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Der Ring

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15.04.2005
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Der Ring

DER RING


Holger Meinhardt war Reisevertreter und während der Woche in ganz Deutschland unterwegs. An einem Freitagnachmittag war er auf dem Weg in seine Heimatstadt Nürnberg. Meinhardt kannte die Strecke und rechnete damit, in wenigen Stunden zu Hause zu sein. Er war verärgert, als er in der Gegend von Regensburg eine Umleitung entdeckte. Widerwillig folgte er der Beschilderung. War er eben noch auf einer gut ausgebauten Bundesstraße gefahren, so führte sein Weg ihn jetzt über eine holprige Landstraße mit vielen Schlaglöchern. Fluchend nahm er die Stöße und das Rütteln des Fahrwerks hin. Nach einer Welle besserte sich der Zustand der Strecke. Sie war nun beiderseits mit Wald bestanden. Meinhardt hoffte, wieder auf die Bundesstraße zu gelangen. Nach etwa einer Stunde fiel ihm auf, während der ganzen Zeit nicht ein einziges Verkehrsschild und nicht einen Wegweiser gesehen zu haben. Auch zweigten keinerlei Straßen von der Strecke ab. Obendrein schien er allein auf dieser Strecke zu sein, denn während der Stunde war ihm kein Wagen entgegengekommen und es hatte ihn auch keiner überholt.

Die Sonne versank bereits hinter einer Felsformation, als Meinhardt stutzig wurde. Während die Baumstämme auf der der Sonne zugewandten Seite unten Schatten bekamen und das rötliche Licht auf den Stämmen höher kroch, entdeckte er vor sich auf der Straße den Rand des Schattens, der sich langsam von ihm fortbewegte. Der Schatten, in dem er sich befand, war nicht scharf umrissen, die Grenze keine deutliche Linie. Vielmehr war sie ein verwaschener, undefinierter Bereich, dem in paar Punkte tanzten. Meinhardt entdeckte eine riesige Latschenkiefer, die schräg über der Straße aufragte. Er konnte sich genau erinnern, diesen Baum bereits passiert zu haben. Aber wie war das möglich?

Er fuhr an, verließ den Schatten und befand sich nun im Rest des Sonnenlichts. Es war kein Zweifel möglich, er erinnerte sich an die Gegend, durch die er nun fuhr und war sich sicher, hier bereits durchgekommen zu sein. Die logische Folgerung war, daß er sich auf einem Ring befand. Doch wie war er darauf geraten? Er wußte doch, daß keine Straßen abzweigten. Auch die Abfahrt, die auf die Umleitung führte, hatte er bei seiner Umrundung nicht wieder passiert.

Er hielt wiederum an und stieg aus. Wenn er sich recht erinnerte, so besaß die Straße überwiegend Linkskurven. Wenn er nun die Strecke nach rechts verließ, so mußte er den Bereich des Rings verlassen. Er bahnte sich seinen Weg durch dichtes Unterholz und blieb nach einigen Minuten ungläubig stehen. Vor ihm befand sich ein Sandstrand, hinter dem sich ein Ozean erstreckte. Er kniff die Augen zusammen und suchte die Wasseroberfläche ab, ob sich dort noch irgend etwas verbarg. Die Sonne, die im Wasser reflektiert wurde, blendete ihn jedoch. Eine Weile ging er am Strand entlang in der Hoffnung, einen Hinweis zu entdecken, der dieses Rätsel lösen würde. Dann machte er sich auf den Rückweg. Er passierte die Straße, an der immer noch sein Wagen stand und ging nun ins Innere des Rings. Sein Weg führte ihn durch ein Waldstück und dann über Wiesen und Felder, bis er sein Zeitgefühl verlor. Schließlich erreichte er einen Hügel, und als er nach oben schaute, schien die Sonne im Zenit zu stehen. Er sah auf den Boden und stellte fest, daß dies den Tatsachen entsprach, denn er warf keinen Schatten. Er stieg den Hügel hinauf, und als er oben war und sich umschaute, entdeckte er, daß die Alten recht gehabt hatten. Die Erde war eine Scheibe, mit einem Ozean am Rand. Er befand sich im Mittelpunkt der Welt, von dem aus alles zum Greifen nah zu sein schien. In einer Entfernung von offensichtlich nur wenigen Kilometern konnte er die afrikanische Küste sehen, und bewegte er seinen Blick ein Stück entgegen dem Uhrzeigersinn, so entdeckte er die arabische Halbinsel und Indien. Den Rand des äußeren Ozeans entlang verlief das graue Asphaltband des Rings. Die Sonne war ein glühender Ball von nur wenigen Metern Durchmesser, der zum Greifen nah über ihm am Firmament befestigt war. Die Größe der Erde und die Unendlichkeit des Weltalls waren eine Illusion, der alle erlagen, die sich nicht in diesem Mittelpunkt befanden. Um ein Andenken an diesen Ort zu behalten, hob Meinhardt einen Stein auf, bei dem es sich um eine Art von Erz zu handeln schien. An einigen Stellen glänzte er metallisch und war für seine Größe ungewöhnlich schwer. Meinhardt steckte ihn in die Tasche und stieg den Hügel wieder hinab. Dabei schienen Erde und Firmament wieder an Größe und Ausdehnung zuzunehmen. Als er den Fuß des Hügels erreicht hatte, war die Illusion wieder perfekt.

