriel das Schweigen. „Du siehst nicht gut aus.“ Er setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Wieso hast du meinem Folterknecht nicht einfach geantwortet?“
Marek erwiderte nichts.
„Was du mit seinen Zähnen gemacht hast war zwar nicht in meinem Sinne, auch die Sache mit Kar nicht. Aber wer ärgert sich schon über solche Kleinigkeiten?“
„Und dabei habe ich gerade erst angefangen,“ sagte Marek ruhig. „Du weißt, warum ich hier bin?“
„Ist denn noch mehr Blutvergießen nötig?“
„Definitiv ja.“
Gaphriel atmete tief durch und zog sodann sein Schwert.
„Erinnerst du dich noch an früher?“, fragte er zaghaft. „Wir waren Freunde. Du warst mein Berater, mein Helfer. Man sah uns als eine Einheit, wir haben gemeinsam regiert.“
„Das ist vorbei,“ entgegnete Marek eiskalt. „Uns verbindet nur noch eine Sache. Deswegen bin ich hier.“
„Deine Frau?“
„Ja. Du hast sie töten lassen.“ Marek schrie jetzt. Seine Hand schloss sich so fest um den Stab, dass seine Knöchel weiß hervortraten.
„Aber du weißt doch selber...,“ setzte der König an.
„Nein! Du hast sie töten lassen.“
Bevor Marek ihn noch einmal unterbrechen konnte brüllte Gaphriel: „Sie war doch schon längst gestorben. Mit der Magie dieses grässlichen Stabes hast du ihren kalten, leblosen Körper wiedererweckt.“
„Nein!“ Marek schüttelte wie wild den Kopf.
„Sie war nur noch eine seelenlose Marionette unter deinem Befehl. Du hast versucht sie zu ersetzten, doch das war unmöglich. Kommandant Kar hat diesen Spuk beendet, als dieser dich zu zerstören drohte.“
„Nein, er hat sie ermordet!“
Plötzlich wurde Gaphriel ganz ruhig. „Du hast sie ermordet, Marek. Sie hat deine Liebe nie erwidert und deswegen hast du sie ermordet.“
„NEIN!“ Marek drückte beide Hände gegen die Schläfen. Ein pochender Schmerz drohte seinen Schädel zu sprengen. „Nein,“ rief er und riss den Stab über den Kopf, bereit, seiner Verblendung nachzugeben und die vermeintliche Gerechtigkeit zu einzufordern.
Marek erstarrte in dieser Haltung. Seine Augen wurden glasig.
Ein Pfeilschaft ragte zitternd aus seinem Rücken. Mit einem Zischen gesellte sich ein zweiter Pfeil dazu. Der Dritte traf Mareks Hals. Blut tropfte zu Boden. Marek bewegte sich immer noch nicht.
Immer mehr Bogenschützen kamen aus ihren Verstecken und bohrten ihre tödliche Ladung in den Körper des Erstarrten.
Schließlich ging Marek in die Knie. Gaphriel hob eine Hand, woraufhin alle Schützen den Beschuss einstellten.
Mühsam versuchte Marek etwas zu sagen, doch es quoll nur noch mehr Blut zwischen seinen Lippen hervor. Er schwankte. Blitzschnell ergriff Gaphriel seine Schulter und bewahrte ihn vor dem Umkippen. Der König beugte sich zu dem Verletzten hinab und flüsterten ihm ins Ohr: „Bevor du stirbst sollst du noch wissen, dass ich dir verzeihe. Mein Freund.“ Dann zog Gaphriel seine Hand zurück, drehte sich um und ging zurück durch die Türe, aus der er gekommen war.
Mareks neigte sich gefährlich zur Seite. „Ich dir nicht,“ drang es kaum hörbar aus seinem Mund.
Mit letzter Kraft rammte er seinen Stab, den Totenkopf voran, in den Boden. Dann hörte sein Herz auf zu schlagen.
Und noch während König die Beerdigungszeremonie für seinen ehemaligen Berater vorbereitete, gruben sich überall im Reich fleischlose Hände durch feuchtes Erdreich. Kahle Schädel mit leeren Augenhöhlen durchbrachen Grabplatten und Friedhofsböden.
Als die Sonne hinter dem Horizont verschwand, befanden sich schon viele der wiederbelebten Leichen auf dem Weg zu ihrem blutigen Werk. Und der Rest würde wenig später folgen. Der Aufmarsch hatte begonnen. Unzählige Menschen, junge und alte, sowohl schuldige als auch solche mit reinem Gewissen, würden die Sonne nie wieder aufgehen sehen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Aloha!

