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Der süße Duft des Sterbens

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18.11.2004
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Der süße Duft des Sterbens

Dicke Nebelschwaden versperrten Hannes die Sicht. Er saß in seinem Wagen, starrte angestrengt in das trunkene Weiß vor ihm. Obwohl er keine fünfzig Meter weit sehen konnte, jagte er mit konstanten 100 km/h über die Landstraße. In der nächsten Kurve würde er vermutlich vor einem Baum sitzen, aber diese Erkenntnis veranlasste ihn nicht im Geringsten dazu, die Geschwindigkeit zu drosseln. Vorwiegend hatte er nämlich ein anderes Problem als seinen Wagen vor einem Baum und seine Leiche auf der dahinterliegenden Wiese. Und das war der andere Tote. Der, der in seinem Kofferraum lag.
In aller Hektik hatte Hannes den Toten in den Kofferraum gehievt, hatte die Klappe zugeschlagen, war in den Wagen gestiegen und davon gefahren. Natürlich löste man so keine Probleme, das wusste er. Aber er steckte bereits so tief im Schlamassel, dass es schon fast egal war. Dabei war alles ganz anders geplant gewesen. Es sollte doch nichts weiter als eine Drohung werden, eine harmlose Drohung! Und nun fuhr er um drei Uhr nachts mit einer Leiche im Wagen über eine abgelegene Straße Richtung Wald, einen Revolver in seiner Jackentasche, dessen Druck auf seiner Hüfte er nun überdeutlich spürte. Was war bloß geschehen? Wie hatte das Ganze so eskalieren können?

Charlotte stand abermals auf und ging in die Küche. Sie konnte nicht einschlafen. Irgendetwas in ihr hielt sie wach, eine leise Vorahnung, eine spürbare Bedrohung. Sie wusste, dass der Gedanke absolut lächerlich war, trotzdem ließ sich dieses Gefühl nicht vertreiben. Sie öffnete den Kühlschrank und nahm die Mineralwasserflasche heraus. Mit einem Glas und der Flasche setzte sie sich schließlich an den Küchentisch und starrte vor sich hin. Als ihr plötzlich bewusst wurde, dass ihre Gedanken weit von der Realität abgedriftet waren, schreckte sie hoch und horchte. Hatte sie nicht gerade etwas gehört? Sie sah zur Uhr. Kurz nach drei. Mitten in der Nacht.
Seit sie hier draußen in der Einsamkeit eines Waldes wohnte, hörte sie ständig irgendwelche Geräusche, aber sie hatte sich relativ schnell daran gewöhnt. Sie war noch nie ein Mensch gewesen, der bei jedem fremden Geräusch gleich in Panik ausbrach. Schließlich war es normal, dass man hin und wieder draußen etwas hörte. Dort existierte schließlich auch Leben. Irgendwelche Marder, die ihre Rundgänge machten, oder Füchse oder eine Eule auf einem Baum. Außerdem war nur wenige hundert Meter von ihrem Haus entfernt ein See und wenn die Wellen sanft gegen das Ufer schlugen, hörte man selbst das manchmal hier drinnen. Doch heute war irgendetwas anders. Charlotte wusste nicht genau, was es war, aber sie lebte schon lange genug, um gelernt zu haben, sich auf ihre Intuition zu verlassen. So, und nur so hatte sie den Krieg überlebt, auch wenn die meisten Menschen abwinkten, wenn sie ihnen das erzählte. Ihre Enkelin Sandra pflegte dann immer ein verständnisvolles Lächeln aufzusetzen und zu sagen: „Ich weiß, Großmutter. Du hast ihnen die Stirn geboten, ihnen allen.“ Aber das war Vergangenheit.
Charlotte goss sich etwas Wasser in ihr Glas und trank einen kräftigen Schluck. Sie wollte das Glas zurück auf den Tisch stellen, hielt jedoch mitten in der Bewegung inne. Sie hörte Motorengeräusche. Ein Wagen näherte sich. Sie runzelte die Stirn und lauschte angestrengt. Die Geräusche wurden lauter, verstummten dann plötzlich. Kurz darauf war das Schlagen einer Wagentür zu hören. Langsam stand Charlotte auf und ging auf den Flur, dann zur Haustür hinaus. Sie spähte um die Ecke. Es war sehr nebelig geworden und sie hatte Mühe etwas zu erkennen. Dann sah sie den Wagen. Eine dunkle Gestalt ging zum Kofferraum und öffnete ihn, zerrte dann an etwas herum, aber Charlotte konnte es nicht erkennen, weil der Wagen mit der Motorhaube zum Haus wenige hundert Meter entfernt geparkt hatte. Die Gestalt bückte sich, richtete sich wieder auf und kam mit kleinen Schritten rückwärts um den Wagen herum.
Zuerst dachte Charlotte, die Person zöge einen Sack mit Müll hinter sich her. Es kamen öfters Leute vorbei, die das kleine Stück als Mülldeponie benutzten. Aber als sie einen leblosen Arm erkannte, der über den Boden hinterher geschliffen wurde, fuhr sie erschrocken zusammen und lief zurück ins Haus zum Telefon. Nun war sie sich sicher, dass es kein harmloser Typ sein konnte, der nur seinen Müll los werden wollte. Und sie sah sich zudem selbst in Gefahr. Was, wenn der Fremde herüber kam? Wenn er ihr auch etwas antat? Mit zitternden Fingern wählte sie den Notruf.