Er hatte inzwischen die Orientierung verloren und wußte nicht mehr, wo er sein Auto stehen gelassen hatte. Also schlug er die erstbeste Richtung ein. Sie führte ihn an einem in der Sonne glühenden Felsen vorbei, an dem Silberdisteln zuhauf wuchsen. Unversehens befand er sich plötzlich auf einem Fußweg, der nach einiger Zeit in eine asphaltierte Straße überging. Etwa eine Stunde, nachdem er den Hügel verlassen hatte, erreichte er ein Dorf. Auf der Straße befanden sich nur wenige Leute, und diese wenigen nahmen keine Notiz von ihm. Weil er zu erschöpft war, um weiterzugehen, nahm er in einem Gasthaus ein Zimmer zur Nacht.

Als er erwachte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Er zog seine Hose an und entdeckte den Brocken Erz in seiner Hosentasche. War ihm der Stein am Vortage bereits ungewöhnlich schwer erschienen, so schätzte er sein Gewicht nun auf einige Kilogramm. Dabei besaß der Brocken noch nicht einmal Faustgröße.

In der Gaststube bestellte er ein Frühstück. Außer ihm und der Wirtin, einer alten, mürrischen Frau, befand sich nur noch ein Gast im Raum, ein etwa vierzigjähriger Mann. Er trug eine graue Hose und einer Strickjacke. Am meisten fielen Meinhardt die schwieligen und abgearbeiteten Hände des Mannes auf. Als die Frau das Essen auftrug, fragte Meinhardt sie nach dem Namen des Ortes. Die Alte betrachtete ihn argwöhnisch und machte keinerlei Anstalten, zu antworten. Meinhardt wandte sich an den Mann mit den schwieligen Händen. Der führte seine Tasse zum Mund und trank einen Schluck Kaffee, dann entgegnete er: „Das spielt nicht die geringste Rolle.“ Mehr war nicht aus ihm herauszubekommen, so sehr Meinhardt sich auch bemühte. Schließlich gab er auf, zahlte Unterkunft und Essen und ging.

Nach einer Weile überholte ihn ein Wagen, dessen Fahrer ihn zum Einsteigen aufforderte. Zu Meinhardts Erstaunen stellte sich heraus, daß er sich in der Nähe von Regensburg befand, also in der Gegend, aus der er vor seinem Abenteuer gekommen war. Von Regensburg aus nahm er den Zug und erreichte am frühen Nachmittag seine Heimatstadt Nürnberg.

Ein paar Tage lang blieb er zu Hause. Mit jedem Tag, der verging, erschien ihm das Erlebte unrealistischer. Wäre da nicht der Stein mit seinem erstaunlichen Gewicht gewesen, so wäre er zweifellos zu der Ansicht gelangt, sich alles nur eingebildet zu haben. So aber begann sich nach einiger Zeit seine Neugier zu regen. Was war das für ein seltsamer Ort, an dem er sich da befunden hatte? Aufschluß hierüber konnte ihm nur der Stein geben. Mit einem Hammer schlug er ein Stück ab und schickte es zur Untersuchung an ein chemisches Institut in München.

