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Der Weltzerstörer

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Der Weltzerstörer

Der Weltzerstörer (verbesserte Version)

Der Weltzerstörer

11. September, 2001, New York City, 05:59 Uhr.

Auf dem Display des elektronischen Weckers, leuchtete die Uhrzeit im satten Rot.
Als die Anzeige auf 06:00 sprang, wurde Valerius mit lauter Rockmusik unsanft aus dem Schlaf gerissen.
Gähnend streckte er seinen müden Körper, um die nachtsteife Muskulatur zu lockern, schlug hart mit der Faust auf die Stummtaste des dudelnden Kasten, schälte sich langsam aus dem Bett, und wackelte anschließend nackt ins Bad, um seine Blase zu erleichtern.
Dabei streifte sein umher gleitender Blick den großen Spiegel an der Wand, aus dem ihn ein dunkelblonder, unrasierter Typ, Anfang dreißig, muffig anstarrte.
Grüßend nickte Valerius seinem Spiegelbild zu und drückte die Spüle.
Der Kerl im Spiegel sah so aus, wie er sich fühlte. Aber wie sollte man sich schon groß fühlen, wenn man die halbe Nacht über der Entscheidung, die Welt zu zerstören, nachgrübelte.
Die Welt! Den Planet! Die Erde! Wie auch immer. Die Entscheidung war gefällt.

Valerius rasierte sich unter der Dusche, während die warme Brause seinem schmerzenden Schädel gut tat. Diese Kopfschmerzen.
Seit vor einigen Monaten die Stimmen ihm den Befehl erteilten, die Welt zu vernichten,
waren sie seine ständigen Begleiter. Das war wahrscheinlich der Preis dafür, dass man eben ein Auserwählter war.
„Warum wollt ihr, dass ausgerechnet ich die Welt zerstöre? Und was wird aus mir?“, fragte Valerius die Stimmen.
„Warum, fragst du? Sieh dich doch nur mal um, Valerius! Was haben die Menschen aus ihrem Planeten, aus ihrer Heimat denn gemacht? Einen Platz des Leidens und des Kummers, das haben sie daraus gemacht. Du aber bist anders, Valerius. Du bist ein Mensch, der nicht aus Lust tötet, sondern aus einer Notwendigkeit heraus. Und selbst wenn du viele Städte, und das darin existierende Leben zerstörtest, warst du doch dabei nie mit Groll oder Hass erfüllt.
Nein, du hattest sogar irgendwie Mitleid, mit den Geschöpfen, die durch deine Hand starben. Du besitzt das Herz eines Erzengels: Hart in der Erfüllung seiner Pflichten, und doch voller Mitgefühl für diese verlorenen Seelen.
Wenn du deine Aufgabe erfüllt hast, wartet ein Platz auf dich, hier an unserer Seite - in einer besseren Welt.“
Es war eine selige Prophezeiung.
Immerhin verstand er ja die Bedeutung und Verantwortung, die diese Aufgabe mit sich brachte, nur allzu gut.
Welchem Menschen zuvor, wurde jemals solch eine göttliche Bestimmung zuteil?
Die Stimmen kamen danach in jeder Nacht, und sie ließen nicht locker, ihn von der Wichtigkeit seiner Mission zu überzeugen.
„Wenn ich schon die Welt vernichten soll, wen kann ich dann vor diesem Inferno bewahren?“, fragte Valerius eines Tages die Stimmen.
„Wen möchtest du denn retten?“

„Mh… ich weiß nicht. Freunde habe ich keine. Meine Eltern nehmen mich nicht ernst.
Sie halten mich für einen Spinner und Versager. Jeden Monat schicken sie mir einen Geldbetrag, von dem ich gerade so leben kann. Hauptsache ich lasse mich nicht bei ihnen blicken.“
„Dann hast du dir diese Frage soeben selbst beantwortet, Valerius.“
„Aber es ist doch unfair, dass ich als einziger Mensch überleben soll.“
„Es werden einige Auserwählte überleben, nicht nur du. Akzeptiere das Schicksal der Menschheit, und erfülle deine Aufgabe.“
Valerius überlegte eine Weile schweigend.
„Dann soll es eben so geschehen“, flüsterte er schließlich.

