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Der Sprung

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02.05.2008
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Der Sprung

Der Sprung

Schweißperlen rannen ihr über das Gesicht. Sie spürte das Adrenalin in ihrem Magen kochen, gleich Säure, die sich Stück für Stück tiefer in ihr Fleisch fraß. Ein primitiver Urinstinkt sagte dem Mädchen: Lauf weg! Doch sie schien die Kontrolle über ihre Muskeln bereits verloren zu haben, nachdem sie die höchste Stelle erreicht hatte.
Warum bin ich nur so ein dummes Gör?, dachte das Kind verzweifelt. Hätte ich nicht vernünftiger sein können? Warum auch musste ich meine Ziele immer so hoch stecken?
Der Panik nahe, umklammerte die Kleine das Einzige, das ihre winzigen Hände zu fassen vermochten: Metall. Kaltes, glänzendes Metall, das ihr mit seiner Festigkeit sicheren Halt versprach wie ein guter Freund in einer schrecklichen Not. Doch sie wusste, dass sie nicht ewig hier oben stehen konnte, dass sie diesen einen bedeutenden Schritt machen musste. Und sie fürchtete sich davor, dass es auch ihr letzter sein könnte.
Hatte sie sich nicht den gesamten Weg alleine hinauf gekämpft? Hatte sich irgendjemand bereiterklärt, sie zu unterstützen? Ihr tröstende Worte zu schenken, wie: du schaffst das, Mädchen?
Nein. Sie war allein gewesen. Von Anfang an.
Und nun sollte sie in den Abgrund springen? Nachdem sie hochgeklettert war?
Sie spürte Tränen der Angst und Unentschlossenheit ihre Wangen hinablaufen.
„So spring doch, Kind!“, riefen plötzlich die Leute um ihr herum, und es kam ihr vor, als wären die Schreie in ihrem Kopf.
Spring!
Trau dich!
Feigling!

Konnten Menschen wirklich so viel Freude am Leid anderer haben?
Die Sekunden verstrichen. Sie hatte inzwischen ganz fest ihre Augen geschlossen, dass sie ihre Umgebung nicht mehr sehen musste. Sie wollte nicht springen! Ganz sicher nicht! Sie war doch noch viel zu jung zum sterben, viel zu jung, um sich in den Freitod zu stürzen! Aber die Leute drängten sie. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
Sie tat einen weiteren Schritt.
Und fiel.
All ihre Ängste waren wie weggeblasen, und kein zweifelnder Gedanke drängte sich mehr in ihr Bewusstsein. Ah, es war so herrlich, nicht mehr denken zu müssen! Stattdessen sah sie das eigenes Leben noch einmal an ihr vorbeiziehen. Bilder aus der nahen und fernen Kindheit. Bilder ihrer Eltern. Ihrer Freunde. All jener Menschen, die ihr etwas bedeutet hatten.
Bilder, die nicht mehr von Wichtigkeit waren.
Dann wurde sie auch schon eins ... mit der kühlen, nassen Dunkelheit.

 

Yvaine schrieb zu ihrer Geschichte:

Hallo erstmal. Hier eine wirklich sehr kurze Geschichte. Ich hoffe, dass ihr sie evtl. kritisieren könntet etc. Ansonsten viel Spass beim lesen!

Hallo Yvaine kommentare zur Geschichte bitte in einem Sonderpost unter die kg.
Zu deiner Geschichte selbst will ich nicht viele Worte verlieren. Leider hast du dich des klassischen Neuling-Themas bedient. Es ist schon interessant, weshalb sich der Suizid als Einstiegstext solch großer Beliebtheit erfreut.
Leider ist der Text nicht ebenso interessant.
Schon der Titel macht klar, was geschehen wird. Da du uns nicht viel von deiner Protagonistin zeigst, kann man auch nicht mit ihr mitbangen. Es ist dem Leser schnurz ob sie springt oder nciht. Man kennt sie nichts, weiß nichts über ihren Hintergrund. Es bleibt alles schablonenhaft und damit auch nicht spannend.

Lies dich mal ein bisschen hier im Forum um, schreibe selbst ein paar Kritiken und versuche dich an einem weniger verbrauchten Thema :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Uff, danke für die schnelle Antwort.

Eigentlich sollte es keine Selbstmordgeschichte werden, sonst hätte ich sie nicht bei "Alltag" reingesetzt ...