Zwei Wochen lang geschah nichts. Meinhardt hatte inzwischen seine Tätigkeit wieder aufgenommen. An einem Freitag kam er zu Hause an und ging als erstes unter die Dusche, um den Schmutz und die Erschöpfung einer langen Woche abzuwaschen. Dann setzte er sich mit einer Tasse Kaffee ins Wohnzimmmer. Er beabsichtigte, den Abend in einer Kneipe zu verbringen.

Es klingelte an der Wohnungstür. Ein Mann in mittleren Jahren stand draußen, der sich als Hans Wegener vorstellte und angab, Angestellter des Instituts zu sein, an das Meinhardt den Stein geschickt hatte. Erstaunt ließ Meinhardt den Mann herein.

"Ich möchte mit offenen Karten spielen, Herr Meinhardt" begann Wegener, als sie Platz genommen hatten. "An der Tatsache, daß ich Sie am Wochenende und als Privatperson aufsuche, können Sie erkennen, welche Bedeutung ich dem Gesteinsbrocken beimesse, den Sie uns geschickt haben. Ich gestehe, daß ich den Stein nach den ersten Analysen beiseite geräumt und ihn vor meinen Kollegen verborgen habe. Zunächst einmal wollte ich mich mit Ihnen als dem Finder des Steins unterhalten. Vielleicht erzählen Sie mir einmal, wie Sie in seinen Besitz gekommen sind."

Zunächst etwas unsicher und stockend, dann jedoch immer selbstbewußter und flüssiger berichtete Meinhardt sein Erlebnis. Wegener hörte ihm zu, ohne ihn ein einziges Mal zu unterbrechen.

"Wenn der Stein nicht wäre" entgegnete er dann, "würde ich Sie nach der Geschichte glatt für verrückt erklären. Doch so paßt eins zum anderen. Wissen Sie, den Analysen nach scheint es sich bei dem Brocken am ehesten um Eisenerz zu handeln. Ich sage 'am ehesten', denn die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Brockens weichen zum Teil erheblich von denen von Eisenerz ab. Am erstaunlichsten ist sein Gewicht. Im Grunde gibt es auf der Erde kein Material mit diesen Eigenschaften.

Dieses völlig veränderte räumliche Erleben, von dem Sie berichten, könnte darauf hindeuten, daß sich dieser Ort in einem Zustand befindet, der dem eines schwarzen Lochs ähnelt. Das Gewicht des Brockens paßt hierzu. Dieser Brocken zusammen mit dem, was Sie erlebt haben, könnte eine wissenschaftliche Sensation werden. Doch bevor wir das an die große Glocke hängen, muß ich mich zunächst einmal selbst davon überzeugen, daß es diesen Hügel wirklich gibt. Nicht, daß ich Ihnen mißtraue, aber bei einer solchen Geschichte überzeugt man sich gerne selbst. Außerdem entdecke ich vielleicht noch ein paar Hinweise."

"Wenn ich Sie recht verstehe" entgegnete Meinhardt, "dann wollen Sie mich als Führer zu diesem Hügel engagieren. Hoffentlich enttäuscht es Sie nicht zu sehr, wenn ich Ihnen sage, daß ich nicht die geringste Ahnung habe, wie ich dorthin gekommen bin."

"Das macht nichts" entgegnete Wegener. "Ich habe auch nicht angenommen, daß es da einen Wegweiser gibt. Irgendwie finden wir diesen Hügel schon wieder. Wir haben zwei Möglichkeiten, vorzugehen. Die erste davon wäre, wir machen ganz einfach alles so, wie Sie es an jenem Tag gemacht haben, als Sie auf diesen Ring geraten sind. Das klingt zugegebenermaßen etwas vage. Die andere besteht darin, das Dorf zu suchen, in dem Sie damals übernachtet haben, und das scheint mir die erfolgversprechendere Vorgehensweise zu sein. - Sie nehmen sich eine Woche frei, den Verdienstausfall bezahle ich Ihnen. Wir können morgen beginnen."

