Der Tagträumer
Der Tagträumer
Schweißgebadet wacht Peter Jackson auf. Er hatte einen schrecklichen Albtraum, vielleicht den schlimmsten Traum, den er je gehabt hatte. Er hat einen Mann erstochen und eine Frau vergewaltigt. „Was für ein Traum“ denkt sich Peter. Noch sehr schläfrig geht er in die Küche und schüttet sich ein Glas Wasser ein. Er kann immer noch nicht glauben, dass es nur ein Traum war, es war so real. Die Frau, die er vergewaltigt hatte kennt er sogar, es ist die neue Freundin von seinem besten Kumpel Jens, Claudia ist ihr Name. Peter kann sich nicht beruhigen und so ruft er seinen Kumpel an. Er lässt bestimmt eine Minute lang das Telefon klingeln, aber sein Freund nimmt den Hörer nicht ab.
Peter beschließt seine gute Freundin Nicole anzurufen. Nach dreimaligen Klingeln geht sie dran.
„Hilfe, Hilfe, so helfen Sie mir doch“
„Nicole, was ist los?“
„Er will mich um…“ und da war das Gespräch weg. Jemand hatte dieses Gespräch ganz bewusst unterbunden. Peter beschließt sofort zu Nicole zu fahren und nach dem rechten zu schauen. Kurz bevor er das Haus verlässt, bewaffnet er sich noch mit dem großen Küchenmesser, das er erst neulich von seiner Mutter geschenkt bekommen hatte.
Nach etwa 10 Minuten kam er bei seiner Freundin an, doch Peter hatte das Gefühl, dass Stunden vergangen sein müssen. Er steigt aus dem Wagen und geht langsam die alten Holztreppen hinauf und ein komisches Gefühl durchläuft ihn, so ein unangenehmes Stechen im Bauch und sein Adrenalinspiegel ist auch gestiegen. Als er dann endlich an Nicoles Tür angekommen ist, merkt er, dass sie gewaltsam aufgebrochen wurde. Peter betritt die Diele.
„Hallo, ist hier jemand?“
„Nicole, was ist los, geht es dir gut?“
Doch niemand antwortet ihm. Langsam geht er weiter in die Wohnung hinein. Die Küchentür stand einen Spalt weit offen und Peter schaute hindurch. Was er dort sah schnürte ihm den Atem weg, nach Luft schnappend taumelt er ein Stück nach hinten. Nicole liegt in der Küche und hat ein Messer in der Brust, ein Mann steht vor ihr, aber er konnte nur seinen Rücken erkennen. Peter fasst all seinen Mut zusammen und stößt die Küchentür auf. Er bemerkt nicht, dass er den Griff um das Küchenmesser fest umschlossen hat.
„He, Sie da! Lassen Sie das Messer fallen!“
Die betreffende Person stand weiter hin wie angewurzelt auf der Stelle und schaute auf ihr Opfer.
„Bist du taub, dreh dich um!“
Peter nahm seinen ganzen Mut zusammen und gab der Person einen leichten Schlag auf die rechte Schulter, doch wieder rührte sich die Person keinen Zentimeter. Es gab aber noch etwas anderes, das ihn noch mehr beunruhigte, als die Tatsache, dass der Mörder sich nicht rührte, ganz egal was er auch tat. Als seine Hand die Schulter des Mannes berührte, schien es fast so, als ob Peters Hand wie bei einem Geist durch die Person hindurch ging. Peter wollte nur schnell diesen absurden Gedanken wieder loswerden. Er ging wie bereits angedroht zum Telefon und wollte die Polizei anrufen. Peter Jackson ging zurück in die Diele und suchte das Telefon vergeblich und dann fiel ihm plötzlich ein großer Fehler ein. Er hatte doch tatsächlich sein Messer am Boden vor der Küche liegen gelassen. Kaum hatte er dies erkannt hörte er auch schon Schritte aus der Küche kommen.