Ich dachte, dass es am Ende klar sein würde, worum der text handeln sollte - aber ich bin ja auch der autor :(

Es geht um ein Mädchen, das auf einem Sprungturm steht, und sich davor fürchtet in die Tiefe zu springen. Darum auch die Ausrufe der ungeduldigen Menschen, sie solle doch endlich springen. Würde das Kind Selbstmord begehen, wären die "Trau dich!"-Rufe doch etwas hart!

 

Hallo Yvaine,

Deine Geschichte ist mehr eine winzige Momentaufnahme. Leider bietet sie Satz für Satz nur das Gleiche, nämlich die Angst - bis am Ende dann gesprungen wird. Vielleicht würde es helfen, wenn der Leser erfährt, wie das Mädel eigentlich dazu kommt, sich so hohe Ziele zu stecken? Ich weiß zu wenig, um mitleiden oder auch nur mitempfinden zu können.

An dieses Gerippe gehört noch viel Fleisch!

Nebenbei:
Adrenalin kocht im Magen?
Gibt es eigentlich auch Urinstinkte, die nicht 'primitiv' sind?

Viele Grüße vom
gox

 

Hallo Yvaine,

habe gerade deine Geschichte und die Kommentare gelesen. Die Ansicht der beiden anderen Kommentatoren teile ich nur zum Teil. weltenläufers Kritik geht einfach am Thema vorbei. Was du erzählen wolltest, hast du erzählt - und wer nicht nur kurz über die Zeilen huscht, merkt das auch.

Die Geschichte erfüllt zwei sehr wesentliche Kriterien, vor allem hier in kurzgeschichten.de. Sie ist superkurz und verzichtet auf alles Beiwerk, das sie in die Länge ziehen würde. Das geht zwar notwendig auf Kosten der Empathiemöglichkeit, in sofern hat gox schon recht. Andererseits haben die meisten Leser Hemmungen vor längeren Texten. Das merkst du allein an der Zahl der Kritiken. Je kürzer, desto größer die Chance, hier überhaupt wahrgenommen zu werden.

Andererseits ist dir eine ziemlich intensive Momentaufnahme gelungen. Und das scheint mir die Stärke deines Textes zu sein. Auch wenn ich nichts über die Protagonistin weiß, spüre ich ihre Angst. Und da du nur zögernd mit den Begleitumständen rüberkommst, bleibt für den Leser ein wenig Puzzlearbeit - was ich insgesamt sehr angenehm finde. Mit jeder Ausweitung des Textes würdest du diese Intensität, die mich überhaupt in den Text gezogen hat, aufgeben müssen. Ob das - bei der jetzigen Pointe - Sinn machen würde, sei dahingestellt.

Herzliche Grüße,
Ennka

 

@ gox

erstmal danke, dass du es gelesen und kritisiert hast. Die "Momentaufnahme" war eigtl. auch Sinn und Zweck der Sache. Ich wollte lediglich eine kurze Situation beschreiben, in der sich sicher viele befanden, die zum 1. Mal auf einem Sprungturm standen. Das ist auch die Erklärung der mangelnden charakterisierung des Mädchens: Ich wollte keine Geschichte von der Person schreiben, sondern eine von deren momentanen Lage. Deshalb ist es egal, ob du nun mit der Protagonistin mitleidest, oder ob du die KG spannend findest, oder eben nicht.
Nicht, das du das jetzt falsch verstehst - ich wollte keinesfalls dein Feedback kritisieren und ich bin dir auch ehrlich dankbar, dass du mir deine Meinung mitgeteilt hast :)

Adrenalin kocht im Magen

Nicht in dem Sinne ... ich hatte es eigtl. metaphorisch gemeint. Vllt. füge ich noch hinzu, dass sie glaubte, dass das Adr. im Magen kochen würde. Oder so was ähnliches, damit es etwas verständlicher ist.

Gibt es eigentlich auch Urinstinkte, die nicht 'primitiv' sind?

*kopf kratz* mir fällt zumindest keiner ein. Ein Fehler, den ich wohl bei der adjektivsuche gemacht habe :confused:

@ Ennka
Auch dir dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Ich glaubte eigtl. nicht, doch noch positive Rückmeldung zu bekommen, aber jetzt freut es mich natürlich. Was die Länge des Textes betrifft, habe ich mich soeben versucht einigermaßen nachvollziehbar bei gox' Antwort zu rechtfertigen (oder auch rauszureden - das hängt vom Blickwinkel des Betrachters ab :hmm: ). Ansonsten noch mal Danke :D

Andererseits haben die meisten Leser Hemmungen vor längeren Texten.

*lach* wohl war. Aber manchmal lohnt es sich sogar.

 

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