Meinhardts eigene Neugier war durch das, was ihm Wegener erzählt hatte, noch weiter angestachelt worden. Vielleicht wurde er durch seinen Fund reich oder machte sich einen Namen. So sagte er ohne große Umschweife zu.

Ein paar Tage lang fuhren er und Wegener durch die Gegend in der Hoffnung, das Dorf zu finden. Es schien dieses Dorf nie gegeben zu haben. Immer wieder stieg Meinhardt aus und suchte die Gegend mit Blicken ab. Jedesmal, wenn ihm etwas bekannt erschien und er das Dorf schon hinter der nächsten Anhöhe vermutete, wurde er enttäuscht. Es wollte ihm nicht in den Kopf, einen bewohnten Ort, an dem er sogar einmal übernachtet hatte, nicht wiederauffinden zu können.

Nach vier oder fünf Tagen waren Sie spätnachmittags wieder auf Bundes- und Landstraßen unterwegs. Sie fuhren langsam, von Zeit zu Zeit überholte sie ein Wagen. Meinhardt war enttäuscht und hatte nur wenig Hoffnung, ihr Ziel noch zu erreichen. Vielleicht war er ja wirklich verrückt.

Sie wechselten sich am Steuer ab. Während Wegener fuhr, wurde die Gegend allmählich einsamer und unwirtlicher. Die Sonne näherte sich bereits dem westlichen Horizont, als er die Latschenkiefer entdeckte, die den Beginn seines Abenteuers markiert hatte. Auf der rechten Seite entdeckte er die Felsformation, die wieder ihren Schatten auf die Straße warf. Es war kein Zweifel möglich, sie befanden sich auf dem Ring. Er sagte Wegener Bescheid.

Der hielt sofort an, stellte den Motor ab und zeigte ins Innere des Rings. "Wenn ich Sie recht verstanden habe, müssen wir in die Richtung." Seine Stimme klang gepreßt, beinahe flüsterte er. Wieder ging es durch Wald und Feld, bis nach einer unbestimmmten Zeit der Hügel auftauchte und wieder stand die Sonne im Zenit. Wegener bestieg den Hügel, fotografierte die Gegend und sammelte Gesteinsproben ein. Keiner von beiden hätte sagen können, wie lange sie sich an diesem Ort aufgehalten hatten. Der Ort schien zeitlos zu sein. Als Wegener seine Arbeit beendet hatte, wandte er sich an Meinhardt.

"In welche Richtung sind Sie damals gegangen?" fragte er. Meinhardt zeigte auf den Felsen mit den Disteln. "Daran vorbei." "Dann gehen wir diesmal in die entgegengesetzte Richtung“ meinte Wegener. "Wissen Sie, wenn dieser Hügel wirklich einem schwarzen Loch ähnelt, dann müßten hier Zeit und Raum in einer gewissen Weise die Rollen tauschen. Wir dürften uns in der Zeit ziemlich frei bewegen können, während unsere räumliche Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein müßte. Ich will einfach sehen, was geschieht, wenn wir die entgegengesetzte Richtung einschlagen."

Nach einem Fußmarsch unbestimmter Dauer erreichten Sie eine Straße, der sie folgten. Vereinzelte Häuser wurden sichtbar. Dann standen sie auf der Hauptstraße des Dorfes, dessen Namen keiner der Einwohner verraten wollen hatte. Meinhardt sagte Wegener Bescheid.

"Das paßt zu allem übrigen" meinte der. "Egal, in welcher Richtung man den Hügel verläßt, man kommt hierher.“ Er wies auf ein Haus. "Ist das der Gasthof, in dem Sie damals gewesen sind?" Meinhardt nickte. "Gehen wir hinein."

Wieder bediente die mürrische Alte. Die Zeche steckte sie wortlos ein. Zurück auf der Straße, schüttelte Wegener den Kopf. "Dies hier ist der erste Ort auf dem Weg von Nirgendwo, der von Menschen bewohnt ist, und die Leute kriegen den Mund nicht auf. - Man könnte aus der Haut fahren."

