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Der Verfolgte

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21.05.2010
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Der Verfolgte

Es fiel noch kein Schnee, doch der Nachthimmel war mit dicken Wolken bedeckt. Im Osten wurden sie in ein Unheil verkündendes Rot getaucht. Dumpfe Detonationen, wie Gewittergrollen, erklangen in der sonst stillen Nacht. Die Front kam näher und mit ihr, Tod und Verderben.
Er lief und unter seinen zerrissenen Schuhen knirschte der gefrorene Schnee. Er nahm seine Umgebung kaum war. Seit Stunden lief er nun schon. Kälte und Anstrengung forderten ihren Tribut. Hände und Füße waren taub. Der Atem kondensierte vor seinem Mund und seine Nase begann sich bläulich zu verfärben. Immer wieder kehrte er für einen Moment in die Realität zurück, dann schaute er sich um. Sein Blick war gehetzt, doch er hatte noch niemanden gesehen. Nur die unter der Schneelast ächzenden Bäume waren seine Begleiter. Sie durften ihn nicht bekommen. Wenn er ihnen in die Arme lief, war er dem Tode geweiht. Tod wie seine Frau, die es nicht geschafft hatte. Sein ganzer Körper war nur noch eine Hülle, die versuchte, vorwärts zu kommen. Eine Schneeflocke fiel auf seine Nase, doch er spürte sie nicht. Immer mehr Schnee wirbelte um ihn herum. Wie ein Vorhang hüllte er die Welt ein. Er befand sich bereits auf der Seite der Anderen. Seine eigenen Landsleute würden ihn gnadenlos hinrichten, sie hatten kein Erbarmen mit Feiglingen. Hier, auf der anderen Seite, hatte er vielleicht eine Chance. Plötzlich rutschte er aus. Mit einem dumpfen Schlag landete er auf dem Boden. Benommen blieb er liegen. Der Schnee hatte ihn kaum abgefedert. Vielleicht sollte er einfach liegen bleiben. Er hatte alles verloren, warum sollte er weiter laufen? Doch er richtete sich auf. Er schwankte wie ein Betrunkener. Aus seiner Nase tropfte Blut, er hatte sie sich beim Sturz gebrochen, den Schmerz spürte er nicht. Er setzte einen Fuß vor den anderen. Er musste weiter. Er kam jedoch nicht weit, seine Beine gaben nach. Alle Kraft schien aus seinem Körper gewichen zu sein. Er blieb auf dem Rücken liegen. Der Schnee fiel unaufhörlich aus den Wolken. Er schloss die Augen. Ein angenehmes Gefühl durchströmte seinen Körper. Er würde einfach hier liegen bleiben. Schlafen und dabei sterben, eingebettet in einen Sarg aus Schnee. Immer weiter glitt er davon. Da vernahm er eine Stimme, doch er reagierte nicht. Wieder wurde er gerufen und diesmal öffnete er seine Augen. Mühsam hob er den Kopf und erstarrte. Was er sah, konnte nicht sein. Dort stand sie, eingehüllt in Schnee. Ihr Kleid mit Blut verschmiert, ihre Strumpfhosen zerrissen. Er sah seine Frau, die vor wenigen Stunden in seinen Armen gestorben war. Er wollte etwas sagen, doch kein Laut drang über seine Lippen. Sie hob ihre Hand und bedeutete ihm, das er still sein sollte. Doch wie sollte er in diesem Moment still sein. Er versuchte sich aufzurichten. Sie schüttelte mit dem Kopf, deutete an, er sollte sich nicht bewegen. Tränen rannen über sein Gesicht. Er wollte zu ihr. Kriechend bewegte er sich vorwärts. Grub seine tauben Hände in den Schnee. Für einen kurzen Augenblick ließ er seine Frau aus den Augen, als er sie wieder ansehen wollte, war sie verschwunden. Schwerfällig schaute er sich um. Verzweiflung stieg in ihm auf. Er wollte schreien, doch er weinte nur stumm. Hinter ihm brachen Äste. Nur langsam drehte er sich um. Er hoffte sie wieder zu sehen. Für einen Moment wurde die Hoffnung genährt, dann verwandelte sich der Schatten. Die Gestalt trat vor ihm. Sie hatten ihn erwischt. Der andere hob die Waffe und richtet sie auf ihn. Seine Frau hatte ihn warnen wollen. Sie waren näher gewesen, als er geglaubt hätte. Er schloss die Augen. Eines war gewiss, er würde sie wieder sehen.

 

Hallo Pusissi89!

Als ich den Text sah, dachte ich als erstes: Puh, keine Absätze. Ein dichter Block, eine Mauer aus Buchstaben.
Liest sich dadurch etwas anstrengend.