Eigentlich scheint mir Deine Erzählung eher in die Rubrik Horror zu passen ... Und das aus verschiedenen Gründen:
1.) Das Genre ist zwar auch fantastischer Natur, im Vordergrund steht jedoch wenig subtiler Horror (ein Nekromant bei der Arbeit) und ein gerüttet Maß an Gewalt, die für die Erzählung nicht zwingend erforderlich ist. Das ist aber Geschmacksache ...
2.) Für den Plot aus der Rubrik 'Klaus-Lage-Syndrom: 1000 mal gelesen, 1000 mal is nix passiert', will sagen, Nekro übt ohne Rücksicht auf Verluste Rache, es kommt zur Nacht der wandernden leichen, alle sind hin, kommt die Erzählung ganz schlecht rüber und überrascht auch nicht an einer Stelle.
3.) Die Konversation ist teilweise so platt, dass ich sie zweidimensional nennen möchte ... Erinnert an die stellenweise wenig gelungene Konversation in den John Sinclair Heftchen. Gruselig eben.
4.) Ein Haufen Fehler, den schon jede Rechtschreibkorrektur hätte finden müssen.
5.) Logikfehler: Wenn der König im Bilde ist, was Marek getan hat, ist es völlig absurd, das magische Artefakt mit ihm in einem Raum (der Folterkammer) zu lassen.

Es tut mir sehr leid, dass ich nichts anderes zu Deiner Erzählung schreiben kann, aber sie ist inhaltlich unausgereift und hat für den Plot, der schon endlos oft erzählt wurde absolut keinen Drive in irgendeine Richtung. Mit anderen Worten: Es ist langweilig und auch die vordergründige Gewalt rettet nichts. M.E. dringend überarbeitungswürdig.

Dinge, die mir auffielen:
... , Kondenswasser und der Angstschweiß der Gefangenen sammelten sich zu dicken Tropfen, langsam Richtung Boden rutschten.
-> Tropfen, die langsam

Mareks Kopf, nur durch den dünnen Hals am Torso befestigt, ...
Zumindest eine ungewöhnliche Formulierung. Ich schlage „nur durch einen dünnen Hals mit dem Torso verbunden“ vor

... , packte seinen Schopf und zwang ihn ihm in die Augen zu sehen.
-> ihn, ihm

Der Blick des Folterknechts waren beinahe demütig auf seine eigenen Fußspitzen fixiert.
-> war demütig (‚beinahe’ streichen)

... , antwortete er in einem gezwungen unterwürfigen Tonfall, ...
-> gezwungen, unterwürfigen

„König Gaphriel gab sich persönlich die Ehre. An dir muss was besonders Wichtiges sein. Und was bedeutet das?“, fragte er Marek.
„Dass du sein bester Schläger bist?“

„Ganz genau.“

Verwirrend!
Und was bedeutet das?“, fragte er Marek. „Dass du sein bester Schläger bist?“ (Wörtl. Rede heranziehen.)

Während Marek versuchte nach dem Hieb neue Kraft zu schöpfen, ...
-> versuchte, nach

... , matt glänzenden Schaft stecke ein metallener Totenkopf. Er trug ein irres Grinsen im Gesicht.
-> steckte
-> Totenkopf, der ein irres Grinsen zeigte. (Ansonsten ist nicht so ganz klar, wer da gerade irre grinst, den die Anwesenden haben offensichtlich allesamt nicht alle Latten am Zaun. ;) )

Begleitet von dem Geräusch eines platzenden Mehlsackes knallte er gegen die Wand und rutschte daran hinab.
Mehlsack??? (... von dem Geräusch, wie von einem platzenden Mehlsack ...)

Der Versuch des Hünen artikulierte Worte zu bilden schlug fehl.
-> Der Versuch des Hünen, sich zu artikulieren/zusammenhängende Worte zu finden, schlug fehl. (In der Formulierung falsch, Kommas für den Nebensatz.)

Kurz darauf umnebelte
Schwärze
alle seine Sinne und zog ihn in die Untiefen der Bewusstlosigkeit.

Satzteil heranrücken.

Als er die Augen wieder aufschlug hatte man ihn in einen Stuhl gehievt.
-> aufschlug, hatte
-> auf

... , wurde jedoch von mehreren fingerdicken Stahlketten aufgehalten, ...
-> mehreren, fingerdicken

Fest blickte er dem zitternden Fleischberg vor sich ins Gesicht.
„vor sich“ streichen

Seine Augen schmerzten weiterhin, da sie die hellen Strahlen der Mittagssonne nicht mehr gewöhnt waren.