Diesmal hielt kein Wagen, und nach einigen Kilometern mußten sie eine Rast einlegen.

"Eins verstehe ich nicht" meinte Wegener, nachdem sie es sich am Straßenrand bequem gemacht hatten. Sie lagerten in einer engen Kurve, hinter der die Straße eine Anhöhe hinauf führte. "Sie erinnern sich, was ich über die Rolle von Raum und Zeit an diesem Hügel gesagt habe. Was den Raum anbelangt, so ist meine Ansicht richtig gewesen. Vom Hügel weg existiert nur eine Richtung, alle Wege führen in dieses Dorf. Doch mit der Zeit ist gar nichts passiert. Was wäre zum Beispiel, wenn wir diese Reise nach einmal machen würden?!"

"Der Grad der Zwangsläufigkeit in der Welt würde zunehmen" war eine Stimme zu vernehmen. Meinhardt entdeckte den Mann mit den schwieligen Händen, der hinter einigen Büschen hervorkam. Er war ihnen gefolgt. "Das Bündel an Möglichkeiten, an Raum-Zeit-Kurven, das der Welt zur Verfügung steht, würde dünner werden."

"Gibt es einen Weg zurück ins Dorf?" fragte Wegener. "Nur über den Hügel" antwortete der Mann. "Man kann diese Reise also nur in einer Richtung machen" stellte Wegener fest. "Werden Sie zurückgehen?" Der Mann schüttelte den Kopf. "Ich war schon zu oft an diesem Hügel, ich darf nicht mehr."

"Dann sind Sie uns gefolgt, um uns zu warnen" sagte Meinhardt. "Was werden Sie jetzt tun?" Der Mann zuckte mit den Achseln. "Es wird sich schon etwas finden." Damit verschwand er in den Büschen.

Wegener sah ihm nach wie einem Spuk. "Ich kann es kaum glauben, doch das alles habe ich wirklich erlebt. - Es ist eine wissenschaftliche Sensation."

Meinhardt räusperte sich. Wegener sah ihn erstaunt an. "Zweifeln Sie etwa daran? Ich kann Ihnen versichern, das hier übertrifft alles, was jemals entdeckt worden ist. Sowie ich zu Hause bin, mache ich mich an die Auswertung des Materials."

"Ich werde Sie nicht daran hindern können" entgegnete Meinhardt. "Auf meine Hilfe müssen Sie dabei allerdings verzichten."

"Ich verstehe nicht ganz" entgegnete Wegener. Er war rot geworden und schluckte mehrmals. "Sie waren doch einverstanden, diesen Hügel zu suchen, und Sie waren mit mir dort. Und jetzt auf einmal wollen Sie von alldem nichts mehr wissen. - Ich wette, dieser Mann eben ist der Grund dafür, daß Sie jetzt umkippen."

"Ganz recht" entgegnete Meinhardt. "Dieser Mann hat nämlich seinen Zufluchtsort verlassen, um uns zu warnen. Dieser Ort ist für ihn jetzt unerreichbarer als eine ferne Galaxie. Sie haben doch gehört, was passiert, wenn diese Reise zu oft gemacht wird. Was glauben Sie, wird die Folge sein, wenn Sie unsere Erlebnisse veröffentlichen? Ein Heer von gewissenlosen Abenteurern wird sich auf die Suche nach diesem Hügel machen und die Zukunft der Welt verspielen. Daran möchte ich nicht schuld sein."

Wegener machte eine wegwerfende Handbewegung.

"Möglicherweise bedeutet Ihnen das nichts" entgegnete Meinhardt. „Wahrscheinlich ist Ihr wissenschaftlicher Ehrgeiz größer als alle Skrupel. Sie glauben, sehr gut ohne meine Hilfe auszukommen; wer bin ich auch schon in der wissenschaftlichen Welt. Sie halten das Material, das Sie eingesammelt haben, und die Fotos für überzeugend genug. Nun, ich kann und will Ihnen davon nichts wegnehmen, und ich kann auch nichts dagegen tun, wenn Sie mit diesen Dingen an die Öffentlichkeit gehen. Aber seien Sie sich Ihres Erfolges nicht zu sicher! Man wird Ihre Beweise für Fälschungen halten und Sie zum Lügner erklären. Möglicherweise hält man Sie auch für verrückt, und damit hätte man gar nicht einmal so unrecht. Diese Dinge tastet man nicht an, wir sind nicht Gott. Wenn Sie auch nur einen Funken Verstand im Kopf haben, dann halten Sie Ihren Mund."

