Der Schmerz
Es ist mal wieder einer dieser Tage an denen man das Spiel einfach nur neu starten möchte. Das Spiel, das nur ein Ende kennt, den Tod. Warum kann man nicht einfach dieses Spiel neu starten, so wie man es beim PC kann?
An diesen Tagen bleibt mir immer nur ein Ausweg, einfach ein anderes Spiel spielen und wenn ich wieder genug Kraft habe, gehe ich an die Problemlösung, des anderen Spiels ran. Doch meist hat sich das Problem von allein gelöst und sich ein Freund von mir.
Nur dieses Problem hat sich nicht selbst gelöst, es ist immer noch da und kommt jeden Tag wieder auf mich zu. So etwas Hartnäckiges hatte ich noch nie! Es ist als wäre ich das Problem, als sei es in mir drin, da wo man das Herz vermutet. Denn dieses tat weh, wenn ich sie sah. Und ich sah sie jeden Tag, denn sie ist nicht nur meine Nachbarin, sondern sitzt auch neben mir auf der Schulbank und immer tat es weh. Sie hatte mir gesagt, dass sie mich gern hätte. Seit dem sind jetzt fast drei Monate vergangen und immer, wenn sie es mir sagte, wusste ich nicht wie ich reagieren soll. Was meint sie damit? Ich ignoriere sie, wie ich auch schon die anderen Probleme ignorierte und damals hatte es auch funktioniert nur bei ihr nicht. Sie ließ nicht locker, bis sie nicht mehr neben mir wohnte und auch nicht mehr neben mir saß. Hatte sich alles doch von alleine gelöst? Es machte mich unglaublich traurig, erst recht als ich im Internet las, dass der Zug stärker war, als sie.
Sie war Tod. Wieso wusste niemand. Nur ich dachte es mir schon warum. Warum der Zug siegte. Ich fühlte mich schuldig war wirklich ich schuldig? War ich schuldig, weil ich ihr nicht sagte, was ich spüre, wenn ich sie sehe? Oder war sie alleine daran schuld? Es war doch ihre Endscheidung.
Ich merkte schnell, dass ich das eigentliche Problem war und nicht sie. Und in der Hoffnung, dass es sich jetzt aufgelöst hat, so wie ihr Körper im Fegefeuer des Krematoriums, musste ich feststellen, dass immer Asche übrig blieb. Und da war es, das nächste Problem, die Schuld. Niemand wusste, warum sie es getan hatte, nur ich wusste es. Und ich wusste, dass ich schuldig bin.
Und heute ist wieder so einer dieser Tage an denen man alles wieder gut machen möchte. Die Uhr noch einmal zurückstellen und alles geschehende wieder ungeschehen machen will. Heute ist wieder einer dieser Tage an denen ich wieder merke, dass ich schuld bin und ich möchte es, doch ich kann es nicht. Doch ich frage mich, ob sie mich immer noch mag.
Nun stehe ich am Bahnsteig, wie sie, habe alle Cheats deaktiviert und spüre sie wieder in meinen Herzen, spüre was sie gespürt hat, Angst. Angst vor dem was gleich von links kommt und laut angekündigt wird, durch die Lautsprecher. Ich bin mir sicher, sie mag mich noch. Ich trete näher an den Rand des Bahnsteigs, ich stehe sicher und fest auf meinen Beinen. Die Angst ist verflogen. In meiner Jacke steckt ein Brief, damit alle wissen warum. Die Gewissheit, dass ich sie gleich wieder sehe, macht mich stark, ich sehe nach links und sehe den Zug kommen. Noch ein letztes Mal den Bahnsteig nach sehend mache ich meinen letzten Schritt. Ich spüre die Gleise auf die ich gerade gefallen bin. Ich höre den Zug quietschen und ächzen. Ich spüre wieder den Schmerz und merke, dass es kein Schmerz ist. Es ist Liebe.