Ich frage mich jetzt, wie ich die Situation einschätzen soll. Ist es eine Kriegssituation? Am wahrscheinlichsten, wegen den Detonationen. Könnte aber auch eine andere Krisensituation sein.
Mich verwirrt dabei ein wenig die Frau.
Es wird eine Front erwähnt, darum auch mein Gedanke, es handle sich um einen Soldaten im Krieg... dann verwirrte mich jedoch die Frau. Normalerweise sind die Frauen nicht an der Front. (Soll nicht altmodisch klingen, ich weiß, dass z.B. auch in Afghanistan Frauen im Einsatz sind...)

Außerdem wusste ich nicht genau, wie ich mir die Landschaft, die Umgebung vorstellen soll, in der deine Person sich bewegt.
Du erwähnst zwar den Himmel, beschreibst diesen sehr genau, aber die Umgebung beschreibst du nicht, oder soll das die Funktion haben, dass der Leser, genau wie der Protagonist, der

...seine Umgebung kaum war
nahm?
(Da ist übrigens auch ein Fehler, "...seine Umgebung kaum wahr..." )

Aber dann erwähnst du später, gegen Ende, brechende Äste.

Noch ein Fehler:

Die Front kam näher und mit ihr, Tod und Verderben
Das Komma muss, meines Wissens nach, aus dem Satz.
Also: Die Front kam näher und mit ihr Tod und Verderben.
(Bin kein Komma-Experte, aber das ist, denke ich, tatsächlich deplaziert.)

Meiner Meinung nach bräuchte dein Text: 1. Absätze!!! Verdichtung erreicht man auch durch Sprache.
2. Etwas mehr Klarheit. Oder soll das auch schon die Verwirrung des durch die Gegend Stolpernden dem Leser suggerieren?
Na ja.
So viel zum Ersten (Text von dir)
Grüßelchen:
Timo

 

Hallo Timo,

danke für die Tipps! Darum hab ich mich hier angemeldet, um mich verbessern zu können.
Tatsächlich wollte ich, dass die Umstände verschwommen bleiben, um dem Ganzen eine bedrückende Stimmung zu verleihen. Ist mir wohl nicht ganz gelungen. Werde mich bessern ;-).

LG
Patrick

 

Hallo Pusissi86,

die Geschichte hat brauchbare Ansätze, auf denen du aufbauen kannst. Abgesehen von fehlenden Absätzen ist zu überlegen, wie du das Gehetzt sein des Verfolgten besser darstellst. Ein Vorschlag: Erhöhe das Erzähltempo: Lass den Mann stolpern, taumeln, keuchen, die kalte Luft in den Lungen brennen; die Sätze hetzen:

„Er nahm seine Umgebung kaum war. Seit Stunden lief er nun schon. Kälte und Anstrengung forderten ihren Tribut. Hände und Füße waren taub. Der Atem kondensierte vor seinem Mund und seine Nase begann sich bläulich zu verfärben.“

Er nahm seine Umgebung kaum war, Stunde um Stunde lief, nein hetzte er jetzt schon durch die Ödnis, begann nun zu taumeln, Kälte und Anstrengung forderten ihren Tribut. Hände und Füße waren taub, die eisige Atemluft begann in seinen Lungen zu brennen – verdammte Kälte!

„Er lief und unter seinen zerrissenen Schuhen knirschte der gefrorene Schnee. Er nahm seine Umgebung kaum war. Seit Stunden lief er nun schon.“

„Eine Schneeflocke fiel auf seine Nase, doch er spürte sie nicht. Immer mehr Schnee wirbelte um ihn herum. Wie ein Vorhang hüllte er die Welt ein. Er befand sich bereits auf der Seite der Anderen“

Die vielen „er“ nerven (der Mann, der Verfolgte, der Flüchtling/Vertriebene). Noch angebrachter finde ich eine Personifizierung, lasse den Leser an den Gedanken von Sven, Leutnant Krauser (oder wie auch immer er heißt) teilnehmen.
Überhaupt weiß man recht wenig, um was es eigentlich geht – das ist durchaus legitim, gerade bei einer Kurzgeschichte. Doch da der Text sonst nur noch mit einer ‚Erscheinung‘ und einer vorhersehbaren Erschießung aufwartet, ist das Ganze etwas zu mager.

„Nur die unter der Schneelast ächzenden Bäume waren seine Begleiter. Sie durften ihn nicht bekommen“

Kann man so lesen, als seien die Bäume („sie“) die, die ihn „nicht bekommen“ dürfen.

Mal schauen, was aus dem Text noch wird, viel Spaß beim Tüfteln,


Woltochinon

 

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