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Der Teufel fährt Audi

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19.07.2010
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Der Teufel fährt Audi

Der Teufel fährt Audi.

Der Teufel fährt Audi. Wenn man mich gefragt hätte: ich hätte auf etwas Aggressiveres getippt, zum Beispiel auf einen Ferrari. Vielleicht auch auf einen eleganten Rolls-Royce. Oder einen BMW. Ja, diese gewisse Arroganz würde ihm gut stehen.

Aber nein: es ist ein schwarzer Audi, mit Perleffekt und verchromten Leisten. Ich stelle mir vor, dass das Wageninnere komplett schwarz ist, mit schwarzem Leder und schwarzen Armaturen. Sehen kann man es nicht. Nie wird man den Teufel in seinem Audi zu Gesicht bekommen. Entweder steht die Sonne so, dass sie blendet, oder es ist schon dunkel, so dass man ihn immer nur schemenhaft erahnen kann. Dies habe ich gesehen: er trägt eine Uhr, die sehr teuer aussieht. Wenn ein Mensch einen genauen Blick auf die Uhr werfen könnte, würde er immer diese eine Uhrzeit lesen: 5 vor 12. Was der Teufel sieht, wenn er auf seine Uhr sieht, vermag ich wirklich nicht zu sagen und vorstellen mag ich es mir auch nicht.

Sein teuflisches Werk verrichtet er ganz einfach: er stört die anderen Verkehrsteilnehmer. Immer nur ein bisschen, so dass er nicht auffällt.
Er fährt manchmal einfach etwas zu nah auf. Das hat schon so manchen anderen Fahrer so nervös gemacht, dass er bei nächster Gelegenheit nicht aufpasste und einen Unfall baute.
Er überfährt einen Zebrastreifen so, dass eine Mutter ihr Kind gerade noch zurück zerren kann. Vor Schreck schnauzt die Mutter die Tochter an: „Pass doch auf und renn nicht vor.“ Das Mädchen weint, die Mutter schämt sich, der Tag ist gelaufen.
Vielleicht drängelt er und der Fahrer des alten Opel Omega muss ihm zähneknirschend weichen. „Dieser Angeber“. Er ärgert sich, dass er sich keinen neuen Wagen kaufen kann. Er kommt genervt nach Hause, es ist wie immer unordentlich und seine Frau herrscht ihn vorwurfsvoll an: „Immer kommst du zu spät, immer bleibt alles an mir hängen.“ Er vergisst sich, schon wieder, er wollte es doch nicht mehr…seine Frau hält sich weinend die schmerzende Wange, während ihn sein Sohn mit großen Augen anschaut.

Ich habe darüber nachgedacht, warum der Teufel den Audi gewählt hat. Sicher, er ist elegant, gerade das neue Modell mit der sportlichen Schnauze und den LED Katzenaugen. Technik die begeistert, oder war es Vorsprung durch Technik? Wie dem auch sein, der Teufel möchte sicher ein ordentliches Auto fahren. Trotzdem scheint seine Autowahl reichlich unspektakulär. Gerade von diesen schwarzen Audis, Modell A4 oder A6, gibt es Tausende auf den Straßen. Wir fahren übrigens auch einen, dies sei nur am Rande erwähnt. Voreingenommen bin ich also nicht. Vielleicht ist es gerade das Gewöhnliche, das Alltägliche, was der Teufel sucht. Er kann sich so gut verstecken. Oft sieht man das Böse nicht: gerade im Kleinen unterläuft es einem oder man übersieht es.

Ich habe allerdings wahrgenommen, dass der Teufel sich eine Extravaganz leistet: sein Kennzeichen trägt die Ziffern 666. Er amüsiert sich leise darüber, dass man ihn so offensichtlich erkennen könnte.

Woher ich das weiß?

Ich habe ihn gesehen.

Neulich fuhr er auf meinem Heimweg hinter mir her und ich habe ihn in meinem Rückspiegel gesehen. Seine Uhr blitzte vor seinem schemenhaften Antlitz auf, das Kennzeichen endete mit 666. (Um die Sensibilität der Anwohner zu schonen, werde ich lieber nicht schreiben, bei welchem Kreis der Teufel gemeldet ist). Er fuhr etwas zu dicht auf, nicht gefährlich nah, nur so, dass es gerade unangenehm ist und die Konzentration stört. Ich habe ihn direkt erkannt. In der Hoffnung, dass er mich nicht bemerkt und vielleicht gerade in Gedanken woanders ist, bin ich schnell eine Ausfahrt früher als normal abgefahren. Ich glaube, er hat mich nicht gesehen.

Leider habe ich die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht gesehen, und auch nicht die Radarkontrolle. 49 km/h zu viel innerhalb einer Ortschaft, 4 Punkte, der Führerschein weg für einen Monat. Nun fahre ich Bus und ich schaue immer ganz genau aus dem Fenster, ob ich ihn wieder sehe: diesen schwarzen Audi mit Perleffekt.

 

Hallo! So richtig teuflisch finde ich deinen Teufel aber nicht. Nicht mal dämonisch, er fährt wie ein kleinkarierter Quälgeist durch die Gegend und versucht irgendwelchen Leuten den Tag zu verderben. Das finde ich zu brav und ehrlich gesagt auch ein bisschen langweilig.

Im zweiten Absatz passt das Wissen nicht zur Erzählperspektive. Der Erzähler nimmt Teufel und Wagen als Außenstehender wahr und berichtet, dass man ihn nur schemenhaft sehen kann. Dann will er aber eine teuer wirkende Uhr gesehen haben und beschreibt sogar, welche Zeit sie für Menschen anzeigen würde. Du müsstest dich entscheiden, entweder simulierst du die Sicht eines "normalen Zuschauers", mit den Einschränkungen, dass er eben nicht alles sehen und wissen kann oder du erzählst allwissend.

Grüße

 

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