Damit erhob er sich und ließ Wegener allein.

 

Hey marquee, herzlich willkommen auf kg.de.

Leider muss ich dich mit einem Verriss willkommenheißen, wenn es auch ein rein subjektiver Verriss ist. Ich habe mit der Geschichte nämlich nicht das Geringste anfangen können. Dein Prot verfährt sich, landet in einem Teil der Welt, den man nur in eine Richtung bereisen kann, sammelt einen Brocken Erz auf, der auf wundersame Weise größer wird, wird von einem Wissenschaftler heimgesucht, der hinter diesem Kram her ist, führt ihn da hin und beschließt dann in einem Anfall von Skrupeln, niemandem von diesem Metall zu erzählen.
Tja... weder habe ich verstanden, was an diesem Metall so wichtig ist, dass es alle wollen, noch, was das überhaupt für ein Ort ist. Der Prot bleibt mir die ganze Geschichte über weit entfernt und fremd. Ich würde es besser finden, wenn du nicht nur so an der Oberfläche kratzen, sondern eine wirkliche, tiefgehende Geschichte schreiben würdest.

gruß
vita
:bounce:

 

Auch willkommen!

Aloha!

Ebenso von mir ein herzliches Willkommen, einen 'Verriss' kann ich Dir allerdings ersparen. ;) Vorab: Höchst erfreulich ist der flüssige Ablauf der Handlung und der - so weit ich das gesehen habe - fehlerfreie Text. Ins Stocken geriet ich beim Lesen nicht ...

Aber die Art und Weise des bereits erwähnten flüssigen Ablaufs ist der einer wissenschaftlichen Abhandlung und nicht einer unterhaltsamen Erzählung. Da sind Ansätze in der Beschreibung der Landschaft zu erkennen, die Gefühle bei Deinen Personen auslösen (sollten). Und ebenso wie die Landschaft, verlangen ja gerade die Charactere nach mehr Tiefgang, auch wenn der Inhalt Deiner Erzählung sich wohl eher an dem Phänomen bzw. hier ja der Gewissheit fokusiert. Der Wissenschaftler als das skrupellose 'Monster', nur hinter Ruhm und zwangsläufigem Reichtum her, der alte Mann, der sich selbst opfert, um die Welt zu retten und fortan ohne Ziel und Bleibe ist und der erst oberflächliche Prot, dessen Gewissen sich regt und der die Stelle des alten Mannes einnehmen wird ... Klassische Linie, die Suche nach dem Gral oder ähnlich berüchtigten Gegenständen. Nur extrem trocken dargeboten!

Wir reden hier ja nicht etwa über den bloßen Untergang des christlichen Abendlandes, sondern einer ganzen Welt und der Zivilisation. Da darf dann bitte schon ein wenig mehr Dramatik geboten werden. So ließt es sich flüssig und ist m.E. stilistisch ohne Makel, aber mangels Unterhaltungswert wird Deine Erzählung so wenig Zuspruch finden.

shade & sweet water
x

 

Hi xadhoom und vita. Zu dem trockenen Stil möchte ich zunächst auf meine Antwort an Tamira (vgl. "Evelyn" unter Horror/Grusel) verweisen.

Es gibt einen klassischen amerikanischen Autor (der Name fällt mir nicht ein), der lexikonartig schreibt. Eine seiner Geschichten heißt "Der Zahir". Man hat beim Lesen ständig das Gefühlt, der Mann ist "overlearned" und überarbeitet. Man ertrinkt in Details. Emotionen werden sparsam verwendet. Warum muß denn auch alles so locker und "unterhaltsam" sein? Es wird dann nämlich auf Dauer stinklangweilig. Auch Edgar Allan Poe schreibt, zumindest absatzweise in seinen Detektivgeschichten, auf diese Weise.Dann fällt mir noch ein Roman irgend eines deutschen oder schweizerischen Autoren ein, der eine Zugfahrt durch Indien beschreibt und durch trockenen Stil seine Übermüdung und die Eintönigkeit der Reise ausdrückt.