Das letzte, was er hatte gebrauchen können, war ein Anruf einer senilen Frau, die glaubte, jemand wolle eine Leiche in ihrem See versenken. Schneider bestätigte die Funkmeldung und sah seinen Kollegen an. „Was glaubst du“, meinte dieser, sein Name war Kowalski. „Ob die Alte recht hat?“ Um seine Lippen spielte ein höhnisches Lächeln. Schneider machte eine abwehrende Geste. „Die tickt nicht mehr ganz richtig“, gab er genervt zurück. „Jedes Mal ruft sie an und erzählt uns irgendwelchen Schwachsinn. Warum fahren wir überhaupt noch da hin?“ Er verspürte wenig Lust, sich noch nachts um halb vier das verstörte Gerede einer über 80-Jährigen anzuhören, die abseits und allein in einem Wald lebte und seiner Meinung nach nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. „Sie könnte die Wahrheit sagen, darum“, meinte Kowalski und konzentrierte sich auf die Straße vor sich. Zwar war es nicht mehr ganz so nebelig wie noch vor einer halben Stunde, aber dennoch war die Sicht hier draußen nicht die Beste. Außerdem würden sie vermutlich die Einfahrt zum Haus verpassen, wenn sie mit mehr als 80 km/h hier entlang fuhren. „Scheiß Nebel“, kommentierte Kowalski und Schneider wand den Blick nach draußen. Plötzlich registrierte er gerade noch die Einfahrt, an der sie vorbei fuhren. „Halt“, rief er und Kowalski trat so heftig auf die Bremse, dass Schneider in seinem Gurt nach vorne gerissen wurde und unsanft zurück in den Sitz fiel, als der Wagen zum Stehen kam. „Ich glaube, wir müssen da rein“, sagte er und deutete nach hinten auf den schmalen Waldweg. Kowalski setzte den Wagen zurück, hielt und sah sich den Weg an. Er runzelte kurz die Stirn und fuhr dann auf dem Weg tiefer in den Wald hinein.