……….

Valerius zog eine Jeans, ein weißes T-Shirt und seine alten Turnschuhe an.
In der Küche lag auf dem Tisch noch eine halbe, bereits erkaltete Pizza in einem aufgerissenen Karton von „Da Maria“, seiner Lieblingspizzeria. Ohne Appetit biss er ein großes Stück ab und schaltete den kleinen Fernseher ein.
Lustlos zappte Valerius durch die Kanäle und analysierte im Schnelldurchgang die Programme: Talkshows, Sitcoms und News. Nichts was sich wirklich anzusehen lohnte. Immer nur der gleiche, geistlose Müll.
Die Stimmen hatten Recht. Durch was rechtfertigte die Menschheit ihr Dasein im göttlichen Universum denn schon? Durch ihre sinnlosen Kriege? Durch ihre dumme Habgier? Durch ihre Gefühllosigkeit?
Nein, es wurde Zeit, dass die Menschheit ihren Platz endlich räumte, für eine neue Spezies vielleicht, die verantwortungsvoller, ja, liebevoller mit ihrer Welt und miteinander umgehen würden?

08:00 Uhr.

Valerius griff seine Jacke und verließ die Wohnung.
Der herrschende Strassenlärm überflutete ihn wie eine gewaltige Springflut.
Die Rushhour war in New York angebrochen, und so schoben sich die Autos hupend und qualmend, wie eine zähfliesende, stinkende Masse, durch die Strassen der Großstadt.
Mit auf den Ohren gepressten Händen, marschierte Valerius eingeschüchtert den Bürgersteig entlang, den Blick stur auf den Boden geheftet.
Er kannte seinen Weg. In zehn Minuten würde er am Ziel sein, und dann sorgte er dafür, dass dieses Chaos hier aufhörte.
Valerius bog um eine Ecke, und stieß prompt mit einem älteren Mann zusammen, der ihn sogleich verbal attackierte. Valerius Herz klopfte wild, aber was hatte es schon für einen Sinn, mit einem Todgeweihten zu streiten. Er murmelte schnell eine Entschuldigung, und eilte weiter.
Nach zwei weiteren Blocks, war er ohne weitere Unterbrechungen am Ziel angelangt:

Das World Trade Center.

08:35 Uhr.

Langsam, fast bedächtig, betrat Valerius die große Halle durch eine gläserne Drehtür. Menschen liefen kreuz und quer, oder standen, miteinander erzählend, in kleinen Grüppchen zusammen.
Niemand beachtete den unscheinbaren jungen Mann am Eingang, der sich unauffällig umsah. Seine Hände, links und rechts in den Jackentaschen verborgen, schlenderte er gemach durch den großen Saal, und betrat kurz darauf einen kleineren Raum, der auf der linken Seite, weiter hinten lag. An der Eingangstür stand ein Aufseher in blauer Uniform und warf einen kontrollierenden Blick auf die Besucher.
Mit einem Kopfnicken grüßte er Valerius.
„Ich verstehe nicht, wie man sich mit diesem Mist, schon so früh am Morgen, überhaupt beschäftigen kann. Aber mir soll’s egal sein, solange ich für das Herumstehen bezahlt werde“, sagte er leise zu Valerius, denn die beiden kannten sich bereits.
„Nicht mehr lang, dann ist das alles vorbei, Mister Kurten“, erwiderte Valerius ebenso leise, wie geheimnisvoll, und betrat den Raum. Der Aufseher blickte ihm mit angehobenen Augenbrauen einen Moment nach, bevor er sich Achselzuckend wieder umdrehte.

