Der Tag an dem Tschippi starb
Der Tag an dem Tschippi starb
„Tschippi? Was ist das denn?“ Mit dieser Gegenfrage reagierte mein Bruder auf die Antwort seines Kumpels Kalle, die da lautete: „Tschippi sei tot!“ Mein Bruder erkundigte sich vorab bei Kalle wo er denn seine Frau Lisa gelassen hätte, denn man feierte schließlich den Geburtstag eines guten Freundes und immerhin war jeder andere Gast in Begleitung seiner besseren Hälfte erschienen. Doch Lisas Abwesenheit hatte einen guten Grund.
„Lisas Familie ist in großer Trauer und niemandem sei zum Feiern zumute“, antwortete Kalle, denn Tschippi hat das Zeitliche gesegnet!
Einige von euch können sich bestimmt schon denken das Tschippi ein Haustier war, welches Lisas Familie im Laufe der Jahre enorm ans Herz gewachsen war. Doch was für eine Art von Tier? Der Name lässt kaum Zweifel aufkommen das es sich um ein gefiedertes Wesen handeln musste. Tschippi eine Katze? Ein Hund? Nein, Tschippi war nichts weiter als ein krakelnder, bunter und umher flatternder Wellensittich, der Frohsinn und Heiterkeit in Lisas Familie brachte. Liebevoll wurde er versorgt, landete in Haaren und auf Schultern, wie man es von solchen Vögeln ja gewohnt ist. Doch Tschippi hatte auch eine etwas merkwürdige Angewohnheit. Wo auch immer ein gefülltes Getränkeglas in seiner Erreichbarkeit stand, er flog hin, landete graziös auf dem dünnen Rand und begann daraus zu nippen. Verrückt, nicht wahr? Und genau das wurde ihm zum Verhängnis, als er in einem Moment des Alleinseins ein nur etwa halbgefülltes Glas anpeilte, landete, sich viel zu tief nach dem köstlichen Nass vorbeugte, das Gleichgewicht verlor, hineinkippte und dann qualvoll und jämmerlich, kopfüber ertrank. Blöder Vogel! Selbstmord schließ ich aus, dafür fühlte er sich viel zu wohl bei Lisas Leuten, obwohl er ja ein Gefangener war. Nein, sein eigener unbändiger Durst hatte ihm das Leben genommen. Noch mal blöder Vogel!!
Lisas große Schwester fand in schließlich in seinem gläsernen Sarg und war danach so fertig das sie nicht mal mehr Autofahren konnte. Mit seinem Tot zwang Tschippi die Familie sich einen ganzen Tag anzuschweigen, Tränen zu vergießen und Kerzen anzuzünden. Ein viel zu schnelles Ende für einen geliebten Freund, namens Tschippi! Verdammt blöder Vogel!!!
Versteht mich nicht falsch, ich liebe Tiere, aber als ich das hörte musste ich doch ein wenig schmunzeln. Ich werde Tschippi nie vergessen und ich hoffe er bleibt euch mit dieser Geschichte etwas in Erinnerung. Also an alle Wellensittichbesitzer, deren Vögel die gleiche Angewohnheit haben wie Tschippi, ich sage euch das, was der Wirt seiner neuen Kellnerin auch sagen würde: „Achtet immer darauf das die Gläser voll genug sind!“
Verdammt saublöder Vogel!!!!!!!!!!!
Von Florian Wiroth