Warum? Vermutlich, weil er so lange im kerker saß ...d anns chreibd as bitte auch dahin.

... , übermannte ihn seine Müdigkeit und seine Lider senkten sich.
Widerholung „seine“

So schlimm war es noch nie... ,“ setzte der Mann an, ...
-> nie ... (Abstand zw. Wort und Auslassungszeichen, es sei denn es wird er Teil eines Wortes ausgelassen.)

Sie, sie, sie... ,“ ...
-> sie ... (Abstand zw. Wort und Auslassungszeichen, es sei denn es wird er Teil eines Wortes ausgelassen.)

„Aber Kommandant Kar wird das Massaker erst beenden, wenn...
-> wenn ... (Abstand zw. Wort und Auslassungszeichen, es sei denn es wird er Teil eines Wortes ausgelassen.)

„Ja. Aber...
-> Aber ...

„Hässlich wie die Nacht finster?
„Du kennst ihn?“
„Ich verachte ihn! Und ich werde ihn töten.“
„Dann hilfst du uns?“
„Nein, sieh es nicht als Hilfe. Aber ich werde ihn trotzdem nicht davonkommen lassen. Ich habe meine eigenen Beweggründe.“

„Wir sind gleich da,“ bemerkte der Alte, während er einem Rattenkadaver auswich. „Mach dich bereit, das wird nämlich ganz schön unangenehm.“
„Es wäre besser, er wäre bereit.“

Gruselige Plattitüden ... Vielleicht steigst Du auf eine gediegender Kommunikation um.

... , sah er kein Stück besser aus als seine Umgebung.
-> aus, als

„Marek, ich dachte du...,“ ...
-> du ...

... , ließ Marek den Stab ein Wenig sinken und berührte einige der Toten mit dem Metallschädel.
-> wenig

JA!“, schrie er außer sich vor Wut.
„Ja!“, ... (Wir sind hier nicht im Chatroom ... Ausrufezeichen und „schrie“ reichen völlig aus.)

Von Panik ergriffen versuchte der Rest der Stadtgarde zu fliehen, wurde allerdings von den aufgebrachten Bürger zurück in den Kreis gestoßen.
-> ergriffen, versuchte
-> Bürgern

„Du weißt doch so gut wie ich, dass sie längst...
-> längst ...

Sogar die Verletzten hatte sie mitgenommen.
-> hatten

„Für dich gibt es kein letztes Wort,“ sagte Marek kalt und warf einen letzten Blick auf den weinenden Kar.
Ach? Der is’ wieder wach?

König Gaphirels Burg lag vor ihm.
-> Gaphriels

Die Zinnen spiegelten sich im fahlen Mondschein.
Spiegelten sich worin? Sie glänzten trifft es eher.

Er hatte sich an mehreren Dutzend Wachten vorbeischleichen müssen und war schließlich doch entdeckt worden.
-> Wachen

Eine der vielen Türen, die sich überall in den steinernen Wände um ihn befanden, öffnete sich.
-> Wänden

Gaphriel machte erst halt, als er sich direkt vor Marek befand.
-> Halt

Er starrte ihn eisern an.
Die Formulierung kenne ich nicht. „durchdringend“?

„Was du mit seinen Zähnen gemacht hast war zwar nicht in meinem Sinne, auch die Sache mit Kar nicht.
„zwar“ streichen, denn es fehlt das "aber" ... Generell ist das wieder einer dieser total platten Sätze, die einem König eher nicht herausrutschen werden.

Gaphriel atmete tief durch und zog sodann sein Schwert.
„sodann“ kann entfallne.

„Aber du weißt doch selber...,“ setzte der König an.
-> selbst ...

„Nein!“ Marek schüttelte wie wild den Kopf.
„wie“ streichen

„NEIN!“ Marek drückte beide Hände gegen die Schläfen.
-> „Nein!“

... , seiner Verblendung nachzugeben und die vermeintliche Gerechtigkeit zu einzufordern.
„zu“ streichen

Immer mehr Bogenschützen kamen aus ihren Verstecken und bohrten ihre tödliche Ladung in den Körper des Erstarrten.
-> versenkten ihre Tod bringenden Geschosse

... , drehte sich um und ging zurück durch die Türe, aus der er gekommen war.
-> durch die er gekommen

Mareks neigte sich gefährlich zur Seite.
-> Marek

Und noch während König die Beerdigungszeremonie für seinen ehemaligen Berater vorbereitete, ...
-> während der König

shade & sweet water
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