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Der verschwundene Eiffelturm

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14.08.2002
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Der verschwundene Eiffelturm

Auch dieses Jahr hatte ich es wieder nicht geschafft, rechtzeitig eine Ferienreise zu buchen. So entschied ich mich aufgrund mangelnder Finanz- und Zeitressourcen spontan für eine „Last-Minute“ Busreise nach Paris.
Am Abfahrtstreffpunkt erwartete mich das kalte Grauen; Unzählbar viele Senioren mit unzählbar vielen Koffern fielen über unzählbar viele Reisebusse her. Es war ein wahres Kunststück, sich einen Weg zu seinem Bus zu bahnen, ohne dabei von Gepäckstücken oder ungeduldigen, gereizten Senioren erschlagen zu werden.
Auch als ich im Bus bereits einen Sitzplatz gefunden hatte, entspannte sich die höchst brenzlige Lage nicht; Fünfzig fröhliche Seniorinnen und Senioren, die an jeder einzelnen Autobahnhaltestelle für eine Dreiviertelstunde Rast machen möchten, dies auch durchsetzen, und auf der restlichen Fahrt lustige Lieder der deutschen Volksmusik singen, wirkten auf meine Nerven eher zermürbend.
So war ich froh, mich nur einige Tage später als geplant in meinem Hotelzimmer in Paris wiederzufinden. Da ich durch den Zeitverlust gezwungen war, sämtliche Attraktionen Paris‘ nun in nur fünf Tagen zu besichtigen, ließ ich meine Koffer ungeöffnet im Zimmer zurück und machte mich nur mit einem Stadtplan ausgerüstet auf die Suche nach dem Eiffelturm.
Schon auf der Busfahrt stellte sich mir Paris anders dar, als ich es mir vorgestellt hatte. Zahlreiche glitzernde Nachtclubs schmückten die Gassen, doch der Eiffelturm war nirgends zu sehen. Auch die blinkenden Schriftzüge und die Straßenschilder waren in einer seltsamen Sprache geschrieben, die - als ich versuchte einige Worte laut zu lesen - wie ein einziger Hustenanfall klang. Verzweifelt versuchte ich mich zu orientieren, jedoch wollte meine Stadtkarte nicht mit den Gegebenheiten vor Ort übereinstimmen. Nach all den Strapazen zuvor lagen nun meine Nerven endgültig blank.
„Wo zum Teufel habt ihr euren verdammten Eiffelturm versteckt?!“ schrie ich dem nächstbesten Passanten ins Gesicht, welcher daraufhin verängstigt die Flucht ergriff. Nicht einmal Stellung beziehen zu ihrem verschwundenen Wahrzeichen mochten diese vermaledeiten Franzosen...
Plötzlich tippte mir jemand auf die zornesbebende Schulter;
„Entschuldigen Sie, was machen Sie mit einem Stadtplan von Paris in Amsterdam?“ Einer der Senioren zeigte mit irritiertem Blick auf die Karte in meinen Händen.
Und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen; Am Abfahrtstreffpunkt musste ich in dem Gewirr von Reisenden in den falschen Bus gestiegen sein - dazu noch zu einer Senioren-Reisegruppe. Und nun war ich im wunderschönen Amsterdam.
Schmunzelnd drückte ich dem alten Herrn den Stadtplan in die Hände. Auf diesen Schock machte ich mich erst einmal auf die Suche nach einem „Kaffeeladen“, um meine Gedanken zu besänftigen und von Paris zu träumen.

 

Hallo Kaktus!

Ja, die Story ist ganz humorvoll.
Obwohl ich sie anfangs gar nicht mal so amüsant fand, war am Ende doch 'ne gute Pointe vorhanden; ist keine schlechte Idee gewesen, wie sich alles auflöst.
Jedenfalls für zwischendurch eine recht unterhaltsame Kurzgeschichte.

Viele Grüße,
Michael

 

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