Hannes hatte den leblosen Körper bereits bis zum Seeufer gezogen und ließ ihn nun los. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und sah sich um. Alles still. So weit, so gut. Er legte die Leiche parallel zum See und rollte sie hinein. Er watete selbst einige Meter in den See hinein, verlor ein paar Mal den Halt, schaffte es aber immer wieder im letzten Augenblick sein Gleichgewicht zu halten. Der Boden unter seinen Füßen war glitschig, er kam immer nur mit Mühe voran. Das Wasser war eisig kalt und platschte in seine Schuhe, sodass sich seine Füße mit einem Mal anfühlten, als würden sie abfrieren. Trotzdem arbeitete er sich langsam immer weiter voran, schob die Leiche vor ihm her und watete tiefer ins Wasser, das schon jetzt seinen gesamten Körper wie einen einzigen Eisklumpen anfühlen ließ. Doch zu allem Übel hatte er an eines nicht gedacht. Der Körper ging nicht unter, sondern schwamm auf der Wasseroberfläche. Obwohl sich der Anzug des Toten bereits mit Wasser voll gesogen hatte, ging er nicht unter. Hannes fluchte leise. Wieder blickte er um sich und entdeckte ein paar Steine, nicht weit weg vom Ufer. Er ging zurück und aus dem Wasser, holte einen besonders großen und schweren Stein und gab sich alle Mühe, damit zurück zum Toten zu kommen. Das Gewicht zog in ungemein nach unten und zu allem Überfluss schien die Leiche auch noch davon zu treiben. Sie wurde vom leichten Wind langsam hinaus auf den See getrieben. Hannes ließ den Stein ins Wasser fallen und hechtete hinter dem Toten hinterher. Im Gegensatz zu diesem hatte er jedoch große Schwierigkeiten, sich über Wasser zu halten. Seine Klamotten sogen sich voll Wasser und zogen ihn nach unten. Er entschied umzudrehen und fand gerade noch rechtzeitig Halt unter seinen Füßen, bevor ihn die schweren Sachen vollends unter Wasser gezogen hätten. Wütend und enttäuscht, vor allem über seine eigene Dummheit, watete er zurück zum Ufer und trat triefend aus dem See. Augenblicklich begann er zu zittern. Der seichte Wind, der über den See zog, reichte aus, damit er sich fühlte wie ein Eisblock. Gerade als er zum Wagen zurück gehen wollte, hörte er einen Wagen, der sich rasch näherte. Hannes machte einen Satz hinter den nächsten Baum und hielt den Atem an, als die Scheinwerfer des Wagens kurz über ihn hinweghuschten. Ob man ihn gesehen hatte? Erst jetzt bemerkte er, dass es ein Polizeiwagen war, der direkt neben seinem eigenen Auto zum Stehen kam. Zwei Polizisten stiegen aus und besahen sich kurz den Wagen, gingen dann zu dem Haus, das nicht weit entfernt stand und verschwanden hinter einer Ecke des Gebäudes.
Hannes traf die Erkenntnis wie ein Schlag ins Gesicht. Das Haus, von dem er geglaubt hatte, es sei unbewohnt, hatte er ignoriert, aber das war sein größter Fehler gewesen. Jemand musste dort drinnen leben. Und dieser jemand hatte ihn gesehen und die Polizei gerufen. Hannes sah zurück auf den See. Die Leiche schwamm immer noch auf der Wasseroberfläche, nun sogar direkt in der Mitte und vom Mondlicht beschienen wie von einem Scheinwerfer. Sie würden sie sofort entdecken, wenn sie zum See kamen. Bis dahin musste er weg sein. Gerade als er zu seinem Auto sprinten wollte, kamen die zwei Polizisten zurück und er warf sich schnell zu Boden. Hoffentlich hatten sie ihn nicht bemerkt. Auf allen Vieren kroch er durchs Gebüsch auf den See zu. Frierend zog er sich am Steg entlang ins Wasser, schwamm dann unter den Steg und klammerte sich verzweifelt an einem der Holzpfeiler fest, um nicht unterzugehen. Er versuchte seinen Atem zu beruhigen, aber es gelang ihm nicht. Es kam ihm sogar eher so vor, als wirkten sich seine Versuche ins Gegenteil um. Er meinte fast so laut zu atmen, dass die beiden Männer, die gerade in sein Sichtfeld rückten, ihn auch aus dieser Entfernung hören mussten. Die Kälte breitete sich, genau wie die Angst, in seinem Körper aus und er konnte nicht sagen, was von beidem ihn mehr lähmte. So still es ging und mit fast panischem Herzklopfen sah er zu den zwei Männern hinüber.

