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Der verhinderte Nekrolog

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11.09.2003
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Der verhinderte Nekrolog

„Er war ein wichtiger…“ Bestandteil? Baustein im Gefüge unseres … was?
„Er war ein wichtiger…“ Faktor? Aspekt? Teil?
„Er war ein…äh…Liebling?“
„Mmmh?“
„Wenn jemand besonders wichtig ist, für … das Gesamtbild … wie nennt man das?“
„Was für ein Gesamtbild?“
„Na, Du weißt schon … das gesamte Bild … die Gruppe.“
„Unentbehrlich?“
„Äh … ja … Danke.“
„Schatz?“
„Ja?“
„Was machst Du da eigentlich?“
„Ich schreibe einen Nekrolog.“
„Einen was?“
„Eine Totenrede, Liebling. Eine Rede für einen Toten.“
„Wer ist denn gestorben?“
„Noch niemand.“
„Willst Du nicht warten, bis jemand stirbt, bevor Du eine Rede über seinen Tod schreibst?“
„Ach, gestorben wird immer. Ich leiste nur Vorarbeit.“
„Ach so.“
„Ja.“
„Na dann.“
„Genau.“
„Und … bei welcher Gelegenheit willst Du diese Rede halten?“
„Im Kaninchenzuchtverein.“
„Du bist doch gar nicht im Kaninchenzuchtverein.“
„Noch nicht. Ich habe vor, nächste Woche beizutreten.“
„Aha.“
„Ja.“
„Na dann.“
„Genau.“
„Und … warum …?“
„Weil ich ein Hobby brauche, wie Du immer wieder betonst.“
„Nein, ich meine … warum schreibst Du dieses Ding … diesen … Makrolog?“
„Nekrolog, Liebling. Nekrolog!“
„Wie auch immer.“
„Das macht man so.“
„Wann macht man das so?“
„Na, wenn man sich einer Gruppe anschließt.“
„Warum?“
„Weil … Julius Cäsar hat das auch so gemacht.“
„Bitte, was?“
„Julius Cäsar begann seine politische Karriere mit einem Nachruf für eine kürzlich verstorbene Verwandte im Forum Romanum.“
„Aha!“
„Ja.“
„Na dann.“
„Genau.“
„Schatz?“
„Ja, Liebling?“
„Du bist nicht Julius Cäsar.“
„Und?“
„Der Kaninchenzuchtverein ist nicht das Forum Romanum.“
„Und?“
„Die politische Karriere von Julius Cäsar endete damit, dass sein engster Vertrauter ihm hinterrücks ein Messer in die Rippen trieb.“
„Was willst Du damit sagen?“
„Och … nichts.“
„Aha.“
„Nur …“
„Was?“
„Meinst Du nicht, dass es reicht, wenn Du zu Deiner Kaninchenzuchthausaufnahme einen Kuchen mitbringst?“
„Ich kann nicht backen.“
„Aber ich.“
„Also …“
„Vielleicht einen Karottenkuchen?“
„… na gut.“

 

„Ach, gestorben wird immer. Ich leiste nur Vorarbeit."

Hallo, alexander,

seit dem 08. Mai d. J. steht dieser Dialog unbeantwortet auf KG.de. Das sind auf den Tag genau 160 Tage ohne irgendeine beliebige Rückmeldung. Gelesen wurde der Text in diesen langen 23 Wochen in einigen Fällen.

In dem ritualisierten Dialog zwischen zwei Partnern erleben wir m. E. fehlerfrei und trotz aller Absurdität realistisch, wie der eine Partner einen Nachruf auf Vorrat verfassen will, besser sag ich: er versucht den Nachruf aus Bauelementen zusammenzubasteln und bedarf dazu der Hilfe des Partners. Den Nachruf will er in einem Verein halten, dessen Mitglied er noch nicht ist. Der Partner aber bringt ihn behutsam von seinem Vorhaben ab.

Dieser absurde Dialog vom Nekrolog zum Karottenkuchen hat Witz und hat es nicht verdient, nahezu ein halbes Jahr auf Eis zu liegen!

Gruß

friedel

 

Hallo, Alexander.

Dieser Dialog über Nekrologe ist recht kurzweilig. Gleichzeitig ist er aber eindimensional, es geht immer nur um ein Thema. Das ist nicht schlimm, weil Du die richtige Textlänge für ein solches Mono-Thema gewählt hast.

An sich ein ordentlicher Text mit einer adäquaten Schlusspointe. Nicht der Brüller, aber okay. Nur eben ein Text, der sich nicht im Gedächtnis festsetzt, zu dem man nicht viel sagen kann, weil er für sich steht, weil er sprachlich und orthographisch keine Schnitzer aufweist, weil man ihn weder verdammen noch über den grünen Klee loben kann.

Zwei Anmerkungen dennoch:

„Ach so.“
„Ja.“
„Na dann.“
„Genau.“

Auch wenn das nur dreimal (und einmal in abgewandelter Form) kommt, ich fand es ein bißchen aufgesetzt. Geschmackssache, aber mich hat es ein wenig gestört, weil es den Dialog dadurch künstlich werden lässt und vermutlich das genaue Gegenteil dessen bewirken soll.

„Die politische Karriere von Julius Cäsar endete damit, dass sein engster Vertrauter ihm hinterrücks ein Messer in die Rippen trieb.“

Ein paar mehr Attentäter waren es dann schon. Und angeblich 23 Dolchstöße. Wovor man im Kaninchenzüchterverein aber vermutlich auch gefeit sein dürfte. ;)

Gruß
bvw

 

Moin Alexander,

Hehe... da hat jemand seinen Loriot gelesen ;)
"Was machst du?"
"Nichts."
"Nichts? Du muss doch irgendwas machen."
"Nein. Ich mache nichts."
"Aber jeder macht doch irgendwas."
"Ich nicht."
usw...


Feiner Dialog, sauber geschrieben, sehr pointiert und daher wirklich witzig. Hat mich in Form und Humor tatsächlich an den Altmeister erinnert. Teilweise fast ein wenig zu sehr, so als hättest du versucht, ihn zu imitieren.

Aber da ich Loriot für sowieso und überhaupt den besten Humoristen aller Zeiten halte, seinen Humor liebe und weil dein Text für mich eine gelungene "Imitation" ist, hat er mir auch gut gefallen.

„Er war ein wichtiger…“ Bestandteil? Baustein im Gefüge unseres … was?
„Er war ein wichtiger…“ Faktor? Aspekt? Teil?
„Er war ein…äh…Liebling?“
Ich habe vor dem Lesen des Textes ein wenig runtergescrollt und da an der Form erkannt, daß dies ein reiner Dialogtext ist. Also habe ich am Anfang gedacht, daß immer abwechselnd geredet wird, weswegen dieser Start extrem verwirrend auf mich gewirkt hat.
Könntest du vielleicht noch etwas leserfreundlicher gestalten.

 

Servus

Vielen Dank für Lob und Anregung.

Nö, war keine Imitation, eher eine Fingerübung. Es ging mir um das Thema "Nekrolog", die Dialogform hab ich nur gewählt, weil ich schlicht zu faul war, eine anständige Kulisse zu erfinden. Soll heißen, dass ich den Text selber schon seit ner Weile nich mehr gelesen und auch nich mehr dran gedacht hab.

Mhhhh? Pointe zum Merken, etwas ausbauen? Wie? Mehr Plot?

Grüße:-)

Alex

 

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