Ein schnell wechselndes Brummen, Zischen und Pfeifen, an einigen Stellen mit elektronischer Musik untermalt, drang aus verschiedenen, metallnen Apparaturen, die verteilt im Raum standen, und erfüllten die Luft mit ihrem Lärm.
Direkt vor einem dieser Mannshohen Kisten machte Valerius halt und warf verstohlen einen Blick in alle Richtungen, doch auch hier schien niemand besondere Kenntnis von ihm zu nehmen.
Diese Verblendeten. Wenn sie auch nur den Hauch einer Ahnung hätten, das der Auserwählte unter ihnen weilt. Auf die Knie wären sie gesunken, und hätten um Gnade gebettelt - aber dafür war es jetzt zu spät.
Aus seiner rechten Jackentasche zog Valerius ein paar dünne Schweinslederhandschuhe, denen er die Fingerkuppen abgeschnitten hatte.
Flink streifte er sie über seine Hände, verschränkte dann die Finger ineinander, und drückte sie soweit nach unten durch, dass eine Kaskade von Knackgeräuschen ertönte.
Wie ein Klavierspieler, bewegte Valerius nun virtuos seine Finger auf und ab, als würden sie über unsichtbare Tasten gleiten, und zu guter letzt schüttelte er sie kräftig aus.
Es war soweit, nun würde sich das Schicksal der Welt erfüllen.

Einen letzten Blick auf die Todgeweihten.

08:40 Uhr.

Mit einer flüssigen Bewegung zog Valerius einen Vierteldollar aus seiner Tasche und steckte ihn in den Schlitz.
Sofort erschienen auf dem Display die Worte:

WELTENZERSTÖRER / Spieler 1 / Level 1 – Drücke START!

Epilog:
Als um 08:46 Uhr Ortszeit, das erste Flugzeug in dem Gebäude einschlug, während Valerius im Parterre zur gleichen Zeit am Spielautomaten stand, war die Erschütterung bis in den Grundfesten zu spüren. Die anwesenden Besucher der Spielhalle, rannten erschrocken aus dem Raum, um zu sehen, was die Ursache war.
Von draußen drangen aufgeregte Schreie und Rufe zu ihm herein.
Valerius jedoch, gefangen in seiner Welt, in seinem Spiel, hielt dies alles für ein Zeichen der Prophezeiungen, die ihm die Stimmen verkündet hatten.
Er fühlte die Macht in sich aufsteigen, denn zeitgleich, mit der Erschütterung des Gebäudes, zerstörte er soeben in Level 2 die feindliche Hauptstadt Xenord, des Planeten Merka, im Sternensystem Beta P 4-7.
Als wenige Minuten später, das Bauwerk über Valrius zusammenbrach, befand sich dieser gerade auf Ebene 4:

Der absoluten Zerstörung des Planeten. Seine Mission war erfolgreich…

 

Tja, es läuft nur Mist im Fernsehen - ein hervorragender Grund, um die Menschheit auszurotten :rolleyes:
Die Pointe funktioniert nicht, weil Du bis auf den letzten Satz eine völlig andere Geschichte erzählst (und zwar eine uralte, moralisierende, noch dazu nicht spannend erzählt). Gut, die Figur hat vielleicht einen Schaden. Fühlt sich von der Gesellschaft ausgekotzt. Trotzdem erscheint der Schluss völlig konstruiert. Und statt eines überraschenden "wie geil"-Ausrufs kommt von mir nur ein "öööööh".

Deinen Ansatz, den Lukas gelobt hat, finde ich allerdings gut - wie geht ein Vertreter der Spezies Mensch mit dem Mist, den der Rest verzapft, um? Er hört Stimmen, träumt visionär von der Vernichtung der Welt ...
Die Umsetzung ist es, die ich kritisiere. Man hat einfach zu viele schlechte Auserwählter-vernichtet-Welt-Storys gelesen, und Deine unterscheidet sich nicht von ihnen (abgesehen vom Ende). Du hättest das alles überzeichnen müssen und nicht nur mit dem letzten Satz versuchen, eine Pointe zu bringen, denke ich.