Schneider war der erste, der die leblose Gestalt mitten auf dem See schwimmen sah. Er blieb so abrupt stehen, dass Kowalski in ihn hineinlief und mürrisch maulte: „Hey, warn mich doch mal vor.“ Schneider schnitt ihm mit einer kurzen Handbewegung das Wort ab und nun sah auch Kowalski auf den See hinaus. Unvermittelt schrie er fast hysterisch: „Ach du scheiße!“ Im selben Augenblick war Schneider auch schon losgesprintet. Er riss die Waffe aus dem Halfter und warf sie unachtsam ins Gras, entledigte sich sogleich seiner Jacke, dem Hemd und der Schuhe so wie Socken und hechtete ins Wasser. Mit schnellen Zügen schwamm er auf den leblosen Körper im Wasser zu. Die Kälte durchströmte ihn und für einen Moment hatte er fast geglaubt, ihm würde das Herz stehen bleiben, so kalt war der See. Schon auf der Hälfte der Strecke wurden seine Züge langsamer, er atmete schwer und seine Finger fühlten sich bereits taub an. So weit konnte es doch nicht sein! Es kostete ihn immer mehr Kraft sich über Wasser zu halten und vorwärts zu kommen. Als er endlich bei der Gestalt ankam, musste er feststellen, dass die Person, ein Mann mittleren Alters, so weit sich das sagen ließ, längst tot zu sein schien. Trotzdem gab es keine Zeit zu verlieren. Erstens musste diese Leiche hier raus und zweitens musste auch er so schnell wie möglich hier raus, andernfalls wäre er bald eine weitere tiefgefrorene Leiche in diesem See. Er umklammerte den Toten und schwamm zurück zum Ufer, kam aber nur sehr langsam voran. Da ertönte der erste Schuss. Schneider fuhr erschrocken rum und starrte wie gebannt ans Ufer. Dann fiel sein Kollege rücklings ins Wasser.

Er wollte nicht schießen. Er hatte nie abdrücken wollen. Aber dieser Polizist hatte ihn so überrascht. Er hatte ihm gar keine andere Wahl gelassen. Hannes war aus dem Wasser gestiegen, nachdem der eine Polizist ins Wasser gesprungen war, um den Toten zu retten. Dann hatte er die Waffe des Polizisten genommen; seine eigene war auf den Grund des Sees gesunken, als er sich im Wasser abgemüht hatte, um nicht unterzugehen. Hannes war aufgestanden, wollte sich unbemerkt davonstehlen, doch dieser Polizist, der am Ufer stand und seinen Kollegen beobachtete, hatte ihn gehört und sich umgedreht. Noch bevor er irgendetwas sagen konnte hatte Hannes abgedrückt. Es war ein Reflex gewesen. Er hatte gar nicht abdrücken wollen, es war nur ein Versehen. Der Polizist fiel ins Wasser und Hannes drehte sich um und lief zu seinem Wagen. Er stieg ein, drehte den Schlüssel rum, aber der Wagen sprang nicht an. Er versuchte es wieder und wieder, aber es ging nicht. Er stieg wieder aus dem Wagen, rannte zu dem Polizeiwagen und wollte die Tür aufreißen, doch sie war abgeschlossen. Fluchend trat er ein paar Schritte zurück, zielte mit der Waffe auf die Scheibe und schoss. Sie zersprang in tausende kleiner Scherben, doch noch ehe er etwas anderes tun konnte, rief eine Stimme hinter ihm: „Stehen bleiben, Polizei! Werfen Sie die Waffe weg und drehen Sie sich langsam um.“ Hannes erstarrte zur Salzsäure. Das alles hätte nie passieren dürfen. Das war zu viel, viel zu viel.