„Oh nein, ich bin verloren! Hier kann ich mich nirgends verstecken“, dachte Peter und er zitterte am ganzen Körper. Im nächsten Augenblick kam der Mörder um die Ecke gebogen und Peter konnte sein Gesicht sehen, es war ein Gesicht das er sehr gut kannte, vielleicht besser als alles andere auf dieser Welt. Sein Blut schien eingefroren zu sein. Es muss wohl an seiner großen Angst gelegen haben, aber wahrscheinlich konnte Peter es selbst nicht glauben, wer da gerade aus der Küche kam, denn es war er selbst. Er sieht sich selbst, wie wenn man bei einem Spiegel sein eigenes Spiegelbild betrachtet. In den nächsten 10 Sekunden war Peter wie gelähmt und er merkte nicht, dass die Person durch ihn durch gang und die Treppe abwärts lief. Als Peter wieder zu sich kam und wieder Gefühle in seinen Beinen spürte, rannte er dem Mann hinter her. Als er etwa an der Hälfte der Treppe angekommen war, hörte er die Haustüre zufallen und im nächsten Augenblick ein Auto wegfahren. Peter kam diese zeit sehr kurz vor, doch in Wirklichkeit vergingen über 5 Minuten, bis Peter sich wieder rühren konnte. Er wollte nur raus, doch er sah auf einmal alles irgendwie verschwommen und konnte nicht mehr die Treppe sehen. Er bemerkte, wie der kalte Schweiß seinen Rücken entlang lief. Dann war alles weiß, dann schwarz und im nächsten Augenblick war er wieder in seinem Bett.
„Gott sei Dank, nur ein weiter Traum, ein Traum in einem Traum“, redete sich Peter ein. Er stand auf und schaute aus dem Fenster. Es war ein schöner Sonntagmorgen und er machte sich gleich nach dem Frühstück auf um seinen Kumpel Jens zu besuchen.
Bei Jens angekommen stellte er fest, dass die Tür nur angelegt war. Er drückte sie weg und suchte nach seinem Freund. Im Wohnzimmer angekommen machte er eine grauenhafte Entdeckung, sein Freund lag zusammen mit seiner nackten Freundin in einer großen Blutpfütze. Peter Jackson bekam es mit der Angst zu tun.
„Das war doch nur ein Traum!“ Träum ich immer noch?“ Es gab nur eine Möglichkeit herauszufinden, ob er wach oder nicht, er musste sich kneifen und das tat er auch und wie. Er kniff sich so stark in den Arm, dass warmes Blut aus der Stelle heraus kam. Er war also wirklich wach. Dann war auf einmal wieder alles dunkel und er kann sich an nichts erinnern, er wusste nicht wo er ist und dann stand er plötzlich in Nicoles Wohnung.
„Wie bin ich hier her gekommen?“ Peter wusste nicht mehr, dass er von Jens Wohnung direkt zu Nicoles Wohnung gefahren ist. Zögerlich ging er in die Küche und sank gleich zu Boden. Nicole lag genau dort, wo sie gestern Nacht in seinem Traum auch lag. Peter lief aus der Wohnung heraus und ging zur Polizei und schilderte dort seine Geschichte. Zunächst schenkte ihm natürlich niemand Glauben, doch als zwei Streifenwagen die Berichte über die Leichen bestätigten, wurde Peter eingesperrt. Zwei Wochen später wurde er dem Haftrichter vorgesetzt und wurde zu einem Therapeuten in eine Klinik geschickt.
Etwa 1 Monat dauerte es, bis Peter eine Diagnose hatte. Peter Jackson litt unter der seltenen Krankheit „traumatiosdalius“. Dies war eine recht neue Krankheit und es gab bislang noch kaum Personen, denen eine solche Krankheit nachgewiesen wurde. Die betreffenden Menschen verfallen hierbei in eine Art Tagtraum und meinen sie wären in einem Traum, obwohl sie weiterhin im realen Leben sind. Manche Personen verlieren allerdings komplett den Bezug zur Realität und werden verrückt. So war es auch bei Peter Jackson. Er hat einmal in seinem Leben einen solchen Tagtraum gehabt und hat gleich 3 Menschen, die er sehr mochte, eiskalt umgebracht. Seitdem hatte er niemals mehr solche Fantasien, doch immer wenn er träumte und morgens aufwachte, war er froh, dass nur normal geträumt hatte und keinen Tagtraum hatte. Seitdem wurde er nur der Tagträumer genannt, doch er sollte niemals mehr einen von ihnen haben, denn nur zwei Monate später wurde Peter Jackson in seiner Zelle mit aufgeschnittenen Pulsadern gefunden. Er hatte ein kleines Taschenmesser von einem unvorsichtigen Wachmann geschnappt und sich dann die Pulsadern aufgeschnitten. Einige spekulieren, dass Peter sich in einem Tagtraum die Adern aufgeschnitten hat, andere aber meinen, dass er die Schuld und die Angstzustände einfach nicht mehr ausgehalten hat. Herausfinden konnte man es jedenfalls nicht mehr, denn dieses kleine Geheimnis nahm Peter Jackson mit in sein Grab.