Fazit: Ansatz lobenswert, Umsetzung misslungen.

Uwe
:cool:

 

Deine Geschichte ist nicht schlecht, aber auch nicht gut. Mir gefällt der Versuch zu beschreiben mit welchen Trivialitäten ein Mensch morgens auffacht, auch wenn er der Zerstörer der Menschheit ist. So sachte beschrieben erscheinen seine Probleme nicht ernst zu nehmen zu sein. Ein normaler Morgen für einen unnormalen Menschen, das könntest du vielleicht in einer Überarbeiteten version bearbeiten. Dass heißt nicht, dass sie ersetzt werden soll. Ach übrigens, es hat mich genervt, dass du Stimmen immer wieder in Anführungszeichen geschrieben hast. Statt dessen könntest du die Sätze der Stimmen ganz ohne Anführungszeichen und kursiv schreiben. Nur n Vorschlag.
Dein Ende hat mir gefallen. Di könntest daraus eine gute, wenn auch nicht neue Story schreiben.
Liebe Grüße
Anna-Fee

 

Eine Geschichte ist wie ein Gemälde, mit dem man nie wirklich zufrieden ist. So ging es mir mit dieser Geschichte.
Ich möchte sie aber einfach mal so stehen lassen, und stattdessen die wirklich hilfreichen Kritiken annehmen und in die nächste Geschichte stecken.

Ich versuche mich mit einer Steigerung zu revanchieren, und hoffe durch diese sachliche Kritik ein ein gutes Niveau erreichen zu können.

Vielen Dank

Gruß D.

 

Hallo Delavega


Ich sitze mal wieder wie sooft zwischen allen Stühlen mit meiner persönlichen Meinung.

Gerne bin ich geneigt den klugen Worten Lukas zu zustimmen, da sie Wahres sprechen.
Das gleiche gilt aber auch für Uwe, der dir eine banale Umsetzung eines altbekannten Themas unterstellt.

Langweilig fand ich die Geschichte nun aber auch nicht, eher sogar noch spannend, da mich die Antwort auf die Frage, wie er wohl die Welt zuvernichten gedenkt, interessierte. In diesem Punkt musste mich dann deine Auflösung zwangsläufig enttäuschen.

So gesehen bleibst du wohl am besten dabei, den Text so stehen zu lassen, wie er ist. Und ihn als einen weiteren Wegstein (nicht unbedingt Meilenstein) auf deinem Pfad vom Schreiber hin zum Autor zu betrachten :)


Grüße
Hagen

 

He Delavega,

schönes Gemälde. Auch das Ende fand ich ganz gut: so von wegen, seine Verzweiflung in stumpfsinnigen Spielen ausleben. Ist vielleicht zu kurz, als das es richtig reinhaut. Aber anders geht ja in dem Fall garnicht.

Liebe Grüße,
Simone.

 

Hallo, Anna-Fee, Simone, Uwe, Hagen und Lukas.
Das das Ende der Story, im Verhältnis zum (Spannungs-)Aufbau, ein wenig entäuschend ist, kann ich verstehen. Mir hat da vielleicht die gute Idee von Lukas gefehlt, diese verhaltensgestörte Sichtweise des Prot. mit der unglaublichen Tragodie von damals zu verbinden.
Trotzdem, Danke, für die Kritik und die netten Anregungen.
Lieb Gruß
Dawin

 

Hallo, alle zusammen.
Habe mir doch noch mal Gedanken über meine Story gemacht. Auch ging mir die Idee von Lukas (siehe oben) nicht aus dem Kopf.
Für mich hat sie dadurch mehr Substanz bekommen.
Lieben Gruß
D.

 

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