Er fuhr langsam die Straße entlang, parkte seinen Wagen schließlich an der Seite und stieg aus. Weichsler hatte schlechte Laune, er hatte äußerst schlechte Laune. Vor zehn Minuten hatte Hannes ihn angerufen und ihm erzählt, er solle hierher kommen, sonst würde er Weichsler verraten. Ihn der Polizei aushändigen. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte er darüber nur gelacht, aber diesmal war er nicht in der richtigen Stimmung für schlechte Scherze. Er ging zum einzigen anderen Wagen, der hier stand und Hannes stellte sich vor ihn. „Es ist aus“, sagte er in beschwörendem Tonfall, aber Weichsler hörte mehr als deutlich die Furcht in seiner Stimme. „Was willst du?“, fragte er. „Ich will, dass Sie mich in Ruhe lassen“, antwortete Hannes. „Mich und meine Familie. Ich mische in ihren üblen Geschäften nicht mehr mit. Entweder sie lassen mich da raus, oder ich verständige die Polizei und lasse Sie auffliegen.“ Weichsler gab ein trockenes Lachen von sich. Seine Gesichtszüge blieben völlig kalt. „Du, mein Freund“, erwiderte er seelenruhig, „wirst gar nichts dergleichen tun. Ich brauche dich nicht. Du bist ein kleiner Handlanger. Aber jetzt bist du nicht mal mehr von Bedeutung. Du hast vollkommen recht: Es ist aus. Mit dir.“ Er zog eine Waffe aus der Tasche, doch Hannes kam ihm zuvor. Er hatte selbst einen Revolver, den er zog. Er schoss Weichsler einfach über den Haufen. Der stand ungläubig vor ihm, ließ die Waffe fallen und das Blut lief aus seinen Mundwinkeln. Dieser Bastard! Dieser Bastard hatte doch tatsächlich auf ihn geschossen. Das würde er büßen. Das würde... Sein letzter Gedankengang verlor sich irgendwo in seinem Bewusstsein und er fiel auf die Knie. Dann wurde alles um ihn herum schwarz.

Es war vorbei. Es war aus und vorbei. Erst hatte er seinen Chef erschossen, dann einen Polizisten. Hannes hielt die Pistole in der rechten Hand und starrte sie an. Der Polizist hinter ihm wiederholte ungeduldig und in rauem Tonfall seine Forderung: „Werfen Sie die Waffe weg!“ Hannes lächelte. Ein flüchtiger Gedanke schlich sich in seinen Kopf. Dann hob er die Waffe, setzte die Mündung an seine Schläfe und drehte sich langsam um. Der Polizist sah ihn ungläubig an. Das Wasser tropfte von seinen Haaren und seinem Körper, in seinem Blick lag etwas Unruhiges. „Lassen Sie die Waffe sinken“, sagte er, diesmal in einem beschwichtigendem Tonfall. Hannes lächelte noch immer. Zwei Menschen. Nun einen dritten. Und den letzten, den er auf dem Gewissen haben würde. Etwas in seiner Erinnerung regte sich. Seine Familie. Wie sollte sie ohne ihn zurecht kommen? Sie brauchten ihn. Wenn er tot war, könnte er nicht mehr für sie sorgen. Was bekam man wohl auf doppelten Polizistenmord? Und was hatte er schon noch zu verlieren? Er würde es herausfinden. Sein Lächeln währte immer noch an, als er sagte: „Entschuldigung. Es tut mir leid.“ Dann richtete er die Waffe auf den Polizisten. Im nächsten Moment ertönte der Schuss. Hannes stand da und dachte daran, dass er wieder einen Menschen umgebracht hatte. Aber es war notwendig. Anders konnte es nicht funktionieren. Plötzlich wurde ihm schwindelig und im nächsten Augenblick wurde ihm bewusst, dass nicht er geschossen hatte. Er war nicht einmal mehr dazu gekommen. Er starrte den Polizisten an, sah an sich herunter und erkannte einen Blutfleck an seinem Bauch, der rasch größer wurde. Aber er fühlte keinen Schmerz, nur ein wohliges Gefühl, als würde er auf einer Wolke schweben. Dann brach er zusammen und dieses Gefühl hüllte ihn vollends ein. Er schloss die Augen und atmete ein letztes Mal tief ein.

 

Hallo Brynn,

ich habe die zweite Hälfte der Geschichte bisher nur überflogen, aber danach halte ich Gesellschaft für die falsche Rubrik. Die Story gehört nach Spannung oder nach Sonstige. Suche es dir aus. Ihr Hauptaugenmerk liegt ja nicht auf Gesellschaftskritik.