Viele Grüße
marquee

 

Stimmt, es ist stinklangweilig. Mehr kann ich dir leider dazu nicht sagen. Mag daran liegen, dass ich schon ein Weilchen wach bin, aber ich konnte mit dem Text nichts anfangen.

 

Aha!

Ahhhhja ... reden wir über Paulo Coelho? Das der ein Klassiker ist, geht mir augenblicklich leider völlig ab und was er bislang geboten hat ist mir ebenfalls nicht bekannt. Wenn Du dies so als Stilmittel einsetzen möchtest, ist Deine Erzählung sicher recht gelungen, nur schränkt es halt den Kreis potenzieller Leser, denen er gefällt, doch ein wenig ein nehm ich mal an.

Den Vergleich mit Poe mag ich so aber gar nicht stehen lassen, was da vielleicht als stinklangweilig gemeint ist, hat aber doch stets auch die volle Packung Melancholie und recht akribisch ausgearbeitete Charaktere. Und - entschuldige - zumindest von Poe ist der Text Galaxien entfernt. Macht aber auch nichts, denn wenn Du das so durchziehst und unsere Kommentare erträgst ... ;)

Ich gebe zu, dass ich mir einen Roman in dieser stilistischen Form nicht antuen werde.

shade & sweet water
x

 

Hallo marquee,

deine Geschichte war mir etwas zu unlogisch. Oftmals erweckte sie den Eindruck, dass du nicht wirklich wusstest, wie sie ausgehen soll (das Ende zum Beispiel war sehr seltsam). Das sich der geheimnisvolle Ort "wie ein Schwarzes Loch" verhält, fand ich nicht ganz gelungen. Er nimmt einen Stein von dort mit, und dieser ist schwerer als andere Steine... Na ja.
Ein Schwarzes Loch krümmt den Raum extrem stark, das hast du ja schön in der die "Welt ist eine Scheibe" Szene beschrieben, aber wieso man den Ort nur über eine Richtung erreichen kann, wollte sich mir nicht ganz erschließen. Ein Schwarzes Loch kann man doch auch von allen Richtungen aus erreichen... Wenn sich dieser Ort wirklich wie ein Schwarzes Loch verhalten sollte, könnte man ihn auch nicht verlassen.
Der trockene Stil, den du hier und bei deinen anderen Geschichten propagierst, hat auch mir nicht gefallen. Eine etwas lebendigere Schreibweise hat noch keinem Text geschadet, und wenn du lebendiger schreibst, werden auch mehr Leute gefallen an deinen Texten finden.

Liebe Grüße,
131aine

 

Hi marquee,

tja, leider muss ich mich meinen Vorrednern anschließen. Es mag ja sein, dass du diesen nüchternen Stil für schön hältst, auf mich wirkt er unpersönlich und zu distanziert, als dass ich mich in deinen Prot und deine Welt herein fühlen kann. Damit meine ich nicht, dass du den Text mit verspielten Metaphern überschwemmen solltest - das würde nicht zum Thema passen - aber deine Charaktere sind einfach arg blass geraten.
Wenn du den nüchternen Stil von Poe heranziehst, dann hast du dort immerhin sehr empfindsame und emotionale Charaktere (z.B. der Mann aus dem Tell Tale Heart, falls du das kennst), das geht deiner Geschichte leider ein bisschen ab. Dein prot wandert so durch diese Anomalie und - na ja - er scheint sich noch nicht einmal darüber zu wundern.
Motivation und Emotion der Charaktere bleiben schleierhaft und dadurch sind die quasi wissenschaftlichen Erklärungen in der Mitte des textes eben nur staubtrocken, obwohl recht originell.
Ich empfand es eher als langweilig.

Tut mir leid, eine so negative Kritik schreiben zu müssen.

Gruß,

Felsenkatze

:cat:

 

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