Anbei einige stilistische Anmerkungen für die erste Hälfte. Der Rest folgt Montag.

Aber er steckte bereits so tief im Schlamassel, das es fast keinen Unterschied mehr machte.
- Schlamassel, dass
- Unterschied machte ist genau so blödes Deutsch wie "Sinn machte". Nichts kann einen Unterschied aus sich heraus herstellen.
Wie konnte das ganze so eskalieren?
vollendete Vergangenheit. "Wie hatte das Ganze so eskalieren können?"
Irgendwelche Mader, die ihre Rundgänge machten,
Marder
Irgendwelche Mader, die ihre Rundgänge machten, oder Füchse, oder eine Eule auf einem Baum.
mE kein Komma nach Füchse
zerrte dann an irgendetwas herum,
Du nutzt das "irgend" häufig. In den meisten Fällen nimmt es dir die Spannung.
die Person zöge einen Sack mit Müll oder ähnlichem hinter sich her.
Mit solchen Einschüben auch.
Aber sie hätte es besser wissen müssen.
Warum? Den Satz würde ich streichen.
Als sie einen leblosen Arm erkannte, der über den Boden hinterher schliff
geschliffen wurde (Der leblose Arm hat das schließlich nicht selbst gemacht)
fuhr sie erschrocken zusammen und lief zurück ins Haus zum Telefon. Mit zitternden Fingern wählte sie den Notruf.
Da könntest du wiederum mehr Spannung aufbauen, wenn du ausführlicher wärest. Bestimmt hat Charlotte noch einmal ganz genau hingeschaut, bevor sie zum Telefon gelaufen ist.
meinte Kowalski und konzentrierte sich auf die Straße vor ihm
auf die Straße vor sich
Er watete selbst einige Meter in den See hinein, verlor ein paar Mal den Halt, schaffte es aber immer wieder im letzten Augenblick sein Gleichgewicht zu halten.
Etwas mehr Sinne wären hier gut. Das Wasser ist bestimmt kalt, er könnte über glitschige Steine Stolpern. Zieht er sich die Schuhe aus oder patscht das Wasser darin? Mal die Szene mehr aus!


Lieben Gruß, sim

 

Hallo!

Der Text passt zwar wirklich nicht in die Rubrik "Gesellschaft", hat mir aber ansonsten ganz gut gefallen. Er könnte ruhig in einen längeren Krimi eingebettet sein.
Was mich ein bisschen stört ist dass Hannes doch sehr gerne aus Versehen bzw. nicht beabsichtigt Leute erschießt. Er läuft zwar mit Pistole herum, will aber gar keinen damit verletzen und legt doch einen nach dem anderen um (So nach dem Motto "ups, schon wieder einer").
Die Szene in der er den Chef erschießt taucht irgendwie willkürlich mitten drinnen auf.

Grüße
McMc

 

So Brynn,

wie versprochen, die Fortsetzung.
Ich würde die Geschichte zu Spannung verschieben lassen. In "Gesellschaft" ist sie definitiv falsch.
Etwas ausbauen könntest du, warum Weixler dran glauben musste. Was waren das für Geschäfte, um die es hier ging? Der Absatz ist eindeutig zu kurz. Ansonsten habe ich deine Geschichte gern gelesen.

Die Kälte breitete sich, genau wie die angst, in seinem Körper aus
die Angst
es war nur ein versehen.
Versehen (groß)
Hannes lächelte noch immer. Zwei Menschen. Nun ein dritter. Und den letzten, den er auf dem Gewissen haben würde.
Da kommst du mit den Fällen durcheinander. Entweder du setzt "Nun ein dritter" in den vierten Fall (nun einen dritten), dann kanst du den Folgesatz auch im vierten lassen, oder du setzt den Folge sat in den ersten Fall. Der vierte wäre allerdings die elegantere Lösung.
Aber im Gefängnis war diese Aussicht genauso wenig berauschend.
Diese Formulierung reißt gänzlich aus der Spannung. Lass den Satz weg, das kann sich der Leser auch so denken.

Lieben Gruß, sim

 

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